„Wir wissen selbst, was das Beste für uns ist!“

Selbstbestimmung im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und Selbstständigkeit
2.1 Das Verständnis von Selbstbestimmung - Eine Frage des Menschenbildes
2.2 Selbstbestimmt leben und Begleitung – Ein Widerspruch in sich?
2.3 Die Frage des Förderns und Forderns

3. Schlussbetrachtung

4. Quellennachweis

1. Einleitung

In den letzten Jahren ist die Forderung nach mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung immer lauter geworden. Doch umso mehr Menschen darüber sprechen oder schreiben, desto mehr unterschiedliche Bedeutungen scheint dieser Begriff, dieser Gedanke an mehr Selbstbestimmung zu bekommen.

Was bedeutet nun Selbstbestimmung im Leben von Menschen, die als behindert gelten? Was heißt dies für die professionellen Helfer, die mit behinderten Menschen arbeiten? Lässt sich professionelles Handeln anderer und Selbstbestimmung im Leben von Menschen mit Behinderung überhaupt miteinander vereinbaren?

Diesen Fragen soll in dieser Arbeit auf den Grund gegangen werden. Zu diesem Zweck soll zunächst versucht werden, ein Verständnis des Selbstbestimmungsgedankens herzustellen, u.a. durch Überlegungen zu dem Menschenbild, welches mit diesem verbunden ist, um danach darauf einzugehen, ob eine Betreuung oder Begleitung durch andere im Sinne der Selbstbestimmung legitim sein kann und inwiefern sich Alltagsförderung und eine gewisse Fremdbestimmung realisieren lassen.

2. Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und Selbstständigkeit

Seit den Protesten der „Independent-Living-Bewegung“, einer Vereinigung von körperlich behinderten Menschen, in den 1960er Jahren in den USA, hat sich die Forderung nach mehr Selbstbestimmung in allen Gruppen von Menschen mit Behinderung in sehr vielen Ländern verbreitet. Doch was bedeutet nun mehr Selbstbestimmung und wie lässt es sich vereinbaren, durch professionelle Arbeit vor allem mit geistig behinderten Menschen in gewissem Maße in deren Leben einzugreifen und doch die Selbstbestimmung zu achten?

2.1 Das Verständnis von Selbstbestimmung - Eine Frage des Menschenbildes

Zuerst einmal bin ich ein Mensch. An erster Stelle müssen wir als Mensch und als Person behandelt werden. (….) Andere Menschen nehmen oft zuerst nur wahr, was wir nicht können. Daher beurteilen uns andere auch nach unseren Unfähigkeiten. Wir möchten betonen, dass wir Menschen wie alle anderen sind – mit Fähigkeiten und Unfähigkeiten. Und wir wollen als Menschen, Personen respektiert werden.

(Walther, 1997, S.71 nach Lebenshilfe o.J.)

Der Begriff Selbstbestimmung ist, vor allem bezüglich der Behindertenarbeit, relativ schwer zu bestimmen. Die Bedeutung scheint je nach Gruppe (Menschen mit Behinderung, Bezugspersonen usw.) zu variieren. Vor allem, wenn es um die Spannungspole zwischen „Ich weiß doch selber was ich will!“ und „Als Betreuer bin ich für dich verantwortlich!“ geht.

Oft wird Selbstbestimmung gleichgesetzt mit der Fähigkeit alle Entscheidungen des Lebens für sich frei treffen zu können oder ähnlichem. So findet man zahlreiche sehr unterschiedliche Auffassungen darüber auch in der Fachliteratur. Frühauf (1995) befürchtet sogar, dass dieser Begriff als Aufmacher für jedes beliebige Konzept missbraucht werden könnte, was aufgrund seiner diffusen Erscheinung leider nahe liegend ist. Um die Bedeutung von Selbstbestimmung etwas mehr ins Licht zu rücken, sollte man sich erst einmal das Menschenbild vergegenwärtigen, welches hinter diesem Gedanken steht.

In der Anthropologie wird der Mensch als instinktreduziertes Wesen gesehen, welches über ein Bewusstsein über sich selbst verfügt und seine Beziehung zur Umwelt etc. erst erlernen muss. Die Fähigkeit zu lernen ist ihm von Natur aus gegeben und gleichzeitig von existenzieller Bedeutung für ihn. Er baut ein Bild über sich selbst auf und kann über die Gestaltung seines Lebens selber bestimmen. Also ist Selbstbestimmung (oder selbstbestimmtes Lernen) genau genommen ein grundlegendes Merkmal eines jeden Menschen (vgl. Walther, 1997).

Bei der Bewertung dieses Merkmals spalten sich allerdings erneut die Lager. Wird von den einen der Blick auf die Mängel und die Unvollständigkeit gerichtet, so sehen die anderen die Chancen und den Willen zum Lernen als solchen. Wollen die erstgenannten die Unzulänglichkeit des Menschen dadurch ausbessern, dass sie ihn das Leben in seiner Gesamtheit lehren, so glauben die anderen an den starken Lebenswillen des Menschen und wollen ihn auf seinem Weg begleiten, um lediglich in Ausnahmesituationen, die bspw. eine Selbstgefährdung mit sich bringen könnten, helfend eingreifen zu können (ebd.). Man könnte es auch als eine Defizitorientierung oder das Misstrauen gegenüber den (Lern-)Fähigkeiten des Menschen auf der einen und eine Ressourcenorientierung, oder das Vertrauen gegenüber dem Menschen und den Glauben an die Vollständigkeit des Menschen, mit all seinen Unvollkommenheiten, auf der anderen Seite sehen. Dies gilt für alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung. Und um das Prinzip der Selbstbestimmung wirklich zu ergründen und in die Praxis übertragen zu können darf die Bedeutung von Selbstbestimmung auch eben auf nur diese Art betrachtet werden, als allgemein gültig und nicht in dem Sinne, dass es einmal die Bedeutung für die „normalen Menschen“ gibt und dann noch eine ganz andere für Menschen, die durch bestimmte Gegebenheiten in unseren Strukturen als behindert gelten. Die tatsächlich bestehenden Einschränkungen von Menschen mit Behinderung sollten nicht einfach ignoriert und aufgrund eines zu hohen und dadurch nicht haltbaren Ideals, welchem auch Menschen ohne Behinderung nicht gerecht werden können, einfach als nicht vorhanden angesehen werden, da dies den Menschen, um die es eigentlich geht, sowie ihren Bedürfnissen, nicht gerecht werden würde, wie es Pörtner 2003 ähnlich formulierte. Allerdings sollten wir, sprechen wir von Normalität und Selbstbestimmung, diesen Menschen diese auch wirklich soweit wie möglich zugestehen, mit den Gedanken darauf gerichtet, dass sich ihr als Behinderung bezeichneter Hilfebedarf in einem Feld befindet, welches sich auch um Menschen ohne Behinderung schließt. Soll heißen, dass versucht werden sollte, die Normalität und Selbstbestimmung, die Menschen mit Behinderung geboten werden soll, als die gleichen individuellen Werte anzusehen, wie sie auch für andere Menschen gelten und den Hilfebedarf von Menschen mit Behinderung in das Feld des Dienstleistungsbedarfs einzureihen, in dem wir uns auch selber befinden. Man könnte auch sagen, dass es sinnvoll sein kann Behinderung nicht als Personenmerkmal von bestimmten Menschen anzusehen, sondern vielmehr als eine Anfrage an bestimmte Dienstleistungsangebote potentieller Helfer (Walther, 1997).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
„Wir wissen selbst, was das Beste für uns ist!“
Untertitel
Selbstbestimmung im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung
Hochschule
Hochschule Bremen
Veranstaltung
Selbstbestimmung im Leben von Menschen mit geistiger Behinderung
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V83626
ISBN (eBook)
9783638000505
ISBN (Buch)
9783638910514
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beste, Selbstbestimmung, Leben, Menschen, Behinderung
Arbeit zitieren
Roland Raabe (Autor:in), 2007, „Wir wissen selbst, was das Beste für uns ist!“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83626

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