Sprachentwicklung


Hausarbeit, 2006

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.Was ein Kind erlernen muss

3. Vorraussetzungen und Bedingungen für einen erfolgreichen Spracherwerb
3.1. Hirnreifung und Lateralisation
3.2. Anatomische Vorraussetzungen im Rachenraum
3.3. Die Sinnesorgane
3.3.1. Der Hautsinn
3.3.2. Hören und Sehen
3.3.3. Die Feinmotorik der Artikulationsorgane
3.4. Kognitive Vorraussetzungen
3.5. Soziale Vorraussetzungen
3.5.1. Die Ammensprache
3.5.2. Die stützende Sprache
3.5.3. Die lehrende Sprache

4. Der Erwerb der Sprachlaute/ die phonologische Entwicklung

5. Die lexikalische/ semantische Entwicklung
5.1. Bedeutungswandel
5.2. Ansätze und Theorien zur Erklärung der lexikalischen und semantischen Entwicklung
5.2.1. Semantische Merkmalstheorie nach Eve Clark (1973)
5.2.2. Die funktionale Kernhypothese nach Katherine Nelson (1974)
5.2.3. Die Prototyptheorie

6. Entwicklung der Syntax und der Grammatik
6.1. Einwortäußerungen
6.2. Zweiwortäußerungen
6.3. Wie geht es weiter?

7. Die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten

8. Theorien der Sprachentwicklung
8.1. Die nativistischen Ansätze
8.2. Der Behaviorismus
8.3. Kognitive Ansätze

9. Zusammenfassung

10. Bibliographie

1. Einleitung

Betrachtet man ein Kind im Kindergartenalter, wie es mit anderen Kindern in Kontakt tritt, wie es redet, kommuniziert so kann man darüber staunen welch großartige Leistung es aus sprachlicher Sicht vollbracht hat. Es kann nicht nur Laute aussprechen, Wörter bilden und benutzen sondern auch grammatikalische Regeln anwenden.

Wie gelangt das Kind bis zu diesem Punkt und welche Voraussetzungen waren dafür nötig? Warum konnte es in so kurzer Zeit soviel Lernen wofür wir zum Erlernen einer Fremdsprache wesentlich länger brauchen und die meisten von uns wohl nie akzentfrei beherrschen?

In meiner Arbeit möchte ich zu Beginn darauf eingehen was ein Kind denn überhaupt alles lernen muss um eine Sprache zu sprechen und unter welchen Bedingungen dafür von Nöten sind.

Desweiteren sollen die verschiedenen Sprachbereiche beschrieben werden. Dies sind neben der phonologischen Entwicklung auch die lexikalische und grammatikalische Entwicklung.

Auch möchte ich auf die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten eingehen.

Anschließend werde ich kurz die verschiedenen Spracherwerbstheorien beschreiben. Es ist aber davon auszugehen, dass es noch weitere interessante Ansätze mehr gibt, die den Rahmen dieser Arbeit leider sprengen dürften.

2. Was ein Kind erlernen muss

Um zu verstehen, welcher komplexen Aufgabe ein Kind beim Erlernen der Muttersprache gegenüber steht, werde ich mich folgend kurz damit befassen wie unsere Sprache aufgebaut ist.

Zunächst lässt sich feststellen, dass alle Sprachen der Welt im Grunde gleich aufgebaut sind, sie folgen alle den gleichen Strukturgesetzen. (vgl. Dittmann 2002, S.9) Willhelm von Humboldt äußerte sich dazu wie folgt: “Da die Naturanlage zur Sprache eine allgemeine des Menschen ist und Alle den Schlüssel zum Verständnis aller Sprachen in sich tragen müssen, so folgt von selbst, dass die Form aller Sprachen sich im Wesentlichen gleich sein und immer den allgemeinen Zweck erreichen muss.“ (Dittmann 2002, S.10)

Alle Sprachen sind komplex und vielschichtig, „D.h., es gibt keine primitiven Sprachen, oder, mit Steven Pinker: „Es gibt zwar Steinzeitgesellschaften, keinesfalls aber eine Steinzeitsprache.“ (Dittmann 2002, S.10)

Wie also lässt sich die menschliche Sprache beschreiben?

Phoneme: Sprache verfügt über eine Vielzahl von bedeutungsdifferenzierende Lauten, so genannten Phonemen. Unterteilen lassen sie sich in Vokale (z.B. a/o) und Konsonanten (z.B. b/m). Das Kind steht nun vor der Aufgabe, welche bedeutungsunterscheidenden Lauteinheiten es gibt und nach welchen Regeln sie angewendet werden müssen. (vgl. Oerter/ Montada 2002, S.518) Ich möchte dies kurz an einem Beispiel verdeutlichen: Ersetzt man im Wort „Maus“ das Phonem M durch ein R erhält das Wort eine ganz andere Bedeutung, nämlich „raus“.

Des Weiteren ist eine nicht für das deutsche zulässige Lautkombination das Wort „jelesnadarojnije“ (Oerter/ Montada 2002, S.518) während es in der russischen Sprache zulässig ist.

Morpheme: Morpheme bilden den Wortschatz einer Sprache, sie sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten. Ein Beispiel: Das Wort „Menschen“ besteht aus zwei Morphemen. Zum einen „Mensch“, als lexikalisches Morphem, zum anderen „en“ als grammatisches Morphem. (vgl. Dittmann 2002, S.11) Durch Zusammensetzung von Morphemen lassen sich also neue Wörter bilden, hierbei sind im Deutschen aber die Merkmale Anzahl, Geschlecht, Fall und Bestimmtheit zu beachten (vgl. Oerter/ Montada 2002, S.518)

Syntax: Das Herz der menschlichen Sprache ist die Syntax. Sie enthält Regeln darüber, wie Wörter zu Sätzen kombiniert werden können.

Semantik: Die Semantik beschäftigt sich mit dem Sinn und Bedeutung von Sprache beziehungsweise sprachlichen Zeichen.

3. Vorraussetzungen und Bedingungen für einen erfolgreichen Spracherwerb

3.1. Hirnreifung und Lateralisation

Während der ersten Lebensjahre eines Menschen nimmt die Substanz des Gehirns stetig zu. Ebenso verändert sich der Aufbau, die Nervenzellen der Großhirnrinde nehmen Kontakt zueinander auf und bilden Verbindungen aus.

Ein auf das menschliche Hirn beschränktes Phänomen der Hirnreifung ist die Dominanz einer Hemisphäre. Untersuchungen zeigen, dass Kinder denen in einem frühen Entwicklungszeitpunkt eine Kortex entfernt wurde, keinerlei Schwierigkeiten zeigen, normale phonologische und semantische Fähigkeiten zu erlernen. Unterschiede gab es jedoch in der Syntax. Kinder mit einer gesunden linken Hemisphäre zeigten hier ebenfalls keine Schwierigkeiten, jedoch waren Kinder ohne linke Kortex eindeutig beeinträchtigt. (vgl. Oerter/Montada 2002, S.541)

Aus neurolinguistischen Untersuchungen geht heute hervor, dass eine enge Beziehung zwischen der anatomischen /funktionellen Entwicklung des Gehirns und dem Spracherwerb besteht: Bereits in den ersten Lebenstagen können Neugeborene aufgrund der Hemisphärenspezialisierung zwischen sprachlichen und nichtsprachlichen Lauten unterscheiden. Auch scheint bewiesen, dass der rechte Kortex den linken unterstütz und erst durch ein Zusammenspiel beider Hemisphären Sprache störungsfrei verarbeitbar und produzierbar wird. (vgl. Oerter/Montada 2002, S.541)

3.2. Anatomische Vorraussetzungen im Rachenraum

Der Kehlkopf des Menschen liegt im Vergleich zu anderen Säugetieren sehr viel tiefer, nämlich auf Höhe des 4./5. Halswirbels. Dadurch ist der supralyngate Raum (Raum oberhalb des Kehlkopfes) größer. Der Gaumensegel- Verschluss ermöglicht uns die Luftzufuhr durch die Nase zu unterbrechen und über den Mund zu steuern. Nur so ist es uns möglich die erzeugten Laute der Stimmbänder zu modulieren.

Bei einem neugeborenen Kind gleichen die Artikulationsorgane denen von Säugetieren. Bis zum Ende des ersten Lebensjahres haben sie sich soweit ausgeformt, dass nun Sprache möglich wird. (vgl. Wode 1993, S.60-63)

3.3. Die Sinnesorgane

Die Sprachentwicklung verläuft nicht separat, sondern in Verbindung mit anderen Entwicklungsbereichen, wie eben auch der visuellen, auditativen und kinesthätischen Wahrnehmung.

3.3.1. Der Hautsinn

Kontakte auf der Haut werden von einem Neugeborenen noch sehr undifferenziert wahrgenommen. Zwar kann es eine Berührung am Körper bereits registrieren, ist aber weder in der Lage zu lokalisieren wo dieser Kontakt am Körper stattfindet, noch kann es fühlen womit diese Berührung erfolgte. Um Berührungsreize einordnen zu können bedarf das Gehirn unzähliger Erfahrungen.

Bedeutsam für den Spracherwerb ist zum einem der Mundinnenraum, der mit einer Vielzahl von Rezeptoren versehen ist, die die kleinsten Berührungen und Bewegungen der Zunge wahrnehmen und ans Gehirn weiterleiten. Dies ermöglicht es dem Kind nach unzähligen Versuchen die gelernten Wörter in einer deutlichen Artikulation hervorzubringen.

Zum anderen ist der Hautsinn für den Wortbedeutungserwerb von Nöten. Erst durch die Wahrnehmung von Berührungen auf der Haut, bekommen Wörter wie „glatt“ oder „rau“ einen Sinn. ( vgl. Hellrung 2003, S.48-51)

3.3.2. Hören und Sehen

Hören hat eine zentrale Bedeutung für die Sprachentwicklung. So ist es entscheidend für die Unterscheidung von Sprachlauten (Diskrimination), die Lokalisation und die Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Geräuschen.

Kinder ahmen ab dem 6. Lebensmonat Geräusche nach. Nur wenn Hören ungestört funktioniert gelingt dies und es wird zu einem späteren Entwicklungspunkt möglich gesprochene Worte wahrzunehmen und nachzusprechen. (vgl. Hellrung 2003, S. 54/55)

Ebenso nehmen Kinder die Sprache über das Sehen wahr, es stellt damit eine weitere wichtige Säule für die Entwicklung der Sprache. Kinder sehen die Bewegungen des Mundes einer sprechenden Bezugsperson, ebenso Mimik und Gestik. So lernen sie viel über die Artikulationsbewegungen beim Sprechen und können dem nachgehen. (vgl. Hellrung 2003, S. 56)

3.3.3. Die Feinmotorik der Artikulationsorgane

Sprache ist ein feinmotorischer Prozess. Er entsteht durch das Zusammenspiel von Atmung und den Bewegungen der Lippen, Zunge, Wangen und des Halses. Ebenso wie Kinder die Feinmotorik der Hände schulen müssen, müssen auch feinmotorische Prozesse im Mundraum geübt werden. Dies geschieht bereits in den ersten Lebensmonaten durch Saugen, Lutschen und Beisen.

3.4. Kognitive Vorraussetzungen

Der Spracherwerb wird in bestimmter Weise von der kognitiven Entwicklung beeinflusst. Das heißt, gewisse kognitive Fähigkeiten scheinen für den Spracherwerb unerlässlich.

Das jedoch Sprache keine einfache Folge der kognitiven Entwicklung ist, lässt sich an Kindern zeigen, die obwohl sie geistig behindert oder beeinträchtigt sind Sprache erwerben, zum anderen beginnt der Spracherwerb zu einem Zeitpunkt in der das kindliche Gehirn noch keine abstrakten Problemlösefähigkeiten besitzt.

Das Kind muss alle Regularitäten der gesamten Morphologie, der Syntax und der Phonologie aus der jeweiligen Muttersprache ableiten können. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, bedarf es einer Reihe von Spracherwerbsrelevanter kognitiver, sozialer und kommunikativer Kompetenzen. (vgl. Oerter/ Montada 2002, S. 542-544)

Die Diskussion um die Relevanz der kognitiven Vorraussetzungen für den Spracherwerb wird im Rahmen der Theorie der kognitiven Entwicklung von Piaget geführt.

3.5. Soziale Vorraussetzungen

Kinder sind genetisch auf die Interaktion mit anderen vorbereitet.

„Die Melodie der Sprache nimmt das Kind bereits im Leib der Mutter wahr, deren Stimmen durch das Fruchtwasser an das Ohr des Ungeborenen dringen.“ (vgl. Traufetter 2002) Nach der Geburt ist es in der Lage das mütterliche Gesicht zu erkennen und nach ein paar Wochen auch von anderen zu unterscheiden. Bereits nach ein paar Tagen kann es zwischen sprachlichen und nichtsprachlichen Lauten differenzieren.

Und, Forschungen zeigen es, Säuglinge schreien bereits in ihrer Muttersprache und erfüllen damit eine wichtige Vorraussetzung um sich später der Umwelt mitzuteilen (vgl. Traufetter 2002)

Das Kind muss die notwendigen Informationen (Phonemsystem, Wortform, Syntax) der Sprache seiner Umgebung entnehmen können- es braucht Input. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Sprache die speziell an das Kind gerichtet wird. Sie tritt in zeitlich aufeinander folgenden unterschiedlichen Erscheinungsformen auf, als Ammensprache, stützende Sprache und lehrende Sprache.

3.5.1. Die Ammensprache

Dieser Sprachstil wird bei Kindern bis zu einem Jahr verwendet. Er zeichnet sich durch eine hohe Tonlage im Bereich von 400-600 Hz aus und ist damit an die Hörfähigkeit des Säuglingsalters angepasst.

Schwierige Laute werden durch einfache ersetzt, wichtige Worte betont. Weiterhin zeichnet sich dieser Stil durch die Vermeidung schwieriger Wörter, Verwendung einfach strukturierter Sätze und häufigen Wiederholungen aus. (vgl. Dittmann 2002, S.28)

Über den Dialog, der schon mit der Geburt beginnt, schafft die Mutter eine gemeinsame Erlebniswelt. So wird es dem Kind möglich Beziehungen zwischen dem eigenen Verhalten und dem der Mutter zu erkennen. Sie interpretiert das Verhalten des Kindes und indem sie ihm eine bestimmte Bedeutung gibt, führt sie das Kind zur Erkennung der Sprachregeln und veranlasst es, eine Nachbildung der Sach- und Personenwelt zu erschaffen. Je häufiger die Aufmerksamkeit des Kindes auf seine Umwelt gelenkt wird, umso größer wird sein produktiver Wortschatz. (vgl. Oerter/Montada, S.546)

Des Weiteren erleichtert die deutliche Artikulation der Ammensprache die für die Muttersprache spezifischen Phoneme zu erkennen und später auch zu produzieren. (vgl. Dittmann 2002, S.19)

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Sprachentwicklung
Hochschule
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, ehem. Fachhochschule Jena
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V83601
ISBN (eBook)
9783638908108
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachentwicklung
Arbeit zitieren
Juliane Riemann (Autor:in), 2006, Sprachentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83601

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