Die Berufsausbildung im historischen Vergleich


Hausarbeit, 2002

28 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Berufsausbildung im mittelalterlichen Handwerk in den Zünften

2. Die Entwicklung der Berufsausbildung seit der Gewerbefreiheit bis Ende des I. Weltkrieges
2.1. Verhältnisse im Handwerk
2.2. Verhältnisse in der Industrie

3. Berufsausbildung in der Weimarer Republik
3.1. Berufsausbildung im Handwerk
3.2. Berufsausbildung in der Industrie

4. Die Entwicklung der Berufsschule

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

Einleitung

Im Rahmen des Seminar "Probleme der Berufsausbildung" habe ich mich in der vorliegenden Arbeit mit der "Berufsausbildung im historischen Vergleich" beschäftigt.

Da ich in einer Hausarbeit nicht in genügender Form auf die gesamte Historie eingehen kann, habe ich eine persönliche Auswahl getroffen und das Thema eingegrenzt.

Ausgehend von der Berufsausbildung des Handwerks im Mittelalter, dokumentiert diese Arbeit chronologisch die Veränderungen des Lehrlingswesen in der Neuzeit durch Gesetzgebungen dieser Zeit. Daran anschließend wird auf die, durch die Industrialisierung notwendig gewordenen, Änderungen in der Berufsausbildung eingegangen. Die Betrachtung der Berufsausbildung in der Weimarer Republik schließt sich an und endet mit der Beschreibung der Entwicklung der Berufsschule, die ebenfalls in diesen Zeitraum fällt.

Bei der Betrachtung der Berufsausbildung in dem dargestellten historischen Wandel beschränke ich mich zum einen auf die Berufsausbildung im Handwerk, da hier eine alte Ausbildungstradition vorherrschte und es interessant war zu sehen, in wieweit wirtschaftliche und soziale Veränderungen Einfluss auf die Ausbildung hatten. Zum anderen beschränke ich mich auf die industrielle Berufsausbildung, die durch die zunehmende Industrialisierung eine immer wichtigere Rolle einnahm und besonders in der Weimarer Republik den Mittelpunkt der Diskussion um die Berufsausbildung bildetet. Die Berufsausbildung im kaufmännischen Bereich müssen leider unbeachtet bleiben.

Ich habe diese Eingrenzung des Themas vorgenommen, da in diesem zu beschreibenden Zeitraum zum einen rechtliche Regelungen getroffen worden sind, die heute immer noch Bestand haben, so ist im Handwerk die Meisterprüfung ("Befähigungsnachweis") immer noch Voraussetzung für die Befähigung zur Lehrlingsausbildung. Zum anderen ist in dieser Zeit der Grundstein für unser heutiges "duales System" der Berufsausbildung gelegt worden ist.

1. Die Berufsausbildung im mittelalterlichen Handwerk in den Zünften

Mit der Entwicklung der Städte im Mittelalter entstanden viele neue Handwerksberufe und schon vorhandene begannen sich zu spezialisieren.

Um die Interessen des aufkommenden Handwerks zu sichern und aus dem Wunsch nach Organisation zum gemeinsamen Schutz entstanden im 12. Jahrhundert die ersten Zünfte aus gleichen Handwerkszweigen. Die Hochzeit des Zunftwesens war im 14.-15. Jahrhundert, was die nachfolgend aufgeführten Zahlen der Zunftmitglieder in der Stadt Freiburg zeigen.[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Impulse zur Entstehung und Entwicklung von Zünften können aus der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung hergeleitete werden, die insgesamt vom Leben der Einzelpersonen in größeren Verbänden geprägt war.[2] Die Zünfte verfolgten gemeinsame wirtschaftliche, soziale, politische und religiöse Zwecke und ihr Grundgedanke war die Beschränkung des Einzelnen zum Wohle einer größeren Gesamtheit.

Der Stand der Handwerker war zur Zeit des Mittelalters neben dem Stand der Kaufleute der zweite Stand. Die Handwerker waren rechtlich Bürger und standen den Kaufleuten somit gleich.

Vollberechtigte Mitglieder der Zünfte waren nur die Handwerksmeister. Sie versammelten sich regelmäßig in ihren Zünften. Der Vorsteher der Zunft war der "Zunftmeister" und wurde jährlich neu gewählt. Ihm zur Seite stand der erfahrenste und älteste Meister der Zunft.

Die Frauen und Kinder, sowie die Gesellen und Lehrlinge waren hingegen nur "Schutzgenossen" und konnten mit diesem Status nur passiv am Geschehen der Zunft teilnehmen, da es ihnen nach damaliger Rechtsauffassung an persönlicher Selbstständigkeit fehlte und sie deshalb auch in der Zunftgenossenschaft keine selbstständigen Rechte und Pflichten haben konnten.

Zu den Aufgaben der Zünfte gehörte, dass sie die Zahl der Meister, Gesellen und Lehrlinge festlegte. Sie waren für die Beschaffung der Rohstoffe und Arbeitsmaterialien zuständig und überprüften die Güter und die Waren. Sie waren ebenfalls für die Regelung der Arbeitszeiten zuständig, berieten über Löhne und Preise und konnte Meister bestrafen, die sich nicht an die Zunftordnung hielten. Außerdem waren sie für die Alters- und Krankenversicherung der Mitglieder verantwortlich.[3]

Jede Zunft hatte, wie schon erwähnt, eine Zunftordnung, die die wirtschaftlich organisatorischen und qualitativen Richtlinien festlegte. Sie beinhaltete z.B. Vorschriften über die Betriebsgröße, die Arbeitszeiten, die Qualität der Produkte, die Anzahl und Ausbildung der Lehrlinge und die Dauer der Gesellenzeit.[4]

Aus der Zunftordnung der "Rotschmiede" in Nürnberg geht hervor, dass die Zunft den Rotschmieden vier Lehrlings- und sechs Gesellenjahre vorschrieb. Als Meisterstück sahen sie einen "Tischleuchter", einen "durchbrochenen Schlüsselring" und "ein Stück, so er selbst erkieset". Zudem wurde festgelegt, dass die Gesellen nicht auf Wanderschaft gehen durften, um so das Gelangen von Geheimnissen ihres Handwerks in andere Städte zu verhindern.[5]

Im traditionellen Handwerk war der geregelte Ausbildungsgang, der sich im späten Mittelalter institutionalisierte, von großer Bedeutung. Aus dem Handwerksarbeiter wurde das verpflichtende Verhältnis: Lehrling - Geselle - Meister. Für die Zünfte war dies ein Mittel, um eine bestimmte Qualität der gewerblichen Produkte zu sichern und um die Gründung handwerklicher Betriebe und damit die Konkurrenz zu kontrollieren.[6]

Im Folgenden werde ich den Weg von der Aufnahme ins Handwerk bis zum Meister schildern. Ein Lehrlinge konnten jedoch erst Ende des 17. Jahrhunderts nach vollendeter Lehrzeit Geselle werden und nach sechsjährigem Gesellenstand das Meisterrecht erwerben.

Zunächst zur Begriffsklärung: Lehrlinge gab es wohl zu jeder Zeit. Der benutzte Begriff "diciphlus" heißt jedoch wörtlich "die dem Meister Unterstellten" und umfasst somit auch den Knecht und Gesellen. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff "Lehrling" jedoch im Sinne unseres heutigen Verständnisses von einem Auszubildenden verwendet.

Mit Aufkommen des Lehrzwangs mussten zunächst einige Bedingungen für die Aufnahme ins Handwerk durch das Handwerksrecht festgelegt werden.

Die erste Bedingung nach diesem Recht war, dass der Lehrling männlichen Geschlechts sein musste. Weiterhin musste er per "Ahnenprobe" nachweisen, dass er und seine Familie aus ehelichen Verhältnissen stammten. Er musste auch der "deutschen Zunge"[7], d.h. deutschen Ursprungs sein. Diese Regelung galt nicht so sehr für den Westen und Süden als mehr für den Norden und Osten Deutschlands, sodass die Wenden und Slaven, die als unfrei galten, von Handwerk ausgeschlossen wurden.

Eine weitere Voraussetzung für den Einstieg ins Handwerk war die "freie Geburt". Aus diesem Grund wurden ganze Stände (Schäfer, Zöllner, Stadtknechte, Nachtwächter etc.) als "unehrlich" abgewiesen. Nach den Bestimmungen des westfälischen Friedens, war der christliche Glaube zur Aufnahme nötig. Juden waren somit aus dem Handwerk ausgeschlossen.

Zum Schutz vor Überfüllung des Handwerks kam es in manchen Jahren zum Stillstand in der Aufnahme von Lehrlingen. So begannen die Knopfmacher z.B. 1750 mit einem 25-jährigen Aufnahmestopp von Lehrlingen.[8]

Nachdem der Lehrling jede der aufgeführten Bedingungen erfüllte, wurde er ins Handwerk aufgenommen. In einzelnen Handwerken ( Schuster, Schreiner, Buschbinder) wurde noch eine Probezeit von ca. zwei bis vier Wochen vom Lehrling verlangt, damit er erkannte, "ob sein Gemüt auch Lust zum Handwerk behalte". Mit dem Eintritt ins Handwerk, trat der Lehrling auch in die Familie seines Meisters ein und dieser übernahm die Vaterrechte über den Lehrling. Der Meister hatte die Pflicht der Lehre und Zucht des Lehrlings, dazu war ihm auch das Recht der körperlichen Züchtigung eingeräumt. Für seine Mühe und Arbeit mit dem Lehrling erhielt der Meister oft ein Lehrgeld, einige nahmen auch von Alters her keines.

Die Lehrzeit betrug drei Jahre und länger und war eine harte Zeit für den Lehrling. Dieser musste oft Haus- und Nebenarbeiten erfüllen und lernte nur wenig vom Handwerk. Zudem hatte er häufig unter seinem Meister und den Gesellen zu leiden.

Die Lehrzeit fand ihren Abschluss an dem "Tag der Lossprechung", indem der Lehrling in den Gesellenstand erhoben wurde. Als gleichberechtigter Geselle wurde er jedoch erst nach der Mitgliedschaft in einem Gesellenverband anerkannt, der das Zeremoniell des "Gesellenmachens" vorausging.

Die Gesellen besaßen zunächst kein eigenes Organ in der Zunftorganisation. Sie wurden von ihren Meistern ausgenutzt, die ihnen zunehmend den Weg zum Meister erschwerten.

Aus dieser schlechten sozialen Situation heraus entstand ein Organisationsbedürfnis der Gesellen zur Durchsetzung ihrer Interessen. Es bildeten sich kirchliche Bruderschaften, die ihr Ende mit der Reformation fanden, und weltliche Gesellenschaften, die die dominierende Genossenschaftsform der Gesellen war und das Gegenstück zur Vereinigung der Meister darstellte. Die Gesellenverbände forderten eine Verringerung der Anzahl der Arbeitstage. Mit ihrer zunehmenden Stärke gelang es ihnen im 16. Jahrhundert den hart umkämpften "blauen Montag" freizubekommen. Zudem gelang es ihnen in die Handwerksgerichtsbarkeit einbezogen zu werden. So wurde ihnen in Fragen von Lehrlingsstreitigkeiten ein Mitspracherecht eingeräumt.

Nach der Lehrlingszeit musste jeder Geselle zunächst auf die "Walz". Mit dem von der Zunft ausgestellten "Lehrbrief" ging es dann (manchmal) bis zu zehn Jahre auf Wanderschaft, um sich in seinem Handwerk weiterzubilden und neue Erfahrungen zu sammeln. Die Meistersöhne waren entweder ganz vom Wanderzwang ausgeschlossen oder hatten nur eine verkürzte Wanderzeit.

[...]


[1] www.himmelsbach-reinigungen.de

[2] Vgl. www.buhev.de, www.rechtschaffene.de

[3] www.aeion.at

[4] www.die-koelner.de

[5] www.kubiss.de

[6] Vgl. Anm. 3

[7] www.rechtschaffende.de

[8] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die Berufsausbildung im historischen Vergleich
Hochschule
Universität Lüneburg  (Soziologie)
Veranstaltung
WS 2001/2002
Note
bestanden
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V8346
ISBN (eBook)
9783638153355
Dateigröße
624 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berufsausbildung
Arbeit zitieren
Insa Tietjen (Autor:in), 2002, Die Berufsausbildung im historischen Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8346

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