Didaktik der außerschulischen Jugendbildungsarbeit im Zusammenhang mit der Sensibilisierung für Alltagsrassismus


Diplomarbeit, 2006

207 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Außerschulische Jugendbildungsarbeit
2.1 Gesetzliche Grundlagen und Finanzierung
2.2 Klientel
2.3 Ehrenamtlichkeit
2.4 Die Bereiche der Jugendbildungsarbeit
2.5 Ansätze der außerschulischen Jugendbildungsarbeit
2.6 Abschließende Betrachtungen

3 Didaktik der Jugendbildungsarbeit
3.1 Was ist Didaktik
3.2 Begriffsklärung sozialpädagogische Didaktik
3.3 Exkurs: Didaktische Elemente und didaktisches Dreieck
3.4 Selbstbestimmtes Lernen als didaktische Grundannahme
3.5 Methoden in der Jugendbildungsarbeit
3.6 Die didaktische Reflexion
3.7 Abschließende Betrachtungen

4 Alltagsrassismus
4.1 Exkurs: Überblick der Geschichte des Rassismus
4.1.1 Die Antike
4.1.2 Das Mittelalter
4.1.3 Zeit der Aufklärung
4.1.4 Zwischen Aufklärung und Nationalsozialismus
4.1.5 Rassismus im Nationalsozialismus
4.1.6 Nach dem 2. Weltkrieg in der BRD
4.1.7 Nach dem 2. Weltkrieg in der DDR
4.1.8 Nach der Wende und Beginn des 21. Jahrhunderts
4.2 Xenophobie, Vorurteile und Stereotype
4.2.1 Begriffsklärungen
4.2.2 Funktionen und Urteilsprozesse bei Vorurteilen und Stereotypen
4.3 Ethnozentrismus und Rassismus
4.3.1 Begriffsklärung Ethnozentrismus und Rassismus
4.3.2 Funktionalitäten und Bildungsverläufe des Rassismus
4.4 Begriffsklärung Alltagsrassismus
4.5 Exkurs: Deutsche Kultur
4.6 Triebfedern des Alltagsrassismus
4.6.1 Alltagsrassismus durch Ökonomie und Politik
4.6.2 Alltagsrassismus durch Arbeitsmigration/Flüchtlinge/Asylbewerber
4.6.3 Alltagsrassismus durch Erziehung und subjektiv erworbene Haltungen
4.6.4 Alltagsrassismus durch Ängste
4.6.5 Alltagsrassismus durch Medien
4.6.6 Alltagsrassismus in der Sprache
4.7 Die Gefahr der sich einschleichenden Normalität rassistischer Praxen im Alltag
4.8 Abschließende Betrachtungen

5 Schlussfolgerungen für die Praxis der außerschulischen Jugend- bildungsarbeit
5.1 Qualitative Anforderungen an Jugendbildungsreferenten bei der Sensibilis- ierungsarbeit für Alltagsrassismus
5.1.1 Wissen und Hintergrundinformationen
5.1.2 Emotionalität und differenzierte Beobachtungsgabe
5.1.3 Empathie und Echtheit
5.1.4 Aufmerksamkeit und Betroffenheit auslösen können
5.1.5 Flexibilität und aus Erfahrungen schöpfen können
5.1.6 Sich selbst zurücknehmen können
5.1.7 Provozieren und Konfrontieren können
5.2 Module der Sensibilisierungsarbeit für Alltagsrassismus in der Jugend- bildungsarbeit
5.2.1 Didaktische Grundlagen
5.2.2 Ablauf und Zielstellung der Module
5.2.3 Modul I - Die Modemacher
5.2.4 Modul II - Mensch ärgerlich

6 Abkürzungsverzeichnis

7 Literaturverzeichnis

8 Quellenverzeichnis

9 Abbildungsverzeichni

1 Einleitung

Rassismus ist in Deutschland erst seit wenigen Jahren wieder ein Thema über das häufiger gesprochen wird. Aber auch dabei wird Rassismus meistens den jungen, ledigen Männern zugedacht, die durch offen rassistische Gewalttaten auf sich aufmerksam machen. Bei den Wahlen atmen viele Menschen auf, wenn rechte Parteien die fünf Prozent Hürde nicht überspringen. Auffallend ist aber, dass die Gegenveranstaltungen zu rechten Veranstaltungen immer kleiner ausfallen, dass rechte Organisationen offen die Veranstaltungen des Bündnisses gegen Rechts stören und das sogar ein Konstantin Wecker Konzert auf Druck der NPD abgesagt wird. Rassismus fängt aber nicht bei den Gewalttaten und den Wahlprogrammen einschlägiger Parteien an, sondern er beginnt viel früher in Form verdeckter Äußerungen, unbewusster Handlungen und unbemerkten Diskriminierungen. Schnell greifen die Menschen zu Stereotypen, bedienen Vorurteile und bemerken nicht, wie sich manches manifestiert und unbedacht anderen das Leben schwer und unzumutbar macht. Dieser verdeckte Rassismus rutscht aus meiner Sicht in Deutschland mehr und mehr in die Haltung der Mitte-Parteien hinein, er vernetzt sich mit unserem Alltagsleben und wird gefördert durch die Nicht-Aufklärung der sozialen Situation und der prekären Arbeitsmarktsituation. Aktuelle Debatten um die Hartz IV Gesetzgebung sind eng mit den vermeintlich ähnlichen Forderungen der Parteien mit nationalsozialistischem Hintergrund geprägt und die kulturelle Fremdheit von Arbeitsmigranten und Asylbewerbern macht vielen Menschen Angst vor Überfremdung und vor Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. In Seminaren ist häufig zu erleben, dass Schule die Aufklärung der Ursachen und das Aufdecken von Alltagsrassismen nicht bewältigt. Somit wird der Bedarf guter didaktischer Ansätze der außerschulischen Jugendbildung zur Sensibilisierung für Alltagsrassismus deutlich. Da das Feld der außerschulischen Jugendbildungsarbeit weit und finanziell seit Jahren vakant ist, wird in der Abhandlung erst auf die Jugendbildungsarbeit eingegangen, hernach die Didaktik erläutert und nach dem umreißen von Rassismus und seiner Entstehung ein konfliktorientiertes Konzept zur Sensibilisierung für Alltagsrassismus erläutert. Nur wenn ein Mensch in sich verstanden hat, dann ist er sensibel genug, um andere aufmerksam zu machen. Und genau solcher sensibler Menschen bedarf es in dem heutigen Deutschland. Seit dem Jahr 2002 arbeite ich als Jugendbildungsreferentin bei dem unabhängigen Kinder- und Jugendverband SJD - Die Falken. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe ich zahlreiche Erfahrungen mit der theoretischen Erarbeitung und praktischen Umsetzung von Bildungsveranstaltungen für Kinder; Jugendliche und junge Erwachsene machen können. In dem zweiten Teil meiner Arbeit werde ich die außerschulische Jugendbildungsarbeit vorstellen, sie gesetzlich einordnen und auf ihre Ansätze eingehen, da sie die Grundlage der Didaktik darstellt und somit umrissen werden muss.

Im dritten Teil meiner Diplomarbeit werde ich mich der Problematik der Didaktik in diesem Bildungsbereich widmen. Wert lege ich auf die ausdrückliche Definition der außerschulischen Bildungsarbeit, so sind meiner Meinung nach hier schulische Bildungsformen unangebracht. Leider stellte ich schon zu Beginn meiner Tätigkeit fest, dass viele meiner Kollegen anderer Verbände und Organisationen mit der theoretischen Planung von Bildungsveranstaltungen überfordert sind. Ihnen ist - da im Studium nicht erlernt mangels entsprechender Angebote der Lehre (vgl. FSGW (Hrsg.) 2006, 9ff.) - die Findung kreativer und innovativer Methoden und die sie beinhaltende Didaktik fremd. Neben der kurzen Erläuterung didaktischer Ansätze werde ich auch die Haltung der non-direktiven Pädagogik vorstellen.

Der vierte Teil meiner Diplomarbeit wird sich mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen. Sensibilisiert für dieses Thema wurde ich, neben besuchten Seminaren an der Hochschule Magdeburg-Stendal, durch meine Arbeit als Jugendbildungsreferentin. Die von uns angebotenen Seminare zielen häufig auf einschlägige politische Themen ab und werden demnach von Teilnehmern besucht, die sich von selbst mit solchen Themen auseinandersetzen möchten. Anders besetzt sind die Seminare der allgemeinen Jugendbildung und der Gruppenleitergrundkurse. Hier ist festzustellen, dass die Teilnahme an solchen Bildungsveranstaltungen momentan modern und von vielen Seiten gewünscht ist und sich somit ein immer breiteres Publikum anmeldet. Entgegen der Annahme, dass junge Menschen, die als Betreuer arbeiten wollen und in den Einführungsveranstaltungen von Toleranz und Akzeptanz reden, diese auch leben, ist schnell feststellbar, dass sie besetzt sind von Alltagsrassismen und erlerntem, unbewussten Alltagshandeln. Gleichsam stelle ich auch in meinem privaten Leben Konfrontationen mit Alltagsrassismus fest. So versteht kein Verkäufer beim Bäcker was ein »Schokoladen-Pudding-Biskuit- Teilchen« ist, aber gemeinhin verstehen sie sofort den Begriff »Mohrenkopf«. Ich möchte ergründen, welche Ursachen Alltagsrassismus haben kann, möchte ihn entdecken, aufdecken und enttarnen.

Durch diese zunehmenden Beobachtungen entstand in mir der Wunsch, Module als konzeptionelle Grundlage zu entwickeln, mit denen junge Menschen auf ihr unbewusstes Handeln aufmerksam gemacht werden und sich daraus folgend mit diesem Handeln, den gesellschaftlich anerkannten Duldsamkeiten und sich selbst auseinandersetzen können. Der inhaltlichen Erarbeitung und der didaktischen Planung dieser Module wird sich der fünfte Teil meiner Diplomarbeit widmen.

2 Außerschulische Jugendbildungsarbeit

Außerschulische Jugendbildung ist ein Bildungsbereich, der die Schule, den Beruf und die Familie ergänzen soll. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene finden bei den Trägern der Jugendbildungsarbeit die Freiräume, selbstorganisiert und eigenständig Experimentieren, Lernen und Handeln zu können. Zunehmend ist die Begrifflichkeit »außerschulische Jugendbildung« mit dem sozialen Lernen vergleichbar, bei dem es um die Notwendigkeit geht, Kenntniserwerb, Fähigkeiten und Fertigkeiten gleichsam wie menschliche Emotionen und die dazugehörenden kommunikativen Kompetenzen zu kultivieren (vgl. Schwab 1997, 37 f.; vgl. Müller 1996, 530 f.). Ebenso sollte außerschulische Jugendbildung eine Eigenschaft wiedergewinnen, die Ahlheim (2004, 43 f.) für die politische Erwachsenenbildung formuliert hat: „Politische Erwachsenenbildung muss, anders als viele Fachvertreter an den Universitäten zum Besten geben, den Gedanken der Utopie und Kritik wiedergewinnen, statt ihn beständig diffamierend abzuweisen.“. Nur durch die Eröffnung von Bildungschancen, dem Ermöglichen und dem Zugang gewähren von greifbarem Wissen, durch Methoden, die Zusammenhänge deutlich machen und das Hinterfragen zulassen, kann ein Pädagoge junge Menschen in der Findung ihrer eigenen Mündigkeit bestärken, sie zu einer eigenen Meinung ermutigen und zur politischen Verantwortung bewegen (vgl. ebd., 44). Da die schulische Bildung diese Rolle nicht übernimmt und nicht übernehmen kann, da sie dem Staat und seiner Politik untersteht, ist die außerschulische Jugendbildung von enormer Wichtigkeit zur Aufklärung junger Menschen.

2.1 Gesetzliche Grundlagen und Finanzierung

Die außerschulische Jugendbildung ist in dem § 11 des SGB VIII, der die Leistung der Jugendhilfe -Jugendarbeit- regelt, verankert. Dieser Paragraph besagt, dass Jugendarbeit sich an den Interessen der Adressaten orientieren und ihnen Angebote zur Erlangung der Fähigkeit zur Partizipation unterbreiten soll. Das soziale und gesellschaftliche Engagement, die Interessenvertretung und das Verantwortungsbewusstsein der jungen Menschen soll mit Hilfe der Jugendarbeit und somit der außerschulischen Jugendbildung geweckt und gefördert werden. Dabei ist für jedes Engagement und für jede Bildungsveranstaltung die Freiwilligkeit der Teilnahme Grundsatz der Jugendbildung im außerschulischen Kontext (vgl. http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=8701, 05.04.2006). Im Rahmen dieses Selbstverständnisses von Jugendarbeit wird im Absatz 3 Punkt 1 des genannten Gesetzen explizit auf die außerschulische Jugendbildung eingegangen und ihr Handlungsspielraum festgelegt. Demnach gehören zu den Schwerpunkten „außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung.“ (JuR: SGB VIII, 19). Unter Punkt 3 desselben Gesetzes werden die Schwerpunkte der „… arbeitswelt-, schul- und familienbezogenen Jugendarbeit, …“ (JuR: SGB VIII, 20) dargestellt. Diese Erwähnung gewinnt bezogen auf das Land Sachsen-Anhalt von Bedeutung, denn in diesem Bundesland sind auch Bildungsinhalte des § 11 Absatz 3 Punkt 3, also Angebote der arbeitsweltbezogenen Jugendbildung, förderwürdig (vgl. Ergänzung zum Zuwendungsvertrag AZ: 601-51725-140344-06-001 13.02.2006, 1).

Als Anbieter von Bildungsangeboten mit dem Schwerpunkt der außerschulischen Jugendbildung werden im gleichen Paragraphen des Gesetzes unter Absatz zwei „Verbände, Gruppen, Initiativen der Jugend …“ (JuR: SGB VIII, 19) und weitere Träger der öffentlichen und freien Jugendarbeit genannt (vgl. http://www.sachsen- anhalt.de/LPSA/index.php?id=8701, 05.04.2006). Explizit zu der politischen Jugendbildung kann im Internet, auf der Webseite des Internationalen Jugendaustausch- und Besucherdienstes der Bundesrepublik Deutschland (IJAB), welcher gefördert wird durch das Bundesministerium für Familie, Soziales, Frauen und Jugend (BMFSFJ), nachgelesen werden: „Freie Träger wie Jugendverbände, Bildungsstätten, Wohlfahrtsverbände, Akademien und politische Jugendorganisationen sowie öffentliche Träger wie die Bundeszentrale für politische Bildung und die Landeszentralen für politische Bildung, staatliche Bildungsstätten, Volkshochschulen und nicht zuletzt auch die Jugendämter zählen zu den Anbietern im Bereich der außerschulischen politischen Jugendbildung. Den Angeboten der Förderung der Kenntnisse über Gesellschaft und Staat sowie über Möglichkeiten und Formen der Partizipation und über Interessenwahrnehmung wird dabei ein hoher Stellenwert einberaumt.“ (http://www.kinder-jugendhilfe.info/cgi-bin/showcontent. asp?ThemaID=4607, 05.04.2006).

Entsprechend des Grundsatzes der Subsidiarität, also der Nachrangigkeit der öffentlichen Träger und der zunehmenden Minimierung der Fremdsteuerung durch verstärkte Selbststeuerung (vgl. Sachße 1996, 592 ff., vgl. auch Schwab 1997, 50) und der verschiedenartigen förderwürdigen Bereiche der außerschulischen Jugendbildung, haben sich Anfang des 20. Jahrhunderts vielfältige Verbände und Organisationen der Jugendarbeit herausgebildet, die sich zum Großteil auch heute noch, mit dem Vorrang des Bildungsanspruchs, in die verschiedenen Kategorien der außerschulischen Jugendbildung teilen lassen und dadurch den individuellen Bedürfnissen der Zielgruppe gerecht werden können. Nach dem Anspruch auf Vielfalt und Pluralität in der Jugendarbeit muss also den Trägern der Freiraum für individuelle Zielsetzungen und differenzierte Angebote ermöglicht werden (vgl. Schwab 1997, 50 f.; vgl. Hafeneger 1997, 29). Als Beispiel für die Vielfalt der Verbände sei hier kurz eine grobe Einteilung derer genannt. In der Jugendarbeit wird in Fachverbände (Bsp: Deutsches Rotes Kreuz), Freizeitverbände (Bsp: Naturfreunde) und klassischen Jugendverbände, wie gewerkschaftliche Organisationen (Bsp: Verdi Jugend), sozialistische Verbände (Bsp.: SJD - Die Falken) und konfessionellen Träger (Bsp: evangelische Jugend) unterschieden (vgl. Schwab 1997., 41; vgl. Dick 2001, 408).

Ebenso in dem SGB VIII ist unter § 12 die Förderung der Träger der Jugendarbeit und somit der außerschulischen Jugendbildung festgehalten. Als staatliche Pflichtaufgabe beinhaltet die Förderung der Jugendarbeit die zur Verfügungstellung von finanziellen Mitteln als Teilfinanzierung für das Fachpersonal, die Aktivitäten und den Verwaltungsbereich. Somit wird die Arbeit der Organisationen in ihrer Grundlage abgesichert, sofern es sich um Leistungen von gesellschaftlicher Bedeutung handelt, die der Träger erbringt (vgl. Schwab 1997, 48 f.). Bestandteil ist hier, zur Wahrung der Demokratie und Vielfalt der Trägerlandschaft, die Respektierung der satzungsgemäßen Umsetzung der Bildungsangebote. Durch diesen Passus ist also eine gesunde und wünschenswerte Gesellschafts-, Politik- und Sozialkritik der Träger legitim und hat keinen Einfluss auf die Bewilligungspolitik der öffentlichen Hand.

Finanzgeber der Jugendverbände und Gruppierungen ist das Ministerium für Soziales des jeweiligen Bundeslandes und das ihm untergeordnete Landesjugendamt (LJA), in Sachsen-Anhalt mit Sitz in Halle/Saale. Die Förderung wird nach §§ 74 und 75 SGB VIII gewährt, sofern der Träger als gemeinnützig anerkannt ist, seine Bildungsveranstaltungen fachlich absichern und begleiten kann, die empfangenen Mittel zweckentsprechend einsetzt und dieses auf Aufforderung nachweisen kann. Zudem muss der Träger seine Bildungsinhalte an dem Rahmen des Grundgesetzes ausrichten, demnach demokratisch, partizipatorisch und unter Wahrung der Gleichwertigkeit aller Mitglieder, sowie der Meinungsfreiheit arbeiten. Die Höhe der zu erhaltenden Förderung ist aufgrund des Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland individuell durch den Haushalt der einzelnen Ländern und Kommunen bestimmt (vgl. Schwab 1997, 50). In Sachsen-Anhalt wird die differenzierte Förderhöhe der Bildungsveranstaltungen in dem Ausführungsgesetzt zum KJHG des Landes Sachsen-Anhalt MS-74 geregelt. Seit 2004 hat das Land Sachsen-Anhalt die Fördermodalitäten insofern geändert, dass die Träger der Jugendarbeit seitdem Leistungsverträge mit dem Landesjugendamt abschließen müssen. Detailliert auf die Fördermodalitäten und die Leistungsverträge einzugehen, würde den Rahmen des Themas dieser Arbeit überdehnen. Erwähnenswert ist aber noch, dass ein Angebotskatalog die Grundlage der Leistungsverträge bildet, welchen jeder Träger individuell fertigt und in dem er seine Angebote in die verschiedenen Bildungskategorien ordnet, sie mit Wirkungs- und Handlungszielen unterlegt und kurz beschreibt. Die öffentliche Hand fordert somit von den Trägern langfristige didaktische Planungen, lässt Abweichungen vom Plan zu, verfügt aber alleinig über die Macht, Rechtfertigungen abzuverlangen, Verfahrensgrundsätze zu ändern und Bildungsangebote als förderfähig anzuerkennen oder abzuweisen (vgl. Zuwendungsvertrag AZ: 601-51725-140344-06-001 16.03.2006, 1 ff.). Der ursprünglichen, nach außen vertretenen Absicht, die Träger der freien Jugendhilfe und die öffentliche Hand als Partner auf eine Ebene stellen zu wollen, ist damit keine Rechtfertigung zuteil geworden. Zu den Förderkriterien gehört ebenfalls die Planungssicherheit. Sie soll den Organisationen die Absicherung geben, auch langfristig - bspw. in Bezug auf die Personalpolitik - agieren zu können.

In Sachsen-Anhalt ist dieser Anspruch der Verbände nur bedingt erfüllt worden. Der Erhalt der Leistungsverträge musste jährlich von allen Verbänden und Organisationen angefordert werden, so dass aufgrund der Bearbeitungszeiten die monatlichen Zuwendungen erst nach dem ersten Quartal des Jahres eingingen. Das führte bei einigen Verbänden zu massiven finanziellen Schwierigkeiten, denn Zahlungen erfolgen erst, wenn der Vertrag beidseitig unterzeichnet ist. In dem Jahr 2006 bekamen fast alle Verbände und Organisationen Verträge für zwei Jahre, eine der wenigen Ausnahmen bilden bspw. die SJD - Die Falken. Sie bekamen unverschuldet nur einen Vertrag für ein Kalenderjahr. Genau genommen ist dieser Fakt entgegen der Gleichbehandlung und Gleichrangigkeit der Verbände. Ebenso die versprochene Verwaltungsvereinfachung konnte bisher nicht erzielt werden. Im Dezember 2005 wurde seitens des LJA eine Verfahrensgrundsatzänderung vorgenommen, durch die nunmehr Bildungsangebote im musisch-kulturellen Bereich gesondert unterlegt werden müssen, um als förderwürdig anerkannt zu werden, obwohl auch dieser Bereich explizit im KJHG verankert ist. Die Verbände und Organisationen des politisch links gelagerten oder des kritischen Spektrums sehen sich bislang wohl gefördert, vermerken aber zunehmend tiefere Prüfungen durch die öffentliche Hand, so dass es weithin nach wie vor heißen muss: »Eine eigene Meinung und die satzungsgetreue Umsetzung sind erwünscht, aber wenn sie gefährlich werden für das bestehende System, werden die zu den Stimmen Gehörenden in Bewegung gehalten. So kommen sie nicht mehr zum kritischen Denken und Handeln, sondern sind beschäftigt und werden durch ihre Existenzangst gelähmt.«.

2.2 Klientel

Die Bildungsangebote der außerschulischen Jugendbildungsarbeit richten sich im Sinne von § 11 SGB VIII an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, wobei die Gruppe der jungen Erwachsenen nur einen angemessenen Umfang innerhalb der Tätigkeiten der Verbände und Organisationen haben darf (JuR: SGB VIII, 20). Da diese Arbeit dem Arbeitsfeld der Sozialpädagogik entspringt, sollen vorrangig junge Menschen mit Benachteiligungen im persönlichen, sozialen und gesellschaftlichen Leben erreicht und gefördert werden. Verankert ist im SGB VIII § 1 Absatz 1: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ (JuR: SGB VIII, 16). Ferner grenzt der Absatz 3 desselben ein, dass Jugendhilfe neben der Förderung der Persönlichkeiten auch „ … dazu beitragen (soll, K.B), Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, …“ (JuR: SGB VIII, 16). Oberster Grundsatz ist hier die Freiwilligkeit der Teilnahme. Somit gibt es für die Jugendbildung, abgesehen von den expliziten Altersgrenzen, keine weitere Einengung der potentiellen Klienten. Die Träger der freien Jugendbildungsarbeit leben von dem Engagement ehrenamtlicher Helfer und oftmals, sobald der Träger einer verbandlichen Struktur entspricht, auch gezielt von ihren Mitgliedern. Auch sie haben das Recht lt. § 12 SGB VIII (JuR: SGB VIII, 16), nicht nur ihren Mitgliedern Bildungsangebote zu unterbreiten, sondern die Bildungsangebote einer breiten Masse zur Verfügung zu stellen.

2.3 Ehrenamtlichkeit

Wer sich mit außerschulischer Jugendbildung und ihrem Klientel auseinandersetzt, muss sich automatisch mit der Frage der Ehrenamtlichkeit beschäftigen. Die Träger der außerschulischen Jugendbildung bestehen nur zu geringer Prozentzahl aus hauptamtlichen Mitarbeitern, die meisten Verbände und Organisationen können, ob ihrer zu leistenden Eigenanteile, lediglich eine hauptamtliche Stelle finanzieren, manche Träger beschäftigen auch zwei hauptamtliche Mitarbeiter. In ganz Sachsen- Anhalt arbeiten 33 Jugendbildungsreferenten (vgl. http://sachsen-anhalt.verdi.de/land tagswahlen_2006/die_linkspartei_pds/data/Antwort%20der%20PDS.pdf,14.05.2006). Diese hauptamtlichen Mitarbeiter dienen der Begleitung und Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer. Sie führen aus, bringen Ideen ein, kümmern sich um die Umsetzung der Bildungsveranstaltungen und die adäquate fachliche Betreuung der Helfer. Die ehrenamtliche Arbeit der jungen Menschen, welche sich zumeist voller Elan und Kraft an die zu bewältigenden Aufgaben heranwagen, hat aufgrund der geringen Hauptamtlichkeit demnach eine starke Wichtung. Obgleich viele Verbände und Organisationen aus den Reihen der Arbeiterjugend oder der Bildungselite hervorgegangen sind, finden sich heute kaum Kinder und Jugendliche aus herkömmlichen Arbeiterfamilien in ihnen wieder. Es engagieren sich hier deutlich mehr junge Menschen, die Gymnasien besuchen oder aber ein Studium begonnen haben, als Jugendliche, die eine Real- oder Hauptschule besuchen oder arbeitslos sind. „Freiwilliges Engagement steht in einem bestimmten sozialen Kontext, und es sind die besser integrierten und höher ausgebildeten Befragten, die häufiger engagiert sind.“ (Rosenbladt (Hrsg.) 1999, 149).

Neben dieser Beobachtung ist feststellbar, dass sich junge Menschen im Alter von 14-24 Jahren insgesamt sehr stark engagieren (vgl. Rosenbladt (Hrsg.) 1999, 146), viele Verbände jedoch realistisch gesehen Nachwuchssorgen haben. Als Ursache hierfür kommen mehrere Faktoren in Betracht. Einerseits „…sind Jugendliche dort unterrepräsentiert, wo es im engeren und weiteren Sinn um soziales und politisches Engagement geht.“ (Rosenbladt (Hrsg.) 1999, 147). Das Engagement in einem Rahmen, der die eigenen Bedürfnisse direkt und schnell befriedigt, scheint also bei jungen Menschen, laut der genannten Studie, mehr Zuspruch zu finden.

Wird die Fragestellung nach dem Engagement ehrenamtlich aktiver junger Menschen auf Sachsen-Anhalt bezogen, so ist feststellbar, dass Sachsen-Anhalt ein Flächenland ist und sich somit schwierigere infrastrukturelle Bedingungen für ein intensives Engagement ergeben. Die jungen Menschen, vor allem Jugendliche, die noch keinen Führerschein besitzen, sind auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen und brauchen zum Teil enorm viel Zeit, um zu vereinbarten Treffpunkten zu kommen. Das erschwert die Motivation zum Freiwilligendienst sehr.

Hinzukommend finden wir hier bei den jungen Menschen keinen Anstoß durch die ältere Generation zur Ausübung eines Freiwilligendienstes, wir haben also auch ein Nachwuchsproblem durch fehlendes »anwerben« durch die Eltern und Großelterngeneration (vgl. Rosenbladt (Hrsg.) 1999, 178 ff.).

Für viele junge Menschen sind die starren Gebilde der Parteien, Verbände und Kirchen und der mit ihnen verbundene Wunsch nach einem langfristigen Engagement durch Mitgliedschaften abschreckend. „Zu beobachten ist bei vielen Jugendlichen stattdessen eine Bereitschaft (!) spontanem, zeitlich befristetem Engagement…“(Stahl 1992, 219)

Wie überhaupt kommt es zu einem ehrenamtlichen Engagement von jungen Menschen? Sie wollen, neben einer Herausforderung und Spaß im Leben, ihren Erfahrungshorizont erweitern. Sie möchten Verantwortung übernehmen und eigene Entscheidungsspielräume haben. Sie gehen mit hohen Erwartungen und hoher Einsatzbereitschaft an ihr Ehrenamt. Hier können sie ihr Bedürfnis nach sozialen Kontakten befriedigen (vgl. Rosenbladt (Hrsg.) 1999, 149 f.). In Jugendverbänden und -gruppen können sie, ehrlicher als in der Familie, da die familiäre Kontrolle nicht greifen kann, ihre Erfahrungen in Lebensbereichen, wie Familie, Schule, Ausbildung, Politik und Partnerschaft reflektieren und zeitgleich sich mit der Gruppe, der Aktion, dem Projekt identifizieren und somit Stolz und Selbstwertgefühl durch immateriell Geschaffenes entwickeln (vgl. Stahl 1992, 220).

In der Typisierung der Handlungsmuster ehrenamtlicher Mitarbeiter wurden vier Typen festgelegt. Zuerst zu nennen ist hier der »Typ der psycho-sozialen Lebensbewältigung«. Dieser Typ findet in Verbänden und Organisationen die Möglichkeit, persönliche Krisen zu bearbeiten. Häufig sind es junge Menschen, die massive Probleme mit ihrem Elternhaus haben und zudem eher der Gruppe der Einzelgänger im schulischen Kontext zuzuordnen sind. Durch ihr ehrenamtliches Engagement können sie, ohne die für sie in der Schule typischen Dilemmata einen Raum finden, wo ihnen Akzeptanz und Toleranz entgegengebracht werden, ohne dass sie ständiger Kritik ausgesetzt sind. Sie können so sein, wie sie wirklich sind. Der Träger der Jugendarbeit stellt für sie in ihrer Lebensphase eine Art »Familienersatz« dar, sie werden kaum in Schranken gewiesen, können relativ unverbindlich auf- und abtauchen und erhalten ein vorrangig positives Feedback. Meist finden sie durch die ehrenamtliche Tätigkeit Gleichgesinnte, zu denen sie vorerst über die gemeinsame Arbeit an einer Sache persönliche Beziehungen aufbauen, die dann häufig in einer tief verbundenen Freundschaft münden. Weitere Typen sind der »gesellschafts-politische Typ« und der »Freizeit-Typ«. Diese Typen möchten über ihr Engagement gesellschaftlich mitwirken und gesellige Aktivitäten mit Gleichaltrigen erleben. Letztgenannte Typen sind in der ehrenamtlichen Jugendbildungsarbeit nicht so häufig vertreten wie der Typ der »psycho-sozialen Lebensbewältigung«, aber deutlich häufiger als der Vierte, der »Ausbildungs- und Karriere Typ«. Gleichwohl ist eine Kategorisierung immer so zu betrachten, dass alle Typen miteinander vermischt in der Realität auftauchen, dennoch spielt der vierte Typ in dem Bereich der Jugendbildungsarbeit keine vorrangige Rolle (vgl. Stahl 1992, 220).

Nach der Frage, wie die Jugendlichen zu einem Engagement in Jugendgruppen und -verbänden kommen, ist unumgänglich, sich mit ihrem Abschied von ihm auseinandersetzen. So geschieht es seltener, dass junge Menschen den Fakt benennen, keine Zeit zu haben, keine Kraft oder keine Motivation. Neben äußeren Gründen, wie Umzug durch Beruf oder Studium ist vermehrt zu beobachten, dass sie, um die Trennung von ihrer »vorübergehenden Familie« zu verschmerzen, diesen Schritt mit Ärger, Frust oder unsachlichen Argumenten vermengen. Es wäre fatal, den zeitlichen Aufwand der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Verbandes zu unterschätzen. Hinzukommend gibt es insgesamt relativ wenig Engagierte, auf denen viel Verantwortung und ein hohes Organisations- und Arbeitsaufkommen lastet. Somit entsteht schleichend eine Überforderung, die oft mit der Enttäuschung des anfänglichen Idealismus verbunden ist. Solche Tatsachen zu verbalisieren fällt den Engagierten schwer, da sie es als Schwäche einstufen und nicht als Stärke der Selbstreflexion. Hinzu kommt in vielen Fällen, dass sich der dauerhafte Umgang mit den hauptamtlich Tätigen als »normale Beziehung«, in der Probleme auftreten und verbalisiert werden sollten und in der sich die Beteiligten der gegenseitigen Kritik aussetzen, herausstellt (vgl. Stahl 1992, 122f). Solche Beziehungen stellen den Alltag der jungen Menschen dar und es ist fraglich, ob sie die zusätzliche Kraft für eine solche »gewohnte« Beziehung aufbringen können und sie anstehende Konflikte klären wollen, oder ob die Beziehung durch sie ob der Anstrengung beendet wird. Wieder erweist sich die Kommunikationskompetenz als eine der wichtigsten in der haupt- und ehrenamtlichen Arbeit eines Jugendverbandes.

2.4 Die Bereiche der Jugendbildungsarbeit

Neben den allgemeingültigen Aufgaben der Jugendbildungsarbeit, der:

- Erziehung und Bildung zur Entwicklung persönlicher Identität und Werteorientierung Jugendlicher,
- Interessenvertretung Jugendlicher durch Verbandsarbeit (Anwaltsfunktion),
- Angebote zu Geselligkeit und Freizeitgestaltung,
- Hilfe und Beratung bei der Überwindung von Identitäts- und Lebenskrisen junger Menschen.“ (Schwab 1997, 42),

wird die Jugendbildungsarbeit, wie in dem Unterkapitel - 2.1 Gesetzliche Grundlagen und Finanzierung - erwähnt, in verschiedene Bereiche geteilt. Diese Einteilung dient der Fokussierung der Bildungsangebote und der Zuweisung zu einem bestimmten Bildungsbereich. Die Einordnung erfolgt in die schon benannten Bereiche oder auch Schwerpunkte der allgemeinen, der politischen, gesundheitlichen, kulturellen, naturkundlichen und technischen Bildung. Als Anbieter agieren alle freien und öffentlichen Träger der Jugendhilfe. Sollen die einzelnen Schwerpunkte detaillierter erläutern werden, so ist es schwierig, die Themen exemplarisch in eine Kategorie zu stecken, da die Bildungsangebote meist mehrere Bereiche zugleich tangieren. Überschneidungen des erwünschten Kompetenzzuwachses der jungen Menschen und der dazu angebrachten Methoden sind häufig zu finden. Beispielsweise ist ein Seminar zum Thema Photographie einerseits der kulturellen Jugendbildung zuzuordnen, da der Focus auf dem ästhetischen Handwerk liegt, andererseits wäre es ebenso möglich, dieses Seminar der technischen Jugendbildung zuzuordnen, da es um technische Fähigkeiten und Fertigkeiten geht. Eine weitere und sehr sinnvolle Möglichkeit ist die Einordnung des Beispielseminars in den Bereich der sozialen Jugendbildung, denn die Teilnehmer müssen kooperatorisch, kommunikativ und argumentativ miteinander arbeiten und lernen.

Die allgemeine Jugendbildung umfasst alle Bildungsangebote, die anknüpfen an dem Interesse der jungen Menschen, durch Partizipation bestimmt sind und diese fördern. Diese Bildungsangebote sollen den Anspruch der größtmöglichen Selbstbestimmung erfüllen und die Teilnehmer in dieser Kompetenz stärken. Das Interesse der jungen Menschen an der Demokratie und ihrer eigenen gesellschaftlichen Mitverantwortung soll geweckt und verstärkt werden. Mit Hilfe dieser Bildungsangebote sollen die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sich als Individuen erkennen und sich im sozialen System unserer Demokratie engagieren lernen (vgl. ebd., 43).

Kritikfähigkeit sollte die Kompetenz sein, auf die der Schwerpunkt der politischen Bildung gelegt werden muss. Die Kunst der Wahrnehmung ideeller und reeller Geschehnisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und deren Widersprüche, die Fähigkeit der eigenen Meinungsbildung, des Erkennens von Zusammenhängen und sozialen Ungleichheiten (vgl. Ahlheim 2004, 43 ff.). Sie „muß den Versuch machen, kritische Kompetenz (Kritikfähigkeit gehört zu den wenigen personenorientierten Schlüsselqualifikationen und „Sekundärtugenden“, die nicht missbrauchbar sind!) zu stärken und vorurteilsvollen Ideologien zu wehren, indem sie Wissen, Fakten, (Gegen-)Argumente zur Verfügung stellt, Erklärungsansätze, Ordnungsgesichtspunkte und vor allem „Zusammenhänge“ ausbreitet, Überzeugungen und Denkansätze sich entfalten lässt, in Frage stellt, erprobt, festigt.“ (ebd., 44). Diese Forderung an die politische Bildung und demnach an die außerschulische politische Jugendbildung teilen nicht alle Wissenschaftler (vgl. ebd., 22 ff.), im Sinne der Teilnehmer sollte sie aber oberster Grundsatz der politischen Jugendbildung sein. Auf der Webseite des IJAB sind als Ziele der politischen Jugendbildung definiert: „Die Angebote der politischen Jugendbildung umfassen ein breites Spektrum von Themen, die jeweils gesellschaftlich und politisch aktuell sind und aus dem unmittelbaren Erfahrungs- und Lebenszusammenhang von Jugendlichen aufgenommen werden. … Den Angeboten der Förderung der Kenntnisse über Gesellschaft und Staat sowie über Möglichkeiten und Formen der Partizipation und über Interessenwahrnehmung wird dabei ein hoher Stellenwert einberaumt.“ (http://www.kinder-jugendhilfe.info/cgi-bin/showcontent.asp?Thema ID=4607, 05.04.2006). Aus meiner Sicht ist diese Darstellung, wenn sie auch nur eine grobe Übersicht ist, unzureichend. Fraglos ist die Beschäftigung junger Menschen mit aktuellen Themen, Geschehnissen und gesellschaftlichen Vorgängen ebenso wie die Fähigkeit zur Partizipation und Interessenwahrnehmung unbedingt zu fördern, aber zugleich erscheint mir die Auseinandersetzung mit der politischen Vergangenheit einer Gesellschaft oder bestimmter Gruppen dieser als wichtig. Ebenso knapp beschreibt Jordan (1980, 302) den Bereich der politischen Jugendarbeit. Er umreißt sie als Mittel zur Befähigung junger Menschen zum Denken und Handeln auf der Grundlage der qualitativ demokratischen Werte, wie Toleranz, Respekt vor Andersdenkenden und Akzeptanz, und, neben der zunehmenden Übernahme von sozialer Verantwortung, dem damit verbundenen Anstoß zur Partizipation in Gesellschaft und Staat. Bei der politischen Jugendbildung sind demnach die Hauptanliegen, neben dem Erkennen von politischen und geschichtlichen Zusammenhängen und dem Kenntnisgewinn über Gesellschaft und Staat ebenso die kritische Betrachtung politischer Vorgänge mit dem Ziel der Fähigkeit sich ein eigenes Urteil zu bilden, das Erkennen und Vertreten von Rechten und Pflichten in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft und die Engagement in ihr (vgl. Schwab 1997, 43).

Grundsätzlich geht es in dem Bereich der sozialen Jugendbildung um die Erlangung sozialer Kompetenzen. Kommunikation in der Gruppe, das Finden einer eigenen Stellung innerhalb einer Gruppe, das Ertragen und Reflektieren von Gruppendynamik, Akzeptanz von Anderen seien hier als Beispiel genannt, bedeuten den Zuwachs der Sozialen Kompetenzen und der Handlungskompetenzen einer Persönlichkeit. Zu diesem Zuwachs gehört immer auch die Stärkung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person. Durch den Bereich der Sozialen Jugendbildung werden junge Menschen sensibilisiert für Mit- und Zwischenmenschlichkeit. Die Partizipation und das Engagement für soziale Aktionen, das Erkennen und kritische Hinterfragen von sozialen Benachteiligungen sind Ziele dieses Bildungsbereiches. Alle Kompetenzen, die notwendig sind, um solche Zusammenhänge erfassen zu können, gehören ebenso in den Schwerpunkt der sozialen Jugendbildungsarbeit (vgl. Schwab 1997, 43). Neben der dazu notwendigen Fähigkeit der Reflexion wird in einer guten sozialen Jugendbildungsarbeit, in Annäherung an die politische und damit einer eigentlichen »Nicht-Trennbarkeit« der Bereiche, erneut die Frage nach der Fähigkeit zur Toleranz, nach den Toleranzgrenzen eines jeden Menschen, die Teamfähigkeit, die Entscheidungsfähigkeit und Schwierigkeit der Meinungsbildung fokussiert.

Von zunehmender Wichtigkeit ist der Bereich der gesundheitlichen Jugendbildung. Die Angebote dieses Bereiches reichen von der Aufklärung und Prävention der Süchte und Suchtstoffe, bis hin zu Bildungsveranstaltungen mit dem Fokus der Ernährungsbewusstheit und dem Entgegenwirken der zunehmenden Fast-Food- Ernährung, welche wiederum aber auch der politischen Jugendbildung zugeordnet werden könnte. Für die kulturelle Jugendbildung wird u.a. auf der Webseite des IJAB beschrieben: „Die außerschulische kulturelle Jugendbildung leistet ihren spezifischen Beitrag zur Entwicklung der Persönlichkeit und erschließt jungen Menschen die Teilhabe am kulturellen Leben der Gesellschaft. Sie befähigt zum differenzierten Umgang mit Kunst und Kultur, ermutigt zu eigenem gestalterischästhetischen Handeln in den Bereichen Musik, Tanz, Rhythmik, Spiel, Theater, Literatur, bildende Kunst, Architektur, Film, Fotografie, Video, Medien und Informationstechnologien. Sie fördert Phantasie und Kreativität, entwickelt Urteilsfähigkeit, Kritikfähigkeit und Toleranz gegenüber eigenen und fremden kulturellen Erscheinungsformen in ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen.“ (http://www.kinder-jugendhilfe.info/cgi- bin/showcontent.asp?ThemaID=4606, 05.04.2006; vgl. Jordan 1996, 302; vgl. auch Schwab 1997, 44). Die Darstellung des Bereiches der kulturellen Jugendbildung ist umfassend und gut beschrieben. Jedoch ist fragwürdig, bezogen auf die Betrachtung der Änderung der Verfahrensgrundsätze des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. Kapitel 2.1 Gesetzliche Grundlagen und Finanzierung), ob und warum dieser Bereich in Sachsen-Anhalt weniger förderwürdig ist, bzw. grundsätzlich, warum der Bereich im SGB VIII ausdrücklich beschrieben ist, er aber nicht auf Landesebene uneingeschränkt umgesetzt wird (vgl. http://www.jugend-lsa.de/lja-formulare/ Eintrag vom 08.12.2005 mit Gültigkeit ab 01.01.2006, 16.07.2006).

Auf Problemen und Konflikten mit unserer natürlichen Lebenswelt liegt der Schwerpunkt der naturkundlichen und technischen Jugendbildungsarbeit. Die Bildungsarbeit in diesem Bereich will demnach erwirken, dass sich junge Menschen mit den Zusammenhängen, Hintergründen und den Lösungsmöglichkeiten diverser Problemlagen beschäftigen. Spezielle Themen von Veranstaltungen wären bspw. Tierschutz, Ökologie oder artgerechte Tierhaltung. Auch hier existiert folglich eine nahe Verbindung zu der politischen Jugendbildungsarbeit, da die Problemlagen sich durch die vorherrschenden politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten entwickeln (vgl. Schwab 1997, 44).

2.5 Ansätze der außerschulischen Jugendbildungsarbeit

Die Ansätze der Jugendbildungsarbeit kristallisierten sich aus unterschiedlichen politischen und geschichtlichen Kontexten heraus. Zum näheren Verständnis ihrer Vielfalt werden die Ansätze, die die politische Entwicklung widerspiegeln, näher erläutert.

Ende der 50er Jahre entstand die problembewusste Jugendarbeit, mit welcher den Lehrlingen, Auszubildenden, Schülern und Jungarbeitern die Möglichkeit gegeben werden sollte, ihre gruppenspezifischen Probleme ansprechen, besprechen und behandeln zu können. Der Fokus lag hier auf dem Finden von Lösungsstrategien ihrer persönlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen und der daraus resultierenden Probleme.

Wenige Jahre später entwickelte sich die emanzipatorische Jugendarbeit, die den Sinn der Jugendarbeit nicht nur im Finden von Lösungen sah, sondern in der Befreiung der jungen Menschen aus Herrschaftsstrukturen, die ihnen durch Staat, Gesellschaft, Familie, Schule und Betrieb auferlegt werden. Dieser Ansatz geht also schon einen Schritt weiter, denn er sieht nicht nur Spannungen im Leben der jungen Menschen durch schulische und betriebliche Hierarchiestrukturen, sondern auch durch die ihnen eigene Familie, die Gesellschaft und den Staat. Die pädagogische Arbeit wird hier mit der politischen Arbeit verknüpft und bietet der Zielgruppe die Möglichkeit des Experimentierens, zum Aufbrechen alter Handlungsmuster, sowie der Entwicklung neuer Handlungsmöglichkeiten. Während der Arbeit mit diesem emanzipatorischen Ansatz erfolgte jedoch keine differenzierte Analyse der gesellschaftlichen Bedingungen des Lebens junger Menschen, wie beispielsweise der Struktur ihres Sozialraums, der Bedingungen ihrer individuellen gesellschaftlichen Sozialisation und den damit verbundenen wirtschaftlichen Voraussetzungen ihres Lebens und ihrer persönlichen Entwicklung. Ebenso fand die Formulierung von politischen Forderungen, die sich durch die Arbeit mit den jungen Menschen ergaben, nicht statt (vgl. Jordan 1996, 302; vgl. Dick 2001, 410).

Zur gleichen Zeit entwickelten andere Vertreter der Jugendarbeit den antikapitalistischen Ansatz, in dem es explizit um den Zusammenhang von „dem Widerspruch von Arbeit und Kapital, den daraus resultierenden Herrschaftsverhältnissen und deren Auswirkungen auf die Situation und die Lebenschancen der arbeitenden und lernenden Jugend ...“ (Jordan 1996, 302; vgl. Dick 2001, 410) geht. Durch diese deutliche Kapitalismuskritik wird also die Jugendarbeit wesentlich politischer und greift die durch den Kapitalismus entstandenen sozialen und gesellschaftlichen Probleme wesentlich deutlicher auf. Die Jugendarbeit soll weniger in der Freizeitgestaltung als vielmehr im Arbeitsbereich angesiedelt werden. Mit der in Fragestellung des politischen Systems haben die jungen Menschen die Möglichkeit, die sie umgebenden Verhältnisse wirklich zu hinterfragen und präzise Forderungen aufzustellen (vgl. Jordan 1996, 302 f.; vgl. Dick 2001, 410).

Der jugendeigene Ansatz bildete sich im Rahmen der Entwicklung des antiautoritären Erziehungsstils Ende der 60er Jahre. Zu diesem Ansatz gehören alle Formen der Eigeninitiative und Selbstorganisation junger Menschen. Wenn auch ursprünglich dieser Ansatz primär auf den Freizeitbereich und die damit zusammenhängenden sozialen Probleme orientiert war, so gehören doch heute viele Elemente dieses Ansatzes untrennbar zu den Ansprüchen und Zielen der Jugendbildungsarbeit (vgl. Jordan 1996, 303).

Aus den geschilderten Ansätzen heraus bildete sich der bedürfnisorientierte Ansatz. In der Arbeit mit diesem Ansatz bilden die empirisch belegbaren Bedürfnisse junger Menschen die Grundlage. Durch die Arbeit an den subjektiven Bedürfnissen soll den jungen Menschen ihr damit verknüpftes gruppenspezifisches politisches Interesse verdeutlicht und aufgezeigt werden, so dass herausgefunden werden kann, durch welche gesellschaftlichen Bedingungen es zu der Einengung der eigenen Bedürfnisse kommt. Die Zielgruppe wird demnach ernst in ihrer Selbst genommen, wird sensibilisiert für ihre persönlichen, aber auch die damit zusammenhängenden Probleme und wird so sanft auf der Ebene ihrer Erfahrung und Nachvollziehbarkeit an demokratische Prozesse herangebracht so dass gemeinsame Handlungskonzepte entworfen werden können (vgl. Dick 2001, 410 f.; vgl. Jordan 1996, 303).

Neben diesen Ansätzen der allgemeinen, für alle jungen Menschen offenen Jugendarbeit, sind auch zielgruppenspezifische Ansätze entstanden. Zu diesen innovativen Ansätzen zählen bspw. die Mädchen- und Jungenarbeit und die Arbeit mit straffälligen Jugendlichen. Angebote im Kontext dieser Ansätze machen meist separat für die Zielgruppen entstandene Träger der Jugendarbeit (vgl. Jordan 1996, 303; vgl. Dick 2001, 411).

Die Ansätze der Jugendbildungsarbeit entsprechen denen der Jugendarbeit, da die Jugendbildungsarbeit ein Teilgebiet der Jugendarbeit darstellt. Die genannten Ansätze unterliegen permanent der Veränderung und Weiterentwicklung, da sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für junge Menschen und die Jugendarbeit gleichsam wandeln. Momentan zeigt sich die Tendenz der Jugendarbeit, aus der reinen Freizeitbetätigung und der rein wissensvermittelnden Jugendarbeit heraus einen Ansatz zu entwickeln, der „kritische Sozialisationsinhalte (emanzipatorischer Anspruch) über „jugendgemäße“ Angebotsformen“ (Jordan 1996, 303) vermitteln will. Hierbei sind mit jugendgemäßen Angebotsformen solche gemeint, die zeitgleich Erkenntnisgewinn und Spaß mit sich bringen, wie Theater, Spiel und vielfältige moderne Medien. Mit dieser Entwicklung wird der Frustration junger Menschen entgegengewirkt, die entsteht, sobald die Methoden der Jugendbildungsarbeit Assoziationen zum schulischen Unterricht und den dort angewandten Methoden aufkommen lassen (vgl. Jordan 1996, 302 f.).

Ein letzter zu erwähnender Ansatz der außerschulischen Jugendbildung, der sich erst in den 80er Jahren aus der Ausländerpädagogik herausbildete, ist die interkulturelle Pädagogik als Bestandteil der politischen Bildung. Im Zuge der Globalisierung und der mit ihr verbundenen stärkeren Migration, bedingt durch berufliche oder politische Gegebenheiten, treten in dem Alltag der Menschen gehäuft Irritationen durch Fremdheit und Herausforderungen durch kulturelle Unterschiede auf. Die interkulturelle Bildung hat das Ziel, einerseits Begegnungen zu schaffen, damit Vorurteile, Berührungsängste und vorhandene Stereotype abgebaut werden können. Andererseits möchte die interkulturelle Bildung konfliktorientiert arbeiten, indem sie kulturelle Differenzen bewusst macht und mit den genutzten Stereotypen, Vorurteilen oder mit den in den jungen Menschen vorhandenen Rassismen konfrontiert. Die Konfliktorientiertheit wird als Ansatz gegenüber der Begegnungsebene seltener praktiziert. Globaler gesehen beschreibt Ahlheim (2003, 9) für die interkulturelle Bildung der heutigen Zeit drei wesentliche Aufträge: „… die innergesellschaftliche, vor allem migrationsbedingte Multikulturalität, zweitens die Vereinigung Europas mit seinen unterschiedlichen Sprachen, Traditionen und Kollektivgeschichten, drittens die Herausbildung der Weltgesellschaft mit ihrer kulturellen Vielfalt, mit der Tendenz zu kulturellen Grenzziehungen einerseits und dem Zwang zu Kooperation und zum interkulturellen Dialog andererseits.“ (Auernheimer 2003, 9). Ein kleiner Teil der auf diesem Gebiet tätigen Pädagogen beschäftigt sich zusätzlich mit der politischen Aufklärung der strukturellen Benachteiligung von Migranten. Innerhalb der interkulturellen Bildung finden sich demnach auch antirassistische Ansätze, in Form von politischen Aktionen oder Projekten, welche zum Großteil der interkulturellen Pädagogik entspringen, sich aber durch die Entwicklung der letzten Jahre zusehends als eigene Fachrichtung separieren (vgl. Auernheimer 2001, 344 ff.; vgl. Müller, H. 2001, 3361 ff.).

2.6 Abschließende Betrachtungen

Jugendbildungsarbeit ist also als Pflichtaufgabe fest in unserem demokratischen System, mit dem Anspruch an eine Trägerpluralität und somit der vielfältigsten Zielsetzungen der Träger, verankert. Die Trägerorganisationen müssen staatliche Mittel als Teilfinanzierung zur Verfügung gestellt bekommen, ihren Eigenanteil selbst erwirtschaften, sie müssen didaktisch langfristig planen, dürfen vom Plan abweichen und unterliegen der staatlichen Kontrolle. Die Jugendbildungsarbeit lebt von dem engagierten Ehrenamt junger Menschen und ist in Bereiche oder Schwerpunkte aufgeteilt, so dass die jungen Menschen partizipativ und selbstorganisiert ihre Interessen verwirklichen können. Dabei werden sie von Fachkräften unterstützt. Außerschulische Jugendbildungsarbeit ist unerlässlich, da für das Leben unbedingt notwendige Fähigkeiten in der Schulbildung keinen Platz haben. Hinte schreibt: „Vom Kindergarten bis zur Volkshochschule bekommen wir soviel überflüssigen Ballast aufgebürdet, daß wir - total in Anspruch genommen von diesen Inhalten - einfache menschliche Fähigkeiten nicht mehr erlernen können. … In einem solchen Lernsystem (Leistungsdruck, Arbeits-/Studienplatzknappheit, K.B.) ist es offenkundig, daß Erziehung letztlich anpasst, kleinhält und entmündigt. Das Modepostulat „Emanzipation“ wurde zwar verbal in die Lernzielkataloge aufgenommen; von der Verwirklichung dieses Anspruchs sind wir jedoch weit entfernt.“ (Hinte 2005, 81). Wenn Schule den jungen Menschen nicht ermöglicht zu lernen wie Entscheidungen getroffen werden, welche Bedürfnisse ein Mensch hat, wie Konflikte angesprochen und ausgehandelt werden können und wie sich Menschen emanzipieren können, dann hat dieser Aufgabe die außerschulische Jugendbildungsarbeit nachzukommen. Die Fragen, welche diese Situation aufwirft, werden hier skizziert.

1. Die staatlichen Mittel, welche der Jugendarbeit zur Verfügung gestellt werden, sind vom politischen Willen der jeweiligen Landesregierung abhängig. Sachsen- Anhalt hat den Bereich der Jugendbildungsarbeit nicht mehr regulär im Haushaltsbudget, sondern nutzt für diesen Bereich die Lotto-Toto-Mittel, die für den sozialen Bereich ausgegeben werden müssen. Da innerhalb der Jugendarbeit der Bereich der Jugenderholdung, über den viele Verbände und Organisationen langfristig ihren Eigenanteil erwirtschaften konnten, nicht mehr förderfähig ist, müssten die Träger prinzipiell die Teilnehmerpreise für ihre Bildungsveranstaltungen erhöhen. Der zu erwirtschaftende Eigenanteil des Trägers steigt, was folglich auf die Teilnehmerpreise und die Ausstattung der Bildungsveranstaltungen umgelegt werden müsste. Damit wäre aber der Anspruch der Niedrigschwelligkeit verloren gegangen und die möglichst gleichen Zugangsvoraussetzungen für alle jungen Menschen verwirkt.

2. Die Jugendämter fordern von den Organisationen der freien Jugendhilfe die theoretischen Planungen ab, um einerseits die Qualität der Arbeit zu sichern und andererseits die Arbeit auf ihre Fachlichkeit zu prüfen. Dies geschieht, je nach Art der Förderung, im Vor- oder Nachhinein. Insbesondere durch die Umstellung der Förderung auf Leistungsverträge sind die Organisationen verpflichtet, ihre Bildungsangebote didaktisch langfristig zu planen. Gleichsam sollen sie aber spontan auf die Lebenslagen, Wünsche und Bedürfnisse der jungen Menschen reagieren. Neben diesem Dilemma der Jugendbildungsarbeit entsteht durch den Zwang zur Planung und die davon abhängige Auszahlung der öffentlichen Mittel ein zweites Dilemma. Da die Planung, bezogen auf Sachsen-Anhalt, im Oktober des Vorjahres abgeschlossen sein muss, können die Bildungsangebote nur von den Vorstandsmitgliedern, den stark engagierten jungen Menschen oder Hauptamtlichen geplant werden. Somit dezimiert sich die Forderung der Selbstorganisation, Mitbestimmung und dem Einbringen und Umsetzen spontaner Ideen der nicht langfristig verbandlich organisierten jungen Menschen.

3. Mit Einführung des KJHG 1990 wurde die partnerschaftliche Zusammenarbeit von LJA und den Trägern der freien Jugendhilfe verstärkt gefordert. Dem sollte durch die neuen Fördermodalitäten auf vertraglicher Basis Aufschwung gegeben werden. Zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit gehört jedoch die Gleichberechtigung, die freie Meinungsäußerung und die Gleichwertigkeit beider Seiten. Eine Qualitätskontrolle ist selbstredend notwendig, um für die Zielgruppe und auch die Träger die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Fraglich aber ist, ob Kontrollorgan und Geldgeber die gleiche Instanz sein sollten. Durch diese Kopplung werden die Organisationen in ein Abhängigkeitsverhältnis gestürzt, dass ihnen die freie Meinungsäußerung erschwert und somit die Partnerschaftlichkeit enorm mindert.

4. Die im KJHG und im Voraus beschriebenen Bereiche der Jugendbildungsarbeit haben jeder für sich seine Existenzberechtigung und Notwendigkeit. Abhängig von der Auffassung, was für den Einzelnen Demokratie darstellt, ob ein politisches Konstrukt oder eine alltägliche Lebenspraxis, lässt sich die Frage aufwerfen, ob Jugendbildungsarbeit nicht immer politisch ist? Jegliches Handeln und Tun ist von Politik bestimmt, sämtliche Zwischenmenschlichkeit und das Agieren untereinander sind politisch. Infolgedessen würde die politische Jugendbildung sich also nicht nur auf ihren Bereich beschränken, sondern in alle anderen Bereiche einfließen. Diesen Gedanken haben auch Galuske und Rauschenbach (Galuske/Rauschenbach 1997) formuliert: „Auf diesem Hintergrund eines an der Lebenswelt von Jugendlichen orientierten Begriffs politischer Bildung macht die Trennung von politischer Jugendbildung und außerschulischer Jugendbildung nur noch wenig Sinn, ist in der Thematisierung von Lebenslagen und der Entwicklung persönlicher Freiheit doch zwangsläufig ein politisches Moment immanent.“ (Galuske/Rauschenbach 1997, 61). Ähnlich ist der Sachverhalt bei der sozialen Jugendbildungsarbeit, denn alle persönlichen und sozialen Kompetenzen des Menschen fließen in die Gruppenarbeit ein und werden durch sie weiterentwickelt. Galuschke und Rauschenbach (1997) bezeichnen dieses Dilemma als mangelnde Trennschärfe. Sie führen als Beispiel an: „Wenn eine Jugendgruppe ein Theaterstück über und mit arbeitslosen Jugendlichen aufführt, handelt es sich dann um politische Bildung, kulturelle Bildung oder soziale Bildung?“ (ebd., 61). Die Einordnung der Bildungsangebote geschieht demnach bei den Organisationen recht willkürlich, was bedeutet, dass jegliche Statistik der Angebotsverteilung auf die vorab genannten Bereiche einen relativen Charakter hat und nicht als fundierte Grundlagenzahl genutzt werden kann. Es stellt sich grundsätzlich also nicht nur die Frage, ob Jugendbildungsarbeit immer politisch ist, sondern auch, ob die Teilung in diese Form der Schwerpunkte sinnvoll ist oder ob die eigentlichen Schwerpunkte nicht abhängig von aktuellen Konflikten und Problemen gewählt und in den Bereich politische Bildung, als Gesamtbereich der außerschulischen Jugendbildungsarbeit, einfließen sollten.

5. Die Beziehungen zwischen außerschulischer Jugendbildung und Politik wurden in den vorangegangenen Kapiteln nicht differenziert beleuchtet, da es den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Dennoch ist dieses Beziehungsfeld ein sehr interessantes, da die Zielsetzung der Jugendbildung eng mit politischer Kritik, politischen Forderungen oder politischer Konformität verknüpft sind. Der Anspruch an eine zu entwickelnde kritische Kompetenz der Teilnehmer von Bildungsveranstaltungen, die Forderung, ihnen die Entwicklung zu Wesen mit hinterfragendem Charakter, mit dem Blick für Ungleichheiten und Konflikte in ihrer Lebenswelt zu ermöglichen, wird nicht von allen Wissenschaftlern geteilt. Der immerwährende Bezug auf die Geschichte und Tendenzen in der jetzigen Lebenswelt, die Aufmerksamkeit erfordern, wie dem Einbürgerungstest oder die neue Sozialpolitik rechter Parteien, sollte Anspruch der Jugendbildungsarbeit sein. In momentanen theoretischen Diskussionen ist nachlesbar: „Es hat in den letzten Jahren eine „ affirmative Wende “ stattgefunden. Rolf Arnold und Horst Siebert, auch Jochen Kade (haben den theoretischen „Mainstream“ der letzten Jahre wesentlich bestimmt, mit ihrer vielfach wiederholten, allenfalls leicht variierten Feststellung, man müsse von der Idee der Bildung durch Aufklärung ebenso Abschied nehmen wie von jeglichen gesellschaftskritischen, gar auf Gesellschaftsveränderung zielenden Impulsen und politischen Utopien, und so den gesellschaftlichen Status quo zum Fixpunkt ihres Theoretisierens gemacht.“ (Ahlheim 2004, 23). Damit eine dementsprechende Entwicklung nicht überhand nimmt - und die politische Bildung und der Gesamtkomplex der außerschulischen Bildungsarbeit bestehen, da sie in der hinterfragenden Kompetenz ihre Existenzberechtigung haben - muss die Kunst und Überlebenshilfe der sozialen Demokratie, nämlich die Kritik, folglich ein wichtiges Feld zukünftiger Arbeiten bleiben und werden (vgl. ebd., 22 ff.; vgl. auch Dick 2001, 412 ff.).

Diese Fragestellungen könnten in einer weiteren Arbeit ausführlich behandelt werden, jedoch ist die weiterführende Betrachtung in diesem Rahmen nicht möglich.

3 Didaktik der Jugendbildungsarbeit

3.1 Was ist Didaktik

Der Begriff Didaktik entspringt dem griechischen didáskein und hat die ursprüngliche Bedeutung lehren, unterrichten, sowie auch lernen, belehrt werden oder sich aneignen (vgl. Schaub/Zenke 2002, S. 152; vgl. Schilling 1993, S. 24+47, vgl. Martin 2005, S. 12). Diese verschiedenen Inhalte des Wortes zeigen schon die Vielfalt der heutigen Bedeutung. So ist Didaktik also einmal aktiv, als tätiges Lehren, Vermitteln, Nahebringen und einmal passiv, als Lernen, Erfassen und Begreifen zu verstehen. Der Begriff Didaktik umfasst also den gesamten Komplex des Lernens und Lehrens, von der inhaltlichen Planung, über die Organisation des Lernortes und der Vermittlung, der Auswahl der Methoden und Medien, der Beziehungsstruktur der beteiligten Personen bis hin zur Zielsetzung und Zielüberprüfung. Weinschenk (1981, 13 f.) schreibt, es gehe nicht nur um die bloße Vermittlung von Wissen, sondern auch um die Lehrwirkung, also um das was jemand lernen soll. Martin (2005, 12 ff.) geht weiter, indem er sagt, dass also Didaktik nicht die bloße Theorie der Pädagogik bedeutet, sondern sie ein unerlässlicher Bestandteil der praktischen Arbeit ist. Nur durch die didaktische Überlegung ist es möglich, Vorhaben zu organisieren, gezielt zu planen, die Übersichtlichkeit zu wahren und sie kritisch im Sinne aller Beteiligten zu reflektieren. Ist der Anspruch an die Arbeit mit einem Qualitätsanspruch verknüpft, so ist didaktisches Handeln folglich unentbehrlich.

Bevor auf die sozialpädagogische Didaktik eingegangen wird, ist es nötig, kurz die Geschichte der Didaktik und die didaktischen Ansätze zu schildern. Die Didaktik ist eine Wissenschaft, die auf eine sehr lange Entwicklung zurückblicken kann. So tauchen erste Ansätze der Entwicklung einer Didaktik für Bildungsprozesse bereits in der babylonischen Hochkultur um 3000 v. Chr. auf. Das heutige Verständnis der schulischen Didaktik beginnt sich ca. 800 v. Chr. zur Zeit des Homer herauszubilden. Gefolgt von vielen herausragenden Persönlichkeiten, wie Aristoteles, Comenius mit der »Didactica magna« u.a. entwickelt sich die Didaktik zu der heutigen Grundwissenschaft der Pädagogen, welche durch eine Vielzahl von Ansätzen, die nach 1945 entstanden, geprägt ist. Auf einige Ansätze werde ich im Folgenden eingehen.

Genannt sei zuerst die bildungstheoretische Didaktik nach Klafki und Kramp, die sich als Didaktik im engeren Sinne und im Verhältnis zur Methodik stehend sieht, was bedeutet, dass die Methoden separat und nicht als Bestandteil der Didaktik zu sehen sind. Diese Auffassung sucht erst die Festlegung von Zielen, bevor sie nach den Methoden greift.

Zum anderen entwickelte sich nach 1945 die lerntheoretische Didaktik („Berliner Modell“) nach Heimann, Otto und Schulz, welche ein Gegenmodell zur bildungstheoretischen Didaktik darstellen soll. Dieser Ansatz beinhaltet die Betrachtung des gesamten Lerngeschehens, beinhaltet also konträr zur Schulbildung auch die Fokussierung der Störungen und Abweichungen der personellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, und setzt sechs Strukturelemente voraus, die sich wechselseitig bedingen. Zu diesen Strukturelementen gehören die Bedingungsfelder, mit anthroposophischen und soziokulturellen Bedingungen und die Entscheidungsfelder mit Zielen, Inhalten, Methoden und Medien. Nach diesem Ansatz ist es demnach nicht möglich, nur über eines der Elemente nachzudenken, sondern automatisch spielen alle anderen Elemente mit hinein, werden änderbar und müssen sich wandeln. Ebenso enthält dieser Ansatz die kritische Komponente der Überprüfung vorhandener gesellschaftlicher und politischer Gegebenheiten.

Ein weiterer wesentlicher Ansatz der Didaktik ist die kritisch-konstruktive Didaktik. Dieser Ansatz ist eine Weiterentwicklung der beiden vorangegangenen Modelle von Klafki. Didaktik wird hier aus dem engen Begriffskontext der bildungstheoretischen Didaktik herausgenommen und als Didaktik im weiteren Sinn verstanden (vgl. Klafki 1979, 14 f.). Das besagt, dass dieser Ansatz die Interdependenz, also die wechselseitige Beeinflussung der didaktischen Dimensionen Ziele, Inhalte, Organisationsformen und Medien, vertritt. Die Begrifflichkeit »kritisch« meint, dass die Zielvorstellungen der Mitbestimmungsfähigkeit, der Selbstbestimmung und der Solidaritätsfähigkeit der Zielgruppen gemessen an den gesellschaftlichen Bedingungen nicht der realisierbaren Wirklichkeit entsprechen und nur durch die kritische Haltung und Äußerung eine Veränderung der Bedingungen zur Erreichung des Ziels erfolgen kann. Die erforderlichen Weiterentwicklungen des Bildungssystems müssen demnach vorangetrieben werden, so dass jedes Individuum gleiche Bildungschancen hat. »konstruktivistisch« bedeutet, dass sich die didaktischen Vorstellungen durch einen kontinuierlichen Praxisbezug auszeichnen und auf eine humanere und demokratischere Schule hinzielen (vgl. Klafki 1996, 83 ff.). Würde die Bildungstheorie von Klafki mit seiner kritisch-konstruktiven Didaktik in Deutschlands Schulsystem Umsetzung finden, so würde sich, von der Seite der außerschulischen Jugendbildungsarbeit die Schulkritik wohl sehr dezimieren. Näher auf dieses interessante Modell einzugehen, wäre im Kontext dieser Arbeit jedoch unangebracht.

In diesem Zusammenhang sind noch der Situationsansatz und der kommunikative Ansatz zu erwähnen. In dem Situationsansatz sind die Filterung der zu vermittelnden Kompetenzen aus der Lebenssituation junger Menschen und das Eingehen der Fragen und Probleme junger Menschen in die didaktische Planung vereint. In diesem Ansatz taucht das erste Mal ein sozialpädagogisches Verständnis der Vermittlung pädagogischer Inhalte auf. Er kommt aus der Vorschulerziehung und findet auch heute noch in der staatlichen Schulbildung kaum Berücksichtigung. Die Vertreter der kommunikativen Didaktik kritisieren die voran geschilderten Ansätze als mangelhaft, da diese Ansätze die Beziehungsebene der Kommunikation zwischen Lernenden und Vermittelnden und der Kommunikation innerhalb der Gruppe der Lernenden vernachlässigen. Durch Erziehung und Wissensvermittlung soll hier die Spontanität und die Bedürfnisformulierung der jungen Menschen geweckt werden. Abfragbares Wissen rückt in den Hintergrund, als wichtig wird die Fähigkeit der Reflexion des Handelns und der Sensibilität gegenüber Beziehungsproblemen angesehen. In Anlehnung an Rogers nicht-direktive Beratung soll die Kommunikation verlaufen, so haben Störungen Vorrang, das Gefühlsleben soll formuliert werden und Barrieren und Starrheit in der Gruppe gilt es durch gruppendynamische Prozesse abzubauen (vgl. Schilling 1993, S. 17 ff., vgl. Martin 2005, S. 24 ff.).

3.2 Begriffsklärung sozialpädagogische Didaktik

Entgegen der schulischen und vorschulischen Didaktik hat die Didaktik der Sozialpädagogik keine lange Tradition. Erst mit der zunehmenden Professionalisierung und der Gründung der Fachhochschulen 1970 wurde in die sozialpädagogische Ausbildung das Fach Didaktik/Methodik integriert ( vgl. Schilling 1993, S. 21; vgl. Martin 2005, S. 12 f.). Diese späte Zuwendung zu der Entwicklung einer eigenen Didaktik begründet Schilling mit: „Aus der Erfahrung des Nazi-Regimes heraus wehrte man sich bewusst gegen jede staatliche Planung der Jugendhilfe. … Diese Sensibilität gegenüber staatlicher Einflussnahme führte inhaltlich dazu, daß man den Bereich der Jugendarbeit im Unterschied zur Schule durch Freiheit, Freiwilligkeit und Freizeit definierte. In diesem Konzept hatten Überlegungen zu einer Didaktik angeblich keinen Platz. Jugendarbeit durfte didaktisch nicht »verplant« werden.“ (Schilling 1993, S. 21). Erst Ende der sechziger Jahre begann die Auseinandersetzung mit der didaktischen Reflexion des Lerngeschehens in den inzwischen sehr breit gefächerten Arbeitsfeldern der Sozialpädagogik. Inzwischen hat es sich durchgesetzt, dass sozialpädagogisches Handeln didaktisch geplant und evaluiert werden muss, der Ansatz dieser Planung unterliegt jedoch keiner einheitlichen Richtlinie oder einheitlichen Standards. Auch wenn es ebenso als Problem zu deuten wäre, dass die Profession der Sozialpädagogik noch keine uniforme Definition der Didaktik nachweisen kann, so ist es vielmehr als eine Errungenschaft der Subsidiarität zu sehen, dass dieses Arbeitsfeld so vielschichtig, die Arbeit der Sozialpädagogen so unterschiedlich und die Bedingungen durch Gesellschaft, Struktur und Politik so differenziert sind, dass sich die Sozialpädagogik seit Jahrzehnten individuell anpasst und nicht durch einheitliche Richtlinien stagniert. Wichtig dabei ist aber, dass die Arbeit nicht an Qualität verliert, dass das Anpassen kritisch und reflektiert erfolgt, nicht zum Schaden der Zielgruppe und das die nicht vorhandene Richtlinie nicht zum Nichtvorhandensein einer Linie in der Arbeit führt.

Warum ist die Didaktik so wichtig für die Sozialpädagogik und somit die Jugendbildungsarbeit? Bedingt durch die Vielfalt der Träger der Jugendbildungsarbeit und deren Selbstverständnisse ist es notwendig, die geschehende Arbeit mit den jungen Menschen zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen. Diese Arbeit an der Basis kann nur durch eine transparente Darstellung der Praxis kontrolliert, ihre Auswirkungen abgeschätzt, weiterentwickelt und qualitativ abgesichert werden. Da die Mittel der Jugendbildungsarbeit zu hohen Anteilen durch das Ministerium abgesichert werden, hat der Staat wacht zu halten über die entsprechende Nutzung der Mittel und damit ist vorerst gemeint, über die Qualität der Angebote für die jungen Menschen. Ein weiterer Punkt ist die mögliche und nicht ungefährliche Einflussnahme der Pädagogen auf die jungen Menschen in dem für die Jugendbildungsarbeit relevanten Alter. Auch hier muss sich die Jugendbildungsarbeit durch die genaue und kritische didaktische Planung schützen und evaluieren, damit die Zusammenarbeit mit den jungen Menschen keine Beeinflussung ihrer Persönlichkeit darstellt, sondern einen Zugewinn an Kompetenzen und Handlungsstrategien. Eine Didaktik in der Sozialpädagogik ist vonnöten, damit die Jugendbildungsarbeit, welche auch dem für die Sozialpädagogik üblichen »doppelten Mandat« unterliegt, ihre Handlungsmuster selbst hinterfragen kann und zwischen dem Eingriff in die persönliche und familiäre Lage und der Unterstützung personeller und familialer Ressourcen den richtigen Weg findet. Ferner muss die Jugendbildungsarbeit in jedem Fall die Bedingungen der Bildungsarbeit selbst gestalten, so sind Orte zu suchen, Bildungsstätten zu buchen, Medien abzuklären, Teilnehmer zu bewerben u.v.m.. Um dies langfristig leisten zu können, bedarf es der didaktischen Planung, denn nur wenn geklärt ist, welche Ziele mit welchen Mitteln für alle Beteiligten erreicht werden sollen, kann mit der logistischen Planung begonnen und der Rahmen des indirekten Lernens geschaffen werden. Bei diesen vielen Faktoren, denen die Jugendbildungsreferenten unterliegen, die sie zu beachten und zu berücksichtigen haben, ist der Verzicht auf eine didaktische Vorgehensweise der Untergang einer qualitativ hochwertigen Jugendbildungsarbeit (vgl. Martin 2005, S. 37 f.).

Die Didaktik der Sozialpädagogik und damit auch der Jugendbildungsarbeit kann in einem Definitionsversuch umrissen werden, der bei Martin (2005, 40 f.) zu finden ist.

Diese Didaktik ist eine offene Didaktik. Sozialpädagogen und Jugendbildungsreferenten arbeiten mit einer spontanen Planung, die nicht als abgeschlossen gilt, sondern auf die Bedürfnisse aller am Bildungsprozess teilhabenden Menschen eingeht. Es werden keine Methoden als Rezepte genutzt, sondern sie werden individuell, ausgerichtet am gesamten Prozess, gewählt. Die sozialpädagogische Didaktik, fußend auf verschiedenen Ansätzen der Bildungsarbeit, vereint mehrere didaktische Modelle. So kann aus der Situation heraus, abhängig von der Zielgruppe, ein geeignetes didaktisches Modell als Grundlage angewandt werden. Es wird versucht, den Teilnehmern individuelle Situationen zu schaffen, in denen sie durch und mit ihren eigenen Erfahrungen lernen und begreifen. Dieses Lernen erfolgt aus sich selbst heraus auf der Grundlage ihrer Erfahrungen, so dass eine größtmögliche Nachvollziehbarkeit angenommen werden kann. Der Lernprozess sollte in indirekter Form geschehen, was heißt, dass nicht auf schulische Formen, wie Vorträge und Monologe durch den Lehrenden zurückgegriffen wird, sondern durch Projekte, praktische Übungen mit spielerischer Form, konfliktorientierte Rollenspiele und Provokationen, durch Spaß und Spannung ein Alltagsbezug und ein Wissenszuwachs hergestellt wird. Damit in der Arbeit auf die Alltagserfahrungen der Teilnehmer zurückgegriffen werden kann, müssen sich die Sozialpädagogen und die ehrenamtlichen Helfer mit den Lebenswelten der jungen Menschen auseinandersetzen, ihre schulische Vorbildung, die vorhandenen Ressourcen bezogen auf ihre Persönlichkeit, ihre Familie und ihre soziale Einbindung ergründen. Zur Entwicklung einer guten Didaktik gehört somit nicht nur das Abklären der trägereigenen Bedingungen, sondern auch das Ernst nehmen des politischen Mandates der Jugendbildungsarbeit und der Sozialpädagogik gegenüber ihrer Zielgruppe, also die kritische Betrachtung der Lebenswelt und der die Teilnehmer umgebenden gesellschaftlichen, politischen und sozialen Bedingungen.

Eine ebenso wichtige didaktische Bedingung an die Jugendbildungsarbeit ist die Arbeit im Team. Nur durch die Teamarbeit ist der Anspruch an Gleichbehandlung und Berechtigung der Teilnehmer gewahrt, nur so können die Teilnehmer adäquat begleitet und die Bildungsarbeit meinungsoffen und neutral gestaltet werden. Dies bedeutet nicht, dass die Sozialpädagogen ohne eigene Standpunkte ihre Arbeit verrichten, aber das Team schützt davor die eigene Meinung den Teilnehmern aufzudoktrieren oder die Teilnehmer einseitig zu beeinflussen. Der Teampartner hat die Fähigkeit das Handeln zu beobachten und kritisch zu hinterfragen, er vervollständigt und ergänzt die eigenen Einstellungen, Wahrnehmungen und Herangehensweisen. Durch die Teamarbeit kann die Methodenvielfalt gewährt werden und Techniken können Ergänzung finden.

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Ende der Leseprobe aus 207 Seiten

Details

Titel
Didaktik der außerschulischen Jugendbildungsarbeit im Zusammenhang mit der Sensibilisierung für Alltagsrassismus
Hochschule
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
207
Katalognummer
V83444
ISBN (eBook)
9783638059022
Dateigröße
3214 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktik, Jugendbildungsarbeit, Zusammenhang, Sensibilisierung, Alltagsrassismus
Arbeit zitieren
Kathrin Bartels (Autor:in), 2006, Didaktik der außerschulischen Jugendbildungsarbeit im Zusammenhang mit der Sensibilisierung für Alltagsrassismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83444

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