Reanimation durch Krankenpflegepersonal

Stand der Forschung und Entwicklung eines Qualitätskonzeptes


Examensarbeit, 2001

41 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.0. Einleitung

2.0. Reanimation im Krankenhaus – Synopse des derzeitigen Forschungsstands
2.1. Outcome-Studien
2.2. "State-of-knowledge Studien"
2.3. Empirische Einzeldarstellungen

3.0. Qualitätskonzept der CPR unter den Aspekten der Qualitätssicherung im Krankenhaus
3.0.1. Gesetzliche Anforderungen
3.0.2. Vertragliche Anforderungen
3.0.3. Freiwilige Anforderungen
3.1. Die Organisation eines Qualitätskonzeptes
3.2. Derzeitige Faktoren mit nachteiligen Wirkungen auf Struktur und Prozess im Rahmen der CPR
3.3. Maßnahmen zur Verbesserung der Reanimationsqualität im Krankenhaus
3.3.1. Auf die Strukturen bezogene Maßnahmen
3.3.2. Auf den Prozess bezogene Maßnahmen
3.3.3. Auf das Ergebnis bezogene Maßnahmen

4.0. Schlussdiskussion

5.0. Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

6.0. Literaturverzeichnis

7.0. Abbildungen

1.0. Einleitung

Ausgangspunkt für diese Arbeit ist neben der beruflichen Tätigkeit als Krankenpfleger im Krankenhaus vor allem meine langjährige Erfahrung im Bereich der Ausbildung und des Trainings von Krankenpflegepersonal[1] mit dem Thema Reanimation. Dabei stellte ich fest, dass es sowohl bei examiniertem Krankenpflegepersonal auf den allgemeinpflegerischen Stationen als auch beim Fachpersonal[2] erhebliche Defizite in der Umsetzung einfacher Maßnahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung gab. Des Weiteren fielen mir insbesondere fehlende bzw. mangelhafte Strukturen eines innerklinischen Notfallmanagements auf.

Dies steht im Wiederspruch zu der Erwartungshaltung eines Patienten auf eine kompetente und schnelle (Notfall)Versorgung (Finn 1996: 4). Es stellte sich mir deshalb die Frage, welche Strukturen und Prozesse zur Verbesserung und Sicherung von Qualität auf allgemeinpflegerischen Stationen eines Krankenhauses es gibt und wie die Umsetzung von Reanimationsmaßnahmen durch das Krankenpflegepersonal ist, um Patienten im Falle eines Herz-Kreislaufstillstandes adäquat zu versorgen.

In der folgenden Betrachtung eines Qualitätskonzeptes gibt es zwei Hauptakteure, die es zu begutachten gilt. Zum einen ist es das Krankenpflegepersonal und zum anderen die Organisation Krankenhaus.

Die fachgerechte Umsetzung der einfachen Reanimationsmaßnahmen[3] (d. h. Erkennen eines Kreislaufstillstands, Alarmierung des Notfallteams sowie Beatmung und Herzdruckmassage) durch das Krankenpflegepersonal ist leider nicht immer gegeben.

In der Arbeit werden zum einen der Forschungsstand zur innerklinischen Reanimation durch Krankenpflegepersonal mit Hilfe der Literatur aufgezeigt, zum anderen Schwachstellen des Reanimationsmanagements herausgearbeitet.

Im Rahmen eines umfassenden Qualitätskonzepts werden daraus folgende mögliche Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation aufgezeigt.

2.0. Reanimation im Krankenhaus – Synopse des derzeitigen Forschungsstands

„The effect of basic and advanced cardiac life support...on long-term survival is dependent upon both the response time and the quality of intervention. (Kaye et al. 1985: 916)

Die Beatmung und (externe) Herzdruckmassage werden seit ihrer Einführung Anfang der 1960er Jahre weltweit als anerkannte Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines Minimalkreislaufs trainiert und durchgeführt (European Resuscitation Council 2000: 4-5).

In der Literatur finden sich eine Reihe von Untersuchungen und Abhandlungen zum Kenntnisstand[4] des Krankenpflegepersonals in Maßnahmen der Reanimation. Da ein Teil der Arbeiten aus anderen Ländern mit grundsätzlich anderen Versorgungssystemen stammen, ist mir bewusst, dass es nicht allgemeingültig ist, die dort herrschenden Verhältnisse auf deutsche Krankenhäuser zu übertragen. Dennoch geben die Arbeiten Hinweise auf elementare Defizite im Versorgungssystem Krankenhaus oder weisen auf notwendige Veränderungsstrategien hin. Mir erscheint die vorliegende wissenschaftliche Literatur inhaltsreich genug, um die Problematik zu diskutieren.

Die Überlebensraten im Krankenhaus nach Reanimation sind trotz zahlloser Bemühungen und in den letzten 30 Jahren nicht angestiegen (Hillman et al. 2001: 105)

Grundlegend kann man die vorliegenden wissenschaftlichen Publikationen in zwei Kategorien einteilen, wobei die entsprechenden Akteure Krankenpflegepersonal und Organisation Krankenhaus unterschiedlich in ihrer Intensität und Ausprägung auf die Ergebnisse der jeweiligen Untersuchungen wirken:

1. "Outcome-Studien" von Patienten, die innerklinisch einen Herz-Kreislaufstillstand erlitten haben und deren Überleben(srate) untersucht wird.

2. "State-of-knowledge Studien" erfassen zumeist in Laborexperimenten angelegte Untersuchungsergebnisse von spezifischen Berufsgruppen des Krankenhauses (z. b. Krankenpflegepersonal, Ärzte, Studenten).

Neben diesen wissenschaftlichen Arbeiten gibt es einen Teil von empirischen Einzeldarstellungen. Sie sind an geeigneter Stelle in die Arbeit eingeflossen, da sie den Sachverhalt und die Problemstellung verdeutlichen.

2.1. Outcome-Studien

Ziel aller Reanimationsbemühungen ist es, dem Patienten durch adäquate Überbrückung des Kreislaufstillstandes und Wiedererlangen des Spontankreislaufs möglichst ein Leben wie vor dem Ereignis zu ermöglichen.

Innerklinische Überlebensraten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand sind seit Mitte der 60er Jahre Gegenstand medizinischer Untersuchungen. Hierbei handelt es sich zumeist um Arbeiten, deren Schwerpunktbetrachtung stark auf medizinisch-funktionellen Fragestellungen liegt.

In den "Outcome-Studien"[5] wird überwiegend festgestellt, dass die Quote des sekundären Überlebens[6] d. h. das Überleben länger als 24 Stunden nach einem Herz-Kreislaufstillstand, durchweg schlecht ist und zwischen 3,1% (Blackhall 1992: 2045) und 26,3% (Patrick, Rankin 1998: o. S.) liegt. In einer Arbeit aus Barcelona wurde das Überleben von Patienten nach Kreislaufstillstand auf der Intensivstation mit einer initialen Überlebensfrist (Return of Spontaneus Circulation – ROSC) von 48 Stunden untersucht. Eine solche Frist findet sich in keiner anderen Untersuchung (Gener et al. 1998: o. S.) und macht die Inkompatibilität der Outcome-Studien untereinander deutlich.

Ein weiteres Problem stellt die Überlebensrate in Abhängigkeit zum Entlassungszeitraum dar. In neueren Untersuchungen wird hierzu Auskunft gegeben. So waren in einem untersuchten Pool von 294 Patienten insgesamt 11,2% Patienten nach 6 Monaten noch am Leben (Bedell 1983: 570). Zu einem schlechteren Ergebnis kommt eine Untersuchung aus Dayton/USA. Von insgesamt 340 untersuchten Patienten an denen eine CPR durchgeführt wurde, welche auch indiziert war, lebten nach 6 Monaten nur noch 6% (Saklayen, Liss, Markert 1995: 167).

Ein kleiner Anteil der Untersuchungen gibt darüber Auskunft, in welchem Status und mit welcher "Lebensqualität" die Patienten entlassen wurden. In den Studien zum Outcome wird zumeist der funktionelle Status der Patienten innerhalb bestimmter Zeiträume erhoben. Dabei beziehen sich die Outcome-Studien auf die körperlichen Funktionen einerseits sowie der Möglichkeit reanimierter Patienten, ihren Alltag in Beruf und Haushalt zu bewältigen. Gerald et al. fanden in einer Multicenterstudie heraus, dass von 162 untersuchten Personen 56 % denselben oder sogar einen verbesserten Funktionsstatus nach zwei Monaten post reanimationem aufwiesen. Der Rest war in seiner Funktion deutlich eingeschränkt (Gerald et al. 1997: o. S.).

Lorenz unterscheidet im Zusammenhang mit Outcome mechanistische und hermeneutische Kriterien. Dabei ist die rein mechanistische Betrachtungsweise lediglich am Funktionieren (meist isolierter) Systeme interessiert. Ergänzend hierzu versucht die hermeneutische Betrachtungsweise, die Bedeutung der Erkrankung für den Patienten und deren Auswirkungen für seine Funktionsweise im Alltag zu verstehen und hierfür gültige Kriterien zu entwickeln (Lorenz 1998: 520).

In neuerer Zeit gewinnen sog. „Endpunkte“ an Bedeutung, die sich im Gegensatz zur medizinisch-funktionellen Sichtweise stark am individuellen und subjektiven Erleben sowie Verhalten des Patienten orientieren. Die wissenschaftliche Analyse solcher Endpunkte als Kriterium für die Messung von Outcome steht herkömmlichen wissenschaftlichen Meßmethoden in der Medizin in nichts nach. Dabei kann die Messung zwischen den objektiven, d. h. sichtbaren und subjektiven, also den vom Patienten geäußerten „Endpunkten“ unterschieden werden (Epstein 1990: 268). Leider finden sich erst in neueren Outcome-Studien Hinweise auf solche hermeneutischen Kriterien[7].

Tbl. I: Neue Richtungen in der Ermittlung des Outcome anhand von Endpunkten (nach Epstein 1990: 269)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Weiter ist es problematisch, ältere Untersuchungen in ihrem Ergebnis mit denen Neuerer zu vergleichen, da in den einzelnen Studien zum Teil sehr unterschiedliche Patientenkollektive untersucht worden sind oder die Untersuchung nicht explizit darauf eingeht, ob die Untersuchten vergleichbare Erkrankungen hatten, als sie einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten.

Die vorliegenden Arbeiten zum Outcome sind zumeist geprägt durch kleine Kollektive (Miranda 1994: o. S.) und uneinheitliche Untersuchungsmethoden. Nichol et al. schlagen in ihrer Untersuchung deshalb den Gebrauch eines verlässlichen und validen Index zur Vergleichbarkeit von Outcome-Studien vor (Nichol et al. 1999: 101).

Die Voraussetzung erfüllt der Health Utility Index (HUI)[8]. In der von Nichol et al. durchgeführten Studie wurden nach Bildung von Kohorten insgesamt 96 Patienten interviewt und mit einer Auswahl aus der übrigen Bevölkerung verglichen. Dabei fanden sie heraus, dass die Überlebensraten niedrig waren. Die Gesundheitsindices gemessen nach dem HUI waren insgesamt akzeptabel. Es fiel auf, dass Personen mit insgesamt geringerer Reanimationsdauer eine bessere Lebensqualität hatten als solche Patienten mit langandauernden Reanimationsbemühungen (Nichol et al. 1999: 100).

Im Jahr 1997 wurde erstmalig durch eine weltweite Expertenkommission die sog. „In-hospital Utstein-Style-Template“ (Abb.: 4) zur einheitlichen Dokumentation und Komparabilität von Reanimationsereignissen innerhalb der Klinik publiziert (American Heart Association 1997: 2213ff). Erst hierdurch wird es in Zukunft möglich sein, Outcome-Ergebnisse retrospektiv einheitlich zu dokumentieren und vergleichbar zu machen. Derzeit gibt es aber nur wenige wissenschaftliche Studien, welche nach diesem Standard angelegt sind[9].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Laut Kellner fanden die überwiegenden Alarmierungen für das Notfallteam auf den Normalstationen statt (63%). Davon waren in seiner Untersuchung 238 Einsätze (51%) durch Reanimationen bedingt (Kellner 1994: 13).

Einige Untersuchungen (Andreasson et al. 1998: 31; Herlitz et al. 2001: 127) zeigen auf, dass eine Korrelation zwischen direkter Überwachung (Monitorisierung) des Patienten und einem verbesserten Outcome festzustellen ist. Dies bedeutet, dass Patienten im Aufwachraum, OP oder auf der Intensivstation ungleich höhere Überlebenschancen haben. Begründet wird dies unter anderem damit, dass erweiterte Maßnahmen (z. b. Defibrillation) umgehend zur Verfügung stehen und der Kreislaufstillstand früher als auf den peripheren Stationen bemerkt wird.

Dagegen stellten andere Untersucher fest, dass monitorisierte Patienten gegenüber nicht-monitorisierten Patienten im Outcome keinen Benefit haben (Rozenbaum, Shenkman 1988 : 584; Ravakhah et al. 1998: 97). Ravakhah und Mitarbeiter führen dies darauf zurück, dass monitorisierte Patienten insgesamt häufiger multimorbide sind und insgesamt eine schlechtere Ausgangslage und somit auch eine schlechtere Gesamtprognose haben. (Ravakhah et al 1998: 98). Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang wird von Hillman et al. angemerkt. Er bezieht die insgesamt schlechten Reanimationsergebnisse auf den Intensiv- und Überwachungsstationen auch darauf, dass häufig die Patienten versterben, welche zuvor in der Peripherie des Krankenhauses schlecht reanimiert wurden bzw. reanimiert wurden trotz schlechter Prognose. (Hillman et al. 2001: 106)

Zum Outcome in Verbindung mit dem Ort des Kreislaufstillstands innerhalb des Krankenhauses wurden in einer Literaturübersicht von insgesamt 113 Reports die Entlassungsraten gegenübergestellt. Dabei kam heraus, dass die durchschnittlichen Entlassungsraten auf allgemeinpflegerischen Stationen 12,5% und auf der Intensivstation 14,7% betrugen. Also kein signifikanter Unterschied. Lediglich die Entlassungsraten auf den cardiologischen Stationen (21,4%) und der Notaufnahme (23,3%) waren höher (Saklayen, Liss, Markert. 1995: 166). Dagegen stellten Hahn, Hutchinson und Conte grundsätzlich keinen Zusammenhang zwischen Ort des Kreislaufstillstandes innerhalb der Klinik und der Entlassungsrate fest (Hahn, Hutchinson, Conte 1979: 347).

Eine weitere Fragestellung in diesem Zusammenhang ist, ob die Lokalisation eines Kreislaufstillstandes innerhalb des Krankenhauses und damit die schnelle Verfügbarkeit erweiterter Maßnahmen der Reanimation[14] (ALS) koreliiert mit der Überlebensrate der Patienten. In nur einer der vorliegenden Studien wird explizit die durchschnittliche Eintreffzeit des Notfallteams und damit der Applikation erweiterter Maßnahmen genannt (Araujo et al. 1997: o. S.).

Dass das frühzeitige Einsetzen erweiterter Maßnahmen wie die Defibrillation eine deutliche Wirkung auf das Outcome der Patienten haben, zeigen zwei neuere Untersuchungen aus England und den USA. Hier wurden in einer prospektiven Studie mit einem kleinen Kollektiv nach Utstein-Style aus London Patienten nach einem beobachteten Kreislaufstillstand umgehend defibrilliert. Es überlebten primär 100%. Entlassen wurden in dieser Untersuchung 80 %. Diese außergewöhnlichen Überlebensraten erscheinen allerdings vor dem Hintergrund, dass hier nur solche Patienten ins Kollektiv Eingang fanden, welche einen beobachteten Kreislaufstillstand hatten, relativierbar (Spearpoint, McLean, Zideman 2000: 169). Von ähnlich guten Überlebens- und Entlassungsraten durch den Einsatz von In-hospitaler Frühdefibrillation im Vergleich zu den o. g. Untersuchungen berichtet auch Mancini in einer Studie am Miriam Hospital in Rhode Island/USA. Hier konnte durch den Einsatz von AED`s die Entlassungsrate von 32% auf 60% erhöht werden (Mancini 1999: o. S.). Herlitz et. al berichten in ihrer Studie von der Möglichkeit, dass die Kürze des Intervalls zwischen Kreislaufstillstand und erster Defibrillation wahrscheinlich die Überlebensraten anhebt (Herlitz et al 2000: 134).

Das Überleben des Patienten hängt also vermutlich wesentlich von der schnellen Verfügbarkeit geeigneter Materialien und dem entsprechenden -und funktionierenden- Personal ab, weniger von der Monitorisierung des Patienten.

Die Qualität des Lebens nach dem Überstehen einer Reanimation rückt in neuerer Zeit mehr in den Blickpunkt der Forschung. Dabei wird versucht, neben den funktionellen Qualitäten auch die soziale und psychische Qualität des Weiterlebens zu berücksichtigen (s.o.). Sie folgt damit dem Ansatz, dass das Überleben nicht nur dadurch gekennzeichnet ist, dass Krankheit oder Behinderung nicht besteht, sondern auch einhergeht mit sozialem und mentalem Wohlbefinden[15]. Bergner beschreibt Qualität des Lebens als multifaktoriell und mehrdimensional. Sie beschreibt neben dem physischen, funktionalen und mentalen Zustand auch ein Gesundheitspotential, das die Langlebigkeit, Funktionsfähigkeit, Benachteiligung, Krankheit und Behinderung des kranken Menschen umfasst (Bergner 1998: 156). In der Betrachtung der Qualität des Lebens bleibt immer das Problem des subjektiven Empfinden des Einzelnen bestehen, welches trotz objektiver Messresultate in der Untersuchung zweier Personen extrem divergent sein kann.

Laut einer Studie aus dem Jahr 1995 hat sich die Überlebensrate der In-Hospital reanimierten Patienten seit Anfang der 50er zwar nahezu verdoppelt[16], jedoch sind die Überlebensraten insgesamt betrachtet eher niedrig. Ein Grund für diese schlechten Reanimationsergebnisse innerhalb der Klinik könnte auch die fehlende Selektion von Patienten sein[17]. Aufgrund der Hilfeleistungsverpflichtung, welche zum einen aus ethisch-moralischen Gründen, zum anderen aus dem rechtlichen Zwang des §232c StGB[18] heraus besteht, erwächst für Pflegepersonal und Ärzte gleichermaßen die Verpflichtung, grundsätzlich jeden Patienten zu reanimieren. Möglicherweise wird eine fehlende frühzeitige Entscheidung, einen Patienten nicht wiederzubeleben (zum Beispiel in Form einer DNR-Order[19] ), zu selten getroffen (Carlsson et al. 1998: 41). Dies könnte auch Einfluss auf die Überlebensraten haben, da auch Patienten wiederbelebt werden, welche eine schlechte Prognose haben.

In der Summe aller Untersuchungen kann man zusammenfassend für das Überleben der Patienten eine Reihe an Kriterien nennen. So gelten folgende Grundsätze:

[...]


[1] In diesem Zusammenhang ist vorwiegend 3jährig examiniertes Krankenpflegepersonal gemeint. Krankenpflegehelfer/-innen werden im weiteren -da wo es relevant ist- mit Krankenpflegehilfspersonal tituliert.

[2] Fachpersonal der Krankenpflege meint in diesem Zusammenhang examiniertes Krankenpflegepersonal mit einer zweijährigen Zusatzausbildung in Anästhesie und Intensivpflege. Der Terminus Fachpflegepersonal meint auch examiniertes Krankenpflegepersonal ohne Zusatzausbildung aber mit der Tätigkeit auf einer Intensivpflegestation, Aufwachraum oder in der Anästhesie.

[3] Im weiteren als BLS bezeichnet.

[4] Unter Kenntnisstand verstehe ich sowohl die theoretischen Kenntnisse als auch die praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Also den gesamten Komplex von der theoretischen Aufnahme (kognitiv) und Reflexion (affektiv) eines Sachverhalts bis hin zur Durchführung der entsprechenden Massnahmen (psycho-motorisch).

[5] Das Ergebnis, das durch eine medizinische Therapie erzielt wird, bezeichnet man im internationalen wissenschaftlichen Sprachgebrauch als Outcome (Lorenz 1998: 513).

[6] Hier sei lediglich auf Zahlen verwiesen, welche sich an sog. Entlassungsraten orientieren. Einige Untersuchungen geben nur statistische Daten wieder, welche sich auf den sog. Initialen Reanimationserfolg beziehen. Dabei ist nur das Wiedererreichen eines Spontankreislauf ausschlaggebend.

[7] Vgl. hierzu Bergner M. Quality of life, health status, and clinical research. Med Care 1989;27:S148-S156.

[8] Der Health Utility Index ist ein reliables und valides Messinstrument zur Bewertung der Lebensqualität von hospitalisierten und entlassenen Patienten (z. B. Patienten nach Krebsbehandlung). Es wird in Form eines standardisierten Interviews durchgeführt und ermittelt neben den Informationen zum Gesundheitszustand acht Bereiche: Sehen, Hören, Sprechen, Gehfähigkeit, Geschicklichkeit, Emotion, Wahrnehmung und Schmerzen. Jeder Bereich hat 5 Antwortkategorien.

[9] Vgl. hierzu Patrick, Rankin 1998. 91ff und Skogvoll E, Isern E, Sangolt GK, Gisvold SE 1999 177ff.

[10] mit anschließendem Follow-up Fragebogen zur Lebensqualität. Hier wurde neben dem mentalen- und funktionalen Status auch die Frage nach Depression untersucht.

[11] Die Untersuchung wurde retrospektiv anhand von 303 Krankenakten angelegt.

[12] In dieser Studie ging es im Wesentlichen um die Fragestellung des Vergleichs prä- und innerklinisch reanimierter Patienten. Dabei fand Jakob in seiner Untersuchung heraus, dass die Entlassungsrate präklinisch Reanimierter bei 7% liegt. Damit liegt die Entlassungsrate deutlich unter denen der innerklinisch reanimierter Patienten.

[13] Großangelegte prospektive Multicenter Studie mit insgesamt 3765 Patienten mit Kreislaufstillstand. Die Studie fand an insgesamt 12 Krankenhäusern in England statt. Die einheitliche Dokumentation wurde während der Reanimation von einem designierten Mitglied des Notfall-Teams ausgefüllt. Anschließend fand ein Follow-up der Dokumentation durch den jeweiligen Koordinator der entsprechenden Kliniken statt. Ein Jahr darauf wurde ein weiterer Fragebogen an den niedergelassenen Arzt versandt.

[14] Zu den erweiterten Maßnahmen zählt man vor allem die Defibrillation, Intubation und die Gabe von Medikamenten (Abb.: 2).

[15] Damit lehnen sich neuere Untersuchungen zur Qualität des (Über)lebens nach Reanimation an den von der WHO definierten Begriff von Gesundheit an.

[16] In einer Übersicht der bestehenden Outcome Studien stellt Saklayen et al. eine durchschnittliche Entlassungsrate von 10 % im Zeitraum von 1952-1961 und einer Entlassungsrate von 17 % im Zeitraum von 1982-1992 (Saklayen et al. 1995 : 172) fest.

[17] Selektion in diesem Zusammenhang soll verstanden werden im Sinne einer vorherig mit dem Patienten besprochenen Möglichkeit, lebensverlängernde Maßnahmen abzulehnen (sog. DNR-Order).

[18] Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

[19] Do-Not-Resuscitation-Order. In einer Untersuchung von Jones et al. wurde festgestellt, dass eine überwiegende Zahl der Pflegekräfte nicht bzw. nur unzureichend formalisiert (z. B. in Form von Notizen in der Patientendokumentation) über die Entscheidung des Patienten nicht reanimiert werden zu wollen, informiert waren (Jones et al. 1993: 1577).

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Reanimation durch Krankenpflegepersonal
Untertitel
Stand der Forschung und Entwicklung eines Qualitätskonzeptes
Hochschule
Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (ehem. Hochschule für Wirtschaft und Politik)
Note
1.0
Autor
Jahr
2001
Seiten
41
Katalognummer
V82728
ISBN (eBook)
9783638049627
ISBN (Buch)
9783638942928
Dateigröße
1250 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reanimation, Krankenpflegepersonal
Arbeit zitieren
Joerg Vieweg (Autor:in), 2001, Reanimation durch Krankenpflegepersonal, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82728

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