Sallust: Coniuratio Catilinae

Die Synkrisis Caesar – Cato (53,2-54)


Hausarbeit, 2006

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einordnung in die Handlung
2.1 Die Rede des Caesar (Kapitel 51)
2.2 Die Rede des Cato (Kapitel 52)
2.3 Interpretation der Rede des Caesar und des Cato

3. Interpretation der Synkrisis (53,2-54)
3.1 Erklärung der Größe Roms (53,2-53,6)
3.2 Sallusts Stellung zu Caesar und Cato
3.2.1 Neutrale Haltung Sallusts
3.2.2 Sichtweise der Synkrisis zugunsten des Cato
3.2.3 Sichtweise der Synkrisis zugunsten des Caesar
3.3.4 Abwertung des Caesar und des Cato

4. Schlussfolgerung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Aber da steht vor uns die Synkrisis (53f.), rätselhaft gleich dem Antlitz der Sphinx, die uns mit ebenso faszinierenden wie unergründlichen Augen anstarrt“[1] - C. Sallustius Crispus charakterisiert in Kapitel 53,2 –54 seines Werkes Coniuratio Catilinae in einer Synkrisis die beiden wohl bedeutendsten politischen Persönlichkeiten seiner Zeit: Gaius Julius Caesar und Marcus Porcius Cato. Im Mittelpunkt der folgenden Analyse werden zwei essentielle Fragen stehen: Sympathisiert Sallust mit einem der beiden Charaktere und was ist seine Intention Caesar und Cato in einer Synkrisis gegenüberzustellen? Zur Beantwortung dieser Fragen sollen folgende Werke herangezogen werden: Der zu behandelnde lateinische Text basiert auf der Tusculum Ausgabe von Josef Lindauer[2], zudem werden zur weiteren Interpretation und Vertiefung die Kommentare zu Coniuratio Catilinae von Ableitinger[3], Büchner[4], Lämmli, Schmid[5] und Schmüdderich[6], des weiteren die Dissertation von Sabine Wussow[7] hinzugezogen.

2. Einordnung in die Handlung

Bei der Analyse der Synkrisis ist es unerlässlich, diese zuvor in den genaueren Kontext des Catilina einzuordnen. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen die vorangehenden Reden des Caesar (Kap. 51) und des Cato (Kap. 52), da hier bereits die Intentionen und Vorstellungen der beiden Charaktere vorgestellt werden. Hintergrund der Reden ist der gestellte Antrag auf Todesstrafe für die Anhänger des Catilina und die folgende Verhandlung im Senat.

2.1 Die Rede des Caesar (Kapitel 51)

Die Rede des Caesar kann laut Doris Ableitinger in eine allgemeine Einführung und in fünf darauffolgende Abschnitte unterteilt werden.[8] Die Einleitung (51,1-3) ist als Appell zur Leidenschaftslosigkeit an die Senatoren gestaltet, ihre Entscheidungen sollen weder durch Hass und Zuneigung noch durch Zorn und Mitleid beeinflusst werden (ab odio amicitia,ira atque misericordia vacuos esse decet[9]). Den Kontrast zwischen dem Einfluss der Vernunft und der Leidenschaft verdeutlicht er auch durch die folgende Sentenz: ubi intenderis ingenium, valet; si lubido possidet, ea dominatus, animus nihil valet[10]. Die Affekte schalten seiner Meinung nach den Verstand aus, der aus diesem Grund nichts mehr bewirken kann.

Diese Feststellung nutzt Caesar, um in Abschnitt I (51,4-8) auf die maiores des römischen Volkes überzuleiten, die sich gegen die Affekte gewehrt und recte atque ordine[11] gehandelt haben. Er nennt an dieser Stelle zwei Beispiele. Im Makedonischen Krieg ließen die maiores die Rhodier trotz ihres Treuebruchs straflos, damit man ihnen nicht unterstellen könnte, sie wollten nur deren Reichtum und nicht deren Bestrafung. In den Punischen Kriegen legten die maiores stets mehr Wert darauf, das zu tun, was ihrer selbst würdig war, als auf das, was die Gesetzgebung als Bestrafung vorsah. „Magis, quid se dignum foret, quam quid in illos iure fieri posset, quaerebant“[12] verwendet Caesar alsVorbild für die Senatoren und appelliert im Folgenden an sie, es den maiores gleich zu tun und bei der Urteilsfindung ihre Würde und ihren Ruf über den Zorn zu stellen.[13]

In Abschnitt II (51,9-15) spielt Caesar in ironischer Weise auf die Aussagen seiner Vorredner an, die mit wohlgeformten Worten (conposite atque magnifice)[14] über das Unglück des Staates klagen. Da aber das persönliche Leid (iniuriae suae)[15] durch einen Betroffenen meist schwerer bewertet wird, erklärt sich für Caesar hieraus der Grund für den Erfolg dieser Personen, das Volk aufzuwiegeln, und spricht ihnen die nötige Distanz zu einer objektiven Urteilsfindung ab. Aus dieser Feststellung folgert er, dass es Privatpersonen erlaubt sei, Affekte zuzulassen, da sie keinen großen Einfluss besäßen, dass aber Personen der Öffentlichkeit - wie die Senatoren - aufgrund der hohen Position keine Fehlentscheidungen, beeinflusst durch Affekte, treffen dürften. Denn diese Affekte werden bei Senatoren nicht Jähzorn (iracundia)[16], wie bei Privatpersonen, sondern Überheblichkeit und Grausamkeit (superbia atque crudelitas)[17] genannt. Diesen Eindruck verstärkt Caesar durch die Warnung, dass das Volk dazu tendiert, sich stärker an die zuletzt geschehenen Ereignisse, also an das zu strenge Urteil, zu erinnern als an die Taten der Verurteilten, und somit aufbegehren wird.[18]

Nach dieser ersten allgemeinen Einführung in seine Ansichten kommt Caesar in Abschnitt III (51,16-24), dem Mittelstück seiner Rede, auf Silanus zu sprechen. Caesar entlastet ihn zunächst, indem er den Antrag des Silanus nur auf seinen Eifer für den Staat (studio rei publicae)[19] und nicht auf Gunst oder Feindschaft (gratiam aut inimicitias)[20] zurückführt. Dieser Antrag scheine der Größe des Verbrechens angemessen, also in diesem Kontext keineswegs grausam, aber er sei nicht konform mit der geltenden Staatsverfassung. Im Gegensatz zu diesen Beschwichtigungen kritisiert Caesar ihn jedoch in der folgenden direkten Anrede.[21] Er nennt nun dessen Furcht (metus)[22] sowie das Unrecht der Verschwörer (inuriae)[23] als mögliche Gründe für dessen harte Anklage, um metus als Ursache aber sofort wieder auszuschließen, indem er ironisch darauf hinweist, dass Silanus als Konsul ja über genügend Militär verfüge, um sich und den Staat zu schützen. Regelrecht in philosophischer Weise beurteilt Caesar daraufhin nun wieder die Anklage selbst, indem er den Tod in Leid und Elend als eine Art „Ausruhen von Mühsalen“ nennt, und dieser könne somit keine Qual sein, da er die Menschen von allem Elend befreie.[24] Mit dieser Aussage stellt Caesar den Sinn der Todesstrafe in Frage, weshalb er Silanus auch sehr überspitzt fragt, warum er sie denn nicht wenigstens vorher auspeitschen ließe, um dadurch wirkungsvoller zu sein. Zielsicher spricht Caesar hiermit an, dass es unterlassen wurde, die Auspeitschung vor der Todesstrafe anzuordnen, wie es normalerweise üblich ist.[25] Selbst die lex Porcia könne seiner Meinung nach nicht als Begründung herangezogen werden, da die Senatoren sich bei der Verhängung der Todesstrafe auch nicht von Gesetzen hindern ließen, die in solchen Fällen die Verbannung vorschrieben. Eine Auspeitschung könne jedoch nicht als zu hart angesehen werden, da die Strafe, gemessen an den Taten der Angeklagten, nicht hart genug ausfallen könne.[26] Wenn aber eine Auspeitschung zu milde sei, warum würden sie sich dann bei einer weniger wichtigen Frage (in minore)[27] an die Gesetze halten, bei wichtigen (in maiore)[28] jedoch die Gesetze missachten?

In Abschnitt IV führt Caesar diesen Gedanken mit dem potentiellen Einwand eines Gegners fort, indem er hinterfragt, wer denn die Anklagen gegen die Verräter des Staates tadeln würde. Er gibt sogleich selbst die Antwort darauf: Die Ankläger sind die abstrakten Begriffe „Verhältnisse, Zeit und Schicksal“ (tempus dies fortuna)[29], die asyndetisch in einem Trikolon nebeneinander gereiht werden und deren lubido[30] das Volk beherrsche. Caesar nennt also Gewalten, die weder beeinflussbar, noch vorhersehbar und somit bedrohlich für die Senatoren und den Staat sind. Dies nutzt er, um auf seine eigentliche Warnung überzuleiten: Sie sollten bedenken, dass sie mit dieser Anklage einen Präzedenzfall gegen andere schaffen werden (quid in alios statuatis, considerate)[31], der in einer ungewissen Zukunft noch Folgen haben werde. In falschen Händen könne dieses neue Verfahren, das er deutlich als novom exemplum[32] identifiziert, nämlich auch gegen Unschuldige eingesetzt werden. Diese durch das neue Verfahren erlaubte Willkür bekräftigt Caesar durch die Parallelstellung von ab dignis et idoneis[33] und ad indignos et non idoneos[34]. Zur Veranschaulichung seiner Behauptung (omnia mala exempla ex rebus bonis orta sunt)[35] nennt er nun zwei konkrete und zugleich drastische Beispiele: Die nach dem Sieg über die Athener durch die Lakedaimonier eingesetzten dreißig Männer haben zuerst alle schlechten und verhassten Menschen (pessumum quemque et omnibus invisum indemnatum)[36] ohne Urteil hinrichten lassen, dann aber allmählich auch unschuldige; in der gleichen Weise verfuhr auch Sulla: nachdem er Damasippus und seine Anhänger hinrichten ließ, nahmen die Verurteilungen überhand, da bald jeder jeden verdächtigte und man stets Gefahr lief, selbst unschuldig verurteilt zu werden. Diese Prophezeiungen sieht Caesar nicht für seine Zeit, sondern für spätere Generationen, in denen ein Konsul jederzeit diese Verfahrensweise missbrauchen und niemand ihn daran hindern könne. Die Charaktere in einem großen Staat seien zu vielfältig (in magna civitate multa et varia ingenia sunt)[37], als dass man deren Handlungsweisen vorhersehen könne.

[...]


[1] Lämmli, Franz: Sallusts Stellung zu Cato, Caesar, Cicero, in: Wege der Forschung 46, S. 529.

[2] Lindauer, Josef (Hrsg): Sallust: Die Verschwörung Catilinas - Catilinae Coniuratio, 2.Aufl., Düsseldorf / Zürich 2003.

[3] Ableitinger, Doris: Beobachtungen zur Caesar-Rede in der Coniuratio Catilinae des Sallust, in: Festschrift Karl Vretska, Heidelberg 1970.

[4] Büchner, K.: Zur Synkrisis Cato-Caesar in Sallusts Catilina, in: Studien der römischen Literatur IX: Römische Prosa, Wiesbaden 1978.

[5] Schmid, Walter: Sallust: Die Reden Caesars und Catos, Terminologie und Ideologie, in: Gymnasium 69,1962.

[6] Schmüdderich, L.: Das Bild Caesars in Sallusts „Verschwörung des Catilina“, in: Der Altsprachliche Unterricht 5, 1962.

[7] Wussow, Sabine: Die Persönlichkeit des Cato Uticensis – Zwischen stoischer Moralphilosophie und republi- kanischem Politikverständnis, Diss. Düsseldorf 2004.

[8] Vgl. Ableitinger, S. 334-346.

[9] Catilina, 51,1.

[10] Catilina, 51,3.

[11] Catilina, 51,4.

[12] Catilina, 51,6.

[13] Vgl. Schmid, S. 338.

[14] Catilina, 51,9.

[15] Catilina, 51,11.

[16] Catilina, 51,14.

[17] Catilina, 51,14.

[18] Vgl. Schmid, S. 339.

[19] Catilina, 51,16.

[20] Catilina, 51,16.

[21] Vgl. Schmid, S. 339.

[22] Catilina, 51,18.

[23] Catilina, 51,18.

[24] Vgl. Catilina, 51,20.

[25] Vgl. Schmid, S. 339.

[26] Vgl. Catilina, 51,22-24.

[27] Catilina, 51,24.

[28] Catilina, 51,24.

[29] Catilina, 51,25.

[30] Catilina, 51,25.

[31] Catilina, 51,26.

[32] Catilina, 51,27.

[33] Catilina, 51,27.

[34] Catilina, 51,27.

[35] Catilina, 51,26.

[36] Catilina, 51,29.

[37] Catilina, 51,35.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Sallust: Coniuratio Catilinae
Untertitel
Die Synkrisis Caesar – Cato (53,2-54)
Hochschule
Universität Trier
Veranstaltung
Proseminar: Sallust : De Coniuratione Catilinae
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V82575
ISBN (eBook)
9783638888202
ISBN (Buch)
9783640386680
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sallust, Coniuratio, Catilinae, Proseminar, Sallust, Coniuratione, Catilinae
Arbeit zitieren
Anne-Mareike Franz (Autor:in), 2006, Sallust: Coniuratio Catilinae, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82575

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