Der Medienbegriff bei Harold A. Innis


Hausarbeit, 2006

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Überblick

1. Einleitung

2. Der Medienbegriff nach Harold Adam Innis
2.1 Tendenzen der Kommunikation: Zeitwirkung
2.2 Tendenzen der Kommunikation: Raumwirkung

3. Der Einfluss der Medien auf Gesellschaften
3.1 Die Problematik der Zeit

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

Internetquellen

1. Einleitung

Ziel meiner Hausarbeit ist es, einen Einblick in die Medientheorie Harold Adam Innis' zu gewähren. Als Mitbegründer der medienwissenschaftlichen Schule „Toronto School of Communication“ spielt Harold A. Innis eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Media Studies. Er gilt als Vater der modernen Medienwissenschaft. Innis beobachtete, dass zwischen Kultur und Medien ein Zusammenhang besteht, und dass es zwischen Technologie und Gesellschaft eine gegenseitige Einflussnahme gibt (im Sinne von „technology shapes culture“). Er war einer der ersten, der die Entwicklung bestimmter Gesellschaften im Zusammenhang mit der Entwicklung von Technologien analysierte. Mit anderen Worten vertrat Innis die Überzeugung, dass die Entwicklung einer Gesellschaft bedingt ist durch die Entwicklung von Technologien, insbesondere der Kommunikationstechnologien. Basierend auf dieser Annahme begann Innis seine Analyse, indem er die Entstehung der Medien und ihrer Charakteristiken untersuchte. Innis betrachtete die Geschichte der Kommunikation unter einer sozialen Perspektive, insbesondere die Kommunikationsmedien der letzten 4000 Jahre. Beginnend mit einer Analyse der Medien des Altertums stellte Innis fest, dass „[d]ie tiefen Erschütterungen, denen die ägyptische Zivilisation beim Übergang von einer absoluten Monarchie zu einer demokratischen Staatsform ausgesetzt war, [...] mit einer Schwerpunktverlagerung von Stein als Kommunikationsmittel bzw. als Grundlage des Prestiges, wie es sich in den Pyramiden manifestierte, auf Papyrus einher [gingen].“1 Innis betrachtet die Kommunikationsmedien also als Generatoren sozialen und geschichtlichen Umbruchs. Aus seinem erst relativ späten Interesse an Medien und Kommunikation heraus entstanden seine zwei wichtigsten Werke zur Kommunikation: „Empire and Communication“ (1950) und „The Bias Of Communication“ (1951).

Um einen Einblick in die Medientheorie von Harold Adam Innis zu gewähren, befasse ich mich in meinem ersten Kapitel mit dem von ihm geprägten Medienbegriff. Im ersten Teil dieses Kapitels werde ich einen Einblick darüber geben, was der Verfasser von „The Bias Of Communication“ unter Medium versteht und was er als Bausteine für seine Theorie definiert. Um seine Theorie so vollständig wie möglich darstellen zu können werde ich mich daraufhin mit den von Innis postulierten Tendenzen der Kommunikation beschäftigen und somit versuchen, die jeweiligen Tendenzen, zeitliche und räumliche, in je einem Unterkapitel zu erläutern.

Der zweite Teil meiner Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss und den Effekten der Medien auf Gesellschaften. Des Weiteren werde ich Innis' Überlegungen über Imperien und deren Problematik mit der Beherrschung des Raumes und der Zeit erläutern. Laut Innis beeinflussen Medien die Art der Information, die sie transportieren und somit auch die Gesellschaft, welche sie benutzt. Es ist für Innis grundlegend, dass es ein Gleichgewicht zwischen den benutzten Medien einer Gesellschaft gibt. Für den Autor ist es wichtig folgende Fragen in seinem Werk zu beantworten: Wie funktionieren Medien? Welchen Einfluss haben sie auf Gesellschaften? Was ermöglichen sie? Und wo sind deren Grenzen? In der anschließenden Zusammenfassung werde ich die Bedeutung von Harold A. Innis für die Medienwissenschaft erläutern und einen Ausblick auf die Weiterentwicklung seiner Medientheorie geben.

2. Der Medienbegriff nach Harold Adam Innis

Der Medientheorie von Innis liegt folgende Hauptidee zugrunde: Gesellschaften sind schon seit ältester Zeit von bestimmten Medien dominiert. Zu verschiedenen Zeiten lassen sich unterschiedliche Medien identifizieren, welche jeweils dominant waren wie zum Beispiel Stein, Papyrus, Pergament oder Papier. Jedes Medium prägt, durch seine Beschaffenheit, in einer bestimmten Art und Weise die Information, die es übermittelt. In diesem Zusammenhang führt Innis den Begriff der Tendenz (engl. bias) ein. Medien haben ausserdem eine Tendenz, welche die Organisation und die Kontrolle der Information beeinflusst, so dass „je nach seinen Eigenschaften [...] solch ein Medium sich entweder besser für die zeitliche als für die räumliche Wissensverbreitung eignen [kann], besonders wenn es schwer, dauerhaft oder schwer zu transportieren ist, oder aber umgekehrt eher für die räumliche als für die zeitliche Wissensverbreitung taugen, besonders wenn es leicht und gut zu transportieren ist.“1 Mit anderen Worten kann man bei jedem Medium eine Tendenz festmachen. Die Tendenzen werden in den meisten Fällen durch die Beschaffenheit eines Mediums charakterisiert. Ein aber weitaus besseres Indiz für die raumbindende oder zeitbindende Tendenz eines Mediums ist dessen Einsatz und Verwendung. Laut Innis gibt es keine Medien, die keine Tendenz besitzen; sie besitzen entweder eine zeitbindende oder raumbindende Tendenz. Da kein Medium in sich komplett ist, sollten Gesellschaften, welche ihren Fortbestand sichern möchten, mit mehreren Hauptmedien operieren. Außerdem können sich Medien nicht isoliert voneinander entwickeln und existieren und somit stehen sie in einem geschichtlichen Zusammenhang2 und charakterisieren in gewisser Weise die historische Zeitspanne, in welcher sie vorhanden waren.

Laut Innis ist nicht die Beschaffenheit des Mediums in erster Linie für sein Charakteristikum (raumbindend oder zeitbindend) ausschlaggebend, sondern vielmehr die Art und Weise, wie das Medium einsetzt wird. Generell unterscheidet Innis zwei Arten der Kommunikation, welche in einer Gesellschaft anzutreffen sind. Einerseits gibt es die Kommunikation, welche auf zwischenmenschlicher Interaktion beruht und zur Verständigung auf lokaler Ebene dient und andererseits gibt es jene Kommunikation, welche weite Entfernungen überbrücken muss und dementsprechend auf Kommunikationsmedien angewiesen ist. In diesem Sinne unterscheidet Innis die Medien in erster Linie nach deren Wirkung. Er unterscheidet zwischen zentrifugalen und zentripetalen Tendenzen und zwischen raumbindenden und zeitbindenden Tendenzen der Medien. An einer späteren Stelle in der Hausarbeit gehe ich ausführlicher auf diese Medientendenzen ein. Da Innis die Kommunikationsmedien als „materielle Träger der Kommunikation“3 betrachtet, steht für ihn deren Beschaffenheit im Vordergrund. Die Art der Medien beeinflusst laut Innis die Auswirkungen, welche ihr Einsatz in einer Gesellschaft hat, und zwar dadurch, dass sie „formbildend und verhaltenssteuernd die soziale Umwelt der Menschen prägen.“4 Innis geht davon aus, dass „der Gebrauch eines bestimmten Kommunikationsmediums über einen langen Zeitraum hinweg in gewisser Weise die Gestalt des zu übermittelnden Wissens prägt. Auch stellen wir fest, dass der überall vorhandene Einfluss dieses Mediums irgendwann eine Kultur schafft, in der Leben und Veränderungen zunehmend schwieriger werden und, dass schließlich ein neues Kommunikationsmittel auftreten muss, dessen Vorzüge eklatant genug sind, um die Entstehung einer neuen Kultur herbeizuführen.“5 Mit anderen Worten sind die Tendenzen der Medien erkennbar in den Tendenzen der Gesellschaft. Um den Charakter einer Gesellschaft zu verstehen genügt es, einen Blick auf die Medien zu richten, welche in der Gesellschaft existieren. Medien sind auch für die Entstehung von Wissensmonopolen verantwortlich, denn Medien generieren Wissen. Durch die Einführung eines neues Hauptmediums wird ein altes verdrängt und es entstehen somit neue Wissensmonopole. Das wiederum verändert die Informationsstruktur einer Gesellschaft.

Ausserdem postulierte Innis als einer der ersten, dass die Medien „eine Sprache mit eigener Grammatik und Syntax“6 darstellen. Demnach prägt das Medium, welches eine Information überträgt, das Übermittelte. Diese Einwirkung des Mediums auf die Information ist jedem Medium inhärent und unterscheidet sich von Informationen, welche mittels anderer Medien übertragen wurden. Dieser Gedanke und Innis' abgewandelte Medientheorie (von Medien als Transportmitteln zu Medien als Transformationsmitteln der Information) gehören zu den wichtigsten Ideen welche Marshall McLuhan später für seine Medientheorie übernommen und weiterentwickelt hat.7

Um einen profunderen Einblick in die Medientheorie von Harold A. Innis zu gewähren werde ich mich in den nächsten zwei Unterkapiteln meiner Hausarbeit den Tendenzen der Kommunikationsmedien widmen.

[...]


1 Innis: Die Medien in den Reichen des Altertums, in: Kreuzwege der Kommunikation, 1997, S.56.

1 Innis: Tendenzen der Kommunikation, in: Kreuzwege der Kommunikation, 1997, S.95.

2 Vgl. Barck: Harold Adam Innis – Archäologie der Medienwissenschaft, in: Kreuzwege der Kommunikation, 1997, S.6.

3 Barck: Harold Adam Innis – Archäologie der Medienwissenschaft, in: Kreuzwege der Kommunikation, 1997, S.4.

4 Barck: 1997, S.4.

5 Innis: Tendenzen der Kommunikation, in: Kreuzwege der Kommunikation, 1997, S.96.

6 Barck: Harold Adam Innis – Archäologie der Medienwissenschaft, in: Kreuzwege der Kommunikation, 1997, S.10.

7 Vgl. Barck: 1997, S.12.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Der Medienbegriff bei Harold A. Innis
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Institut für Sprach- und Kommunikationswissenschaften )
Veranstaltung
Media Studies
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V82479
ISBN (eBook)
9783638898027
ISBN (Buch)
9783638904483
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medienbegriff, Harold, Innis, Media, Studies
Arbeit zitieren
Andreea Feierstein (Autor:in), 2006, Der Medienbegriff bei Harold A. Innis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82479

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