Optimierung bei der Finanzierung von Kleinstgründungen

Eine empirische Betrachtung der aktuellen Rahmenbedingungen in Deutschland zur Reduzierung des Spannungsfeldes zwischen Kleinstgründern und Kreditinstituten


Masterarbeit, 2007

120 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


1. Einleitende Problembetrachtung

1.1. Hinführung zur Problemstellung

„Eine ausgeprägte Gründungskultur ist der entscheidende Erfolgsfaktor einer zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklung.“[1]

In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage, die von Nachrichten über hohe Arbeitslosigkeit und ständig neue Auswirkungen der Globalisierung geprägt ist, scheint diese Aussage erste Priorität zu haben. Die Anzahl der Unternehmens- oder Existenzgründungen ist wichtiger als je zuvor. Ein positives Gründungsklima kann empirisch in engen Zusammenhang zur wirtschaftlichen Lage gebracht werden.[2]

Eine positive Gründungsbilanz kann jedoch in Deutschland bislang nicht gezogen werden. Die repräsentativste Aussage über Anzahl und Erfolg der Unternehmens- und Existenzgründungen im internationalen Vergleich gibt der Global Entrepreneurship Monitor (GEM), für rein Deutschland-bezogene Auswertungen kann der KfW-Gründungsmonitor als aussagekräftig herangezogen werden.[3] Demnach liegt Deutschland in 2004 mit einer Gründungsquote von 5,39% zwar über dem Stand von 2003 (5,1%), allerdings deutlich hinter dem Durchschnitt der befragten 35 Staaten von 8,44%.[4]

Diese Problematik wird deshalb auf wirtschaftspolitischem Gebiet intensiver verfolgt als zuvor: Intensivierung der Entrepreneurshipforschung inkl. der Einrichtung zahlreicher Lehrstühle an Universitäten, Zusammenlegung der Deutschen Ausgleichsbank mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau inkl. Überarbeitung der Fördermöglichkeiten[5] und Einrichtung des Rat für Innovationen unter Vorsitz der Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Bundestagswahl 2005[6] sind nur einige Beispiele, die auf eine nachhaltige Verbesserung des Gründungsklimas in Deutschland zielen. In Auftrag gegebene Erhebungen belegen dabei verschiedene Ursachen für das nicht zufrieden stellende Gründungsklima. Dazu gehören insbesondere die gründungsbezogene Ausbildung, gesellschaftliche Werte und Normen und die immer wieder beanstandete Finanzierungsproblematik. Einer näheren Betrachtung ist insbesondere die Finanzierungsproblematik zu unterziehen, die vor dem Hintergrund einer von staatlicher Seite außerordentlich ausgeprägten Förderlandschaft auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar ist – in kaum einem der befragten Länder wird die Förderlandschaft so positiv beurteilt wie in Deutschland.[7]

Einen näheren Blick auf die generelle Finanzierungsproblematik in Deutschland erlaubt eine aktuelle Unternehmensbefragung. Es zeigt sich, dass in den letzten Jahren die häufig beanstandete Kreditzurückhaltung der deutschen Kreditinstitute eine Verbesserung aufweist. Allerdings trifft dies nur auf die Kreditvergabe mit Beträgen ab 50 Mio. EUR. Betrachtet man die Kreditvergabe unter 1 Mio. EUR, sind die Anforderungen sogar noch gestiegen. Die Hälfte der Befragten gibt an, Probleme dabei zu haben, überhaupt noch Kredit zu erhalten. Bei ca. 65% der Befragten wurde die Kreditvergabe an die Bereitstellung von zusätzlichen Sicherheiten gebunden.[8] Sicherlich ist diese Untersuchung nicht nur auf Unternehmens- und Existenzgründer ausgerichtet, allerdings zeigt sich hier eine eindeutige Tendenz im Verhalten der Kreditinstitute. Eine Betrachtung der Gründungsfinanzierungen zeigt darüber hinaus, dass die meisten Gründer mit einem Anteil von 60,4% unter einem Finanzierungsbedarf von 50.000 EUR und damit stark unter der genannten Betragsschwelle von 1 Mio. EUR liegen.[9] Die generelle Zurückhaltung der Banken ist bereits hinreichend gescholten und beschrieben worden,[10] doch scheint nun ein neuer Trend im Sinne einer verstärkten Differenzierung aufzukommen.

Die Konsequenzen dieser verstärkten Differenzierung sind besonders problematisch, als dass die Anzahl der Kleinstgründungen in Deutschland im Kontrast zur stabilen Gesamtheit der Unternehmensgründungen weiter zunimmt.[11] Auch wenn diese Kleinstgründungen nicht in erster Linie die volkswirtschaftliche Lage wesentlich verbessern können, so tragen sie doch zu einer Verbesserung des Gründungsklimas und zur Stärkung einer Kultur der Selbständigkeit bei. Selbständigkeit muss in Deutschland wieder zu einer selbstverständlichen und attraktiven Alternative zur abhängigen Beschäftigung etabliert werden, um ein positives Unternehmerbild zu fördern und auch die Anzahl innovativer Gründungen an internationales Maß anzupassen.[12]

Der Zusammenhang dieser differenzierten Zurückhaltung zur aktuellen Entwicklung der deutschen Kreditinstitute ist offensichtlich. Bereits seit einigen Jahren wird die deutsche Bankenlandschaft von einem tief greifenden Veränderungsprozess begleitet. Globalisierung, der Abbau von Wettbewerbshindernissen und die damit fortschreitende internationale Verflechtung der Kapitalmärkte führen nach den erfolgten Restrukturierungsprozessen nun zu einem verstärkten Fokus auf eine Ertragsoptimierung, um international marktfähig zu bleiben. Allein die Betrachtung der Entwicklung der Bruttozinsspanne in Deutschland zeigt eine enorme Margenerosion.[13] Hinzu kommt der Trend zur Disintermediation und eine erhebliche Dynamik – nicht zuletzt durch die technologische Entwicklung - der Finanzmärkte. Von 2000 bis 2003 wurde der Personalbestand in der deutschen Kreditwirtschaft als Reaktion auf diese Entwicklungen um ca. 50.000 Stellen reduziert, Unternehmensbereiche ausgegliedert oder vollständig neu aufgestellt. Eine konsequente Kostenreduzierung hat dabei in die schwarzen Zahlen zurückgeführt.[14] Doch die o.g. Entwicklung schreitet weiter voran, so dass die Kreditinstitute gezwungen sind, sich zukunftsfähig aufzustellen. Dabei stehen neben einer weiterhin wettbewerbsfähigen Kostenbasis die konsequente klare Fokussierung auf Kernkompetenzen und Zielkunden, eine optimierte Kunden-Nutzen-Strategie und eine überlegene Risiko- und Kreditpolitik im Zentrum der Anstrengungen.[15]

In diesem Zusammenhang scheint es von Grund auf problematisch, im Bereich der Kleinstgründer eine verbesserte Kreditvergabepolitik zu erreichen – auch wenn sehr wohl Unterschiede zwischen den einzelnen Bankengruppen in der Verteilung der Kreditvolumina zu finden sind. Die Voraussetzungen, wie hohe Transaktions- und Prozesskosten, verbunden mit hohen Risiken und meist gering erwarteten Renditen, sind jedoch für alle Kreditgeber im Sinne einer Ertragsoptimierung nachteilig. Zahlreiche Fördermöglichkeiten der KfW – insbesondere im Bereich der Mikrodarlehen – beachten diese Hintergründe durch Zahlungen von Bearbeitungsentgelten an die durchleitenden Kreditinstitute oder der speziellen Einrichtung von Mikrodarlehen, werden aber nur begrenzt genutzt. Die Ziele der öffentlichen Kreditvergabe werden jährlich nicht erreicht.

Kleinstgründer befinden sich damit nicht nur im Spannungsfeld von volkswirtschaftlicher Bedeutung zur Unterstützung eines positiven Gründungsklimas einerseits und aufgrund ihrer Komplexität und des Risikoprofils strategischer Kreditenthaltung durch die Kreditinstitute andererseits, sondern auch - durch die Kreditenthaltung bzw. den Kreditwunsch bedingt - im Verhältnis zu den Kreditinstituten.

1.2. Zielsetzung, Aufbau und Abgrenzung der Master Thesis

Diese Arbeit wird den deutschen Finanzierungsmarkt mit spezieller Betrachtung der Bedingungen für Kleinstgründer detailliert untersuchen. Es wird die aktuelle Situation bei den Kreditinstituten mit den Merkmalen für die Kreditvergabe an Kleinstgründer aufgezeigt. Im Fokus steht dabei neben der Ausrichtung der Kreditinstitute auf diese spezielle Kundengruppe die anfängliche Geschäftsbeziehung, d.h. die Vorgehensweise bis zur endgültigen Kreditentscheidung. Ziel ist es, im Spannungsfeld zwischen Kreditinstituten und Kleinstgründern Möglichkeiten für eine Verbesserung der Kreditvergabe aufzuzeigen und damit einen Beitrag zu einer Verbesserung der Gründungskultur in Deutschland zu erlangen.

Hierzu werden in Kapitel zwei die relevanten Themenbereiche mit dem aktuellen Stand der Literatur und der allgemeinen Situation kurz dargelegt. Daran anschließend werden in Kapitel drei erste Optimierungsansätze auf Grundlage der aktuellen Differenzen am Markt für Finanzierungen von Kleinstgründungen erarbeitet. In Kapitel vier folgt eine empirische aktuelle Untersuchung, die anhand einer Umfrage bei Kreditinstituten in Deutschland die grundlegendsten Besonderheiten der entstehenden Geschäftsbeziehung zwischen Kreditinstitut und Kleinstgründer und der Finanzierungsanfrage bis -entscheidung ausarbeitet. Der Fokus liegt dabei auf den zu Beginn genannten Merkmalen, die dem Spannungsfeld zwischen Kreditinstitut und Kleinstgründer ihren Rahmen geben. Mit eben diesem Fokus erfolgt in Kapitel fünf auch die Zusammenführung der theoretischen Grundlagen mit der praxisnahen Untersuchung aus Kapitel vier. Aus den Erkenntnissen der Untersuchung werden Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt, die eine Kreditvergabe an Kleinstgründer zukünftig sowohl für Kreditinstitute als auch für Kleinstgründer effektiv und den Anforderungen entsprechend gestalten, um das derzeit bestehende Spannungsfeld zu minimieren. Die Arbeit endet mit einer abschließenden Betrachtung in Kapitel sechs.

2. Darlegung der Themenbereiche

2.1. Theoretische Fundierungen der Kleinstgründungen

2.1.1. Begriffliche Eingrenzungen

Die Beschäftigung mit der Literatur zum Thema Existenz- und Unternehmensgründungen zeigt, dass es sich zwar in der Theorie der Wissenschaften um ein noch relativ junges Forschungsfeld handelt, dass aber aufgrund der wirtschaftspolitischen Bedeutung zahlreiche Veröffentlichungen zu finden sind. Entrepreneurship gilt dabei als Oberbegriff der Gründungsforschung und beschäftigt sich als Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre mit allen Teilbereichen des Realphänomens Unternehmensgründung.[16]

Wissenschaftlich standardisierte, allgemein akzeptierte Definitionen der Begriffe Unternehmens-, Existenzgründer bzw. Unternehmens- und Existenzgründungen fehlen bislang.[17] Besonders die Vielzahl verschiedener Arten von Unternehmensgründern in Abhängigkeit von der Art des zu gründenden Unternehmens macht eine eindeutige Definition schwierig.[18] So wird zwischen derivativen und originären Gründungen sowie Einzelgründungen und Kooperationen unterschieden.[19] Dabei können sowohl derivative als auch originäre Gründungen imitatorische bis innovative Konzepte aufweisen. Die ursprüngliche Definition eines Unternehmensgründers i.S. des ökonomischen Ansatzes von Schumpeter als innovativem, kreativem und zerstörerischem Pionierunternehmer[20] wird somit aufgeweicht. Vielmehr ist in der Betriebswirtschaftslehre der Unternehmensgründer als dispositiver Faktor[21] für die Entwicklung des Unternehmens entscheidend. Entrepreneurship in der aktuellen Literatur präsentiert das Forschungsfeld als ein junges Unternehmen, das von der Unternehmerpersönlichkeit geprägt wird und wo die Durchsetzung der Ideen auf kognitiver, persönlicher und kommunikativer Ebene stattfindet.[22]

Des Weiteren muss an dieser Stelle kurz auf die Unternehmensphasen eingegangen werden, um auch den zeitlichen Horizont einer Unternehmens- / Existenzgründung abzustecken. Die eigentliche Gründung findet zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung bzw. der Unterzeichnung des notariellen Gesellschaftervertrags statt. Dennoch wird der Begriff der Gründung wesentlich weiter gespannt: von der Entstehungsphase, in der es neben Ideenfindung und Marktanalyse um die Planung der Parameter des Geschäftsbetriebs geht, über die benannte Gewerbeanmeldung (bei Kapitalgesellschaft zusätzlich über die Handelsregistereintragung) bis zur Etablierungsphase, in der nicht nur der organisatorische Aufbau, sondern insbesondere der Ausbau der Kunden- und Lieferantenkontakte weiter verfolgt wird.[23] Die Existenz- / Unternehmensgründung endet nicht stichtagsbezogen, sondern steht vielmehr vor der Herausforderung, nach der Etablierung am Markt eine stabile Positionierung zu erreichen.

Wie bei der Definitionslage der Entrepreneurshipforschung ist auch eine Definition von Kleinstgründungen in keinem der großen Entrepreneurship-Werke zu finden. Es zeigt sich darüber hinaus, dass in der Literatur meist der Fokus auf die bereits unter Kapitel 1.1. dieser Arbeit benannten, direkt wirtschaftlich wirksamen Gründungen gelegt wird. Eine spezifische Betrachtung der Kleinstgründungen mit gesellschaftlichem Sekundärnutzen fehlt. Lediglich die KfW erfasst eine praxisbezogene Definition von Kleinstunternehmen. Dies hängt eng damit zusammen, dass bei den Erhebungen der KfW explizit nach der jeweiligen Gründungsart und des Gründungsvolumens differenziert wird und die Zahl der Kleinstgründungen in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. „Kleinstunternehmen sind Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Mio. EUR haben.“[24] Im Sinne der oben genannten Gründungsphase kann somit die Differenzierung von Kleinstgründungen aus dieser Definition abgeleitet werden als in der Gründungsphase befindliche Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem voraussichtlichen Jahresumsatz oder einer voraussichtlichen Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Mio. EUR.

2.1.2. Besonderheiten im Gründungsprozess von Kleinstgründungen

Wie bereits erwähnt, zielt die Literatur häufig auf die Gründungen, die sofort wirtschaftlich messbare Ergebnisse mit sich bringen, wie z.B. Schaffung von Arbeitsplätzen, Herstellung von neuen Produkten, Erschließung neuer Märkte – de facto einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen und innovativen Erfolg aufweisen können.[25] Die Gruppe der Kleinstgründer fällt häufig nicht in diese Kategorien. Meist handelt es sich um Einzelgründungen ohne weitere Angestellte,[26] imitatorische Gründungen in bereits bekannten Märkten mit bekannten Produkten. Es fehlen somit der innovative Charakter und der messbare Erfolg aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive. Seit der Schaffung der „Ich-AG“ erlebt Deutschland jedoch eine Gründungswelle dieser Art von Gründungen.[27] Neben der Wirksamkeit dieser Gründungen weisen Kleinstgründungen allerdings besondere Merkmale im Gründungsprozess auf, die im Folgenden anhand der übergeordneten Schritte einer Neugründung kurz skizziert werden sollen.

Gründungsrisiken und Gründungschancen

Die Motive zur Existenz-/Unternehmensgründung sind vielfältig, doch insbesondere bei Kleinstgründungen stellt das Motiv der Gründung aus der Arbeitslosigkeit oder aufgrund fehlender Erwerbsalternativen den größten Anteil dar.[28] Daraus resultiert, dass anstatt der Realisierung eigener Ideen die Existenzsicherung im Vordergrund steht. Die bestehenden Risiken einer Existenzgründung im persönlichen Bereich wie z.B. unsichere Zukunft, höhere Belastung, geringere Freizeit sowie die ökonomischen Risiken wie mangelhaftes Kundennetz, geringes Eigenkapital, mangelnde Erfahrungs- und Vergangenheitswerte und Verschlechterung der Konjunktur stehen demnach den Perspektiven der Arbeitslosigkeit wie Sozialhilfe, Hartz IV und Ausgliederung aus der Gesellschaft entgegen.[29] Durch die Existenzgründung werden neben den Risiken eben auch Chancen ermöglicht, die im Falle der sich durch Arbeitslosigkeit bemerkbar machenden Abwärtsspirale der Gesellschaft[30] kaum anders erreichbar erscheinen. Die Aufnahme der Selbständigkeit scheint demnach in diesen Fällen die in jedem Fall bessere Alternative. Die Gründungsmotivation ist entsprechend groß, jedoch ist auch die Risikobereitschaft wesentlich höher als bei anderweitig motivierten Gründern.

Gründungskonzept (Business-Plan)

Die generelle Notwendigkeit zur Erstellung eines Business-Plans ist aus vielerlei Hinsicht unabdingbar. Zum einen wird sich der Gründer über die Erstellung einer detaillierten Markt- und Konkurrenzanalyse sowie der Beschreibung der Zukunftsaussichten über weitere Chancen und Risiken bewusst und kann seinen Geschäftsbetrieb entsprechend planen. Zum anderen ist auch der Finanzplan für die realistische eigene Einschätzung des Vorhabens notwendig. Die Erstellung eines solchen Business-Plans, bei dem je nach Ausprägung des Unternehmens und der geplanten Tätigkeit bereits die erste Zusammenfassung zwischen 5-10 Seiten umfassen kann, nimmt nicht nur viel Zeit, sondern auch eine Menge Expertenwissen in Anspruch. Es sind betriebswirtschaftliche Kenntnisse in hohem Maße notwendig. Alternativ kann ein Wirtschaftsprüfer / Steuerberater – vor allem für die Planrechnungen – zu Rate gezogen werden.[31] Für Gründungen, bei denen der Business-Plan nur die Zielgruppe „Kreditinstitut“ zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln i.H.v. z.B. bis zu 10.000 EUR erreichen muss, ist dieser Aufwand kaum zu rechtfertigen. In den meisten Fällen wird deshalb kein ausführlicher Business-Plan erstellt, sondern lediglich eine kurze Zusammenfassung mit einer Übersicht für Rentabilitätsvorschau / Umsatzplanung / Liquiditätsplanung vorgelegt.

Planung des Geschäftsbetriebs

Zur Planung des Geschäftsbetriebs gehören die Parameter Rechtsform, Standort, Personal, Organisation, Marketing sowie Steuern und Versicherungen.[32]

Natürlich stehen Gründern alle möglichen Rechtsformen bei der Auswahl zur Verfügung, bei Kleinstgründern jedoch beschränkt sich die tatsächliche Umsetzung meist auf Einzelunternehmen / Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder bei freien Berufen auf Partnerschaftsgesellschaften. Dies hängt eng mit den vorhandenen finanziellen Mitteln zusammen. Denn alle weiteren Rechtsformen bringen entweder die Notwendigkeit zur Erstellung eines notariellen Vertrags oder zur Einzahlung eines Mindestkapitals mit sich. Im Falle des ausdrücklichen Wunsches nach Haftungsbegrenzung wird außerdem häufig die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gewählt, meist jedoch hängt dies auch mit der geplanten Umsatz- und Gewinnhöhe und der damit zusammenhängenden steuerlichen Betrachtung als Kapitalgesellschaft zusammen und betriff damit die volumenmäßig größeren Kleinstgründungen.

Die Personalfrage wird bereits in der Definition von Kleinstgründungen mit der Beschränkung auf bis zu 10 Mitarbeitern beantwortet. In der Realität zeigt sich sogar, dass die meisten Gründer den Start zuerst alleine versuchen, jedoch durchaus planen, weitere Mitarbeiter nach der ersten Anlaufphase einzustellen.[33] Die Wahl der Organisationsform des Geschäftsbetriebs rückt damit verbunden ebenfalls in den Hintergrund.

Marketing wird als eine häufige Misserfolgsursache in der Gründungsforschung angesehen.[34] Insbesondere bei Kleinstgründungen erscheint die Umsetzung einer durchdachten und intensiven Marketingstrategie schwierig. Allein durch die fehlenden Mitarbeiter führt die Gründung im Allgemeinen bereits zu einer operativen Auslastung des Gründers. Jeder zusätzliche Aufwand wird versucht zu minimieren. Marketing als nur schwer messbares Ziel tritt deshalb häufig hinter unbedingt notwendige Tätigkeiten wie z.B. Standort-, Produktplanung oder Behördengänge in den Hintergrund und wird auf erste möglichst schnelle Maßnahmen zur Kundenakquisition begrenzt.

Die Planung der steuerlichen Seite findet meist im Rahmen der Erstellung der Planrechnungen statt. Versicherungsausgaben werden ebenfalls in diesem Rahmen geplant.[35] Viele Kleinstgründungen stehen von finanzieller Seite her zu Beginn meist auf schwachen Füßen, die o.g. höhere Risikobereitschaft geht zu Lasten der Planung. Deshalb stehen lediglich die Versicherungen im Vordergrund, die vor unbeeinflussbaren Risiken schützen und in diesen Fällen die Existenz sichern können. Weitere Versicherungen werden häufig auf spätere Zeitpunkte verschoben. Dies betrifft insbesondere die eigene Absicherung und Altersvorsorge aufgrund der nicht vorhandenen Rentenversicherungspflicht für Selbständige.

Planung der Finanzierung

Die Finanzplanung unterteilt sich in sechs verschiedene Teilpläne: Investitionsplan, Kostenplan, Umsatzplan, Ergebnisplan, Kapitalbedarfsplan und Liquiditätsplan.[36] Die höhere Risikobereitschaft von Kleinstgründern führt auch in der Finanzplanung dazu, dass die Detailtreue als weniger wichtig eingestuft wird. Während bei der detaillierten Planungsrechnung von Unternehmensgründern häufig aufgrund hoher Investitionskosten die erste Zeit bis zum so genannten break-even ein negatives Ergebnis aufweist und somit eine mittelfristige Kennzahlenberechnung essentiell ist, hat bei Kleinstgründern eine Kosten- und Umsatzplanung mit kurzfristig positivem Ergebnis Priorität. Investitionen werden dementsprechend niedrig gehalten und auf das Nötigste begrenzt. Bei den sich daraus ergebenden Finanzierungsbeträgen unter 50.000 EUR stellt sich darüber hinaus nicht die Frage nach Eigenkapital- oder Fremdkapitalfinanzierung – geschweige denn nach Mezzaninem Kapital oder gar Finanzierungshilfen durch Business Angels. Es werden lediglich Fremdkapitalaufnahmen bei Banken oder die Beantragung öffentlicher Fördermittel in Betracht gezogen.[37]

2.1.3. Merkmale von Geschäftsbeziehungen zwischen Kreditinstitut und Kleinstgründer

Die Rolle der Hausbank von Kleinstgründern wird – orientiert an o.g. Gründungsphasen – erst in der Finanzplanung konkret. In den zuvor genannten Phasen sind evtl. Gründungsberater oder die IHK beteiligt – nicht jedoch die Hausbank.[38] Einziger Anlass für einen früheren Einbezug der Bank ist eine Auswahl der späteren Hausbank oder die erste Anfrage zu Finanzierungsanforderungen. Die Hausbank von Kleinstgründern muss dabei nicht nur den allgemeinen Kundenerwartungen gerecht werden, sondern auch auf die zuvor genannten Besonderheiten der Kleinstgründer eingehen.

Eine Geschäftsbeziehung zwischen Kreditinstituten und Kunden erhält ihren rechtlichen Rahmen durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.[39] Die Merkmale einer Geschäftsbeziehung werden hieraus allerdings nicht ersichtlich. Zur Filterung dieser Merkmale ist eine Betrachtung der tatsächlichen Abläufe sinnvoll. Eine Kategorisierung ist bspw. hierfür in Form des jeweiligen Motivs zur Aufnahme einer Geschäftsbeziehung möglich. Da hier jedoch die generelle Geschäftsbeziehung betrachtet werden soll, ist eine Kategorisierung nach zeitlichen Phasen am ehesten angebracht: Auswahl des Geschäftspartners, Beginn der Geschäftsbeziehung und Ausbau der Geschäftsbeziehung.

[...]


[1] Wehling, Prof. Dr. Detlef (2002), S. 14

[2] Vgl. o.V. (KfW Gründungsmonitor, 2005), S. 5; vgl. Wehling, Prof. Dr. Detlef (2002), S. 14

[3] Sonstige Statistiken (Umsatzstatistik, Selbständigenquote und Gewerbeanmeldungen) sind aufgrund der Erfassungsart durch under- und overcoverage-Probleme gekennzeichnet und deshalb nicht für diese Auswertung geeignet; Vgl. hierzu auch Struck, J. (1999)

[4] Vgl. Global Entrepreneurship Research Association / Sternberg, Rolf / Brixy, Udo / Schlapfner, Jan-Florian (2006), S.13; aktuellere Auswertungen des Global Entrepreneurship Monitors zum Zeitpunkt der Erstellung der Arbeit noch nicht verfügbar

[5] Vgl. Volk, Christine (2003)

[6] Vgl. o.V. (Rat für Innovationen, 2006)

[7] Vgl. Global Entrepreneurship Research Association / Sternberg, Rolf / Brixy, Udo / Schlapfner, Jan-Florian (2006), S. 27

[8] Vgl. KfW Bankengruppe (2006)

[9] Vgl. KfW Bankengruppe (2005), S. 15

[10] Vgl. z.B. Marschall, Birgit (2002)

[11] Vgl. KfW Bankengruppe (2005)

[12] Vgl. Global Entrepreneurship Research Association / Sternberg, Rolf / Brixy, Udo / Schlapfner, Jan-Florian (2006)

[13] Vgl. o.V. (Deutsche Bundesbank, 1968-2005)

[14] Vgl. o.V. (Deutsche Bank Geschäftsberichte 2000-2004); o.V. (Dresdner Bank Geschäftsberichte 2000-2004); o.V. (HypoVereinsbank Geschäftsberichte 2000-2004); o.V. (Commerzbank Geschäftsberichte 2000-2004)

[15] Vgl. Schierenbeck, Prof. Dr. Dr. h.c. Henner (2003), S. 17

[16] Vgl. Fallgatter, Michael J. (2002), S.1ff.

[17] Vgl. Casson, Mark (2003), S.1; Saßmannshausen, Sean Patrick (2001), S.129; Chell, Elizabeth / Haworth, Jean / Brearley, Sally (1991), S.1

[18] Vgl. Saßmannshausen, Sean Patrick (2001), S.129

[19] Vgl. Saßmannshausen, Sean Patrick (2001), S.129

[20] Vgl. Schumpeter, J.A. (1934/1993/1997); Schumpeter, J.A. (1949/1998)

[21] Vgl. Gutenberg, Erich (1998)

[22] Vgl. Wehling, Prof. Dr. Detlef (2002), S.26

[23] Vgl. Sabisch, Helmut (1999), S. 22

[24] KfW Mittelstandsbank (2005), S. 1

[25] Vgl. z.B. Kirschbaum, Prof. Dr. Günter / Naujoks, Dr. Wilfried (2000); Wehling, Prof. Dr. Detlef (2002); Fittgen, Kristina (2002); Böhm, Dr. Anne (1999); Börner, Christoph J. / Grichnik, Dietmar (Hrsg.) (2005); Käppeler, Franz / Sanft, Erhard (1998); Casson, Mark (2003); Fallgatter, Michael J. (2002); Klandt, Prof. Dr. Heinz (2000); Timmons, Jeffry A. (1999) u.v.m.

[26] Vgl. o.V. (KfW Gründungsmonitor, 2005), S.25/26

[27] Vgl. o.V. (KfW Gründungsmonitor, 2005), S.2; Global Entrepreneurship Research Association / Sternberg, Rolf / Brixy, Udo / Schlapfner, Jan-Florian (2006), S.14

[28] Vgl. ebenda

[29] Vgl. Willke, Gerhard (1995), S. 40/41

[30] Vgl. Welzer, Harald / Wacher, Ali / Heinelt, Hubert (1988)

[31] Vgl. Klandt, H. (1999)

[32] Vgl. Wöhe, Dr.Dr.Günther / Döring, Dr.Ulrich (2000), S. 805

[33] Vgl. o.V. (KfW Gründungsmonitor, 2005), S. 25/26

[34] Vgl. Grumls, M. (1999); Hauschildt, J.(1983)

[35] Vgl. Klandt, H. (1999)

[36] Vgl. Ditges, Prof. Dr. Johannes / Arendt, Uwe (2002); vgl. Kirschbaum, Prof. Dr. Günter (Hrsg.) (2003), S.42 ff.

[37] Vgl. Global Entrepreneurship Research Association / Sternberg, Rolf / Brixy, Udo / Schlapfner, Jan-Florian (2006), S.30/31

[38] Vgl. Kirschbaum, Prof. Dr. Günter (Hrsg.) (2003)

[39] Einzusehen auf den jeweiligen Internetseiten sowie erhältlich bei allen Kreditinstituten; vgl. auch o.V. (Sparkassen-AGB, 1993); o.V. (Banken-AGB, 2000)

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Optimierung bei der Finanzierung von Kleinstgründungen
Untertitel
Eine empirische Betrachtung der aktuellen Rahmenbedingungen in Deutschland zur Reduzierung des Spannungsfeldes zwischen Kleinstgründern und Kreditinstituten
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
120
Katalognummer
V82447
ISBN (eBook)
9783638859158
ISBN (Buch)
9783638854832
Dateigröße
943 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Optimierung, Finanzierung, Kleinstgründungen
Arbeit zitieren
MBA / Dipl.-Betriebsw.(BA) Stefanie Schnütgen (Autor:in), 2007, Optimierung bei der Finanzierung von Kleinstgründungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82447

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Optimierung bei der Finanzierung von Kleinstgründungen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden