Erziehung vor Verdun


Seminararbeit, 2006

29 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Arnold Zweig

3 Erziehung vor Verdun

4 Darstellung des Krieges im Roman
4.1 Krieg ist Geschäft
4.2 Krieg ist eine Lüge
4.3 Krieg ist Gewohnheit
4.4 Krieg bedeutet Willkür
4.5 Krieg ist allumfassend
4.6 Krieg bedeutet Willenlosigkeit
4.7 Krieg ist notwendig
4.8 Krieg ist eine Krankheit
4.9 Krieg als Veränderungsmöglichkeit
4.10 Krieg ist unpersönlich
4.11 Krieg ist etwas von höheren Mächten Geschaffenes
4.12 Krieg ist unsterblich
4.13 Krieg ist Erziehung

5 Warum hat Zweig Krieg so dargestellt?

6 Literatur
6.1 Primärliteratur
6.2 Sekundärliteratur

1 Einleitung

1934 nahm der erste Präsident der Deutschen Akademie der Künste1 Arnold Zweig mit 47 Jahren seine Arbeit am Roman Erziehung vor Verdun 2 wieder auf, nachdem er ein verloren geglaubtes Manuskript von 1928 gefunden hatte.3 Hinter ihm lag die Entscheidung, mit seiner Frau nach Palästina auszuwandern, um dem Nazi-Regime zu entgehen. Vor ihm lag eine Zeit der Unsicherheit, Geldnot und Bedrängnis. Wie kommt ein überzeugter Zionist nach der Machtergreifung Hitlers und der Verbrennung seiner Bücher4 durch die Nazis dazu, einen Romanzyklus zu schreiben, der sich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigt? Wie wird in diesem Roman der Krieg dargestellt? Auf diese Fragen soll diese Hausarbeit Antwort finden.

Arnold Zweig sah einen direkten Zusammenhang zwischen dem Jahr 1914 und der Machtübernahme Hitlers 1933, denn die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges waren noch deutlich zu spüren.5 So sah Zweig in der Veröffentlichung des Romans Erziehung vor Verdun eine Möglichkeit, für die aktuelle politische Situation und ihre Ursachen eine Erklärung zu bieten.6 In dieser Hausarbeit soll somit die Einstellung Zweigs zum Krieg untersucht und ihre literarische Umsetzung im Roman analysiert werden. Denn der Krieg verändert die Sicht auf die Dinge, doch die eigene Sicht auf die Dinge verändert auch die Ansicht vom Krieg. Da das Werk stark autobiographische Züge aufweist, ist es meines Erachtens notwendig, eine Kurzbiographie Zweigs voranzustellen.

2 Arnold Zweig

Arnold Zweig wurde am 10. November 1887 in der niederschlesischen Garnisonsstadt Glogau als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren.7 Zweig besuchte die Oberrealschule und studierte ab 1907 in Breslau, München, Göttingen, Rostock und ab 1913 in Berlin Germanistik, moderne Sprachen, Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte, um des Vaters Wunsch, den Lehrberuf auszuüben, gerecht zu werden.8 Früh verspürte Zweig aber den Wunsch, zu schreiben. So veröffentlichte er 1909 mit 22 Jahren die Novelle Aufzeichnungenüber eine Familie Klopfer, welche schon starke autobiographische Züge aufwies9, wie sie auch später in der Erziehung vor Verdun zu finden sein werden. Auch gab er mit Freunden die Studentenzeitschrift Die Gäste heraus, in der er seine ersten literarischen Werke veröffentlichte.10 Schon früh begann seine dann 50 Jahre dauernde Korrespondenz mit Martin Buber, der als Mentor für Zweigs zionistische Gedanken und literarische Arbeit galt.11 In seinen Erstlingswerken setzte sich Zweig stark mit seiner jüdischen Herkunft auseinander. Diese prägte u.a. die biblische Tragödie Abigail und Nabal (1913) und die Tragödie Ritualmord in Ungarn (1914. 1918 als Die Sendung Semaels aufgeführt. Zweig bekam dafür 1915 den Kleistpreis.12 ) sowie das Drama Die Umkehr des Abtrünnigen (1925).13

Als 1914 das Deutsche Reich Frankreich und Russland den Krieg erklärte, wurde Zweig zunächst wegen starker Kurzsichtigkeit vom Kriegsdienst zurückgestellt.14 In dieser Zeit schrieb er z.B. die Novelle Die Bestie, die seine Euphorie für den Krieg und die gerechte Sache Deutschlands zum Ausdruck bringt.15 Er hoffte, dass sich die deutsche Nation durch den Krieg auf ihre eigentlichen Werte besinnen kann.16 1915 wurde Zweig eingezogen und nach seiner freiwilligen Meldung zum Fronteinsatz als Armierungssoldat nach Flandern geschickt, wo er Straßen baute und Munition transportierte.17 Dort geriet er auch in Kontakt mit der Zivilbevölkerung, wodurch sich seine Ansichten über den „gerechten Krieg“ änderten.18 Als er 1916 nach Frankreich versetzt wurde, fühlte er dort eine Verbundenheit mit den literarischen Größen des Landes, welche ihn zu dem Ausspruch „Wir waren im Krieg mit Frankreich, und wir liebten es.“19 brachte. Während seiner Militärzeit beobachtete er immer wieder Intrigen vorgesetzter Offiziere und musste antisemitische Diskriminierungen aushalten. So plante er schon damals, einen Roman über seine Erlebnisse in diesem Krieg zu schreiben, der später Erziehung vor Verdun heißen sollte.20

Auf Fronturlaub heiratete er seine Cousine. Kurz danach musste er in die „Hölle vor Verdun“21 eintreten. In Verdun sollte 1916 gegen die Franzosen endlich eine Kriegsentscheidung erzwungen werden, die aber am starken Widerstand der Franzosen und Fehlentscheidungen der deutschen Militärs scheiterte. Die Schlacht vor Verdun forderte unzählige Opfer und verbrauchte viel Kriegsmaterial. Arnold Zweig nahm als Armierungssoldat teil und sah diese Kämpfe als den Höhepunkt einer Kriegsphase an, in der die Kriegsbegeisterung der deutschen Soldaten schlagartig in Ernüchterung überging. Für ihn wendete sich hier der Krieg.22 Nach seinem Einsatz vor Verdun wurde Zweig an die Ostfront zum Pressedienst des Hauptquartiers „Ober-Ost“ versetzt. Dort erkannte er die „Gier der verantwortlichen Militärs“ und das „politische Ränkespiel um die Annexion dieser Gebiete“23, so dass er mit Abscheu erfüllt beschloss, auch über diese Zeit ein Buch zu schreiben. Aus diesem Plan entstand der Roman Der Streit um den Sergeanten Grischa, der wie Die Zeit ist reif (1957) , Junge Frau von 1914 (1931) , Erziehung vor Verdun (1935) , Die Feuerpause (1954) , Einsetzung eines Königs (1937) und dem unveröffentlichten Roman Das Eis bricht in den Romanzyklus Der Krieg der weißen Männer als viertes Buch einzuordnen ist.24 1916 schrieb er auch den Aufsatz Das Mittel des Geistes, in welchem er die Position eines Vertreters eines „unbedingten, fundamentalistischen Pazifismus“25 vertritt.

1918 wurde Zweig aus der Armee entlassen und wählte nach einem kurzen Intermezzo an der Universität Tübingen seinen Wohnsitz in München, Starnberg. Er kehrte aus dem Krieg als Pazifist und Antimilitarist zurück.26 Seine Zeit in München war aber kurz bemessen, denn als die Stadt Zentrum nationalsozialistischer und antirepublikanischer Hetze wurde, erhielt Zweig Drohbriefe, die ihn als Verräter anprangerten und ihn nötigten, für die kommenden neun Jahre nach Berlin zu ziehen. Dort trat er 1924 in die Redaktion der Jüdischen Rundschau ein, einem Organ der Zionistischen Vereinigung Deutschlands. Zweig bekannte sich in dem Werk Das neue Kanaan zum Zionismus.27

1926 wurde Arnold Zweig Mitglied des PEN-Clubs und begann im folgenden Jahr einen Briefwechsel mit Sigmund Freud, der bis zu dessen Tod 1939 anhielt.28 1929 wurde er Vorsitzender des „Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller“.29 1932, bei einer Besuchsreise nach Palästina, dachte er zum ersten Mal über eine Ausreise aus Deutschland nach, kehrte aber wieder nach Berlin zurück.30 Am 14. März 1933 ging Zweig ins Exil nach Sanary-sur- Mer, dem unfreiwilligen Treffpunkt der literarischen Elite Deutschlands, wo er sein Schicksal mit literarischen Größen wie Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht und Franz Werfel teilte.31 Am 15. Dezember konnte er dann endlich Frankreich verlassen und reist per Schiff nach Palästina.32

In Palästina unterlag er dem gleichen Dilemma, wie es auch Bertolt Brecht oder Klaus Mann in den USA ertragen mussten: Er konnte seine Literatur nur in Deutsch schreiben. Doch in Palästina war Deutsch als Sprache der Nationalsozialisten verpönt und Hebräisch sollte einzig legitime Sprache des zukünftigen jüdischen Staates werden.33 Da Zweig aber weder Hebräisch sprach noch lesen konnte und durch sein schweres Augenleiden, dass er sich im Ersten Weltkrieg zugezogen hatte, es auch nur unter größten Mühen erlernt hätte, blieben ihm viele Wege zur Veröffentlichung seiner Literatur verschlossen. Der Querido-Verlag, bei dem z.B. Klaus Mann seine literarische Zeitschrift Die Sammlung herausgab, war gewillt, trotz schweren Absatzes, Arnolds Zweig Erziehung vor Verdun zu veröffentlichten.34 Dennoch litt Zweig in seiner Zeit im heiligen Land unter permanenten finanziellen Sorgen und dachte darüber nach, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Er unternahm einige Reisen durch Europa und traf am 26. April 1939 in New York City auf Einladung des Weißen Hauses ein. Über den dort stattfindenden Empfang, auf dem auch Klaus Mann anwesend war, der bald darauf seine literarische Revue Decision. A Review of Free Culture. veröffentlichen sollte35, resümierte Zweig später: „Präsident Roosevelt war somit der einzige Staatsmann der Welt, der die exilierten Schriftsteller ehrte, die man anderswo kaum duldete…“.36 Drei Jahre zuvor wurde Erziehung vor Verdun vom „Book of the Month Club“ als Buch des Monats ausgezeichnet. So wurde Zweig auch der englische Buchmarkt geöffnet.37 Als er nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges den Kontakt seiner holländischen Verleger verlor, war es ihm nur noch möglich, seine Werke in Russland zu veröffentlichen. So suchte er Kontakt mit den Kommunisten und erhielt aus Moskau regelmäßige Honorare, die ihn und seine Familie mehr schlecht als recht am Leben erhielten.38 Wie Klaus Mann fasste Arnold Zweig 1942 den Plan, eine politisch-literarische Zeitschrift nach dem Vorbild der Weltbühne herauszugeben, die aktuelle, literarische und wirtschaftliche Probleme behandeln sollte. So kam April die erste Ausgabe der Wochenzeitschrift Orient heraus, die bis 1943 jede Woche erschien.39 Dabei existierte der Orient zwar nicht länger als die Decision, kann aber durch das Format der Wochenzeitschrift mehr Ausgaben vorweisen.

1948 entschied sich Arnold Zweig dann endlich, mit seiner Frau Palästina zu verlassen und über Prag nach Ost-Berlin zu reisen, wo er dann auch bis zu seinem Tod blieb.40 Die DDR ehrte Zweig u.a. 1949 mit der Ernennung zum Abgeordneten der Volkskammer und 1950 mit dem Nationalpreis der Ersten Klasse. Sie unterstützte ihn mit großzügigen finanziellen Zuwendungen und legte seine Bücher neu auf.41 Er erwiderte die Zuwendung mit der Mitgliedschaft im SED-Kulturrat und des Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands.42 1957 wurde er zum Präsidenten des PEN-Zentrum Ost und West ernannt, bekam 1958 den Internationalen Lenin-Friedenspreis und erhielt 1961 die Johannes-R.- Becher Medaille in Gold. 1962 schließlich wird er mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Gold geehrt.43

Am 26. November 1968 starb Arnold Zweig im Alter von 81 Jahren und erhielt ein Staatsbegräbnis. Er liegt begraben neben Johannes R. Becher, Bertolt Brecht und Heinrich Mann.44 Er hat, besonders in seinem wichtigsten und weltberühmten Werk Der Streit um den Sergeanten Grischa, dem ersten deutschen Antikriegsroman vor Im Westen nichts Neues45 eine klare Aussage über den Krieg getroffen, den er nicht als Mittel zur Verwirklichung einer gerechten Staatsordnung ansieht. Dieser Standpunkt ist auch im Roman Erziehung vor Verdun zu finden.

3 Erziehung vor Verdun

Erziehung vor Verdun, Arnold Zweigs erster Exilroman, erschien 1935 im deutschen Exilverlag Querido in Amsterdam.46 Am Ende der Weimarer Republik setzte man sich in der Literatur zusehens mit dem Thema Krieg auseinander. An dieser Diskussion wollte sich auch Arnold Zweig beteiligen.47 Da der Roman aber nicht unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg herauskommt, sondern nach der Machtübernahme Hitlers erscheint, sah sich Zweig gezwungen, seine Entwürfe zu überarbeiten. Denn seine eigene Weltanschauung hatte sich geändert und auch die Machtübernahme Hitlers hinterließ Eindrücke, die den ursprünglichen Roman veränderten.48 Außerdem wurde Zweig von der Freudschen Kulturtheorie geprägt, da er in engem Briefkontakt mit Sigmund Freud stand.49 Der Autor möchte im Roman zeigen, dass der Krieg kein Mittel der politischen Auseinandersetzung ist, da Krieg immer dem Sinn der Zivilisation, sich sittlich zu formen, widerspricht und er außerdem die zivilisatorische Weiterentwicklung der Gesellschaft hemmt und sie auf einen kindlichen Zustand zurückführt.50 Am Beispiel der Ereignisse an der Westfront in den Jahren 1916/17 macht Zweig deutlich, wie es zum Scheitern der Weimarer Republik und der Machtübernahme Hitlers 1933 kommen konnte. So eröffnen sich in diesem Roman zwei Leseebenen: einmal erfährt der Leser etwas über die Kriegsgeschehnisse im Ersten Weltkrieg, die fiktional geschildert werden, aber doch geschichtlich nachweisbar sind; andererseits zeigt sich der Gegenwartsbezug zum Jahr 1933 in Beschreibungen der politischen und wirtschaftlichen Hintergründe des Ersten Weltkrieges, der Bedingungen an der Front, der Auswirkungen auf die Soldaten, der Darstellung von Individual- und Gruppenschicksalen, sowie der Gegenüberstellung von Demokratiegegnern, liberalem deutschen und jüdischem Bürgertum sowie der radikalen Linken.51 Ganz besonders verfolgt der Leser dabei das Schicksal des Protagonisten Werner Bertin, der als jüdischer Schriftsteller im Krieg eine tief greifende Wandlung vollzieht und erkennt, welche politischen und ökonomischen Strukturen hinter der Kriegsmaschinerie stehen, wer die Fäden in der Hand hält und wer eigentlich wirklich zu seinen Feinden zählt.52

Seine Auffassung von der Aufgabe der Schriftsteller und der Literatur als Erziehungsinstanz für den Leser zur „Sittlichkeit auf dem Weg zur Läuterung und der Reinigung der Leidenschaften“53, äußert Zweig in Bilanz der deutschen Judenheit. Hier stellt er dar, welches Ziel er mit dem Roman Erziehung vor Verdun verfolgt: „Wir (die Schriftsteller) sind nun einmal jenes Organ der Gemeinschaft, mit dem sie gefühlsmäßig und geistig zu verstehen sucht, was ihr zustößt, es dem Weltbild einzugliedern, das von der Vergangenheit in die Zukunft reicht, und Mut zu schöpfen zu der Überwindung ihres Schicksals.“54

Sein Roman sollte mit Schilderungen der wilhelminischen Friedensgesellschaft vor 1914 beginnen. Zweig entscheidet sich aber dafür, dieses in zwei eigenen Romanen (Die Zeit ist reif und Junge Frau von 1914) abzuhandeln, da der Stoff zu umfangreich erschien. Erziehung vor Verdun beginnt nun in der überarbeiteten Fassung mit dem Monat Juli im ersten Kriegsjahr und zeigt den Umschlag in die Extremsituation der Materialschlachten und Stellungskriegssituation des Ersten Weltkrieges. Ursprünglich sollte der Roman aus der Sicht der zentralen Figur Werner Bertin erzählt werden, der in den vorangegangenen Teilen des Romanzyklus’ nur als Nebenfigur auftritt.55 Doch Arnold Zweig schreibt 1934 an Sigmund Freud, dass er sich „mit dem Ich von damals nicht mehr identifizieren [kann] und […] nicht das rechte Wohlwollen für den Mann Bertin [fand].“ So entschließt er sich, die Geschichte Bertins im auktorialen Stil zu erzählen.56 Eine Verbindung zum Grischa-Roman lässt sich einerseits durch diesen allwissenden Blick auf die Geschehnisse ziehen, sowie durch das Schicksal von Christoph Kroysing, der durch eine Schikane forciert zu Tode kommt.57 Im Grischa-Roman ist es ein russischer Sergeant, der, auf Grund einer falschen Identität als Spion verdächtigt, zum Tode verurteilt wird. Obwohl das Kriegsgericht Grischa freispricht, nachdem seine wahre Identität herauskommt, kommt es zur Hinrichtung auf Grund einer militärischer Willkürentscheidung. Christoph Kroysing, Unteroffizier aus Nürnberg, beobachtet in Erziehung vor Verdun, wie andere Unteroffiziere sich von „Frischfleisch und Butter, Zucker und Kartoffeln und vor allem Bier“58 ernähren, während die von ihnen kommandierten Soldaten bei harter Arbeit nur „dünne Nudeln, Dörrgemüse und Büchsenfleisch“59 bekamen. Dies berichtet er seinem Onkel, der Brief wird aber von der Militärzensur abgefangen und Christoph Kroysing soll vor das Kriegsgericht gebracht werden. Statt ihm aber einen fairen Prozess zu geben, wird er willkürlich an die ChambrettesFerme verlegt, wo er dem Tode geweiht ist. In beiden Fällen wird somit die Willkür des Militärs an einem individuellen Fall dokumentiert.

Christoph Kroysing berichtet seine Beobachtungen Werner Bertin und bittet ihn, einen Brief an seine Mutter mitzunehmen, da Bertin keine Briefzensur fürchten muss. Dieser Brief soll ihn aus seiner prekären Lage befreien und von der gefährlichen Front holen. Doch der Brief gelangt an seinen Bruder, Eberhard, der ihn von Bertin erhält, nachdem Christoph Kroysing, wie von seinen Vorgesetzten „erwünscht“, an der Front getroffen wird und verstirbt. Nun beginnt der Kampf des älteren Kroysings, seinen Bruder zu rächen. Doch auch Eberhard Kroysing stirbt nach einem Bombenangriff auf das Lazarett, in welchem er verwundet liegt. So kann er sich an den Verantwortlichen für den Tod seines Bruders nicht mehr selbst rächen.

Um diesen zentralen Handlungspunkt scheint sich der Erste Weltkrieg als Nebenschauplatz zu ranken. Dennoch ist er das Hauptthema des Buches. Die Betrachtung des individuellen Schicksals regt uns als Leser zum Mitfühlen an und kann dadurch eine Reflexion der Ereignisse nach sich ziehen. Beim Lesen des Buches wirkt der Text oft sehr schwerfällig und ermüdend, vorrangig durch die immer wiederkehrenden sich ähnelnden Natur- und Kriegsbeschreibungen, die dennoch genau das darstellen, was Krieg ist: Routine. Die Einzelschicksale und ganz besonders die Racheaktion Kroysings lassen aber immer wieder neue Wendungen entstehen.

Der Schluss des Buches ist weder pompöser noch belehrend. Es wird nicht mit dem Zeigefinger vor dem Krieg gewarnt. Die Situation wirkt zerbrechlich und emotional: Am 29. Juni 1919, ein gutes halbes Jahr nach Kriegsende und einem Tag nach Unterzeichnung des Versailler Vertrages, gehen Bertin und seine Frau durch Nürnberg. Beide erscheinen dem Leser zunächst als ein ihm unbekanntes Liebespaar. Erst durch die Vornamen Lenore und Werner erkennt er das Ehepaar Bertin. Beide Personen stehen vor dem Haus der Familie Kroysing, im Begriff, den Eltern von den wahren Umständen des Todes ihrer Söhne Christoph und Eberhard zu berichten.

[...]


1 ebd. S. 182.

2 ebd. S. 66.

3 Siem, 1989. S. 1.

4 Wiznitzer, 1987. S. 48.

5 Siem, 1989. S. 15.

6 ebd. S. 16.

7 Wiznitzer, 1987. S. 19.

8 Jäger, 1998. S. 535.

9 Wizniter, 1987. S. 19.

10 Jäger, 1998. S. 533.

11 Wiznitzer, 1987. S. 24.

12 ebd. S. 26.

13 Jäger, 1998. S.534.

14 Wiznitzer, 1987. S. 26.

15 ebd. S. 27.

16 Jäger, 1998. S. 534.

17 Wiznitzer, 1987. S. 27.

18 ebd. S. 27.

19 ebd. S. 27.

20 ebd. S. 28.

21 ebd. S. 28.

22 Siem, 1989. S. 46.

23 Wiznitzer, 1987. S. 28.

24 Hilscher, 1973. S. 72.

25 Siem, 1989. S. 30.

26 Wiznitzer, 1987. S. 32.

27 ebd. S. 34.

28 ebd. S. 39.

29 ebd. S. 42.

30 ebd. S. 44.

31 ebd. S. 49.

32 ebd. S. 51.

33 Jäger, 1998. S. 534.

34 Wiznitzer, 1987. S. 67.

35 Mehr dazu in meiner Hausarbeit Decision - Ein Portrait einer Zeitschrift.

36 Wiznitzer, 1987. S. 97.

37 ebd. S. 108.

38 ebd. S. 104ff.

39 ebd. S. 118.

40 ebd. S. 169ff.

41 Jäger, 1998. S. 535.

42 Wilpert, 1999. S. 1676.

43 Wiznitzer, 1987. S. 182.

44 ebd. S. 202.

45 ebd. S. 38.

46 Siem, 1989. S. 1.

47 ebd. S. 5.

48 ebd. S. 2.

49 ebd. S. 34.

50 ebd. S. 35.

51 ebd.

52 ebd. S. 36.

53 ebd. S. 8.

54 Zweig, 1991. S. 9f.

55 Siem, 1989. S. 10f.

56 ebd. S. 16.

57 Siem, 1989. S. 11.

58 Zweig, 1974. S. 30.

59 ebd.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Erziehung vor Verdun
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Neuere Deutsche Literatur: Der Erste Weltkrieg in der Literatur
Note
2
Autor
Jahr
2006
Seiten
29
Katalognummer
V82363
ISBN (eBook)
9783638873154
ISBN (Buch)
9783638873185
Dateigröße
566 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erziehung, Verdun, Neuere, Deutsche, Literatur, Erste, Weltkrieg, Literatur, Arnold Zweig, Erster Weltkrieg, WWI, World War I
Arbeit zitieren
Juliane Schicker (Autor:in), 2006, Erziehung vor Verdun, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82363

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