Von der Theaterlandschaft zur Kinolandschaft

Berlins erste Schritte in der Filmgeschichte


Hausarbeit, 2007

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Die Schauplätze der Schaulust
2.1 Kino im Theater
2.2 Von Ladenkinos über Glashäuser zu Kinopalästen

3. Von Bühnenkönigen und Leinwandhelden

4. Kino: Neues Theater oder neue Kunst?

5. Genießer und Gegner: Die Massen und das Medium

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Eine Welt ohne Filme ist heute kaum noch vorstellbar. Viel zu sehr haben wir uns schon an dieses Medium gewöhnt und kein Radiobericht vermag es, uns mehr anzusprechen, als ein Video-Mitschnitt aus der Katastrophenregion.

Filme sind in unserer Gesellschaft das Unterhaltungsmedium Nummer eins, eine kommerzielle Ware, die keinen direkten Nutzen oder eine Funktion besitzt.

Schon von Anbeginn der Filmgeschichte verstand es dieses neue Medium, Gewinn zu erwirtschaften, auch wenn in den Anfangsjahren die Aufnahme- und Ausgabegeräte bedeutender und lukrativer waren als die Filme selbst.[1]

Der “Wunsch, Bewegungen zu fixieren, zu repräsentieren und Wege zu ihrer Aufzeichnung und Aufbewahrung zu finden”[2], war endlich in Erfüllung gegangen.

Auf der ganzen Welt steuerten Wissenschaftler zum Ausklang des 19. Jahrhunderts dieses Ziel an und 1895 war es dann soweit.

Am 1. November führten Max und Emil Skladanowsky erstmals ihr Bioscop öffentlich vor - eine Weltpremiere - und wo? Im Berliner Wintergarten.

Doch diesem glanzvollen Start folgte keine erfolgreiche Fortsetzung, “denn bis zum Jahre 1910 besaß Deutschland so gut wie keine eigene Filmindustrie”[3].

Produktionen nebst Firmen aus Frankreich, Italien, Dänemark und den USA bestimmten den Deutschen Filmmarkt noch bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges (nur ca. 12% der Filme stammten aus deutschen Produktionsstätten)[4].

Dennoch eroberte das neue Medium in diesen knapp zwanzig Jahren nicht nur die Reichshauptstadt wie im Fluge, sondern auch dessen, bisher hauptsächlich vom Theater unterhaltene, Einwohner.

Wie der Siegeszug des Kinos in diesen Jahren von statten ging, soll nun Thema dieser Hausarbeit sein.

Sicherlich ist es unmöglich, in diesem Rahmen eine ausführliche Beschreibung zu liefern, trotzdem sollen einige Aspekte dieser Entwicklung aufgeführt werden.

Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob das Kino in diesen Jahren eine Ablösung, Erweiterung oder lediglich neue Unterhaltungsform im Schatten des Theaters darstellte.

Ausgehen möchte ich von den Schauplätzen, an denen die ersten Filme gezeigt und produziert wurden. Des weiteren soll aufgezeigt werden, welche enge Verbindung zum Theater der frühe Film noch aufwies, sowohl in Anbetracht der Akteure, als auch der Ästhetik des Mediums an sich, ohne jedoch vollkommen auf Unterschiede zu verzichten. Abschließend gilt mein Augenmerk dem Publi-kum, welches entscheidend zur Etablierung der bewegten Bilder beigetragen hat.

2. Die Schauplätze der Schaulust

2.1 Kino im Theater

Die frühe deutsche Filmgeschichte wird zumeist in drei Epochen eingeteilt, deren Datierungen sich zwar von Autor zu Autor leicht unterscheiden, jedoch klar an den Veränderungen des neuen Mediums und vor allem dessen Ausstrahlungsorten orientiert sind. Thomas Elsaesser ordnet sie wie folgt ein: 1895-1903, die Zeit der Wanderkinos, in denen die Technik das Wunder war, 1903-1907/09, dieser Abschnitt ist durch die Entstehung von ortsfesten Kinos und Kurzfilmproduktionen gekennzeichnet und die dritte Phase von 1907-1917 bezeichnet den Übergang vom Kurz- zum abendfüllenden Langfilm und die Herausbildung von Kinopalästen.[5]

An Kinopaläste dachte Max Skladanowsky gewiss noch nicht, als er im Mai 1895 begann, kurze Filme für eine Präsentation seines Bioscops aufzunehmen.

Im großen Garten der Gastwirtschaft […] wurde sozusagen das erste Freilicht-Atelier eröffnet […] Ein großer weißer Vorhang wurde aufgestellt, vor dem bekannte Varieté-Kräfte ihre charakteristischen Künste ausführten[6], welche Skladanowsky mit seiner Bioscop-Kamera aufzeichnete.

Allerdings drehte er nicht nur in Biergärten, sondern auch in den Gärten des Friedrich Wilhelmstädtischen Theaters, des Stadttheaters Moabit (ein paar Jahre später beides Kinos) und vor dem Zirkus Busch, was jedoch weniger mit einem abwechslungsreichen Hintergrund für die einzelnen Nummern zu tun hatte, sondern eher damit, den Akteuren den Weg zu einem separaten Produktionsort zu ersparen.[7]

Der Wintergarten, eines der führenden Berliner Varietés, war seit seiner Gründung 1886 immer bestrebt, “Zug-Nummern” in seinem 2200 Personen fassenden Saal im Central-Hotel zu präsentieren.[8]

Daher verwunderte es nicht, dass gerade hier der Film seine Geburtsstunde erlebte.

Auf unzähligen Plakaten und in unüblich großen Zeitungsannoncen wurde auf das Ereignis hingewiesen und die Begeisterung war groß. Stellte das Bioscop auch nur einen Teil des abendfüllenden Varietéprogramms dar, so war es dennoch der Höhepunkt des Abends. Überraschenderweise blieb die Begeisterung im Saal. Die Zeitungen berichten nur beiläufig, wenn auch nicht abwertend, von dem, doch so pompös angekündigten Ereignis.[9]

Im Folgenden tourten die Skladanowskys mit ihrer Erfindung durch Deutschland und Europa, doch auch dort gab es ebenbürtige und bessere Erfindungen, wie den Cinématographe der französischen Brüder Lumière, welches bald die Vorherrschaft auf dem Markt gewann.

Die Lumières gingen ebenfalls mit ihrer Erfindung auf Reisen und stellten ihre Entdeckung auch in Deutschland vor. Als sie es 1896 u.a. auf der Großen Gewerbeausstellung in Berlin präsentierten, waren sie jedoch auch dort nicht allein. In einer anderen Bude wurden auch schon lebendige Bilder gezeigt.[10]

Es war die Zeit der Wanderkinos. Gleich ob es die Geräte von Skladanowsky, Lumière oder Edison waren, Filme gab es überall, auf allen Jahrmärkten zu sehen, Dank der Erfindung von Strom liefernden Motoren.

Ein weiterer Pionier des deutschen Films und deren Technik, Oskar Messter, präsentierte seine lebendigen Bilder 1896 unter anderem im Apollotheater.

Die großen Variétes wurden zu Orten der Filmpräsentation, so auch 1897 das Herrnfeld- oder Metropol- Theater. Letzteres wurde kurz darauf zum Kino umfunktioniert und viele weitere folgten.[11]

2.2 Von Ladenkinos über Glashäuser zu Kinopalästen

Trotz der oben genannten Epocheneinteilung, gab es noch bis in die 10er Jahre des 20. Jahrhunderts Filmvorführungen auf Jahrmärkten, umgekehrt jedoch auch schon feste Kinos vor 1903.

Bereits im Frühjahr 1896 eröffnete Baron von Prittwitz in einem Saal Unter den Linden 21 das (womöglich) erste feste Kino. Der Standort war perfekt gewählt, da diese Straße nicht nur die Prachtstraße Berlins darstellte, sondern mit der Lindenpassage, den vielen Geschäften und Unterhaltungsstätten (z.B. Passage-Theater) ein Sammelpunkt vieler verschiedener Menschen war.[12]

Der Erfolg war keinesfalls gering und somit wurde dieser Platz noch im gleichen Jahr zweimal neu gekauft, im September von Oskar Messter, der mit seinen verbesserten Geräten und selbst produzierten Filmen bald einer der bedeutendsten frühen Produzenten werden sollte.

Die Anzahl der kleinen (Laden-) Kinos stieg in diesen Jahren rapide.

Die beiden historischen Alternativen- entweder dieselben Filme einer wechselnden Laufkundschaft [Wanderkinoprinzip][…] oder wechselnde Filme demselben Stammpublikum zu zeigen [ortsfeste Kinos][…] - waren bereits um 1905 zugunsten der zweiten Möglichkeit entschieden.[13]

Diverse Etablissements schmückten sich mit einer Leinwand, um die beliebten lebenden Bilder ihrer sonst schrumpfenden Kundschaft zu präsentieren. So entstanden Kinos in Brauereien, Biergärten (Sommerfestspiele im Freien) oder auch im “große[n] Berliner Eispalast, in dessen roten Saal am 9.April 1910 ein Kino zu spielen begann […][und] um Mitternacht wurde der Rote Saal wieder Kabarett”.[14]

Das neue Medium verdränge mehr und mehr Kabarett und Varieté, so dass selbst die Berliner Tingeltangelecke 1910 hauptsächlich nur noch aus Kinos bestand.

Trotzdem kam es bereits 1907 zu einer Krise, welche viele kleine Kinounternehmer zwang, ihre Säle zu schließen. Das Publikum wollte etwas neues, was sich nicht nur auf abendfüllende Erzählfilme bezog, sondern auch auf luxuriösere Orte. Dies, gekoppelt mit der erhöhten Lustbarkeitssteuer, zwang die Kleinunternehmer in die Knie.[15]

[...]


[1] Siehe Elsaesser 2002a, Kap IV, 3 (gezählt vom Anfang des Kapitels).

[2] Elsaesser 2002a, Kap I, 15 (gezählt vom Anfang des Kapitels).

[3] Kracauer 1958, 10.

[4] Siehe Jacobsen 2004, 22.

[5] Siehe Elsaesser 2002a, Kap V, 5f (gezählt vom Anfang des Kapitels).

[6] Skladanowsky in Hanisch 1991,21 f.

[7] Hanisch 1991, 22.

[8] Siehe Hanisch 1991, 14.

[9] Siehe Hanisch 1991, 28ff.

[10] Siehe Hanisch 1991, 66.

[11] Siehe Elsaesser 2002b, 23.

[12] Siehe Hanisch 1991, 62.

[13] Elsaesser 2002a, Kap IV, 4 (gezählt vom Anfang des Kapitels).

[14] Siehe Hanisch 1991, 215.

[15] Siehe Elsaesser 2002b, 28f.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Von der Theaterlandschaft zur Kinolandschaft
Untertitel
Berlins erste Schritte in der Filmgeschichte
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
19
Katalognummer
V82183
ISBN (eBook)
9783638877930
ISBN (Buch)
9783638878098
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theaterlandschaft, Kinolandschaft
Arbeit zitieren
Johannes-Paul Lesinski (Autor:in), 2007, Von der Theaterlandschaft zur Kinolandschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82183

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