Indische Frauen auf dem Weg zur Emanzipation - Das Beispiel der Rashtra Sevika Samiti


Seminararbeit, 2006

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung und Fragestellungen

2. Die RSS – eine männerdominierte Bewegung
2.1 Ein Einstieg
2.2 Die RSS
2.3 Die Sangh Parivar
2.4 Die Rashtra Sevika Samiti
2.5 Eine Zusammenfassung

3. Die Ideologie der RSS und Unterschiede bei den Samiti
3.1 Ein Einstieg
3.2 Die ideologischen Grundzüge der RSS
3.3 Ideologische Varianzen zwischen Männer und Frauen anhand dreier Beispiele
3.3.1 Ein Einstieg
3.3.2 Die zeitliche Einordnung der Hindurashtra
3.3.2.1 Die RSS-Konzeption
3.3.2.2 Die Samiti-Konzeption
3.3.3 Das Territorium der Hindurashtra
3.3.3.1 Die RSS-Konzeption
3.3.3.2 Die Samiti-Konzeption
3.3.4 Die Bevölkerung der Hindurashtra
3.3.4.1 Die RSS-Konzeption
3.3.4.2 Die Samiti-Konzeption
3.4 Eine Zusammenfassung

4. Fazit

5. Literaturangaben

1. Einleitung und Fragestellungen

Betrachtet man Frauenflügel oder Frauenbewegungen innerhalb unserer Gesellschaft, so scheint es Gang und Gebe zu sein, dass diese, wenn nicht feministisch, so doch zumeist emanzipatorisch orientiert sind. Die Ziele sind häufig in der Verbesserung der Lebensumstände oder Rechtslage der Frauen oder einfach in der Forderung nach Gleichberechtigung von Mann und Frau auszumachen. Jedoch scheinen nach einem ersten oberflächlichen Blick trotz alledem die ersten Schritte schon lange gemacht zu sein, bedenkt man die enorme Divergenz und Masse an akzeptierten und somit für Frauen praktikablen Rollen, Selbstverständnissen und Identitäten, aus denen sich diese, um sich selber, ihre Lebensvorstellung und ihre Persönlichkeit zu erschaffen, bedienen können. Somit ist ein gewisser Grad an Emanzipation sicherlich bereits Realität.

Dabei stellt sich mir jedoch die Frage, ob jene Ziele, oder zumindest deren Forderungen und Bemühungen auch in anderen grundlegend männlich dominierten Gesellschaften denkbar, möglich oder bereits existent sind? Ist es prinzipiell überhaupt möglich Frauen für eine zutiefst männerdominierte und für Frauen eher beschränkende Bewegung innerhalb einer solchen Gesellschaft zu gewinnen? Sie in ein eher chauvinistisches Theoriegebilde einzugliedern und glaubwürdig zu integrieren? Oder sind diese Bemühungen vielleicht doch in letzter Instanz nur Strategien um neue Anhängerschaften zu erschließen und somit letztlich nur ein Alibi-Erfolg für die Variabilität der Frauenrollen und die Emanzipation und Selbstbestimmung der Frau? Kann auf solch einer theoretischen Basis und in solch einem Umfeld von einem in irgendeinem Sinne gearteten echten Empowerment der Frau gesprochen werden? Sollte man dies vielleicht sogar gerade nicht tun, um diesen nicht den Boden für weitere Forderungen zu entziehen? Oder sollte man sich bereits mit den winzigsten aller Schritte auf dem Weg zur Emanzipation begnügen?

All jene Fragen sollen den Kern dieser Arbeit bilden. Um jene Punkte greifbar und analysierbar zu gestallten, möchte ich mich versuchen ihnen schrittweise und sukzessiv zu nähern, indem ich mich zu aller erst auf eine bestimmte eher männerdominierte Bewegung, die indische hindunationalistische RSS, innerhalb der eher männlich dominierten Gesellschaft Indiens konzentriere und anhand dieser die Autonomie und die Möglichkeit der Emazipation oder eines Empowerments der Frau, der Samitis, innerhalb dieser untersuche. Um dies zu erreichen, möchte ich mich auf die ideologischen Verhältnisse zwischen dem Männer- und dem Frauenflügel konzentrieren, da diese meines Erachtens als Kriterium für die von mir gestellten Fragen am ehesten zu greifen und zu untersuchen sind. Denn scheint eine negative Beantwortung all meiner Fragestellungen selbst auf dieser Ebene zwingend zu sein, so wäre wohl nicht einmal der erste Schritt in Richtung einer Selbstverwirklichung der Frauen, die eine Veränderung der weiblichen Rollen und Vorstellungen beinhaltet, innerhalb dieser Bewegung und somit einer großen kulturell-politischen Strömung Indiens gegeben. Damit wäre der Weg zur Emanzipation der indischen Frau nur kaum beschritten, doch wollen wir abwarteten und sehen.

Daher soll die Arbeit des Weiteren wie folgend gegliedert sein:

Beginnen möchte ich im zweiten Kapitel mit einer allgemeinen Einführung der RSS (Kapitel 2.2), der dazugehörigen Sangh Parivar (Kapitel 2.3) und gesondert nochmals der Samiti (Kapitel 2.4). Diese Ausführungen sollen einen ersten Einblick in die Bewegung geben und mit einer kleinen Zusammenfassung abgeschlossen werden (Kapitel 2.5), sodass auf dieser Basis im folgenden dritten Kapitel die Ideologie und deren Varianzen zwischen Männer und Frauen thematisiert werden können. An einen kurzen Einstieg (Kapitel 3.1), indem ich nochmals meine Vorgehensweise kurz erläutere, möchte ich einen recht allgemeinen Teil über die ideologischen Grundzüge der RSS anschließen (Kapitel 3.2). Dies ist prinzipiell deshalb notwendig, um zum einen den männlich-zentrierten Charakter und die Ausrichtung der Bewegung zu verdeutlichen und zum anderen die Basis für den nachfolgenden Abschnitt der Arbeit zu legen, indem ich anhand dreier ausgewählter Beispiele der hindunationalistischen Theoriebildung meine Fragestellungen greifbarer zu machen versuche. So möchte ich an der vergleichenden Darstellung der verschiedenen Konzeptionen der Männer und der Frauen von der zeitlichen Einordnung (Kapitel 3.3.2), der territorialen Ausdehnung (Kapitel 3.3.3) sowie der Bevölkerung der Hindurashtra (Kapitel 3.3.4) das Verhältnis zwischen beiden Parteien untersuchen und verdeutlichen. Die „qualitativen“ Eigenschaften dieses Verhältnisses bezogen auf meine Fragestellungen werden in einer kurzen Zusammenfassung (Kapitel 3.4) nochmals genannt, so dass ich diese im abschließenden vierten Kapitel beurteilen, einordnen und bewerten möchte. Somit hoffe ich einige Antworten oder zumindest Gedanken zu den gestellten Fragestellungen entwickeln und darstellen zu können. Letztendlich wird die verwendete Literatur angegeben (Kapitel 5).

2. Die RSS – eine männerdominierte Bewegung

2.1 Ein Einstieg

Bei der RSS (Rashtriya Swayamsevak Sangh) handelt sich um einen indischen hindunationalistischen kulturellen Verein. Dieser bildet das Zentrum eines bei weitem größeren Komplexes von Unterorganisationen und Verbänden, der in seiner Gesamtheit als Sangh Parivar, d.h. als „Familie der Sangh“, bezeichnet wird und bekannt ist.

In den folgenden Abschnitten möchte ich meine Aufmerksamkeit zuerst der RSS, dann der Sangh Parivar und deren wichtigsten Organisationen sowie abschließend gesondert der Rashtra Sevika Samiti, d.h. dem Frauenflügel der Sangh zuwenden, um nicht nur einen kurzen Einblick in die Bewegung zu geben, sondern auch deren männerdominerten konservativen Charakter anklingen zu lassen.

2.2 Die RSS

Die RSS wurde 1925 von Keshav Baliram Hedgewar in Nagpur gegründet (Jaffrelot 2005: 1ff.). Die ideologischen Ursprünge der Organisation sind in dem Werk „Hindutva“ von Vinayak Damodar Savarkar auszumachen und in den folgenden Jahren nur geringfügig verändert und variiert worden (Savarkar 1923). So versteht sich die RSS grundsätzlich als ein kultureller Zusammenschluss, dessen höchstes Ziel nicht das Erlangen von politischer Staatsmacht darstellt, sondern eher eine allumfassende gesellschaftliche Transformation (genaueres dazu später in Kapitel 3.2). Jeffrelot stellt es wie folgt dar: “In any case they did not want to conquer power; they wanted to conquer society in order to gain power as a ripe fruit.” (Jaffrelot 2005: 6). Das dies spezielle Auswirkungen auf die Struktur des RSS und somit auf die Quelle der Sangh Parivar hat, wird später noch deutlich.

Zum Gründungszeitpunkt der Organisation war diese speziell als männlich-hinduistischer Zusammenschluss gegen andere Aggressoren gedacht, wobei hier besonders Muslime, Christen und die britische Kolonialmacht zu nennen sind. So galt die Fragmentierung der Hindus und somit der zu erstrebenden Hindunation als entscheidende Schwäche, welche durch diesen Zusammenschluss überwunden werden sollte (Jaffrelot 2005: 2ff. und Stute 2001: 25 ff.).

Ein zentraler Aspekt der RSS stellt die bekannte Shakha-Organisation dar, durch welche nicht nur ideologisches und körperliches Training stattfindet, das Gemeinschaftsgefühl der Ortsgruppe durch rituelle Veranstaltungen sowie gemeinsame Diskussionen gestärkt und letztendlich „neue“ für die hindunationalistische Sache benötigte Individuen kreiert werden sollen (Andersen/Damle 1987: 40 und Jaffrelot 2005: 2f.). So sagte der Generalsekretär Mohanrao Bhagwat diesbezüglich:

“Our endeavour is to reach out to each and every person in the society, widen our approach and raise the level of consciousness of the common man. And for this man-making nation-building mission we have chosen shakha as the instrument [...]. We believe that individual is the best instrument to effect change in society. And shakha is the best medium to creat such individuals.” (Bhagwat zitiert nach Jaffrelot 2005: 5)

Nachdem sich die RSS in ihren Anfangsjahren daher fast ausschließlich auf den Ausbau ihres Shakha-Netzwerkes konzentriert hatte, war sie in den 50er Jahren aufgrund der Ermordung Mohandas K. Ganghi durch einen RSS-Anhänger 1948 dazu gezwungen, ihre Strategie zu variieren. Die Organisation war genötigt ihren Ruf in der indischen Gesellschaft wiederherzustellen und begann damit, halbautonome Unterorganisationen und somit die Sangh Parivar zu bilden. Diese sollen nun im folgenden Unterabschnitt behandelt werden.

2.3 Die Sangh Parivar

Im Laufe der 50er Jahre entstand um die RSS herum ein recht starker Komplex von assoziierten Unterorganisationen, die Sangh Parivar, welche grundlegend dazu dienen, weitere Gesellschaftsbereiche abzudecken. Die wichtigsten möchte ich kurz nennen und einführen.

Als erste Unterorganisation ist der Frauenflügel der Sangh Parivar, die Rashtra Sevika Samiti zu nennen, auf welche ich aufgrund seiner Relevanz für diese Arbeit in Kapitel 2.4 nochmals gesondert ausführlich eingehen werde.

1948 wurde von Balraj Madhok in Dehli der Akhil Bharatiya Vidyarthi Parishad (ABVP) gegründet, welcher einen Zusammenschluss von Studenten und Lehrern der Universitäten darstellt. Er fand gerade im Norden des Landes enormen Zuspruch und diente zu einer starken Einflussnahme der RSS auf die dortige Studenten- und Lehrerschaft (Jaffrelot 2005: 5f.).

In eine ähnliche Stoßrichtung wendet sich die Schirmorganisation mit dem Namen Vidya Bharati (VB), welche 1977 gegründet wurde. Durch diese wurden in den 90er Jahren etwa 5000 Schulen geführt, welche sich der Ausbildung indischer Kinder widmen. Diese Organisation konnte gerade aufgrund der steigenden Nachfrage Indiens nach Bildung enorme Erfolge erzielen (ebd. 2005: 6).

Die erste RSS-nahe Partei, die Bharatiya Jana Sangh (BJS), welche später fast vollständig in die Bharatiya Janata Party (BJP) überging, wurde 1951 gegründet und stand zumindest anfangs noch stark unter dem Einfluss der RSS. So diente die BJS dazu die Ziele und Forderungen der RSS auf parlamentarischer Ebene zu vertreten und einzufordern (ebd. 2005: 6f.).

Ein Jahr später entstand der Vanavasi Kalyan Ashram (VKA), eine Art Zentrum für tribale Angelegenheiten. Dieser hatte als höchstes Ziel den Kampf gegen den steigenden Einfluss der christlichen Mission unter den Adivasis und die Rekonvertierung der zum Christentum Konvertierten. Um die die tribale Bevölkerung zu gewinnen, erschuf er kostenlose Herbergen, Krankenhäuser und Schulen für diese und imitierten somit interessanterweise die christlichen Missionen (ebd. 2005: 8).

Die nächste relevante Unterorganisation wurde mit der Bharatiya Mazdoor Sangh (BMS) 1955 gegründet. Diese stellt den Arbeiterflügel der Sangh Parivar dar und macht ihren höchsten Feind recht untypisch für einen Arbeiterflügel im Kommunismus aus. So verneint sie die Ideologie des Klassenkampfes und propagandiert die Kollaboration aller Gesellschaftskomponenten. Erstaunlicherweise ist die BMS enorm erfolgreich und konnte so in den 90er Jahren die stärkste Arbeiterunion Indiens werden (edb. 2005: 8f.)

Die letzte bedeutende Organisation der Sangh stellt der Vishva Hindu Parishad (VHP) dar, welcher 1964 als religiöse Front gegründet wurde. Der VHP hat nicht nur enorme Bedeutung bzgl. der Organisation der hinduistischen Diasporagemeinschaften, sondern strebt eine kirchenähnliche zentralisierte Struktur für die oft divergierenden Hindusekten an. Er nahm in dem Konflikt um einen Ramtempel auf dem Boden der Babri Masjid Moschee in Ayodhya eine zentrale Rolle ein (ebd. 2005: 9).

Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass alle Elemente der Sangh Parivar dazu dienen die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zu durchdringe und für die hindunationalistischen Ziele dingbar zu machen. So ist erst durch die innere Differenzierung der Sangh der Zuspruch von vielen prinzipiell auch antagonistischen Gesellschaftssparten und somit der enorme Einfluss der RSS möglich.

2.4 Die Rashtra Sevika Samiti

Da es in dieser Arbeit um die ideologischen Differenzen und deren Bedeutung zwischen der RSS und der Samiti gehen soll, möchte ich nun vergleichbar zu Kapitel 2.2 den Frauenflügel der Sangh Parivar vorstellen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Indische Frauen auf dem Weg zur Emanzipation - Das Beispiel der Rashtra Sevika Samiti
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Ethnologie)
Veranstaltung
Wohin steuert der Hindu-Nationalismus? Historische Rekonstruktion und aktuelle Analyse zur BJP und ihrem Umfeld
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V82120
ISBN (eBook)
9783638891042
Dateigröße
394 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Indische, Frauen, Emanzipation, Beispiel, Rashtra, Sevika, Samiti, Wohin, Hindu-Nationalismus, Historische, Rekonstruktion, Analyse, Umfeld
Arbeit zitieren
Patricia Piberger (Autor:in), 2006, Indische Frauen auf dem Weg zur Emanzipation - Das Beispiel der Rashtra Sevika Samiti, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82120

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