Die Struktur des empirischen Ich


Seminararbeit, 1997

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einführung

2. Die Struktur des empirischen Ich

3. Was ist Zen ?

4. Die Welt ist ein einziger Geist

5. Schlußbetrachtung

6. Bibliographie

1. Einführung

Im Rahmen der Einarbeitungszeit für diese Seminararbeit habe ich mich mit einem Kuriosum der Menschheitsgeschichte und vor allem der Philosophie beschäftigt. Die Rede ist vom Ego oder Ich als Träger der grundeigenen, individuellen Wesenheit und dem Ich, über das sich jede Person mit dem ihr eigenen Körper identifiziert.

Denn jeder Mensch, der sich als Individuum versteht, tut dies über eine innere Gliederung, die Struktur seines Ich, die ihm diese Individualität verschafft. Jedes Denken, jede Kommunikation, schlicht und ergreifend jede Handlung vollzieht sich im Lichte dieses Ich, das sich im Kontakt mit der äußeren Realität von dieser als Subjekt, oder Ich differenziert.

Das Ich identifiziert sich mit der zentralen Instanz unserer Persönlichkeit, es bezieht sich auf das Selbst, die eigene Person im Gegensatz zum Äußeren, unterschiedenem, dem Objekt. Es ruft ein Ichbewußtsein wach, das einerseits die Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens darstellt, obwohl andererseits niemand in der Lage ist, sein Ego und dessen innere Struktur genau zu bezeichnen.

Auch Sigmund Freud versuchte in psychologischer Forschung die Gliederung und Wesenheit des Ich zu ergründen. Er trennt dabei das Ich topisch gesehen als Instanz der Bindungsfaktoren psychischer Vorgänge vom Es als psychischen Ausdruck der größtenteils unbewußten Triebe und der dritten Instanz, dem Über-Ich, das für das Subjekt Verbots- und Idealfunktion übernimmt.

Man sieht, dass das Ich von Freud nicht als die Gesamtheit des Individuums definiert wird und er auf dem Aspekt des „unbewußten im Ich“ insistiert.[1]

Dieses uns nicht zugängliche, Spekulationen und Interpretationen offenlassende Dasein des Ich, hat enorme Auswirkungen auf die Philosophie des Abendlandes. Denn, so Kant, „ das empirische Ich kann sich selbst nur erfahren, weil es anderes, Äußeres erfährt.“[2]

Diese Aussage, die ich hier als Aufhänger des westlichen Denkens bezeichnen möchte, impliziert eine Unterscheidung zwischen dem Ich und der Welt, den Dualismus von Subjekt und Objekt. Genau auf dieser Differenzierung des Subjekts von der restlichen äußeren Realität ( Objekte ) basiert jede westliche Epistemologie.

Im Gegensatz dazu stehen die Vorstellungen des Zen-Buddhismus, der versucht dem empirischen Ich entgegenzuwirken.

Deshalb soll die Struktur des empirischen Ich Gegenstand der Betrachtung dieser Seminararbeit sein.

Die folgenden acht Seiten zielen darauf ab, mit dem Hintergrund des westlichen, logisch-analytischen Denkens, den konträren philosophischen Lösungsansatz des Zen und seine Vorstellung von der Wirklichkeit herauszustellen.

Als methodische Vorgehensweise versuche ich die Struktur des empirischen Ich anhand abendländischer Denker, wie Descartes zu erläutern, dessen cogito-Argument bereits ein empirisches Ich aufweist; oder eine Erkenntnistheorie im Sinne des Soziologen Niklas Luhmann „ Erkennen ist die Beobachtung beobachtender Systeme „[3] als Beispiel diskursiven, definierenden und wertenden Denkens zu verwenden.

Dieser Ansatz westlicher Philosophie, der seine Wahrheit in der Übereinstimmung des denkenden Vorstellens mit dem Sachverhalt sucht, d.h. „adaequatio intellectus rei,“[4] soll im Gegensatz zum Anti-Intellektualismus des Zen-Buddhismus, der jenseits des Denkens ohne ontologische, semantische oder hermeneutische Problemstellungen die Welt als einzigen Geist beschreibt, erörtert werden.

Der Zen-Buddhismus als Philosophie des östlichen Kulturkreises scheint unserem westlichen Denken und unseren Gewohn- und Gepflogenheiten doch schwer zugänglich. Denn prallt doch sprachgebundenes von der Logik bestimmtes Denken, das auf die Erklärung der Dinge abzielt, auf ein „meditatives System“, das bestrebt ist diskursives Denken abzustellen:

Die ausschließliche Aufgabe des Zen - Menschen ist die des Eintretens in den Bereich der absoluten Wirklichkeit, und das Eintreten in diesen Bereich wird allein durch das meditierende Sitzen ermöglicht.“[5]

Zen ist eine Lehre, die ihre Kraft, ihre Wahrheit aus dem in jedem Bewußtsein liegendem bezieht und deshalb keine logisch-theoretische Lehre bleiben kann. Aus diesem Grund gilt es, sich von Gewohnheiten und Voreingenommenheiten zu befreien, sich über die verbale Beschreibung, die unsere Wirklichkeit bedingt, hinwegzusetzen. Denn nur so kann diese Philosophie zu einem verinnerlichten Erlebnis werden.

2. Die Struktur des empirischen Ich

Wie bereits in der Einführung erwähnt, erhalten wir unser Bewußtsein von uns selbst und ein Bewußtsein von dem, was uns umgibt, über das empirische Ich. Dieses Selbstbewußtsein, das heißt, das Ich im Bewußtsein von sich selbst, bezieht sich auf das Unterscheiden eines Gegenüber als Objekt. Deswegen erscheinen wir als Subjekte faktisch getrennt von der Welt, die wir in verschiedene Objekte unterteilt wahrnehmen. Dieser grundlegende Dualismus bedingt unsere Wahrnehmung und unser Verständnis von der Welt in der wir leben.

Das Ich wird generell als Einheitsgrund der Akte eines geistigen Individuums, der sich im Selbstbewußtsein bestätigt, definiert, aber nicht nur Bewußtseins-Ich ist.[6]

Das empirische am Ich ist die Erkenntnis, die unmittelbar aus der Erfahrung ableitbar ist und auf ihr beruht. Nach Kants Auffassung erfährt das Ich durch die Assoziation von Sinnesorganen und Intellekt ein Äußeres, daß anders beschaffen ist als das Ich. Das Ich kann sich aufgrund dieser Ursache selbst erfahren.

Der indische Yogin Vivekananda beschreibt dies ähnlich: „Da ist zuerst das Instrument ( Auge als äußeres Instrument ), dann das Sinnesorgan ( zerebrales Zentrum ) und schließlich die Verknüpfung des Denkorganes mit diesen beiden. Das Denkorgan leitet die Empfindung weiter und übermittelt sie dem bestimmenden Vermögen ( buddhi ), das darauf reagiert. Gleichzeitig mit dieser Reaktion blitzt das Ichgefühl auf. Danach wird diese Verbindung von Aktion und Reaktion der wahren Seele ( purusa ) dargeboten, die einen Gegenstand in dieser Verbindung wahrnimmt.“[7]

[...]


[1] Vokabular der Psychoanalyse XIII; S. 147,186, 190, 195

[2] Philosophisches Wörterbuch I ;

[3] N. Luhmann: Erkenntnis als Konstruktion

[4] Erkenntnis und Sein ; IV;

[5] Chang; III ;

[6] Phil. Wörterbuch; I ;

[7] Vivekananda; VII ;

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Struktur des empirischen Ich
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Philosophie)
Veranstaltung
Proseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
1997
Seiten
16
Katalognummer
V821
ISBN (eBook)
9783638105262
ISBN (Buch)
9783638745475
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Struktur, Ich, Ego, Philosophie, Erkenntnistheorie, Epistemilogie, Buddhismus
Arbeit zitieren
Florian Schoemer (Autor:in), 1997, Die Struktur des empirischen Ich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/821

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