Der "Hauptmann von Köpenick" und das Wilhelminische Zeitalter


Seminararbeit, 2000

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Geschichte der Uniform

3. Der zeitliche Aspekt bei Zuckmayer

4. Der Mittelstand und das Bürgertum bei Zuckmayer
4.1 Die Angestellten
4.2 Das Bildungsbürgertum
4.3 Das Wirtschaftsbürgertum

5. Der Konflikt Voigt – Hoprecht

6. Fazit

7. Bibliographie
Primärliteratur
Sekundärliteratur

1. Einleitung

Eine Uniform, so will uns das Lexikon glauben machen, ist eine einheitliche Dienstkleidung für Soldaten und Beamte. Der Begriff setzt sich aus den zwei lateinischen Wörtern unus und forma zusammen und bedeutet übersetzt einförmig. Der eigentliche und ursprüngliche Gedanke der Uniform war allerdings die Idee einer Vereinheitlichung einer bestimmten Anzahl von Menschen. Lediglich spezifische (und zugeben kleine) Merkmale sollten über eine Rangordnung bestimmen, dennoch aber einen sozialen Status verbergen. Das heißt, gegenüber dem zivilem Leben sollte sie als Instrument dienen, um sich abzugrenzen oder wenn man so will, hervorzuheben. Innerhalb des Militärs allerdings sollte die Uniform dazu beitragen, dass zum einem die Klassengesellschaft nach Mannschafts- und Unteroffiziers- bzw. Offiziersdienstgraden eingehalten wurde. Zum anderen aber, dass eine militärische Formation einheitlich wurde und dies jenseits sozialer Schranken. So jedenfalls gab sich der Urgedanke der Uniform, welche nicht immer im Zusammenhang mit Militär und Armee steht, wie das Beispiel verschiedener konservativer Schulen in Großbritannien dokumentiert. An solchen pädagogischen Einrichtungen soll eben jene gespaltene Gesellschaft mittels Tragen von Uniformen gerade verhindert werden.

Und so ist das deutsche Märchen von Carl Zuckmayer sekundär auch die Geschichte eines Kleidungsstücks, um welches sich der komplette Spielverlauf dreht. Die Uniform dient somit dem Handlungsaufbau und steht in dessen Zentrum. Radial näher oder entfernter bewegen sich auch sämtliche Figuren der Komödie an der Peripherie. Somit sind Personen wie Voigt oder auch die kränkelnde Untermieterin der Hoprechts entsprechend abseits, Vertreter der militärischen Kaste wie zum Beispiel von Schlettow hingegen deutlich näher zur Uniform bzw. zum Militarismus anzusiedeln.

Dahingehend stellt sich die Frage nach der eigentlichen Gattung des Stückes, welches Akteure in so reichlicher Zahl und mit so unterschiedlichen Eigenschaften präsentiert. Was also ist Carl Zuckmayers Bühnenstück "Der Hauptmann von Köpenick"? Eine Komödie? Natürlich. Eine Satire? Auch das. In aller erster Linie aber ist es ein Gesellschaftsquerschnitt, der, wenn auch nicht immer, es versteht, Lokalkolorit zu vermitteln und dies durchaus nicht nur auf sprachlicher Ebene. Man darf Zuckmayers Stück sehr wohl zu den Klassikern der neuesten deutschsprachigen Literaturgeschichte zählen, da es weltweiten Ruhm erntete. Ein Garant seines Erfolges dafür dürfte unter anderem auch gewesen sein, dass er seine Figuren nicht der Lächerlichkeit preisgibt; er lässt sie zwar verlieren (so zum Beispiel der eigentliche Hauptmann von Schlettow), auf der anderen Seite gibt er ihnen genügend Spielraum, um sich einen ihnen entsprechenden Abgang zu verschaffen.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll es ein, sich mit dem wilhelminischen Zeitgeist zu beschäftigen, welcher unter dem krassen Gegensatz zwischen aufstrebenden Wirtschaftsbürgertum bzw. der monopolistischen Großindustrie und dem veralteten Junkertum bzw. der Adelskaste litt. Es ist daher Zuckmayer hoch anzurechnen, dass er sein 1931 veröffentlichtes Werk nicht aus der Perspektive des herannahenden Großen Krieges 1914-1918 betrachtet und es damit vermeidet, den preußisch dominierten Staat allein auf seinen Militarismus herunter zu definieren. Ein Beweis dafür sollte allein schon die "Artenvielfalt" seiner Akteure sein, deren Betrachtung sich diese Arbeit widmet und damit beweisen soll, dass weit mehr als nur der militaristische Aspekt bei Zuckmayer im Vordergrund steht. Hauptschwerpunkt der Arbeit wird demgemäß in der Betrachtung der einzelnen Akteure liegen und zu einem Vergleich auffordern, der die Frage aufwirft: Inwiefern stimmen die handlungstragenden Personen mit ihren historischen „Vorbildern“ überein? Lassen sich Parallelen oder Unterschiede ausmachen?

Darüber hinaus erachte ich als absoluten Höhepunkt der Handlung nicht den eigentlichen Einsatz der Uniform, welcher sich in der Besetzung des Rathauses äußert, sondern vielmehr den Dialog zwischen Voigt und Hoprecht in der vierzehnten Szene. Darin spiegeln sich ganz klar zwei unterschiedliche Auffassungen von Ordnung und Weltanschauung wider. Der Gegensatz von Naturrecht (Voigt) und staatlicher Rechtsordnung (Hoprecht) gestaltet sich auch als Gegensatz zur kompletten Handlung an sich, da Voigt nur an dieser einen Stelle als überlegen dargestellt wird. Dieser Dialog soll demnach auch ein weiterer zentraler Punkt in der Arbeit sein, an deren Anfang wieder die Uniform stehen soll.

2. Die Geschichte der Uniform

Das wohl geschickteste gestalterische Element, das Zuckmayer in seine Handlung einbaut, ist die Parallelität der Uniform zu den Ereignissen, die sich um Voigt spannen. Zuckmayer geht sogar noch einen Schritt weiter und haucht dem Kleidungsstück Leben ein, ja er lässt es organisch werden. Denn wie auch Voigt, so altert ebenfalls die Uniform zunehmend und nimmt an Wert ab. Was eigentlich nichts Besonderes wäre, würde man davon absehen, dass sowohl Uniform, als auch Voigt im Laufe der Handlung an gesellschaftlichem Wert einbüßen. Für Voigt selbst ist dies bereits zu Beginn mehr als offensichtlich. Trotzdem besitzt er gewisse Optionen und Alternativen (wie zum Beispiel die Arbeitsuche), die er zum Schluss aufgrund der Ausweisung nicht mehr hat.

Die Uniform hingegen, die nebenbei bemerkt noch eher auftritt als Voigt, glänzt zu Beginn. Ihr neuer Besitzer, Hauptmann von Schlettow ist stolzes Mitglied der führenden Schicht in Preußen und entstammt einer " Offiziersfamilie seitm Siebenjährigen Krieg" (S.24)[1]. Auch wenn er sich zunächst nicht mit ihr anfreunden kann und darf, da die Gesäßknöppe nach seinem Augenmaß statt sechseinhalb, acht Zentimeter zu viel Abstand haben. Und so wird die Uniform umgeschnitten und umgenäht und bekommt somit erste "Risse", was aber ihrem sozialen Status keinen Verlust bringt. Dies ändert sich, als besagter Hauptmann in einen Streit mit einem Unteroffizier gerät, dabei aber in Zivil auftritt. Da der Offizier nicht anders handeln kann und damit einen Uniformierten angreift, muss er seinen Dienst quittieren und wird unehrenhaft entlassen: das Schlimmste, was einem Offizier passieren kann.

Und so kommt die Uniform erst gar nicht zum Einsatz und gelangt zurück zum Geschäftsmann Wormser. Dieser muss nicht lang warten, denn die Uniform findet einen neuen Besitzer in Gestalt des zukünftigen Bürgermeisters von Köpenick Obermüller. Diesem passt zwar nicht die Uniform ("Ja ich habe etwas starke Hüften, das ist eine Berufskrankheit sozusagen, das macht die sitzende Lebensweise.", S. 55) und entspricht auch nicht dem aktuellen Rang, aber in Anbetracht des Zeitmangels nimmt er sie, da seine Beförderung überraschend kam. Entscheidend hierbei aber: Obermüller ist nur Reservesoldat und entstammt dem Bildungsbürgertum und steht somit eine Stufe weiter unten in der Hierarchie. Mit Obermüller wird deutlich, dass die alte Schicht der aristokratischen Offiziersgeschlechter mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt wird, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt in der Armee (noch) dominierend ist. Dennoch, der Hauptmann von Schlettow wird entlassen, Reserveoffiziere wie Obermüller hingegen werden befördert und bekommen dadurch noch Schwung, auch in höhere zivile Ämter vorzustoßen, wie sein späteres Amt als Bürgermeister beweist. Auch später im Verlauf des Geschehens beschweren sich zwei ältere Offiziere über die Reserve ("Wenn's mal hochgeht, dann stehn wir da mit unsrer ungedienten Ersatzreserve", S. 109). Dementsprechend empfiehlt sich Obermüller mit neuen Strategien für eine modern geführte Armee im Sinne eines Volksheeres und einer Volksgemeinschaft, die nicht durch gesellschaftliche Schranken aufgeteilt ist. Ganz klar, eine bürgerliche Armee wird sich durchsetzen. Zum Zeitpunkt der Handlung aber erfährt die Uniform eindeutig eine Abwertung.

[...]


[1] Die Seitenangaben folgen der Fischer Taschenbuch-Ausgabe von 1999.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der "Hauptmann von Köpenick" und das Wilhelminische Zeitalter
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Komödie II
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
15
Katalognummer
V82051
ISBN (eBook)
9783638892629
ISBN (Buch)
9783638893060
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hauptmann, Köpenick, Wilhelminische, Zeitalter, Komödie, Zuckmayer, Thema Der Hauptmann von Köpenick
Arbeit zitieren
Magister Artium Yves Dubitzky (Autor:in), 2000, Der "Hauptmann von Köpenick" und das Wilhelminische Zeitalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82051

Kommentare

  • Gast am 16.4.2008

    Kp.

    Hi Leute wir haben mit unserer Klasse dieses Buch gelesen. Es ist leider recht langweilig bis zum 18 Kap. wo schließlich Voigt seine Rolle als "von Köpenick" einnimmt. Ich gebe euch einen Tipp: Lest Zusammenfassungen, welche kurz das wiedergeben, was im Buch lange und langweilig wieder gegeben wird.

    MFG N€()

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Titel: Der "Hauptmann von Köpenick" und das Wilhelminische Zeitalter



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