Internationalisierung des Kapitals, Entwicklung und Ursachen


Seminararbeit, 2005

32 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Klassische Ansätze
I. Theorie des absoluten Kostenvorteils
II. Theorie der komparativen Kostenvorteile

C. Neoklassik – das Faktorproportionentheorem

D. Politökonomische Ansätze
I. Der Internationale Handel auf Grundlage der Marxschen Theorie
II. Imperialismustheorien

E. Strukturelle Voraussetzung der ungleichen Entwicklung auf dem Weltmarkt
I. Historische Entwicklung
II. Kapitalexport
III. Multinationale Unternehmung
IV. Das Wertgesetz im internationalen Maßstab

F. Weltmarkt und Konjunkturzyklus – der industrielle Zyklus als Weltmarktzyklus
I. Empirische Befunde von Weltmarktzyklen
II. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 als Beispiel

G. Weltmarkt und längerfristige Entwicklung

H. Globalisierung
I. Ökonomische Globalisierung
II. Politische und kulturelle Globalisierung
III. Räumliche Globalisierung
IV. Technische Globalisierung

I. Fazit

A. Einleitung

Die Internationalisierung des Kapitals ist geprägt von einer langen Entwicklung wirtschaftlicher Vorgänge mit dem Ursprung auf nationalen Märkten hin zu internationalen Wirtschaftsbeziehungen global agierender Wirtschaftsakteure in einem globalen Markt mit dem Resultat eines schnellen Anwachsens des Welthandels und der zunehmenden Internationalisierung der Kapitalbeschaffung.

In dieser Arbeit soll nun diese Entwicklung von den ersten Handelsbeziehungen durch Tauschwirtschaft bis hinzu multinational tätigen Unternehmen nachvollzogen werden. Theoretisch untermauert wird diese Betrachtung durch die klassischen und neoklassischen Erklärungsansätze für Außenhandel sowie die politökonomischen Betrachtungen zum Begriff des Kapitals. Schließlich soll in die Debatte um das Thema der Globalisierung eingestiegen werden.

B. Klassische Ansätze

Die klassische politische Ökonomie, geprägt vom Kampf gegen den Merkantilismus und dem Gedanken des Freihandels, bietet erste Erklärungsansätze für das Zustandekommen von Außenhandel. Hierbei geht es primär um den im Außenhandel entstehenden Nutzen, weniger um die Ursachen der Entstehung des Weltmarktes. Die beiden Begründer Adam Smith und David Ricardo brachten die Theorie des absoluten und komparativen Kostenvorteils hervor.

I. Theorie des absoluten Kostenvorteils

Basierend auf seinem wegweisenden Werk „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“[1] begründete Adam Smith (1723 – 1790) die Theorie der absoluten Kostenvorteile als Kerngedanke der klassischen Außenhandelstheorie. Dabei betont er die Bedeutung der Arbeit und des marktwirtschaftlichen Austausches als eigentliche Quelle des Wohlstandes der Nationen und formulierte die zentrale Bedeutung der Arbeitsteilung, von der die Steigerung der Produktivität abhängt.[2] Ein wesentlicher Bestandteil seiner Theorie ist die Doktrin eines freien internationalen Handels, mit der er auch den Grundstein für den grenzüberschreitenden Verkehr von Waren und Kapital legte.[3] Wenn laut Smith bei der Betrachtung von zwei Volkswirtschaften im Zwei-Güter-Fall jeweils eine Volkswirtschaft einen absoluten Kostenvorteil bei der Produktion eines Gutes besitzt, bewirkt eine Fokussierung auf die Produktion des Gutes, bei dem das Land den Kostenvorteil innehat, und der Import des anderen Gutes Wohlstandseffekte für beide Volkswirtschaften.

Aus dieser Theorie wurde die Forderung nach weitgehender Nicht-Einmischung des Staates sowie nach voller Handels- und Gewerbefreiheit formuliert. Der staatliche Interventionismus und Dirigismus im Merkantilismus sollte einer Ideologie des „Laissez-Faire“ weichen, wo die staatliche Verantwortung auf die innere und äußere Sicherheit sowie die Schaffung eines geeigneten Rechtssystems mit Handelsfreiheit und Garantie des Privateigentums beschränkt wird und sich aus dem allgemeinen Wirtschaftsleben heraushält.

Smith’ Theorie vermag aber nicht Handelsbeziehungen zu erfassen, die sich nicht aufgrund absoluter Kostenvorteile ergeben. Aus dieser Erkenntnis entwickelte David Ricardo das Modell um den Aspekt der komparativen Kostenvorteile weiter und lieferte damit eine Erklärung dafür, warum auch Länder ohne einen absoluten Kostenvorteil am Außenhandel teilnehmen sollten.

II. Theorie der komparativen Kostenvorteile

Die Theorie der komparativen Kostenvorteile von David Ricardo (1772 – 1823) bietet die Grundlage zur Erklärung der Vorteilhaftigkeit des Handels zwischen Staaten auch in den Fällen, in denen einer der Handelspartner sämtliche Güter effizienter produziert als der andere. Im Modell wird dabei ähnlich wie bei Smith mit einigen Annahmen operiert: So wird angenommen, dass die Welt nur aus zwei Ländern A und B (Güter, die Land A exportiert muss Land B importieren) und zwei Gütern besteht. Außerdem besteht die Annahme, dass Firmen unter perfekten Wettbewerbsbedingungen produzieren. Weiterhin wird nur der Faktor Arbeit als Produktionsfaktor ins Modell mit einbezogen, das Kapital als Produktionsfaktor wird nicht betrachtet. Schließlich wird eine Faktorimmobilität angenommen. Die Vorteilhaftigkeit des Handels zwischen den Ländern hängt hier nicht von den absoluten Produktionskosten ab, sondern von den relativen Kosten der produzierten Güter zueinander.[4] Diese Aussage hat eminente Auswirkungen auf das Konzept des internationalen Handels und bildet die Grundlage einer internationalen Spezialisierung eines Landes auf das Gut, das es relativ günstiger herstellen kann.

Am folgenden Beispiel sollen die gemachten Aussagen veranschaulicht werden: Es existieren zwei Länder A und B, die beide Tuch und Weizen produzieren. Land A verfügt über hoch entwickelte Produktionstechnologien und kann zehn Mengeneinheiten (ME) Tuch oder 100 ME Weizen pro Stunde produzieren. Land B hingegen verfügt über eine niedriger entwickelte Produktionstechnologie und kann nur eine ME Tuch oder 50 ME Weizen pro Stunde produzieren.

Tabelle 1: Produktionsmöglichkeit pro Stunde (in ME)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei beiden Produkten hat Land A also einen absoluten Produktionsvorteil und würde somit nach dem Smith’schen Modell keine Handelsbeziehungen eingehen. Der technologische Nachteil von Land B schlägt sich im möglichen Output der jeweiligen Güter nieder und die längere Produktionsdauer zum Erreichen des gleichen Output-Niveaus wie in Land A schafft einen absoluten Kostennachteil bei der Produktion der Güter für Land B. Beachtet man allerdings, dass Land A für 100 ME Weizen auf zehn ME Tuch verzichten müsste während Land B für 100 ME Weizen auf nur zwei ME Tuch verzichtet, werden die Aussagen zu einem Verzicht auf Handelsbeziehungen relativiert. Der geringere notwendige Verzicht auf Tuch ist der komparative Vorteil in der Weizenproduktion von Land B. Diese Betrachtung der Opportunitätskosten macht eine Spezialisierung auf die Produktion eines Gutes und den Import des anderen Gutes sinnvoll. Durch den Handel und den dadurch effizienteren Einsatz des Faktors Arbeit wird es also möglich, bei unveränderter Arbeitszeit insgesamt mehr zu produzieren. Es wird deutlich, dass die Richtung des internationalen Handels durch die Kostenverhältnisse und nicht durch die absoluten Kosten bestimmt wird.[5] Ferner lässt sich zeigen, dass beide Länder vom Handel profitieren, wenn sie sich auf die Produktion jener Güter spezialisieren, bei denen sie über einen komparativen Vorteil verfügen.[6]

Entscheidend für die Wirkungsweise von komparativen Vorteilen in der Theorie ist nach klassischer Sichtweise die Quantitätstheorie des Geldes. Hier gilt Geld in erster Linie als Transaktionsmittel, das Tauschvorgänge vereinfacht und auf diese Weise Transaktionskosten einspart. Darüber hinaus entfaltet Geld nach Auffassung der Klassiker in der realen Wirtschaft keinerlei Einfluss, d.h. niemand wolle nur um des Geldes selbst willen Geld verdienen bzw. halten, sondern wegen der Güter, die man damit kaufen könne. Geld sei nach Say daher lediglich ein Schleier, der über den Tauschvorgängen liege und ohne Konsequenzen entfernt werden könne. Diese sog. klassische Dichotomie, also die völlige Trennung und Unabhängigkeit von monetärer und realwirtschaftlicher Sphäre, wurde durch alle Klassiker insbesondere aber David Hume (1711-1776) vertreten, der als erster die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in die klassische Quantitätstheorie integrierte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Quantitätsgleichung besagt, dass das Produkt der Geldmenge M und der Umlaufgeschwindigkeit v dem Produkt aus Preisniveau P und realem Bruttoinlandsprodukt Yr entspricht. Ausgangspunkt ist, dass die in einem bestimmten Zeitraum umgesetzte Geldmenge gleich dem geldlich bewerteten Gütervolumen einer Volkswirtschaft ist. Der Kassenbestand hängt von der Zahlungshäufigkeit und dem Transaktionsvolumen ab. Die gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage wird demnach durch die Zahlungsgewohnheiten, welche sich in der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes niederschlagen und durch das Transaktions- bzw. Handelsvolumen bestimmt. Es resultiert, dass eine Erhöhung der Geldmenge zu einer proportional gleichen Veränderung des Preisniveaus führt. Geld bestimmt also lediglich die Höhe der absoluten Preise (das Preisniveau), hat aber keinen Einfluss auf die relativen Preise und den realen Sektor der Wirtschaft.

Die Konzepte von Smith und Ricardo waren zur damaligen Zeit und bis in die 1930er Jahre zwar wegweisend, sind aber durchaus kritikwürdig. So sind die getroffenen Annahmen – perfekter Wettbewerb, Zwei-Länder-Fall, zwei homogene Güter etc. – nur zur Modellvereinfachung sinnvoll. Abgesehen davon, dass das Modell u.a. Transport- und Informationskosten vernachlässigt, geht es von einer unveränderlichen Faktormenge (z.B. Arbeitskraft) in den einzelnen Ländern aus, was eine Immobilität der Produktionsfaktoren zur Folge hat. Jedoch ändert diese Kritik nichts an der Grundaussage des Modells. Außerdem lässt es sich durch diverse Erweiterungen (z.B. durch Einbeziehung von Transportkosten oder die Betrachtung mehrerer Güter) an reale Bedingungen heranführen.[7]

C. Neoklassik – das Faktorproportionentheorem

Das nach den beiden schwedischen Ökonomen Eli Filip Heckscher (1879-1952) und Bertil Gotthard Ohlin (1899-1979) benannte Heckscher-Ohlin-Modell (HO-Modell) kann als eine Weiterentwicklung des Theorems der komparativen Kosten verstanden werden. Sie greifen dabei einige Kritikpunkte des Modells von Ricardo auf. So können nach Ricardo komparative Vorteile nur durch Unterschiede in der Arbeitsproduktivität entstehen. Dies ist jedoch nach Krugman/Obstfeld eine zu einseitige Betrachtungsweise: „In the real world, however, while trade is partly explained by differences in labor productivity, it also reflects differences in countrie’s resources.“[8] Ein Modell, das mit einem einzigen Faktor operiert, kann somit nichts über die Auswirkungen des Handels auf die Einkommensverteilung der jeweiligen Faktoren innerhalb der Länder aussagen. Auch die Tatsache, dass Handelsströme durch exogen bedingte Technologie-unterschiede vorausgesagt werden, obwohl Technologie selbst handelbar ist, schien den zwei Autoren verbesserungsbedürftig.

Im Heckscher-Ohlin-Modell wird daher die Annahme identischer Technologien getroffen und es werden zwei Produktionsfaktoren berücksichtigt. Die Handelsrichtung wird nicht von Produktivitätsunterschieden sondern von „Unterschieden in den Ausstattungsrelationen zweier Primärfaktoren“[9] und von der Ausstattung mit Produktionstechnologie bestimmt. Die Aussage: „the theory emphasizes the interplay between the proportions in which different factors of production are available in different countries and the proportions in which they are used in producing different goods“ macht deutlich, warum das Modell auch unter der Bezeichnung Faktorproportionentheorem bekannt ist.[10]

Das Heckscher-Ohlin Theorem besagt, dass Länder Güter exportieren, zu dessen Produktion jener Faktor intensiv genutzt wird, mit dem das jeweilige Land relativ reichlich ausgestattet ist.[11] Länder, die mit Kapital reichlich ausgestattet sind (i.d.R. Industrieländer), exportieren somit kapitalintensive Güter. So genannte „labor abundant countries“ (vor allem die Entwicklungsländer) exportieren im Gegensatz dazu arbeitsintensive Güter. Dieses Modell baut auf folgenden Annahmen auf: Zunächst werden Ricardos Annahmen des Zwei-Länder-Falls und zweier homogener Güter beibehalten. Des Weiteren wird jetzt von zwei Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) ausgegangen. Schließlich werden allgemeine Annahmen wie Konsumenten als Nutzenmaximierer und die Vernachlässigung der Transportkosten getroffen.

Die Güter unterscheiden sich in ihrem unterschiedlichen Faktorbedarf, die Länder in ihren verschiedenen Faktorausstattungen. Während also das eine Land einen Vorteil in seinem physischen Kapital wie Maschinen und Fabriken hat, kann das andere Land besser mit Arbeitskräften ausgestattet sein. Diese zwei Faktoren seien in festen Mengen in jedem Land verfügbar und innerhalb eines Landes vollkommen mobil, jedoch international immobil.[12]

Aus dieser spezifischen Faktorausstattung ergibt sich ein bestimmtes Verhältnis von Lohn und Zins in den beiden Ländern: In Land A (Land B) besteht ein hohes (niedriges) Angebot an Kapital und niedriges (hohes) Angebot an Arbeit, was die Zinsen niedrig (hoch) hält und die Arbeits- bzw. Lohnkosten hoch (niedrig). Da sich die Länder nach Heckscher-Ohlin auf ihren ‚starken’ Produktionsfaktor spezialisieren und das produzierte Gut exportieren sowie das andere Gut durch Import beziehen, findet eine Anpassung des Lohn-Zins-Verhältnisses in beiden Ländern statt. Kapital wird durch Arbeit (Arbeit durch Kapital) substituiert. Durch die erhöhte Nachfrage nach Kapital in Land A (Arbeit in Land B) steigt der Zins und der Lohn fällt (steigt der Lohn und fällt der Zins). Handel ist unter den herrschenden Bedingungen mehr als nur Güteraustausch. Vielmehr findet indirekt ein Handel mit Produktionsfaktoren statt. Es ist somit ein Faktorpreisausgleich zu beobachten.

Samuelson wies mit seiner Erweiterung dieses Modells zusätzlich nach, dass es sich beim Faktorausgleich nicht nur um eine Tendenz handelt, sondern es zu einer völligen Angleichung der Faktoren kommt.[13] Demnach sind Inflation im einen und Deflation im anderen Land zu beobachten, die Preise nähern sich an, die Faktoreinkommen entsprechen sich und der Wohlstand der beiden handelnden Volkswirtschaften gleicht sich an.

[...]


[1] Deutscher Titel: Wohlstand der Nationen.

[2] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon 2004, S. 2670.

[3] Vgl. Smith 1988, S. 454.

[4] Vgl. wikipedia.de

[5] Vgl. Külp 1994.

[6] Vgl. Krugman / Obstfeld 2003, S. 19-23.

[7] Vgl. Krugman / Obstfeld 2004, S. 37 ff.

[8] Vgl. Krugman / Obstfeld 2003, S. 67.

[9] Vgl. Plümper 1996, S. 329.

[10] Vgl. Krugman / Obstfeld 2003, S. 67.

[11] Ein mit Arbeit reichlich ausgestattetes Land ist ein Land, in dem das Angebot des Produktionsfaktors Arbeit größer als das Angebot des anderen Faktors (z.B. Boden oder Kapital).

[12] Vgl. Ethier 1991, S. 137.

[13] Vgl. Schoeller 1976, S. 145 ff.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Internationalisierung des Kapitals, Entwicklung und Ursachen
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsgeschichte)
Veranstaltung
Seminar: Konjunkturelle Zyklen und längerfristige Entwick-lung der Kapitalakkumulation
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
32
Katalognummer
V82040
ISBN (eBook)
9783638884167
ISBN (Buch)
9783638904407
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internationalisierung, Kapitals, Entwicklung, Ursachen, Seminar, Konjunkturelle, Zyklen, Entwick-lung, Kapitalakkumulation
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm. Ingo Schwartzer (Autor:in), 2005, Internationalisierung des Kapitals, Entwicklung und Ursachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82040

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