Humanisierung der Arbeit und Moderationsmethode

Moderne Formen der Arbeitsorganisation


Seminararbeit, 2006

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Humanisierung der Arbeit
2.1 Einführung und Formulierung eines Arbeitsbegriffs
2.2 Zielsetzung des Humanisierungsprogramms
2.3 Inhalt und Gegenstand der Arbeitshumanisierung
2.4 Eine Zwischenbilanz des Humanisierungsprogramms

3 Die Moderationsmethode
3.1 Begriffsbestimmung der Moderation
3.2 Entwicklung der Moderationsmethode
3.3 Vorbereiten einer Moderation
3.4 Durchführung einer Moderation
3.5 Nachbereiten einer Moderation
3.6 Bewertung der Moderationsmethode

4 Moderation als Instrument zur Humanisierung in der Arbeitswelt

5 Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Appendix

1 Einleitung

Die betrieblichen Führungskonzepte nach Taylor, beispielsweise hochgradige horizontale und vertikale Arbeitsteilung, genaue Zeitvorgaben bei der Ausführung einzelner Arbeitsschritte sowie die Trennung von Kopf- und Handarbeit hatten in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts massive negative Auswirkungen auf die arbeitende Bevölkerung. Hohe Krankheitsraten, steigende Fluktuation und hohe Unzufriedenheit durch monotone Arbeit sind nur einige Beispiele. Die Arbeitnehmer hatten einen höheren Bildungsstand, strebten nach Selbstverwirklichung und entwickelten ein höheres Selbstbewusstsein, sodass der neue Wunsch nach betrieblicher Mitbestimmung und gemeinsamer Problemlösung entstand.

Anfang der 1970er Jahre entstand durch die damalige Bundesregierung ein Forschungs- und Aktionsprogramm zur Humanisierung der Arbeit. Betriebliche Mitbestimmung war neben Aspekten wie Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, Jugendarbeitsschutz und Verbesserung der Arbeitsorganisation ein Schwerpunkt des Aktionsprogramms.

Die Forderung der Mitarbeiter, dass sie an Entscheidungsprozessen beteiligt werden, wurde zwar von den Betriebsleitern wohlwollend aufgenommen, die Frage nach dem „Wie“ blieb aber zunächst unklar. Erste Schritte in diese Richtung stammen von einem Team um Karin Klebert, welches eine Vorgehensweise zur Moderation von Gruppen entwickelte, die so genannte Moderationsmethode.

Auf Basis einer umfassenden Literaturrecherche wird in Abschnitt 2 zunächst das Programm zur Humanisierung der Arbeit vorgestellt, seine wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkte herausgearbeitet und schließlich kurz bewertet. Ausgehend von der Begriffsbestimmung Moderation und Moderator befasst sich Kapitel 3 mit der Entwicklung der Moderationsmethode. Es werden der Ablauf einer moderierten Sitzung sowie einige Moderationsmethoden beschrieben.

In einem vierten Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, in welcher Form die Moderationsmethode das Programm zur Humanisierung der Arbeit unterstützt hat und warum das Humanisierungsprogramm neue Methoden wie Moderation von Gruppen dringend benötigte.

Im Schlussabschnitt erfolgt eine kurze Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse.

2 Humanisierung der Arbeit

2.1 Einführung und Formulierung eines Arbeitsbegriffs

„Immer mehr Menschen fragen nach dem Sinn einer Arbeit, die sie zwar materiell immer besser sichert, aber negative, insbesondere gesundheitsschädigende Folge- und Nebenwirkungen auslöst, die unter Umständen schwerer wiegen als der Einkommenszuwachs“1.

Mit Grundüberlegungen wie dieser begann die aktuelle und öffentliche Diskussion zur Humanisierung der Arbeit in der Bundesrepublik Anfang der 1970er Jahre. Bei einem Streik der IG-Metall im Jahre 1973 wurden erstmals neben Lohnerhöhungen auch Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gefordert2. Neue Impulse kamen vor allem von der sozial-liberalen Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Insbesondere durch die Bundesministerien für Forschung und Technologie (BMFT) mit Hans Matthöfer sowie für Arbeit und Sozialordnung (BMA) unter der Leitung von Walter Arendt wurde das Aktionsprogramm Humanisierung der Arbeit ins Leben gerufen3.

Nur Werturteile können darüber entscheiden, was als human anzusehen ist. Das menschlich Notwendige erscheint je nach Lage und Situation des Betrachters verschieden4. Unter Humanisierung der Arbeit werden alle Maßnahmen und betriebliche Strategien verstanden, die dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz dienen, beispielsweise durch Lärmschutz. Des Weiteren werden unter Arbeitshumanisierung Verbesserungen der Arbeitsorganisation verstanden, z. B. mehr Gruppenarbeit, die ein angenehmeres Betriebsklimas schaffen oder Strategien, die die Mitbestimmung im Betrieb etablieren5.

Das Humanisierungsprogramm gewann nach seiner Auferlegung, insbesondere durch die Regierungserklärung Helmut Schmidts im Mai 1974, in der er gezielt auf das im Februar 1974 beschlossene Mitbestimmungsgesetz eingeht6, immer mehr an politischer und öffentlicher Aufmerksamkeit, obwohl das angesetzte Budget verhältnismäßig gering ausfiel.

2.2 Zielsetzung des Humanisierungsprogramms

Insbesondere Unternehmen der Massenfertigung entwickelten Methoden zur Steigerung der Produktion im Zuge der Technisierung der Arbeitsabläufe. Die erhöhte Arbeitsbelastung durch gestiegene Arbeitsintensität machten Forderungen nach Humanisierungsmaßnahmen laut. Nicht nur materielle, auch postmaterielle Bedürfnisse werden von den Arbeitnehmern beansprucht7. Dieser Forderung versucht das Programm zur Humanisierung gerecht zu werden.

Das Humanisierungsprogramm der Arbeit beinhaltet des Weiteren das Ziel, die Arbeitsbedingungen stärker an die Bedürfnisse der arbeitenden Menschen anzupassen8. Zur Zielerreichung wird eine höhere Arbeitszufriedenheit angestrebt, die beispielsweise durch sinnvoll empfundene Arbeitsinhalte oder durch erweiterte Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung erreicht werden kann. Durch das im Laufe der Jahre gestiegene Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer erklärt sich die Zielsetzung für ausgeprägte Mitbestimmungsrechte.

2.3 Inhalt und Gegenstand der Arbeitshumanisierung

Unmittelbarer Gegenstand von Humanisierungsmaßnahmen sind die gesamte Arbeitssituation und Arbeitsorganisation. Die folgenden Beispiele sollen den jeweiligen Gegenstand von Humanisierungsaktivitäten konkretisieren. Es wurde im Rahmen dieser Arbeit lediglich eine Auswahl inhaltlicher Schwerpunkte berücksichtigt9.

Die Komponenten der Arbeitsstruktur - darunter fallen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel und Arbeitsmethode - stellen ein primäres Objekt zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit dar10. Der Arbeitsplatz beispielsweise ist optimal angepasst, wenn er den menschlichen Körpermaßen entspricht und genügend Bewegungsspielraum erlaubt11.

Während bei den Maßnahmen zur Arbeitsstruktur eher die physiologische Komponente der Humanisierung im Vordergrund steht, konzentriert sich die Arbeitsorganisation auf die psychischen und sozialen Aspekte. Dies gilt für die Arbeitsaufgabe, den Ablauf sowie für die Arbeitszeit. In quantitativer Weise wird die Arbeitsaufgabe z. B. durch das Job Enlargement, sprich der Arbeitserweiterung, verbessert12. Ein Mitarbeiter, der bislang auf eine Tätigkeit beschränkt war, führt nun mehrere verschiedene Tätigkeiten auf dem gleichen Anforderungsniveau durch. Eintönigkeit wird so vermieden. Qualitativ können Maßnahmen des Job Enrichments durch Arbeitsbereicherung die Arbeitsaufgabe verändern13. Die bisherige Tätigkeit eines Mitarbeiters wird um Arbeitsumfänge auf erhöhtem Anforderungsniveau erweitert. Der Arbeitnehmer genießt eine Weiterbildung und wird künftig eigenverantwortlicher tätig. Es handelt sich beim Job Enrichment um eine vertikale Umstrukturierung im Gegensatz zu einer horizontalen Strukturierung beim Job Enlargement. Die Monotonie der Arbeitsaufgabe kann schließlich durch einen systematischen Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) innerhalb eines Unternehmens, welcher eine Mischform von Tätigkeitserweiterung und Arbeitsbereicherung darstellt, abgebaut werden, aber auch durch den Einsatz technischer Hilfsmittel14.

Schließlich war die Methode der Gruppenarbeit ein weiteres Instrument, Arbeit zu humanisieren. Als erstes großes Forschungsprojekt der oben genannten Bundesministerien wurde im VW-Werk Salzgitter das Programm einer Gruppenarbeit in der Motorenmontage verwirklicht. Das Projekt erstreckte sich ab 1975 über einen Zeitraum von drei Jahren15. Es wurden vier Gruppen mit je sieben Arbeitern gebildet, die die komplette Motorenmontage zur Aufgabe hatten. Diese komplexe Aufgabe dauert circa 35 Minuten, ihre alte Fließbandtätigkeit weniger als zwei Minuten16. Das Projekt erhöhte im Ergebnis nicht nur die Arbeitszufriedenheit, sondern führte darüber hinaus zu einer erheblichen Effizienzsteigerung in der Produktionsmenge17.

Bezüglich der Arbeitszeit wollte das Humanisierungsprogramm der Arbeit durch das Angebot von Teilzeit- und Gleitzeitregelungen dem Mitarbeiter ermöglichen, Länge und Lage der Arbeitszeit innerhalb bestimmter Grenzen individuell festzulegen. Des Weiteren sollte die wöchentliche Arbeitszeit insgesamt gesenkt und der Jahresurlaubsanspruch erhöht werden. Eine Erhöhung des Urlaubsanspruches der Arbeitnehmer sollte neben der Steigerung der Arbeitszufriedenheit auch eine positive Auswirkung auf die Beschäftigungssituation am Arbeitsmarkt haben18.

Schädigende Einflüsse der Arbeitsumgebung werden ebenfalls zum Gegenstand von Humanisierungsmaßnahmen gemacht: Dämpfe, Staub und Lärm sind zu vermeiden, wenn sie eine bestimmte Toleranzgrenze zu überschreiten drohen19. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sind daher Kernforderungen des Aktionsprogramms der Bundesregierung 1974. Über 300.000 Arbeitnehmer schieden in der Mitte der 1970er Jahre jährlich vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus. Große volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro im Jahr und menschliche Tragödien waren die Folge20. Vorschriften zur Unfallverhütung, betriebliche Vorbeugemaßnahmen, die Bestellung von Betriebsärzten und Sicherheitsexperten sowie Kontrollen von Schadstoffausstößen sollten zu einer drastischen Reduzierung von Arbeitsunfällen und gesundheitlichen Schäden beitragen.

Ein weiterer Schwerpunkt im Humanisierungsprogramm der Arbeit war der Schutz besonderer Personengruppen, neben weiblicher, behinderter und älterer Arbeitnehmer insbesondere die Jugend. Das Jugendarbeitsschutzgesetz verfolgte den Zweck, Kinderarbeit grundsätzlich zu verbieten und Jugendliche ihrem Entwicklungsstand entsprechend am Arbeitsplatz vor Gefahren zu schützen. Das Bundesministerium für Forschung und Technologie hat sich zur Aufgabe gemacht, Zusammenhänge zwischen Frühinvalidität und beruflicher Überbeanspruchung im jugendlichen Alter zu untersuchen sowie physische und psychische Belastungsgrenzen zu definieren. Des Weiteren sollte ein Katalog von Tätigkeiten erstellt werden, die für jugendliche Arbeitnehmer aufgrund ihrer Leistungs- und Belastungsgrenze nicht in Betracht kommen21.

Wie in der Einführung bereits angedeutet war ein weiterer Schwerpunkt des Humanisierungsprogramms das Themengebiet der betrieblichen Mitbestimmung. Durch gesteigertes Selbstbewusstsein und die deutlich gestiegenen Qualifikationen der Arbeitnehmer wurde der Ruf nach größerer Einflussnahme immer stärker. Der Ausbau von Arbeitnehmerrechten sowie stärkere Mitbestimmungsrechte bei Lohnverhandlungen, Arbeitszeiten und der Einführung von Akkordarbeit standen im Fokus der Forderungen der Arbeitnehmer22.

Der Prozess der Einflussnahme der Beschäftigten und ihrer Interessenvertreter auf die Gestaltung der betrieblichen und außerbetrieblichen Bedingungen wird Beteiligung genannt. Die Beteiligung ist somit die Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen im Prozess der Entscheidungsfindung zur Humanisierung des Arbeitslebens. Zu einer erfolgreichen Umsetzung und hohen Akzeptanz bei den Arbeitnehmern war die Beteiligung an den Humanisierungsprozessen eine unverzichtbare Voraussetzung.

2.4 Eine Zwischenbilanz des Humanisierungsprogramms

Das Aktionsprogramm von 1974 brachte erhebliche Bewegung in die Arbeitswelt. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer entwickelten ein gemeinsames Interesse an zumutbaren, menschengerechten und befriedigenden Arbeitsbedingungen. Die Erwartungen an das Forschungsprogramm richteten sich zum einen auf einen Produktivitätszuwachs, zum anderen auf mehr Arbeits- und Lebenszufriedenheit23. Das Aktionsprogramm wurde Anfang der 1980er Jahre in Folge eines Regierungswechsels neu formuliert. Ende der 1980er Jahre wurde das Programm nach kontroversen Diskussionen um Form und Zielsetzungen unter Auflagen und mit Titeländerung weitergeführt24. Durch die Auflegung des Folgeprogramms Arbeit und Technik (AuT) im Jahr 1989 lässt sich die gleich bleibend hohe Bedeutung des Themas Arbeitshumanisierung ableiten.

An dieser Stelle soll zumindest angemerkt werden, dass zwar bis Ende 1980 im Programmbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie 776 Projekte der verschiedensten Art mit rund 616 Millionen DM gefördert wurden25, es aber auch zum einen Kritik am Humanisierungsprogramm gab - insbesondere was Effektivität und Kosten anging - zum anderen Maßnahmen wie Gruppenarbeit sich nur schwierig durchgesetzt haben.

[...]


1 vgl. Matthöfer, 1980, S. 21

2 vgl. ebenda, S. 25

3 vgl. Schubert, 2001, S.13

4 vgl. Kreikebaum, 1988, S. 8

5 vgl. http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=HYGAFD (Stand: 25.10.2006)

6 vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/NeueHerausforderungen_redeRegierungserklärung Schmidt 1975 (Stand: 25.10.2006)

7 vgl. Kreikebaum, 1988, S. 23

8 vgl. Bundesministerium für Forschung und Technologie (Hrsg.), 1979, S. 26

9 s. Appendix: Abbildung 1

10 vgl. Kreikebaum, 1988, S. 23

11 vgl. ebenda, S. 24

12 vgl. http://www.thomsonlearning.co.uk/businessandmanagement/waller/chap08.pdf (Stand: 28.10.2006)

13 vgl. ebenda

14 vgl. Kreikebaum, 1988, S. 25f

15 vgl. Uhlich, 1989, S. 527f

16 vgl. ebenda, S. 529

17 vgl. ebenda, S. 532

18 vgl. Matthöfer, 1980, S. 9

19 vgl. Kreikebaum, 1988, S. 26

20 vgl. Matthöfer, 1980, S. 97

21 vgl. ebenda, S. 127

22 vgl. Matthöfer, 1980, S. 155

23 vgl. Schubert, 2001, S.44

24 vgl. Schubert, 2001, S. 45f

25 vgl. Schubert, 2001, S. 42

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Humanisierung der Arbeit und Moderationsmethode
Untertitel
Moderne Formen der Arbeitsorganisation
Hochschule
Universität Hamburg  (Fachbereich Wirtschaftwissenschaften)
Veranstaltung
Moderne Formen der Arbeitsorganisation
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V81999
ISBN (eBook)
9783638887465
Dateigröße
1071 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Humanisierung, Arbeit, Moderationsmethode, Moderne, Formen, Arbeitsorganisation
Arbeit zitieren
Nicky Boehmcke (Autor:in), 2006, Humanisierung der Arbeit und Moderationsmethode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81999

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