Die theologische Auseinandersetzung mit Hexenglaube und Verfolgungen - die Katholiken: Drei Theologen im Kampf gegen den Hexenwahn


Hausarbeit, 2002

41 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Argumente und Motive der Kritiker der Hexentheorie im 16. und 17. Jahrhundert
1.1. Die drei Hauptformen der Kritik an Hexenwahn- und Hexenverfolgung
1.1.1. Die theologische Kritik
1.1.2. Die juristische Kritik
1.1.3. Die empirisch-wissenschaftliche Kritik
1.2. Zusammenfassende Beurteilung der theologisch-juristisch und empirisch-wissenschaftlichen Kritik der Gegner der Hexentheorie

2. „Von der falschen Magie und Bekenntnis der Hexen“ -Die Diskussion zwischen Cornelius Loos und Peter Binsfeld
2.1. Cornelius Loos und Peter Binsfeld
2.2. Loos Ansichten über Magie und Dämonologie
2.2.1. Loos Schrift über die wahre und falsche Magie
2.2.2. Der Umgang mit der tradierten Dämonologie
2.3. Die literarische Auseinandersetzung zwischen Cornelius Loos und Peter Binsfeld
2.4. Radikaler Hexenprozeßgegner und Antiprotestant

3. „Brille gegen Monokel“ - Die Diskussion zwischen dem Landpastor Michael Stappert und dem Hexenrichter Heinrich von Schultheiß
3.1. Michael Stappert und Heinrich von Schultheiß
3.2. Die literarische Auseinandersetzung Michael Stapperts mit Heinrich von Schultheiß

4. Jesuiten und Hexenlehre - Die Diskussion zwischen Adam Tanner und Martin Del Rio
4.1. Martin Del Rio
4.2. Adam Tanner
4.3. ‚ Theologia scholastica ‘ und ‚ Disquisitiones magicae ‘ – Die literarische Auseinandersetzung zwischen Adam Tanners mit Martin Del Rio
4.4. Tanners wirkungsgeschichtlicher Einfluß

5. Fazit

6. Literaturangaben

Einleitung

Die Literatur über Hexen, Magier und Zauberer erlebt gerade in unserer heutigen Zeit einen enormen Aufschwung. Das neu erwachte Interesse am Hexenglauben, an schwarzer wie weißer Magie und rituellen Handlungen für eine bessere Lebensbewältigung begegnet uns heute im alltäglichen Leben. Besonderer Beliebtheit erfreut sich dabei die Hexenliteratur. Allein bei der Onlinebuchhandlung Amazon[1] gibt es unter dem eingegebenen Stichwort „Hexen“ immerhin 217 Bücher, die zum Teil die absurdesten Geschichten über Hexenverfolgung und Zauberkunst bis hin zu magischen Back- und Kochrezepten an den Mann (oder die Frau) bringen möchten. Auch das Medium Fernsehen beteiligt sich an dem „Hexenboom in Deutschland“, so widmete das TV der Romanfigur des Zauberlehrlings Harry Potter eine „Discovery“–Dokumentation, unter dem Leitartikel: „Hokuspokus: Was steckt hinter Harry Potter?“[2]

Was hinter dem „Zauber“ wirklich steckt wird oft nur verzerrt in den gängigen Medien wiedergegeben. Monokausale Erklärungsmuster der Hexenprozesse – und Verfolgungen in der frühen Neuzeit sind in der heutigen Tagespresse (Spiegel u.ä.) recht häufig zu finden. Dabei scheint die Devise zu lauten, daß je spektakulärer und verdrehter die Behauptung der selbsternannten Hexen und Autoren sind, sie sich um so besser verkaufen lassen.[3] Die Beteiligten und Schuldigen an der „Ausrottung der weisen Frauen“[4] z.B. sind natürlich klar zu identifizieren, die Amtskirche. Bis heute hat sich die Meinung starr erhalten, daß die „Römische Papstkirche“ die Alleinschuld für die Verfolgung der Hexen trage.[5] Diese These ist mittlerweile widerlegt. Die Suche nach den Ursachen der Hexenprozesse- und Verfolgungen gestaltet sich allerdings schwierig, das Phänomen ist sehr komplex.[6]

Eine Antwort für die Ursache der Verfolgungen ergibt sich anscheinend aber dennoch schnell: „Die Geißel der Hexenverfolgung ist von der Theologie der christlichen Kirche geflochten worden“[7]. Sicherlich sind die Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit kein Ruhmesblatt in der Geschichte der Kirche. Betrachtet man die Rolle der Kirchen (Konfessionen) so zeigt sich, daß Theologen die bedeutendsten Propagatoren der Hexenverfolgung waren, allerdings auch die prominentesten Bekämpfer stellten. Schaut man über diese strenge Einteilung in Hexenverfolgern und ihren Gegnern hinweg, erkennt man, daß es unter den Opfern der Hexenverfolgung auch eine große Anzahl von Klerikern und Ordensfrauen gab.[8] Doch kommen wir von den Opfern zu den Tätern und ihren Motiven.

Die Weiterführung der mittelalterlichen Dämonologie sowie der Ausbau dieser Lehre vom 15. bis zum 17. Jahrhundert, angefangen mit dem „Hexenhammer“Malleus maleficarum des Dominikaners Heinrich Institoris (1430-1495) und der 3 Jahre zuvor ausgestellten „Hexenbulle“Summis desiderantes Papst Innozenzs VIII. (1484-1492), der nie ein dogmatisches Gewicht beigemessen wurde, erreichte mit der Zeit die geistigen Eliten wie auch das einfache Volk.

In der Folgezeit gab es viele katholische (als auch protestantische) Autoren in Deutschland die sich mit der angeblichen Hexengefahr auseinandersetzten, eine wahre Flut an Hexenliteratur erschien zwischen in den 1560er Jahren.[9] Aber auch die Gegner[10] eines solchen Aberglaubens meldeten sich, teilweise unter Lebensgefahr, sehr früh zu Wort und führten theologische Streitgespräche gegen die Ideologen des Hexenwahns. Sie stellen bis heute hin klar, daß Hexenwahn und Hexenverfolgung nicht die offizielle herrschende Lehre der katholischen Kirche zu dieser Zeit war, wie es Eugen Drewermann[11] unlängst behauptet hat. Mit ihren Schriften veränderten sie allmählich das Denken in weiten Teilen der gebildeten (und ungebildeten) Bevölkerung und verhalfen der Vernunft zum Durchbruch.

Diese Arbeit fragt speziell nach den (frühen) Gegnern der Hexenverfolgung und ihrer Argumentation und Motivation sich gegen die Hexentheorie der Verfolger zu stellen. Nicht nur die theologische Auseinandersetzung wird zwischen den Gegnern der Verfolgungen und ihren Befürwortern im Mittelpunkt stehen, auch die Juristische und Methodische wird genannt werden. Der erste Arbeitspunkt beschäftigt sich daher mit den Argumenten und Motiven der Kritiker der Hexentheorie von Johann Weyer (1515-1588) bis Friedrich Spee. Nachdem im Allgemeinen die juristischen, methodischen und theologischen Argumente der Gegner der Hexenverfolgung skizziert wurden, werden drei der Gegner der Hexenprozesse genauer in ihrer Argumentation, Haltung und Motivation gegenüber Hexenprozeß und Hexenwahn vorgestellt. Dabei handelt es sich um den Theologieprofessor Cornelius Loos, den Landpastor Michael Stappert und den Jesuiten Adam Tanner. Sie prägten die frühe Diskussion über den Hexenwahn im katholischen Lager.

Die Einstellung der drei Gegner des Hexenprozesses wird transparenter wenn man auch die Argumentation derer kennt, die Hexenprozeß und Hexenwahn befürworten. Daher werden zusammen mit den Gegnern der Hexenverfolger auch ihre Kontrahenten[12] genannt und ihre Argumentation vorgestellt werden. Die Werke der (frühen) Gegner der Hexenverfolgung sind wesentlich von der Auseinandersetzung mit dem Trierer Weihbischof Peter Binsfeld (Cornelius Loos), dem Jesuiten Martin Del Rio (Adam Tanner und Paul Laymann) und dem Hexenrichter Heinrich von Schultheiß (Michael Stappert) bestimmt. Sie führten die Hexendiskussion in Deutschland mit fast identischen aber auch von einander sehr differenzierten Argumenten, wie noch zu zeigen ist.

1. Argumente und Motive der Kritiker der Hexentheorie im 16. und 17. Jahrhundert

1.1. Die drei Hauptformen der Kritik an Hexenwahn- und Verfolgungen

Die Gegner und Kritiker des überkommenen (kumulativen) Hexen- und Dämonenglaubens (ein Sammelbegriff bestehend aus dem Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexenflug, Hexensabbat und Schadenszauber) arbeiteten mit 3 Hauptformen der Kritik:

1.1.1 Die theologische Kritik:

In der scholastischen Theologie des Mittelalters wurden die verschiedenartigen Zauber- und Magievorstellungen auf- und zu einer einheitlichen Form umgearbeitet. Die Scholastik entwickelte eine theoretisch ausgebildete Dämonologie, die Zauberei crimen magiae als einen Straftatbestand festlegte. Vorherige Versuche zur Bekämpfung des Hexenglaubens seitens der frühmittelalterlichen Kirche schienen vergessen.[13] Gleichzeitig entstand eine strafrechtliche Praxis der profanen Hexenverfolgung. Das mittelalterliche Strafrecht des Sachsenspiegels (1220/35) verfolgte die Zauberei als Ketzerei und bedrohte sie mit der Todesstrafe. Der Schwabenspiegel (1275/76) legte der Zauberei schon den Teufelspakt zugrunde. Das Zaubereiunwesen wurde von Staat (Herrschaft) und Kirche als Mischdelikt delictum mixtum betrachtet und verfolgt.[14]

Die erste Form der Kritik bezog sich auf die tradierte Dämonologie. Es bestand in diesem Fall die Frage, ob Hexerei ein Verbrechen darstellt, für das ein Mensch verantwortlich gemacht werden konnte. Besaßen Hexen überhaupt die Macht die Handlungen zu begehen, für die sie verantwortlich gemacht wurden, oder steckte schlicht der Teufel dahinter. Waren sie Opfer von psychischen Krankheiten oder Wahnvorstellungen, wie der Canon episcopi berichtete, oder von dämonische Täuschungen? 1591 verfaßte Cornelius Loos in Trier eine Schrift gegen den Hexenwahn. Er bezweifelte ganz offen die reale Existenz des Teufels, die Möglichkeit, daß Dämonen auf Menschen, Tiere und Dinge einwirken können und tat den Hexenglauben als kindliche Posse ab. Damit griff Loos die Grundlagen des Hexenglaubens an, nicht, wie die meisten Kritiker nach ihm, nur das juristische Verfahren der Hexenprozesse.[15]

Weitere Überlegungen und Argumente der Kritik betrafen die Allmacht Gottes omniapotentia dei. Weder Hexe noch Teufel galten als Verursacher von Schäden an Leib, Leben und Besitz, sondern es war der Wille Gottes die Menschen zu prüfen und zu strafen. Wer so argumentierte, für den waren die angeblichen Hexen nichts weiter als gewöhnliche Sünder, die durch Reue und Buße wieder in die Gemeinschaft Christi integriert werden konnten.[16]

Das Gottesbild der Autoren war mit entscheidend für die Beurteilung der Hexenfrage, für Spee beispielsweise schienen Hexenprozesse und christlicher Glaube unvereinbar. Der strafende Richter stand dem barmherzigen Vater gegenüber.[17] Als Seelsorger und Beichtväter hatten die Gegner der Hexentheorie die Hexenprozesse selbst vor Augen, Loos in Trier, Tanner in Dillingen und Ingolstadt, Spee im Rheinland und Stappert, der sogar selbst angibt, zu Hexenverfolgungen aufgerufen zu haben, sich dann aber bekehrt hat, im Sauerland.[18] Neben ihrer persönlichen Betroffenheit argumentierten sie mit der Schrift (Mt 13, 24-30) gegen den Hexenwahn und stellten das Ideal der christlichen Nächstenliebe gegen den Verfolgungseifer heraus.[19]

Im Unterschied zu Loos stellten die übrigen katholischen Autoren die Grundlagen des Hexenglaubens sowie die tradierte Dämonologie nicht in Frage, oder verklausulierten ihre Haltung dazu.

Tanner, Laymann und Spee schlossen nicht die Möglichkeit echter Zauberhandlungen, sowie die Existenz des Teufels aus. Jeder von ihnen nahm an, daß das Verbrechen der Zauberei wirklich existierte. Man darf aber nicht vergessen, daß es seit dem 16. Jahrhundert (1590) innerhalb der katholischen Theologie zu einem Verbot der inhaltlich-theologischen Kritik an dem Hexenglauben kam, eine inhaltliche Kritik an der tradierten Dämonologie brachte den jeweiligen Autor in Ketzereiverdacht.[20] Verständlicherweise verzichteten die Autoren auf diese Kritikmöglichkeit. Friedrich Spee von Langenfeld gibt in seiner Cautio criminalis von 1632 in der ersten Frage „Ob es wirklich Hexen, Zauberer oder Unholde gibt?[21] eine bejahende Antwort. Am Schluß des 48. Zweifels (Dubium 48) wagt er sich aber dennoch weit vor, es sei ihm „niemals in den Sinn gekommen, zu bezweifeln, daß es viele Hexen auf der Welt gebe; nun aber, da ich die Tätigkeit der Gerichte näher betrachte, sehe ich mich nach und nach dahin gebracht, zu zweifeln, ob es überhaupt welche gibt.“[22] Am Ende seiner Cautio Criminalis schreibt er sinngemäß nach dem inhaltlichen Kritikverbot im katholischen Raum: „zur Zeit muß noch vieles verschwiegen werden, was ich selbst von derartigen Hexensabbaten halte, werde ich ein andermal kundtun.“[23] Spee hat vermutlich nicht an Hexen geglaubt, war aber genauso wie Tanner und Laymann Kind seiner Zeit, die an das Hexenstigmata glaubte.[24]

Eine Ausnahme bildet der schon oben genannte niederländische Priester Cornelius Loos. Er stellte die überkommene Dämonologie radikal in Zweifel, schloß die Möglichkeit der Hexerei überhaupt aus. Damit widersprach Loos vehement den Anschauungen des Trierer Weihbischofs Peter Binsfeld, sein Traktat[25] hatte im Trierer Land eine größere Bedeutung als der Hexenhammer Heinrichs Institoris, zumal er als Weihbischof ein hohes Ansehen genoß.[26] Die Auseinandersetzungen zwischen Binsfeld und Loos sowie ihre Anschauungen werden uns noch begegnen.

1.1.2 die juristische Kritik

Wie oben erwähnt galt Zauberei bzw. Hexerei als ein Mischdelikt, das von kanonischen und weltlichen Gerichten verfolgt wurde. Vom 15. Jahrhundert an fanden die Hexenprozesse vorwiegend vor weltlichen Gerichten statt. Mit der Entstehung neuer Strafgesetzbücher im 16. Jahrhundert und mit der durch die Reformation einsetzende fortschreitende Trennung von kirchlicher und weltlicher Gewalt, spielten die Hexenprozesse in den Kirchen nur noch eine untergeordnete Rolle, stellten nach wie vor den theoretischen Unterbau des Hexenglaubens. Die 1532 erlassene Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. (Carolina) verurteilte die Zauberei allgemein. In Artikel 109 heißt es: „Item so jemandt den leuten durch zauberey schaden oder nachtheyl zufügt, soll man strafen vom leben zum todt, vnnd man soll solche straff mit dem fewer tun.“ Ein Unterschied wurde zwischen Schadenszauber und Hexerei gemacht, es heißt weiter: „Wo aber jemandt zauberey gebraucht, vnnd damit niemand schaden gethan hett, soll sunst gestrafft werden, nach gelegenheit der sach, darinnen die vrtheyler radts gebrauchen sollen, wie vom radt suchen hernach geschriben steht.“[27] Die Carolina, die die Folter in Hexenprozessen zugesteht, besagt eindeutig, daß der Hexenprozeß nicht mit dem Tod des Beschuldigten enden mußte, wenn der Schaden an Leib und Leben ausblieb. Allerdings galt in den verschiedenen Territorien jeweils das Landesrecht vor dem Reichsrecht (subsidiäres Recht).

Die juristische Kritik konzentrierte sich mehr auf die Führung der Untersuchungen und Prozesse insgesamt und nicht auf die Interpretation einzelner Gesetzesabschnitte, obwohl dies immer wieder vorkam. Juristen wie Theologen kritisierten die Gleichsetzung des Hexenprozesses mit dem Ketzerprozeß, denn wichtige Vorsichts- und Schutzvorkehrungen waren bei sogenannten außerordentlichen Prozeß processus extraordinarius nicht erlaubt. Es wurden den Richtern keine engen Grenzen gesetzt. Der Schutz des Unschuldigen, so wurde argumentiert, stellte ein wichtigeres juristisches Kriterium dar, als die Bestrafung der Schuldigen.[28] Der zentrale Kritikpunkt beim Hexenprozeß war allerdings die zum Teil exzessiv durchgeführte Tortur an den Beschuldigten. Der Gebrauch der Folter als Mittel zur Wahrheitsfindung wurde in Zweifel gestellt, der Mißbrauch angeprangert. Spee fragte in seiner Cautio Criminalis zurecht: „Was suchen wir so mühsam nach Zauberern? Hört auf mich, ihr Richter, ich will euch gleich zeigen, wo sie stecken. Auf, greift Kapuziner, Jesuiten, alle Ordenspersonen und foltert sie, sie werden gestehen. Leugnen welche, so foltert sie drei-, viermal, sie werden schon bekennen.“[29] Man kann den ganzen Komplex der Hexenverfolgung nicht auf die Anwendung der Folter zurückführen, aber die Kritik an den Mißbrauch der Folter erschien eines der erfolgversprechensten Argumente gegen den Hexenprozeß im 17. Jahrhundert zu sein. Laymann, Loos, Stappert und Tanner kritisierten ebenfalls den Einsatz der Tortur.

Scharf kritisierte der italienische Inquisitor und Kanonist Francesco Albizzi (1593-1683) die Praxis, aufgrund von Besagungen (Denunziationen) angeblicher Teilnehmer am Hexensabbat Kettenprozesse durchzuführen. „Daß den Hexen, die beteuern, sie hätten am Hexensabbat bestimmte Personen gesehen, nicht zu deren Nachteil geglaubt werden soll, da es für Illusion angesehen wird, hat die Suprema (das Heilige Offizium in Rom) mehrmals festgelegt, besonders 1594 und 1595.“[30]

Obwohl auch er die Möglichkeit von Hexenflug und Teufelspakt nicht leugnete, riet er zur Vorsicht, besonders bei angeblichen Fällen von Schadenszauber. Albizzi sprach sich für gewissenhaftere Untersuchungen bei Todesfällen durch Mediziner aus.[31] Persönlich konnte er sich vom Hexenunwesen in Deutschland überzeugen, eine Reise nach Köln 1636/37 zeigte ihm die exzessiven Auswüchse der Verfolgung. Über das Leid der zum Tode verurteilten Hexen war er selbst persönlich betroffen: „Und als ich Kardinal Ginetti, der an die deutschen Fürsten entsandt worden war, um den Frieden zu vermitteln, begleitet, bot sich unseren Augen ein fürchterliches Schauspiel: außerhalb der Mauern mehrerer Dörfer waren unzählige Pfähle errichtet, an die gefesselt arme und überaus bedauernswerte Frauen als Hexen von den Flammen verzehrt worden waren.“[32]

[...]


[1] Durchgeführt am 07.04.2002 um 19.30 Uhr. <www.amazon.de>.

[2] Diese Dokumentation wurde im ZDF am 09.04.2002 um 16.15 gesendet.

[3] Wolf, Hans-Jürgen: Sünden der Kirche, Erlensee 1996.

[4] Heinsohn, Gunnar u. Steiger, Otto: Die Vernichtung der weisen Frauen. Beiträge zur Theorie und Geschichte der Bevölkerung und Kindheit, Herbstein5 1985.

[5] Ein älteres Beispiel: Keubert, Hans: Zauberwahn. Die Greul der Inquisition und Hexenprozesse. Dem Ultramontanismus ein Spiegel. München 1913.

[6] Die Wissenschaft bietet verschiedene Deutungsmuster an, folgende wollen genannt sein: Behringer, Wolfgang: Hexenverfolgung in Bayern, München³ 1997, 96-122. Diekmann, Frank J.: Die Ursachen frühneuzeitlicher Hexenverfolgungen – Ihr Bezug zur Gegenwart, in: ThGl, Bd. 89 (1999), 425-453. Lehmann, Hartmut: Hexenglaube und Hexenprozesse in Europa um 1600, in: Degn, Christian (Hg.): Hexenprozesse: deutsche und skandinavische Beiträge, Neumünster 1983, 14-28.

[7] Behringer, Wolfgang: „Vom Unkraut unter dem Weizen“, in: Dülmen, Richard van (Hg.): Hexenwelten, Frankfurt am Main 1987, 20. Künftig zitiert: Behringer, Vom Unkraut unter dem Weizen.

[8] Vgl. Schwillus, Harald: Kleriker im Hexenprozeß, Würzburg 1992, 10-13.

[9] Behringer, Wolfgang: Hexenverfolgung in Bayern, München³ 1997, 120. Künftig zitiert: Behringer, Hexenverfolgung in Bayern.

[10] Zu nennen wären hier Cornelius Loos (1540-1597), Michael Stappert (1585/90-1663), Adam Tanner (1572-1632), Paul Laymann (1575-1635) und Friedrich Spee (1591-1635). Zu weiteren Kritikern siehe: Behringer, Vom Unkraut unter dem Weizen, 40-42.

[11] Drewermann, Eugen: Friedrich Spee – ein Kämpfer um die Menschlichkeit, in: Brockmann, Doris (Hg.): Die politische Theologie Friedrich Spees, München 1991, 38-42.

[12] Zu nennen wären hier: Peter Binsfeld (1545-1598), Gregor von Valencia (1549-1603), Martin Del Rio (1551-1608) und Heinrich von Schultheiß (1546-1646). Zu weiteren Hexenverfolgern siehe: Behringer, Vom Unkraut unter dem Weizen, 29-31.

[13] Karl der Große (800-814) bestimmte in einem sächsischen Kapitular: „Wenn jemand, vom Teufel betört, glaubt, ein Mann oder eine Frau sei eine striga (Hexe), die Menschen verzehre, und sie in diesem Glauben tötet, so soll er selbst mit dem Tode bestraft werden.“ Der Bischof Agobard von Lyon (814-841) leugnete jeden Einfluß des Teufels oder Zauberers auf das Wetter, bekämpfte den Glauben an das Anhexen von Krankheiten und verbot Gottesurteile. Der berühmte Canon episcopi aus dem Werk Reginos von Prüm (+ 915) sah im Hexenflug eine Wahnvorstellung. Vgl. Zenz, Emil: Die geschichtlichen und geistigen Hintergründe des Hexenwahns, in: Arens, Anton (Hg.): Friedrich Spee im Licht der Wissenschaft, Mainz 1984, 137-138. Künftig zitiert: Zenz, Die geschichtlichen und geistigen Hintergründe des Hexenwahns.

[14] Zenz, Die geschichtlichen und geistigen Hintergründe des Hexenwahns, 140.

[15] Franz, Gunther: Die Hexenverfolgung im Kurfürstenum Trier, in: Franz, Gunther (Hg.): Friedrich Spee – Dichter, Seelsorger, Bekämpfer des Hexenwahns Kaiserswerth 1591 – Trier 1635, Düsseldorf 1991, 62. Künftig zitiert: Franz, Friedrich Spee.

[16] Lehmann, Hartmut u. Ulbricht, Otto: Motive und Argumente von Gegnern der Hexenverfolgung von Weyer bis Spee, in: Lehmann, Hartmut u. Ulbricht, Otto (Hg.): Vom Unfug des Hexen-Processes, Wiesbaden 1992, 5-6. Künftig zitiert: Lehmann/Ulbricht, Motive und Argumente von Gegnern der Hexenverfolgung von Weyer bis Spee.

[17] Oorschot, Theo van: Ihrer Zeit voraus. Das Ende der Hexenverfolgung in der Cautio Criminalis, in: Lorenz, Sönke und Bauer, Dieter (Hg.): Das Ende der Hexenverfolgung, Stuttgart 1995, 8-9. Künftig zitiert: Oorschot, Ihrer Zeit voraus.

[18] Decker, Rainer: Pfarrer Michael Stappert – der Friedrich Spee des Sauerlandes, in: Senger, Michael: Dreißigjähriger Krieg im Herzogtum Westfalen, Schmallenberg Holthausen 1998, 47. Künftig zitiert: Decker, Pfarrer Michael Stappert.

[19] Lehmann/Ulbricht, Motive und Argumente von Gegnern der Hexenverfolgung von Weyer bis Spee, 12-13.

[20] Behringer, Wolfgang: Meinungsbildende Befürworter und Gegner der Hexenverfolgung (15. bis 18. Jahrhundert), in: Valentinitsch, Helfried: Hexen und Zauberer, Graz 1987, 229. Behringer, Hexenverfolgung in Bayern, 230-231.

[21] Spee, Friedrich: Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse, Frankfurt am Main² 1632, 1. Künftig zitiert: Spee, Cautio Criminalis.

[22] Spee, Cautio Criminalis, 45

[23] Spee, Cautio Criminalis, 56.

[24] Oorschot, Ihrer Zeit voraus, 3-4.

[25] Binsfeld, Peter: Tractat von Bekanntnuß der Zauberer und Hexen, München 1591.

[26] Zenz, Die geschichtlichen und geistigen Hintergründe des Hexenwahns, 147-148.

[27] Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V., 73.

[28] Clark, Glaube und Skepsis in der deutschen Hexenliteratur von Johann Weyer bis Friedrich von Spee, in: Lehmann, Helmut u. Ulbricht, Otto (Hg.): Vom Unfug des Hexen-Process, Wiesbaden 1992,17. Künftig zitiert: Clark, Glaube und Skepsis in der deutschen Hexenliteratur von Johann Weyer bis Friedrich von Spee. Vgl. Lehmann/Ulbricht, Motive und Argumente von Gegnern der Hexenverfolgung von Weyer bis Spee, 8.

[29] Cautio Criminalis, 96. Die 20. Frage der Cautio Criminalis beschäftigt sich mit der Folter. Spee zählt juristische, psychologische und auch theologische Argumente gegen die Folteranwendung auf, vgl.: Cautio Criminalis, 79-97.

[30] Decker, Rainer: Artikel über Albizzi, Francesco. 15.03.2002, in: Gersmann, Gudrun, Schmidt Jürgen Michael u. Wittke, Margarete: Lexikon zur Geschichte der europäischen Hexenverfolgung (Ein Server für die Frühe Neuzeit), 2. <www.sfn-uni-muenchen.de>

[31] Decker, Rainer: Artikel über Albizzi, Francesco. 15.03.2002, in: Gersmann, Gudrun, Schmidt Jürgen Michael u. Wittke, Margarete: Lexikon zur Geschichte der europäischen Hexenverfolgung (Ein Server für die Frühe Neuzeit), 3. <www.sfn.uni-muenchen.de>

[32] Decker, Rainer: Spee und Tanner aus der Sicht eines römischen Kardinal-Inquisitors, in: Spee-Jahrbuch, Bd.6 (1999), 47.

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Die theologische Auseinandersetzung mit Hexenglaube und Verfolgungen - die Katholiken: Drei Theologen im Kampf gegen den Hexenwahn
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Theologie)
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
41
Katalognummer
V8195
ISBN (eBook)
9783638152365
Dateigröße
1081 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auseinandersetzung, Hexenglaube, Verfolgungen, Katholiken, Drei, Theologen, Kampf, Hexenwahn
Arbeit zitieren
Thorsten Hübner (Autor:in), 2002, Die theologische Auseinandersetzung mit Hexenglaube und Verfolgungen - die Katholiken: Drei Theologen im Kampf gegen den Hexenwahn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8195

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