Chinesische Höflichkeit

Das Gesichtskonzept


Term Paper, 2006

16 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Höflichkeitsbegriff im deutschen Sinne

2 Höflichkeit im chinesischen Sinne

3 Formen der Höflichkeit an ausgewählten Beispielen
3.1 Die Kunst der Andeutung
3.2 Die Chinesische Sprache der Overstatements
3.3 Spiralförmiges Reden
3.4 Stille Verweigerung
3.5 Die chinesische Entschuldigung
3.6 Höflichkeitsfloskeln
3.7 Körperhaltung und Nonverbale Kommunikation

4 Prägende Faktoren des Höflichkeitsverständnisses
4.1 Chinesisches Kollektiv / Gemeinschaft
4.1.1 Kollektiv
4.1.2 Hierarchie
4.1.3 Harmonie
4.1.4 Stellung des Ich – danwei 单位
4.1.5 Gruppengrenzen
4.2 Anforderungen an das Verhalten des Individuums im Kollektiv
4.2.1 Bescheidenheit und Respekt
4.2.2 Herzenstausch
4.2.3 Gesichtskonzept - mianzi 面子

5 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Chinesen nennen ihr Land „Land der Höflichkeit und Güte“. Es existieren tausende Höflichkeitsformeln und Rituale. Eine andere Denkweise, die den Chinesen von klein auf anerzogen wird, führt häufig zu Missverständnissen interkultureller Art. In der Ihnen vorliegenden Arbeit erläutere ich die Hintergründe und die Wurzeln der chinesischen Höflichkeit. An ausgewählten Beispielen werden die typischen Formen der Höflichkeit verdeutlicht.

1 Höflichkeitsbegriff im deutschen Sinne

Im Deutschen wird Höflichkeit häufig mit den Begriffen Anstand, Takt, Benimm, „guter Ton“ oder Etikette in Verbindung gebracht. Die etymologische Herkunft des Wortes lehnt am Begriff „höfisch“ an, der ursprünglich den Verhaltenskodex der feudalen Gesellschaft im Mittelalter bezeichnete. Spezielle Verhaltensregeln dienten dazu, sich von der bäuerlichen Gesellschaft abzuheben.[1] Die heutige Verwendung des Begriffes Höflichkeit lässt sich in zwei Kategorien untergliedern, zum einen die zweckgerichtete Höflichkeit, die mit Hilfe von Taten den Respekt vor Mitmenschen aufzeigt, und zum anderen die formale Höflichkeit, die auch dazu verwendet werden kann, einen Mangel an echtem Respekt zu verbergen. Aber auch so genannte „Benimm-Regeln“, die dazu dienen, seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu deklarieren und zugleich einem ästhetischen Anspruch gerecht werden, werden mit dem Begriff der Höflichkeit verbunden (Thomas, 1996). Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge[2] definiert mit seinem 1788 erschienen Werk „Über den Umgang mit Menschen“ (heute einfach kurz als "Knigge" bekannt) die Regeln für Taktgefühl und Höflichkeit im Umgang mit den Generationen, Berufen und Charakteren. Sein Nachfahre Moritz Freiherr Knigge[3] veröffentlichte im Jahre 2004 eine moderne Fassung des bekanntesten Werkes unter dem Titel „Spielregeln. Wie wir miteinander umgehen sollten“. Diese Höflichkeits- oder Benimmregeln[4] lassen sich als Präventionsmaßnahmen verstehen, die dazu dienen, Konfliktpotentiale, Unstimmigkeiten oder zwischenmenschliche Reibungspunkte zu minimieren und den sozialen Frieden zu wahren.

2 Höflichkeit im chinesischen Sinne

Die Höflichkeit gilt als eine der wichtigsten Tugenden der Chinesen. Sie ist eng mit dem Konfuzianismus verbunden. Es wäre jedoch unzureichend, ihren Ursprung ausschließlich in der Harmonie-Lehre des Konfuzianismus zu suchen. Sowohl im Daoismus als auch im Moismus und Legalismus[5] sind wichtige zwischenmenschliche Verhaltensmaximen verwurzelt (Liang 1998, S. 252). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Schwerpunkt aber auf die Aspekte der Schriften des Konfuzianismus und Daoismus liegen. Eine Übersetzung des deutschen Begriffes „Höflichkeit“ wird als礼貌 „limao“ angegeben und lässt sich in 礼li und 貌mao zerlegen. Der Begriff li, der in seiner ursprünglichen Bedeutung „Ritual“ bedeutet, wurde durch Konfuzius zum „Ordnungsprinzip der Gesellschaft und des Universums“ ausgeweitet (Gernet 1979, S. 372). Die heutige Bedeutung bezeichnet die Gesamtheit der gesellschaftlichen Umgangsformen wie „Rituale“, “Anstand“, „Etikette“ und „Förmlichkeit“. 礼教lijiao, die so genannte Li-Lehre steht für „Höflichkeit und Bildung“. Der Begriff mao kann als „äußeres Erscheinen“ übersetzt werden. 礼貌 „limao“ lässt sich demnach als das äußere Erscheinungsbild li-gemäßen Verhaltens interpretiere. Die klassischen Verhaltensmuster stützten sich auf die beiden Grundpfeiler Bescheidenheit und Respekt. Im Mittelpunkt dieser Verhaltenmaxime stehen die Herabsetzung der eigenen Person und die Aufwertung des anderen. Ein renommierter Fachmann wird z.B. seinen Vortrag so beginnen, er würde nicht viel von diesem Thema verstehen und seine Ausführungen wären eventuell unvollständig und falsch. Die chinesische Bescheidenheit erscheint einem kulturfremden Menschen in gewisser Weise als Form der Selbsterniedrigung. So spricht ein Chinese von bi xing, seinem bescheidenen Familiennamen oder bi ren, seiner bescheidenden Person/Ich. Es handelt sich hierbei um Floskeln, deren wörtliche Deutung häufig zu interkulturellen Missverständnissen führt. Sie zeigen jedoch deutlich den Stellenwert von Respekt, Höflichkeit und Achtung, durch die sich die chinesische Kultur auszeichnet.

3 Formen der Höflichkeit an ausgewählten Beispielen

Um die Formen der chinesischen Höflichkeit anschaulicher darzustellen, werden im Folgenden Beispiele angeführt, wie sie im alltäglichen Handeln und Sprechen der Chinesen existieren.

3.1 Die Kunst der Andeutung

Eine Bitte oder Erwartung wird sprachlich so verpackt, dass sie der Gesprächspartner ohne weiteres überhören könnte. Er soll sich nicht dazu genötigt fühlen, der Bitte nachzugehen. Es gilt als plump, eine Bitte direkt vorzutragen. „Er habe gehört, deutsches Bier sei sehr köstlich“, äußerte ein Kommilitone gegenüber einem Deutschen, der für ein paar Tage nach Hause flog. Dieser Satz bedeutet eine indirekte Aufforderung an den Deutschen, seinem Kommilitonen deutsches Bier mitzubringen. Für Ausländer sind diese beiläufigen Bitten schwierig herauszuhören und führen oft zu Enttäuschung und Verärgerung. Besonders für Chinesen kann die Nichtbeachtung von Andeutungen schwere Folgen im Berufsleben haben. Für Ausländer hingegen gilt ein gewisser „Trampeligkeits-Bonus“ (Chen, 2004, S. 97)

3.2 Die Chinesische Sprache der Overstatements

Für Mitteilungen der angenehmen Art gilt das Prinzip der Übertreibung. „Sie sprechen wirklich gut Chinesisch“ wird ein Ausländer der ein paar Worte Chinesisch spricht, zu hören bekommen. Dem gegenüber existiert auch ein Prinzip des Untertreibens. Negatives beispielsweise wird so sachte wie möglich behandelt. „Könnten Sie vielleicht ein kleines bisschen ruhiger sein?“ bedeutet soviel wie „Halt den Mund“.

3.3 Spiralförmiges Reden

Das so genannte „spiralförmige Reden“ ist charakteristisch für die Redensart der Chinesen. Man umschreibt den eigentlich Kern der Aussage, um den Zuhörer nicht mit Dingen zu belasten, die ihn möglicherweise gar nicht interessieren. Dabei beginnt man ganz beiläufig und beobachtet ständig die Reaktion seines Gesprächspartners. So versucht man herauszufinden zu welchem Zeitpunkt man die Geduld seines Gegenübers überstrapaziert.

[...]


[1] ausführlich in Jaeger, Charles Stephen (2001): Die Entstehung höfischer Kultur. Berlin: Schmidt,

[2] deutscher Schriftsteller, 16. Oktober 1752 in Bredenbeck bei Hannover; † 6. Mai 1796 in Bremen

[3] deutscher Unternehmensberater, 7. Oktober 1968 in Hannover, Nachfahre von Adolph Freiherr Knigge

[4] Es sei darauf hingewiesen, dass die Termini des Benimms und der Höflichkeit verschiedene Bedeutungen aufweisen. Da sie jedoch ähnliche Funktionen im zwischenmenschlichen Umgang erfüllen und eine exakte Differenzierung zu weit führt, werden sie im Rahmen dieser Arbeit als Synonyme verwendet.

[5] Es handelt sich hierbei um die vier bekanntesten philosophischen Richtungen Chinas, die zwischen der Vor-Qin-Zeit und der Früh-Han-Zeit entstanden sind.

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Details

Title
Chinesische Höflichkeit
Subtitle
Das Gesichtskonzept
College
http://www.uni-jena.de/  (Philisophische Institut)
Course
Chinesische Höflichkeit
Grade
1,0
Author
Year
2006
Pages
16
Catalog Number
V81830
ISBN (eBook)
9783638890519
ISBN (Book)
9783638892933
File size
462 KB
Language
German
Keywords
Chinesische, Höflichkeit, Chinesische, Höflichkeit
Quote paper
Max Prehn (Author), 2006, Chinesische Höflichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81830

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Title: Chinesische Höflichkeit



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