Gefahrguttransporte im Eisenbahnbetrieb


Diplomarbeit, 2006

122 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Bildverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Kurzfassung

1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Thema & Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen zu Gefahrgut und Gefahrguttransporten
2.1 Einleitung
2.2 Erläuterungen zu Gefahrgut
2.2.1 Begriffsbestimmungen/Erläuterungen
2.2.2 Klassifizierung
2.2.3 Weitere Unterteilung
2.2.4 UN-Nummer
2.2.5 Umschließungen
2.2.6 Kennzeichnen und Bezetteln
2.2.7 Zusammenladung
2.2.8 Freistellungen
2.2.9 Besonderheiten beim Eisenbahnbetrieb
2.3 Einordnen der Gefahrguttransporte in den Güterverkehr
2.4 Vorbereitung von Gefahrguttransporten

3 Regelwerke und ihre Anwendung bei Gefahrgut- transporten und normalem Güterverkehr
3.1 Einleitung
3.2 Allgemeine Regelwerke
3.2.1 Übersicht
3.2.2 Anwendung der Regelwerke
3.3 Regelwerke für normalen Güterverkehr auf Straße & Schiene
3.3.1 Übersicht
3.3.2 Anwendung der Regelwerke
3.4 Regelwerke für Gefahrguttransporte auf Straße & Schiene
3.4.1 Übersicht
3.4.2 Anwendung der Regelwerke
3.5 Unterschiede

4 Vorstellung des Eisenbahnbetriebsfelds
4.1 Einleitung
4.2 Rahmenbedingungen
4.3 Betriebsprogramm
4.4 Infrastruktur
4.5 Disposition
4.5.1 Cargo Leitzentrale
4.5.2 Transportmanagement
4.5.3 Cargo Zentrum

5 Realisierung von Gefahrguttransporten im Eisenbahnbetriebsfeld
5.1 Einleitung
5.2 Gefahrgutrecht im Eisenbahnbetriebsfeld
5.3 Regelbetrieb
5.3.1 Betriebsprogramm
5.3.2 Infrastruktur
5.3.3 Disposition
5.4 Betrieb mit auftretenden Störfällen
5.4.1 Mögliche Störfälle und Maßnahmen bei Störfällen
5.4.2 Betriebsprogramm
5.4.3 Infrastruktur
5.4.4 Disposition

6 Notwendige Anpassungen bzw. Definitionen
6.1 Einleitung
6.2 Betriebsprogramm
6.3 Infrastruktur
6.3.1 TM Nord
6.3.2 TM Süd
6.4 Disposition

7 Zusammenfassung & Ausblick
Quellenverzeichnis
Literatur
Internet
Studienarbeiten
Gespräche
Kontakte
Gesetze / Richtlinien / Vorschriften / Verordnungen / Merkblätter
Sonstige

Anhang
Anhang 1: Fotodokumentation
Anhang 2: Verteilung der Herrschaftsmacht
Anhang 3: Gefahrgutlinien
Anhang 4: Infrastruktur
Anhang 5: Störfälle
Anhang 6: Anpassungen bzw. Definitionen
Anhang 7: Streckenplan Eisenbahnbetriebsfeld

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bildverzeichnis

Bild 1: Fahrdienstleitstelle Wilhelmstal im Eisenbahnbetriebsfeld Darmstadt (Quelle: eigene Aufnahme)

Bild 2: Beispiel für eine Kennzeichnung von Gefahrgut (Quelle: Abschn. 5.3.2.2.3 ADR/RID)

Bild 3: Einige Beispiele für Gefahrzettel (Quelle: Abschn. 5.2.2.2.2 ADR/RID)

Bild 4: Rangierzettel nach Muster 13 und 15 (Quelle: Abschn. 5.3.4.2 RID)

Bild 5: Übersicht Rechtsgrundlagen Gefahrguttransporte (Quelle: eigene Zeichnung)

Bild 6: Dispositive Struktur des Eisenbahnbetriebsfelds (Quelle: eigene Zeichnung)

Bild 7: Querschnitt einer Gleistasse (Quelle: eigene Zeichnung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einteilung der Gefahrgüter in Klassen (Quelle: Rannenberg, 2005; S. 5)

Tabelle 2: Bedeutung der Verpackungsgruppen (Quelle: Abschn. 2.1.1.3 ADR/RID)

Tabelle 3: Übersicht der mitzuführenden Begleitpapiere bei Gefahrguttransporten auf der Schiene (Quelle: Eigene Tabelle)

Tabelle 4: Unterteilung von Gefahrguttransporten mit Gefahrgut der Klasse 7 (Quelle: Railion-Richtlinie 608.0172)

Tabelle 5: Übersicht der mitzuführenden Begleitpapiere bei Gefahrguttransporten auf der Straße (Quelle: Eigene Tabelle)

Kurzfassung

Im Eisenbahnbetriebsfeld Darmstadt (EBF) sollen schwerpunktmäßig dispositive Betriebsfeldübungen durchgeführt werden. Dies dient der Ausbildung von Mitarbeitern der Railion Deutschland AG. Bei einem Teil des Güterverkehrs in Deutschland handelt es sich um Gefahrguttransporte, die bei der Disposition eine besondere Rolle spielen. Daher sollen auch solche Transporte und diesbezügliche Störfälle im EBF wirklichkeitsnah ermöglicht und im Rahmen der Betriebsfeldübung geübt werden. Ziel der Arbeit ist es, die Grundlage für Gefahrguttransporte und für damit verbundene Störfälle im EBF zu legen. Es ist also ein Konzept für die Simulation von Gefahrguttransporten zu erarbeiten, welches mit den Ausbildungszielen des EBF konform ist.

Gefahrguttransporte sind eine besondere Form des Güterverkehrs. Es handelt sich dabei um die Beförderung von Gütern im öffentlichen Verkehrsraum, von denen im Zusammenhang mit ihrer Beförderung Gefahren ausgehen können. Gefahrgüter werden zwecks einer sicheren Handhabung und eines sicheren Transports u. a. in Klassen unterteilt und einer UN-Nummer zugeordnet. Dadurch können Aussagen über die notwendige Art der Umschließung sowie der Kennzeichnung und Bezettelung und über die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen gemacht werden.

Gefahrguttransporte bedürfen besonderer Infrastruktur und Handhabung während des Betriebs. In dieser Arbeit ist eine Übersicht der für den Betrieb von Gefahrguttransporten wesentlichen gesetzlichen Regelungen dargestellt. Der Schwerpunkt liegt auf den speziellen Regelungen für Gefahrguttransporte (z.B. GGBefG, AtG, GGVSE, ADR, RID). Dabei unterscheiden sich die Vorschriften zu den einzelnen Verkehrsträgern Straße und Schiene sowie zu den Gutarten (normale Güter und Gefahrgüter) in einigen Punkten. So gibt es zwecks einer höheren Sicherheit bei Gefahrguttransporten bspw. eine differenziertere Aufgabenverteilung, eine Fülle an notwendigen Begleitpapieren, umfangreichere Vorschriften zur Verpackung und Kennzeichnung usw.

Mit der Beschreibung des EBF ist die Grundlage für das Verständnis der weiteren Ausarbeitung gelegt, gefolgt von der Umsetzung des Gefahrgutrechts im EBF und der Ausarbeitung der Möglichkeiten, Gefahrguttransporte im EBF durchzuführen. Bei der Beschreibung des EBF gilt der Disposition besonderes Augenmerk. Die Disposition wird in 3 Ebenen ausgeführt: der Cargo Leitzentrale (CLZ), dem Transportmanagement (TM) und dem Cargo Zentrum (CZ).

Es hat sich gezeigt, dass ein Großteil des Gefahrgutrechts im EBF nicht umgesetzt werden kann bzw. nicht umgesetzt werden muss. Dies aus dem Grund, weil die Übung dispositiver Natur ist, die gesetzlichen Regelungen aber vornehmlich auf den Betrieb abzielen (Klassifizieren, Verpacken, Verladen…). Es hat sich auch gezeigt, dass der Disposition im Regelbetrieb lediglich eine überwachende Funktion zukommt, die in einer Betriebsfeldübung nicht geübt werden muss. Für die Betriebsfeldübung viel interessanter ist der Betrieb mit auftretenden Störfällen. Hierbei kommt der Disposition ihre eigentliche Aufgabe zu. Dabei ist zum einen von Interesse, beispielhaft mögliche Störfälle und Maßnahmen gegen diese Störfälle aufzuzeigen. Zum anderen, wie ein Betriebsprogramm mit Störfällen aussehen könnte, welche Infrastruktur für erforderliche Maßnahmen gegen Störfälle notwendig wäre und wie diese Infrastruktur bei den auftretenden Störfällen örtlich von der Disposition zu gebrauchen wäre.

So ist ein Betriebsprogramm mit Vorschlägen für Störfälle bei Gefahrguttransporten der einzelnen Linien erarbeitet worden, wie etwa Leckagen, falsche Bezettelung, Entgleisungen, Sitzblockaden und dergleichen mehr.

Für ausgewählte Standorte sind Vorschläge für mögliche infrastrukturelle Maßnahmen im Störungsfalle gemacht worden. So können etwa Gleistassen oder Gummimatten und Wannen in ausgewählten Dispo-Gleisen vorgehalten werden. In manchen Fällen (Nukleartransporte) ist auch Sichtschutz und Unzugänglichkeit notwendig. Die Auswahl der Standorte richtet sich nach der Wahrscheinlichkeit eines Störfalles und der Anforderung, dass an jeder Stelle Maßnahmen bei einem Störfall schnell eingeleitet werden können.

Sodann sind für das Betriebsprogramm Vorschläge gemacht worden, wie die Disposition auf die jeweiligen Störfälle reagieren könnte. So z.B. Disponieren in ein Gleis mit Gleistasse oder Gummimatten und Auffangwannen bei einer Leckage. Oder die Rückfahrt in den Ausgangsbahnhof eines Nukleartransportes bei behinderter Weiterfahrt.

In einem letzten Schritt sind Vorschläge gemacht worden, welche Schritte (Maßnahmen bzw. Definitionen) für die Verwirklichung von Gefahrguttransporten im EBF unternommen werden müssen. So z.B. eine Gleisverlängerung, das Nachbilden mehrerer Bahnüberführungen, das Definieren mehrerer Dispo-Gleise, das Nachbilden mehrerer Gleistassen usw.

1 Einleitung

1.1 Ausgangslage

Auf dem Gelände des Werks Darmstadt der DB Regio AG wird zurzeit das Eisenbahnbetriebsfeld Darmstadt (EBF) gebaut. Daran beteiligt sind das Fachgebiet Bahnsysteme und Bahntechnik der Technischen Universität Darmstadt, die Deutsche BahnAG/Dienstleistungszentrum Bildung sowie der Akademische Arbeitskreis Schienenverkehr e.V. Es handelt sich um eine Eisenbahnmodellanlage mit ein- bis viergleisigen Strecken und diversen Betriebsstellen (z. B. Knotenbahnhöfe, Zugbildungsanlagen, Trajektierung). Das EBF dient Aus- und Weiterbildungszwecken: Auszubildende und Studenten können die geschäftsübergreifenden Prozesse im Eisenbahnbetrieb kennen lernen und Akteure des Eisenbahnwesens können ihre Kenntnisse vertiefen und aktualisieren. Es soll zum einen der Regelbetrieb anhand eines Betriebsprogramms, zum anderen aber auch das Störfallmanagement im Rahmen dispositiver Übungen geübt werden. Auch sollen neue Betriebsverfahren erprobt werden können.[1]

Die Infrastruktur der im Bau befindlichen Anlage und das in Planung befindliche Betriebsprogramm samt vorgesehenen Störfällen müssen noch aufeinander abgestimmt und evtl. entsprechend angepasst werden. Dies gilt u. a. auch für Gefahrguttransporte und diesbezügliche Störfälle, die im EBF simuliert werden sollen.

1.2 Thema & Ziel der Arbeit

Aus diesem Grund befasst sich die vorliegende Arbeit mit Gefahrguttransporten und diesbezüglichen Störfällen im EBF. Es wird mit der Arbeit das Ziel verfolgt, auf der Basis des bereits vorliegenden (unfertigen) Betriebsprogramms und der Infrastruktur Gefahrguttransporte realistisch und wirklichkeitsnah simulieren zu können.

Um dies erreichen zu können, müssen die maßgeblichen Regelwerke und die sich zwischen den Verkehrsträgern Straße und Schiene sowie normalen Gütern und Gefahrgütern ergebenden Unterschiede betrachtet werden. Ferner müssen das Betriebsprogramm sowie die Infrastruktur auf ihre Tauglichkeit hin für die Simulation von Gefahrguttransporten samt Störfällen untersucht werden.

1.3 Aufbau der Arbeit

Mit dem Kapitel 2 wird dem Leser zunächst ein Eindruck davon vermittelt, um was es sich bei Gefahrgut handelt, was unter dem Begriff „Gefahrguttransporte“ zu verstehen ist und wie diese in den normalen Güterverkehr einzuordnen sind.

Daran schließt sich mit Kapitel 3 eine Darstellung der maßgeblichen Regelwerke für Güterverkehr allgemein und für Gefahrguttransporte speziell sowie die Anwendung dieser Regelwerke an. Ergebnis ist die Beschreibung des Ablaufs von Gefahrguttransporten.

Kapitel 4 befasst sich nach dem Vorstellen der Grundlagen in den vorangegangenen Kapiteln mit der Beschreibung des EBF. Damit wird für den Leser eine weitere Grundlage für das Verständnis der nächsten beiden Kapitel gelegt.

Mit den beiden Kapiteln 5 und 6 schließlich wird das eigentliche Ergebnis der Arbeit erarbeitet und dargestellt:

Im Kapitel 5 werden Möglichkeiten aufgezeigt, das Gefahrgutrecht auf das EBF zu übertragen. Außerdem werden Vorschläge für das Betriebsprogramm, die Infrastruktur und die Disposition für Gefahrguttransporte im Regelbetrieb und mit auftretenden Störfällen erarbeitet.

Im Kapitel 6 werden die Anpassungen und Definitionen vorgeschlagen, die zur Realisierung des in Kapitel 5 Erarbeiteten notwendig sind.

Im Kapitel 7 finden sich eine Zusammenfassung der Arbeit und ein Ausblick.

In dieser Arbeit sind manche Passagen eingefügt worden, die für einen Fachmann im Bereich der DB AG (Gefahrguttransporte) für das Verständnis nicht notwendig sind. Für den Laien sind diese erklärenden Passagen jedoch für ein besseres Verständnis wichtig.

Kenntlich gemacht sind die Passagen durch eingerückten, kursiven Text.

Der Fachmann kann die Passagen überspringen. Dem Laien seien sie zur Lektüre empfohlen.

2 Grundlagen zu Gefahrgut und Gefahrguttransporten

2.1 Einleitung

Bevor die maßgebenden gesetzlichen Regelungen für Gefahrguttransporte im Kapitel 3 ausgearbeitet werden können, soll grundlegend geklärt werden, was Gefahrgut ist und wie die Vorbereitungen für den Transport von Gefahrgut aussehen. Denn erst, wenn diese Grundlagen dargestellt und verstanden sind, kann der Leser den Ausführungen zu den Regelungen für Gefahrguttransporte folgen.

Das folgende Kapitel widmet sich also Fragen wie etwa: Was ist Gefahrgut? Wie kann Gefahrgut klassifiziert und verpackt werden? Wie muss Gefahrgut für die Beförderung vorbereitet werden? Gibt es Ausnahmen bzw. Freistellungen usw.? Was macht Gefahrguttransporte aus?

2.2 Erläuterungen zu Gefahrgut

2.2.1 Begriffsbestimmungen/Erläuterungen

Definition Gefahrgut

Das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) definiert Gefahrgut folgendermaßen: „Gefährliche Güter im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe und Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere und Sachen ausgehen können.“ (§ 2 Abs. (1) GGBefG) Diese sehr weit gefasste Definition macht jedoch noch nicht deutlich, welche Eigenschaften einen Stoff oder Gegenstand im Einzelnen zu Gefahrgut machen und wie er zu handhaben ist. Dies soll in den folgenden Unterkapiteln geklärt werden.

Gefahrgut versus Gefahrstoff

Der Begriff „Gefahrgut“ darf nicht mit „Gefahrstoff“ verwechselt werden. Gefahrgüter sind Gefahrstoffe, die befördert werden.[2] Nach APS (2004, S. 18) handelt es sich aber z.B. bei Gefahrstoffen in Fahrzeugtanks, wie etwa Diesel oder Benzin, nicht um Gefahrgut, auch wenn diese Gefahrstoffe befördert werden. So ist bspw. der Gefahrstoff Diesel in einem Kesselwagen bei der Beförderung Gefahrgut, Diesel im Tank der Lokomotive hingegen lediglich ein Gefahrstoff.

ADR und RID

Das „Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße“ (ADR) sowie die „Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter“ (RID) sind die wesentlichen Regelwerke für den Gefahrguttransport. Näheres dazu unter Kapitel 3.4.

Tabellen A & B aus Abschnitt 3.2 RID

Die Tabellen A & B aus Abschn. 3.2 RID beinhalten eine Vielzahl an Informationen über gefährliche Güter und ihre Beförderung. Trotz der Tatsache, dass sie nur in der RID zu finden sind, gelten sie auch für Gefahrguttransporte auf der Straße. Im Zusammenhang mit dem ADR werden sie oft als Anlage zum ADR genannt.

2.2.2 Klassifizierung

Grundsätzlich können Gefahrgüter in 13 Klassen unterteilt werden, siehe Tabelle 1.

Tabelle 1: Einteilung der Gefahrgüter in Klassen (Quelle: Rannenberg, 2005; S. 5)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die gefährlichen Güter werden anhand ihrer chemisch-physikalischen, toxischen oder infektiösen Eigenschaften einer der Klassen zugeordnet. Dies geschieht mit Hilfe der Vorschriften für jede Klasse in den Abschnitten 2.2.X.1 ADR/RID und den in Abschn. 2.3 ADR/RID genannten Prüfungen.[3]

Das Wissen um die Klasse eines Gefahrgutes liefert in Verbindung mit der Tabelle A aus Abschn. 3.2 RID Informationen darüber, wie die Beförderung zu erfolgen hat.

2.2.3 Weitere Unterteilung

Verpackungsgruppen

Neben der Klassifizierung der Gefahrgüter werden die Stoffe der Klassen 3, 4.1 bis 4.3, 5.1, 6.1 sowie 8 und 9 weiter unterteilt. Dabei sollen nach Abschn. 2.1.1.3 ADR/RID die Stoffe einer bestimmten Klasse in Abhängigkeit ihres Gefahrengrades einer der drei verschiedenen Verpackungsgruppen zugeordnet werden, siehe dazu Tabelle 2.

Tabelle 2: Bedeutung der Verpackungsgruppen (Quelle: Abschn. 2.1.1.3 ADR/RID)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Zuordnung geschieht mit Hilfe der Vorschriften für jede Klasse in den Abschnitten 2.2.X.1 ADR/RID und den in Abschn. 2.3 ADR/RID genannten Prüfungen.

Das Wissen um die Verpackungsgruppe liefert in Verbindung mit der Tabelle A aus Abschn. 3.2 RID Informationen darüber, wie das betreffende Gefahrgut verpackt und befördert werden muss.[4]

Unterklassen und Verträglichkeitsgruppen

Stoffe und Gegenstände der Klasse 1 werden nach Abschn. 2.2.1.1.4 ADR/RID weiter in Unterklassen und Verträglichkeitsgruppen unterteilt.

Es wird unterschieden zwischen den Unterklassen 1.1 bis 1.6 (von massenexplosionsfähig bis nicht massenexplosionsfähig) sowie den Verträglichkeitsgruppen A bis S (Unterteilung anhand unterschiedlicher Eigenschaften).

Das Wissen um die Unterklasse und Verträglichkeitsgruppe eines Stoffes der Klasse 1 liefert den Klassifizierungscode und darüber hinaus in Verbindung mit der Tabelle A aus Abschn. 3.2 RID Informationen darüber, wie das betreffende Gefahrgut verpackt und befördert werden muss.

2.2.4 UN-Nummer

Die UN-Nummer dient nach Rannenberg (2005, S. 16) der relativ eindeutigen Identifizierung gefährlicher Güter. Ist die UN-Nummer bekannt, kann ermittelt werden, welches Unfallmerkblatt bei der Beförderung mitgeführt werden muss und wie die Verpackungen und Beförderungseinheiten zu kennzeichnen sind.

Häufig beförderte Stoffe erhalten ihre eigene UN-Nummer.

„Nicht so häufig beförderte Stoffe kommen nicht in den Genuss einer eigenen UN-Nummer, sondern müssen sich mit einer so genannten Sammeleintragung begnügen.“ (Rannenberg, 2005; S. 16) Dies wird im Regelwerk mit der Abkürzung „n.a.g.“ (nicht anderweitig genannt) kenntlich gemacht.

2.2.5 Umschließungen

Die ADR/RID verstehen nach Rannenberg (2005, S. 25) unter Umschließung das Behältnis, welches das Gefahrgut direkt umgibt. Tabelle A aus Abschn. 3.2 RID gibt Aufschluss darüber, welche Art von Umschließung für die Beförderung eines bestimmten Gefahrgutes zu wählen ist. Es gibt verschiedene Sorten von Umschließungen. Die Wesentlichen sind: Verpackungen (einschließlich Großpackmittel und Großverpackungen), Kesselwagen, abnehmbare Tanks, Tankcontainer, Gascontainer u. a.

Bei Verpackungen handelt es sich um ein „Gefäß und alle anderen Bestandteile und Werkstoffe, die notwendig sind, damit das Gefäß seine Behältnisfunktion erfüllen kann.“ (Abschn. 1.2.1 ADR/RID) Nach Rannenberg (2005, S. 2) handelt es sich um Umschließungen, die ein maximales Fassungsvermögen von 450 l bzw. 400 kg haben. Die Verpackung kann gemäß Abschn. 1.2.1 ADR/RID auch als Großverpackung ausgeführt werden. Dann sind in eine Außenverpackung (max. 3 m³) Gegenstände oder Innenverpackungen gepackt. Ebenso sind Großpackmittel (IBC = ;Intermediate Bulk Container) nach Abschn. 1.2.1 ADR/RID im Einsatz. Es handelt sich um eine starre oder flexible, transportable Verpackung mit einem maximalen Fassungsvermögen von 3 m³.

Ein Kesselwagen ist ein „…Wagen zur Beförderung von flüssigen, gasförmigen, pulverförmigen oder körnigen Stoffen, der aus einem Aufbau mit einem oder mehreren Tanks und ihren Ausrüstungsteilen und einem Untergestellt besteht, das mit seinen eigenen Ausrüstungsteilen versehen ist (Laufwerk, Federung, Zug- und Stoßvorrichtung, Bremsen und Beschriftung).“ (Abschn. 1.2.1 ADR/RID)

Ein abnehmbarer Tank ist nach Abschn. 1.2.1 ADR/RID ein Tankkörper mit seiner Bedienungsausrüstung und baulichen Ausrüstung, welcher abnehmbar ist.

Ein Container ist nach Abschn. 1.2.1 ADR/RID ein Beförderungsgerät mit einer Rahmenkonstruktion von dauerhafter Beschaffenheit, welches den einfachen Umschlag zwischen und die Beförderung mit unterschiedlichen Verkehrsträgern möglich macht. Der Tankcontainer ist ein solches Beförderungsgerät mit einem Tank, der Gascontainer ist ein solches Beförderungsgerät mit einem Behältnis für Gas.

Für die Verwendung von Umschließungen sind in Teil 4 ADR/RID diverse allgemeine und gefahrgutspezifische Vorschriften und Verpackungsanweisungen zu finden. Bspw. ist geregelt, dass an der Außenseite der Versandstücke kein Füllgut anhaften darf, dass Verpackungen sowie IBCs und Großverpackungen einer festgelegten Bauart entsprechen und geprüft sein müssen, dass Tanks einen genau zu berechnenden maximalen Füllungsgrad aufzuweisen haben, dass die Wanddicke eines Tankkörpers einen Mindestwert aufzuweisen hat usw.

2.2.6 Kennzeichnen und Bezetteln

Jedes Versandstück und zusätzlich jede Beförderungseinheit müssen gemäß Abschn.5.2.1 ADR/RID mittels Worten oder Nummern gekennzeichnet und gemäß Abschn. 5.2.2 ADR/RID mittels Gefahrzetteln bezettelt werden. Damit wird auf die Gefahren hingewiesen, welche von einer befüllten Umschließung bzw. einer beladenen Beförderungseinheit ausgehen.

Die Kennzeichnung muss gemäß 5.3.2.2.3 ADR/RID die UN-Nummer und die Nummer zur Kennzeichnung der Gefahr enthalten, siehe Bild 2. Der Schlüssel für die Nummer zur Kennzeichnung der Gefahr findet sich in Abschn. 5.3.2.3.2 ADR/RID.

Bild 1: Beispiel für eine Kennzeichnung von Gefahrgut (Quelle: Abschn. 5.3.2.2.3 ADR/RID)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Gefahrzettel stellen farbige Aufkleber oder Schilder gemäß Abschn. 5.2.2.2.2 ADR/RID dar. Sie geben symbolhaft Aufschluss über die Art der Gefahr. Werden die Gefahrzettel an Beförderungseinheiten angebracht, müssen sie größer sein. Man spricht dann von „Großzetteln“ bzw. „Placards“. Einige Beispiele für Gefahrzettel sind im Bild 3 zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2: Einige Beispiele für Gefahrzettel (Quelle: Abschn. 5.2.2.2.2 ADR/RID)

2.2.7 Zusammenladung

Gemäß Abschn. 7.5.2 ADR/RID ist darauf zu achten, welche Gefahrgüter miteinander in der gleichen Beförderungseinheit bzw. dem gleichen Container/Kleincontainer verladen werden. Ein Zusammenladeverbot mancher Gefahrgüter soll verhindern, dass neue Gefahren entstehen oder dass sich bestehende Gefahren vergrößern. So dürfen bspw. Gefahrgüter der Klasse 1 (explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff) nicht mit Gefahrgütern anderer Klassen zusammengeladen werden.

2.2.8 Freistellungen

Unter den in Abschn. 1.1.3 ADR/RID genannten Bedingungen sind Freistellungen beschrieben, die die Beförderung von gefährlichen Gütern erleichtern und vereinfachen. Damit ist es möglich, Transporte von Stoffen zu planen und durchzuführen, die nicht den Vorschriften aus ADR/RID genügen müssen.

Die Erleichterungen wirken sich nach Rannenberg (2005, S. 59) folgendermaßen aus: Es muss keine ADR-Bescheinigung und kein Unfallmerkblatt mitgeführt werden. Ferner muss das Fahrzeug nicht mit orangefarbenen Warntafeln gekennzeichnet werden, und die mitzuführende Ausrüstung beschränkt sich auf ein Minimum.

Abschn. 1.1.3.1 ADR/RID beschreibt die Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung. So stellt bspw. der Transport einer Gasflasche durch eine Privatperson keinen Gefahrguttransport dar, und die Vorschriften aus ADR/RID gelten nicht.

Abschn. 1.1.3.2 ADR/RID beschreibt die Freistellungen in Zusammenhang mit der Beförderung von Gasen. So stellt bspw. der Transport von Gasen in Behältern von Beförderungsmitteln, die für deren Antrieb oder den Betrieb ihrer besonderen Einrichtung (z.B. Kühlanlage) dienen, keinen Gefahrguttransport dar, und die Vorschriften aus ADR/RID gelten nicht.

Abschn. 1.1.3.3 ADR/RID beschreibt die Freistellungen in Zusammenhang mit der Beförderung von flüssigen Kraftstoffen. So stellt bspw. der Transport von Kraftfahrzeugen, in deren Tanks sich Kraftstoff befindet, keinen Gefahrguttransport dar, und die Vorschriften aus ADR/RID gelten nicht.

Abschn. 1.1.3.4 ADR/RID bezieht sich auf die Freistellungen aufgrund von Sondervorschriften und begrenzten Mengen, die sich aus Kapitel 3.4 ADR/RID ergeben. Demnach stellen Transporte von Stoffen, die die Mengen der in Abschn. 3.4.6 aufgeführten Tabelle nicht überschreiten, keine Gefahrguttransporte dar, und die Vorschriften aus ADR/RID gelten nicht. Gefahrgut der Klasse 7 ist hiervon ausgeschlossen.

Abschn. 1.1.3.5 ADR/RID beschreibt die Freistellungen in Zusammenhang mit ungereinigten leeren Verpackungen. Demnach gelten die Vorschriften aus ADR/RID nicht, wenn bei ungereinigten leeren Verpackungen, die Stoffe der Klassen 2, 3, 4.1, 5.1, 6.1, 8 und 9 enthalten haben, geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefährdungen auszuschließen.

Abschn. 1.1.3.5 ADR/RID schließlich beschreibt die höchstzulässige Gesamtmenge je Wagen oder Großcontainer. Diese Gesamtmengen sind der Tabelle des Abschnitts 1.1.3.6.3 ADR/RID zu entnehmen.

2.2.9 Besonderheiten beim Eisenbahnbetrieb

Auf Grund der Tatsache, dass für den Transport mit der Eisenbahn Züge gebildet werden und dabei teilweise starke Erschütterungen und kurzzeitige Beschleunigungen auftreten, sind spezielle Vorschriften in Abschn. 5.3.4 RID für das Zugbildepersonal zu finden. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass manche Gefahrgüter extrem vorsichtig behandelt werden müssen.

So wird mit den Rangierzetteln nach Muster 13 und 15 auf Besonderheiten beim Rangieren von Beförderungseinheiten mit solchen Gefahrgütern hingewiesen. Siehe dazu Bild 4.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3: Rangierzettel nach Muster 13 und 15 (Quelle: Abschn. 5.3.4.2 RID)

2.3 Einordnen der Gefahrguttransporte in den Güterverkehr

Güterverkehr bezeichnet den Prozess einer größeren Ortsveränderung von materiellen Gütern im Sinne einer Verkehrsdienstleistung. Die Ortsveränderung kann dabei mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln geschehen, so etwa mit der Eisenbahn, mit dem Kraftfahrzeug, mit dem Frachtschiff (See- und Binnenschifffahrt) und mit dem Flugzeug. Möglich ist eine Ortsveränderung auch mittels nichtmotorisierter Transportmittel (Fahrrad etc.) und per Pipeline.[5]

Ferner kann Güterverkehr unterschieden werden durch die Art des Transportgutes: auf Grund seiner Natur, seiner Eigenschaften oder seines Zustandes können von Gütern im Zusammenhang mit ihrer Beförderung Gefahren ausgehen – gefährliche Güter bzw. keine Gefahren ausgehen –normale Güter.

Somit ist „Güterverkehr“ der Oberbegriff, welcher z.B. unterteilt werden kann in Güterverkehr der verschiedenen Verkehrsträger oder aber in „normalen Güterverkehr“ und „Gefahrguttransporte“.

Für eine Abgrenzung von Gefahrguttransporten zu normalem Güterverkehr ist aber nicht nur die Art der Güter (gefährliche Güter bzw. normale Güter), sondern auch der Fahrweg, auf dem eine Ortsveränderung der Güter stattfindet, von Bedeutung:

Nach § 1 Abs. (1) GGBefG ist nicht jede Beförderung von gefährlichen Gütern auch ein Gefahrguttransport. Denn erst, wenn die gefährlichen Güter auch durch den öffentlichen Verkehrsraum transportiert werden, handelt es sich um einen Gefahrguttransport. Demgegenüber steht der Transportvorgang nach § 1 Abs. (1) GGBefG, der „…ausschließlich auf einem Gelände stattfindet, das durch bauliche Maßnahmen oder natürliche Hindernisse gegen eine allgemeine Benutzung geschützt ist.“ (Mandl/Wüst, 1997;S.11) Allerdings kommt es nach Mandl/Wüst(1997) diesbezüglich in der Praxis oft zu Problemen bei der eindeutigen Abgrenzung.

2.4 Vorbereitung von Gefahrguttransporten

Anhand eines Beispiels soll die Vorbereitung für den Transport von gefährlichen Gütern basierend auf den oben gewonnen Erkenntnissen erklärt werden:

Ein Unternehmen beabsichtigt, ein Produkt herzustellen, welches an die Kunden ausgeliefert werden soll. Es wird vermutet, dass das Produkt bei der Beförderung als gefährliches Gut gehandhabt werden muss.

Am Anfang steht die Frage, ob das Produkt ein gefährliches Gut ist, für welches die Regelungen für Gefahrguttransporte angewendet werden müssen. Ist dem Produkt eine Gefahrgutklasse gemäß der Abschnitte 2.2.X.1 ADR/RID und mittels der in Abschn. 2.3 ADR/RID genannten Prüfungen und weiterhin eine UN-Nummer gemäß den Tabellen A und B RID zuzuordnen, handelt es sich um Gefahrgut.

Die Verantwortlichen für die Planung und Vorbereitung von Gefahrguttransporten können anhand des Abschnitts 1.1.3 ADR/RID bestimmen, ob für das Produkt Freistellungen in Frage kommen. Bspw. kann eine geschickte Portionierung des Gefahrgutes die Anwendbarkeit der Regelungen verhindern (begrenzte Mengen).

Es muss anhand der Tabelle A bestimmt werden, ob Sondervorschriften umzusetzen sind, welcher Verpackungsgruppe das Gefahrgut zuzuordnen ist, wie das Gefahrgut zu verpacken ist, welche Gefahrzettel notwendig sind und wie das Gefahrgut zu befördern ist; ferner nach Abschn. 2.2.1.1.4 ADR/RID, welcher Unterklasse und Verträglichkeitsgruppe das Gefahrgut möglicherweise angehört.

Schließlich sind die Versandstücke und Beförderungseinheiten gemäß Abschn. 5.2.1 f ADR/RID zu kennzeichnen und zu bezetteln.

Nach Abschluss der Vorbereitungen kann die Beförderung stattfinden. Es gibt im Gefahrgutrecht eine Vielzahl an weiteren Bestimmungen, die bei der Beförderung beachtet werden müssen. Dies soll im nächsten Kapitel betrachtet werden. Als Ergebnis dessen ist die Beschreibung des Ablaufs von Gefahrguttransporten in Kapitel 3.4.2 und die Darstellung der Unterschiede zwischen normalem Güterverkehr und Gefahrguttransporten in Kapitel 3.5, jeweils mit den unterschiedlichen Verkehrsträgern Straße und Schiene, vorgesehen.

3 Regelwerke und ihre Anwendung bei Gefahrguttransporten und normalem Güterverkehr

3.1 Einleitung

Nachdem im Kapitel 2 Grundlagen zu Gefahrgut und die Vorbereitung von Gefahrguttransporten erläutert wurden, soll in diesem Kapitel eine Übersicht über die maßgebenden Regelwerke gegeben werden. Als Ergebnis dessen soll der Ablauf von Gefahrguttransporten beschrieben werden, u. a. also, wie die Beförderung stattfindet.

Um den Ablauf von Güterverkehr und speziell von Gefahrguttransporten verstehen zu können, soll in einem ersten Schritt in diesem Kapitel ein Überblick über die maßgebenden Regelwerke gegeben werden. Im nächsten Schritt wird dann jeweils erläutert, wie die Regelwerke in der Praxis angewendet werden, wie sich also der Ablauf von Gefahrguttransporten gestaltet. Um den Rahmen der Arbeit begrenzt halten zu können, sollen dabei jedoch nur die Regelwerke für Staaten innerhalb der Europäischen Union vorgestellt werden. Da nicht der komplette Inhalt der Regelwerke wiedergegeben werden kann, liegt der Fokus insbesondere auf den Aspekten, bei denen Unterschiede zwischen den Verkehrsträgern und Gutarten festgestellt werden können. Im letzten Schritt können dann diese Unterschiede dokumentiert werden.

Neben den allgemeinen Vorschriften und den speziellen Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter mit den Verkehrsträgern Straße und Schiene gibt es auch für alle weiteren Verkehrsträger spezielle Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter. Sie sollen in dieser Arbeit jedoch nicht näher betrachtet werden. Vielmehr sollen laut Aufgabenstellung nur die beiden Verkehrsträger Straße und Schiene beleuchtet werden, wobei neben Gefahrguttransporten auf Straße und Schiene sowie normalem Güterverkehr auf der Schiene der Vollständigkeit halber auch normaler Güterverkehr auf der Straße betrachtet werden soll.

3.2 Allgemeine Regelwerke

3.2.1 Übersicht

Bürgerliches Gesetzbuch

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bildet die Grundlage für die wichtigsten Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Nach Krummeich (2003, S.52) ist dieses Gesetzbuch anzuwenden, wenn Ansprüche geltend gemacht werden sollen, sollte der Frachtvertrag nicht oder schlecht erfüllt sein.

Handelsgesetzbuch

Nach Bach (2005) wurde mit dem Transportrechtsreformgesetz im Jahre 1998 „…das inländische Frachtrecht der verschiedenen Verkehrsträger vereinheitlicht und ins Handelsgesetzbuch zurückgeführt, genauer: in den vierten Abschnitt „Frachtgeschäft“ des vierten Buches „Handelsgeschäfte“ des Handelsgesetzbuches.“ (Bach, 2005; S. 2 – XXV)

Damit bildet das Handelsgesetzbuch (HGB) mit den §§ 407 bis 452d die Grundlage für die Abwicklung von inländischen Frachtgeschäften. Dabei wird nicht nach Verkehrsträgern unterschieden.

3.2.2 Anwendung der Regelwerke

Diese allgemeinen Regelwerke sind für jeglichen Güterverkehr, ob normaler Güterverkehr oder Gefahrguttransporte, ob Güterverkehr mit der Eisenbahn, dem Kraftfahrzeug, mit dem Frachtschiff oder mit dem Flugzeug anzuwenden. Näheres dazu findet sich im Kapitel 3.4.2.

3.3 Regelwerke für normalen Güterverkehr auf Straße & Schiene

3.3.1 Übersicht

CIM

Die „Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern“ (CIM) regeln den allgemeinen Güterverkehr mit der Eisenbahn, der nach Artikel 1 § 1 CIM die Gebiete mindestens zweier Mitgliedsstaaten berührt. Es werden bspw. die Beförderungspflicht und der Ausschluss von der Beförderung geregelt.

CMR

Das „Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr“ (CMR) ist das grundlegende Regelwerk für den Güterverkehr auf der Straße. Es „…gilt für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrag angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist.“ (§ 1 Abs. (1) CMR) Es macht Aussagen über bspw. die Haftung des Frachtführers und den Beförderungsvertrag u. a.

3.3.2 Anwendung der Regelwerke

„Bei der Ausgestaltung des neuen HGB-Frachtrechts orientierte sich der Gesetzgeber an der Konvention über den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr – CMR.“ (Bach, 2005; S. 2-XXV)

Aufgrund dieser Tatsache tauchen die CIM und das CMR bei der Betrachtung des normalen Güterverkehrs auf der Straße und der Schiene nicht auf. Vielmehr spielt das Frachtrecht des HGB die entscheidende Rolle, welches ja in Anlehnung an das CMR entstanden ist.

Normaler Güterverkehr auf der Schiene

Akteure

Das HGB unterscheidet beim Frachtgeschäft[6] zwischen dem Absender (=Auftraggeber), dem Frachtführer (= Auftragnehmer) und dem Empfänger. Es kann nach Bach (2005, S. XXV-4) vorkommen, dass der Absender zum Versender wird, siehe dazu nachfolgendes Unterkapitel.

Der Absender ist bspw. eine produzierende Firma, die ein Produkt an einen Kunden verkauft hat und daraufhin dem Kunden das Produkt ausliefern möchte. Die Firma beauftragt den Frachtführer den Transport durchzuführen. Der Frachtführer ist z.B. eine Spedition bzw. die Eisenbahn. Der Empfänger ist z.B. der Kunde, der das Produkt gekauft hat und ausgeliefert bekommt.

Pflichten der Akteure

Der Absender hat die vereinbarte Fracht zu bezahlen. (§ 407 Abs. (2) HGB) Er hat dem Frachtführer auf Verlangen einen Frachtbrief auszustellen (§ 408 HGB) und das Gut transportsicher zu verpacken und zu kennzeichnen. (§ 411 HGB) Ferner hat er das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen sowie zu entladen. (§ 412 Abs. (1) HGB) Er hat dem Frachtführer alle notwendigen Begleitpapiere zur Verfügung zu stellen. (§ 413 Abs. (1) HGB) Außerdem hat er dem Frachtführer Schäden und Aufwendungen zu ersetzen, auch wenn ihn kein Verschulden trifft (bei ungenügender Verpackung und Kennzeichnung, unrichtigen Angaben im Frachtbrief, mangelhaften oder fehlenden Begleitpapieren) (§ 414 Abs.(1) HGB)

Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen (§ 412 Abs.(1) HGB) und wird durch den Frachtvertrag verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern (§ 407 Abs.(1) HGB).

Dem Empfänger werden im HGB keine Pflichten zugeordnet.

Frachtvertrag

Beim Zustandekommen eines Auftrages für einen Frachtführer (= Eisenbahn) wird zwischen dem Frachtführer und dem Absender gemäß § 407 HGB ein Frachtvertrag, auch Beförderungsvertrag genannt, abgeschlossen. Der Frachtvertrag wird bei der Beförderung nicht mitgeführt.

Die Besonderheit beim Eisenbahnfrachtvertrag kann darin bestehen, dass der Absender zum Versender wird, indem er zunächst eine Spedition beauftragt, die wiederum als Absender agierend einen Frachtvertrag mit der Eisenbahn abschließen kann, wenn der Transport im kombinierten Verkehr (KV)[7] mit der Bahn stattfinden soll. Die Eisenbahn ist in solch einem Fall der ausführende Frachtführer. Es werden dann zwei Frachtverträge abgeschlossen, einer zwischen Versender und Frachtführer, einer zwischen Absender (= Frachtführer) und ausführendem Frachtführer (=Eisenbahn).

Begleitpapiere

Neben dem Frachtvertrag wird in § 408 HGB der Frachtbrief eingeführt. Der Frachtbrief muss auf Verlangen des Frachtführers vom Absender in dreifacher Ausfertigung ausgestellt werden. Eine Ausfertigung wird bei der Beförderung mitgeführt. Der Frachtbrief beinhaltet Informationen wie etwa Ablieferungsstelle, Gutart, Gewicht usw.

Zusätzlich zum Frachtbrief müssen gemäß § 413 HGB alle Urkunden, die für eine amtliche Handlung erforderlich sind, bei der Beförderung mitgeführt werden, wie z.B. Zolldokumente. Allerdings ist nach Schneemann (2002, S. 477) der Frachtbrief nur noch im internationalen Güterverkehr und im Inlandsverkehr für außergewöhnliche Sendungen notwendig, wie etwa Gefahrgut- und Schwerlasttransporte oder Transporte von und zu Häfen u. a. In allen anderen Fällen kann der Transport auf der Schiene ohne Begleitpapiere abgewickelt werden.

Sollte es sich um einen internationalen Gütertransport handeln, so hat der Absender dem Frachtführer vor Fahrtantritt gemäß § 413 HGB alle Urkunden auszuhändigen, die für eine amtliche Handlung erforderlich sind, wie z.B. Zolldokumente.

Nach vfdb (2004, S. 8) wird stets eine Wagenliste im Zug mitgeführt, aus der folgendes hervorgeht: Reihenfolge der einzelnen Wagen im Zug, die Wagennummer, technische Daten, UN-Nummern der beförderten Gefahrgüter und Nummern der Gefahren. Anhand der Wagenliste ist eine eindeutige Identifizierung der Ladung jedes Wagens möglich. Dies ist besonders bei Notfällen von Bedeutung.

Verpackung und Kennzeichnung

Dem Absender obliegt es, das Frachtgut, falls erforderlich, gemäß § 411 HGB so zu verpacken, dass es vor Verlust und Beschädigung geschützt ist und auch dem Frachtführer keine Schäden entstehen.

Darüber hinaus ist das Frachtgut vom Absender zu kennzeichnen, um Verwechslungen zu vermeiden.

Stauplan

Bzgl. des Stauplans siehe die Ausführungen in nachfolgendem Kapitel 3.4.

Ablauf von normalem Güterverkehr auf der Schiene

Das Frachtgeschäft beginnt nach Berndt (2001, S. 226) mit der Bestellung des Absenders (= Transportkunde) beim Frachtführer. Beide Parteien schließen einen Frachtvertrag miteinander ab (§407HGB). Soll der Transport im KV stattfinden, wird ein Frachtvertrag zwischen Versender und Frachtführer (=Spedition) und ein weiterer Frachtvertrag zwischen Frachtführer (=Spedition) und ausführendem Frachtführer (=Eisenbahn) abgeschlossen. Dem Absender wird geeignetes Wagenmaterial gestellt, sodass er nach der Verpackung und Kennzeichnung die Beladung vornehmen kann (§411fHGB). Sodann meldet der Absender die beladenen Wagen ab, damit sie abgeholt werden können. Es erfolgt nach Berndt (2001, S. 227) die Annahme, bei der überprüft wird, ob die Wagen und die Ladung den Vorgaben entsprechend für den Transport vorbereitet wurden. Alle erforderlichen Urkunden werden ausgehändigt. (§413HGB) Der Transport beginnt. Da nach Berndt (2001, S. 233 ff) nicht immer der Weg zwischen Versandort und Empfangsort unter Nutzung eines durchgehenden Zuges zurückgelegt werden kann, sind Wagenübergänge zwischen Zügen notwendig. Während des Transports wird der Bearbeitungsstand überwacht, um dem Absender Auskunft geben und den Wagenumlauf bahnintern steuern zu können. Sobald der Zeitpunkt der Zustellung festliegt, erfolgt die Ankündigung beim Absender, damit er Vorkehrungen für die Entladung treffen kann. Der Absender hat das Frachtgut abzuladen. (§412HGB) Der Empfänger nimmt das Frachtgut in Empfang. Nach der Entladung wird der betreffende Wagen abgemeldet.

Normaler Güterverkehr auf der Straße

Akteure

Da das HGB grundsätzlich für alle Verkehrsträger gilt, wird auch beim normalen Güterverkehr auf der Straße zwischen Absender, Frachtführer und Empfänger unterschieden. In diesem Falle der Frachtführer eine Spedition.

Pflichten der Akteure

Der Pflichten der Akteure bei normalem Güterverkehr auf der Straße entsprechen denen der Akteure bei normalem Güterverkehr auf der Schiene, wie oben beschrieben.

Frachtvertrag

Beim Zustandekommen eines Auftrages für einen Frachtführer wird zwischen dem Frachtführer (= Spedition) und dem Absender gemäß § 407 HGB ein Frachtvertrag, auch Beförderungsvertrag genannt, abgeschlossen. Der Frachtvertrag wird bei der Beförderung nicht mitgeführt.

Begleitpapiere

Bzgl. des Frachtvertrags gilt gleiches wie bei normalem Güterverkehr auf der Schiene.

[...]


[1] nach www.eisenbahnbetriebsfeld.de

[2] In Anlehnung an § 2 Abs. (1) GGBefG

[3] Dabei steht das „X“ für die Nummer der jeweiligen Klasse

[4] So kann bspw. der Stoff Butylacetat in unterschiedlichem Gefahrengrad vorliegen und daher die Verpackungsgruppe II oder III aufweisen. Dementsprechend muss er unterschiedlich verpackt werden.

[5] Quelle: wikipedia.de

[6] Nach Bach (2005) die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern

[7] Kombinierter Verkehr bezeichnet eine Transportkette, bei der unterschiedliche Verkehrsträger zum Zuge kommen. Der Hauptteil des Weges wird per Bahn, See- oder Binnenschiff zurückgelegt.

Ende der Leseprobe aus 122 Seiten

Details

Titel
Gefahrguttransporte im Eisenbahnbetrieb
Hochschule
Technische Universität Darmstadt  (Institut für Verkehr)
Veranstaltung
Bahnsysteme & Bahntechnik
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
122
Katalognummer
V81615
ISBN (eBook)
9783638881074
Dateigröße
2076 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gefahrguttransporte, Eisenbahnbetrieb, Bahnsysteme, Bahntechnik, Thema Güterverkehr
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Stefan Gottfried Scholz (Autor:in), 2006, Gefahrguttransporte im Eisenbahnbetrieb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81615

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