Mediensozialisation - Fernsehen, Sozialisationsinstanz oder Medium zur Manipulation?


Hausarbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärung
2.1. Sozialisation
2.2 Manipulation

3. Massenmedien und Sozialisation
3.1 Entwicklung
3.2 Sozialisierende Wirkung der Medien
3.3 Fernsehen als Fenster zur Realität

Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Durch die weite Verbreitung der Medien in unserer Alltagswelt ist es eigentlich nicht möglich sich deren Einfluss zu entziehen. Dies trifft sowohl auf die materielle als auch auf die soziale Umwelt zu. Der Umgang mit den Medien ist für uns alltäglich geworden, da sie an nahezu jedem Ort zugänglich sind. Zeitlich sind der Mediennutzung kaum Grenzen gesetzt, da sie 24 Stunden am Tag verfügbar sind. Gerade Kinder und Jugendliche sind immer früher und mit immer vielfältigeren Medien konfrontiert. Insbesondere Fernsehen erfreut sich hier höchster Beliebtheit und ist wohl das Medium welches am häufigsten genutzt wird. Oft gehört das gemeinsame Fernsehen bereits zum sozialen Umgang innerhalb der Familien. Im Gegensatz zu den Anfängen, in denen der Hauptauftrag des Fernsehens in der Informationsvermittlung lag, verzeichnet man heute einen knallharten Wettbewerb um Einschaltquoten. Was zur Folge hat, dass immer mehr Anstrengungen übernommen werden, um den einzelnen Rezipienten zu erreichen. Dabei bietet Fernsehen für viele eine Art Ersatzrealität an, die anstelle der Alltagswelt übernommen wird. Viele flüchten auf diese Weise aus ihrem Alltag.

In dieser Ersatzrealität werden aber auch eine Vielzahl von Normen und Verhaltensweisen vermittelt, auf die der Rezipient, wenn auch nicht intendiert und unbewusst, reagiert. In der Entwicklungsphase der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen kann das problematisch werden. Sie wachsen durch den Einfluss der Medien nicht mehr in einem abgeschlossenen Normen- und Wertesystem auf, sondern auf sie prasselt eine Fülle von unterschiedlichsten Verhaltensmustern zur Orientierung herein. Dieses Problem wird mittels der Werbebranche noch verstärkt, durch die bestimmte Wünsche und Notwendigkeiten suggeriert werden. Aber auch in der Informationsvermittlung werden immer wieder Sensationen genutzt, um die Einschaltquoten zu steigern. So kann es sein, dass die Umwelt als eine Umwelt voller Katastrophen aufgenommen wird.

Auf Grund der zeitlichen Verfügbarkeit und der hohe Nutzungsdauer gewinnen die Medien einen immer größer werdenden Einfluss auf die Entwicklung der Kinder. Indem die Kinder mehr Zeit mit den Medien, wie z.B. Fernsehen verbringen, wird der Einfluss von anderen Instanzen geringer. Daraus ergibt sich die Frage, ob die Medien diese Beeinflussung intendiert und mit einer bestimmten Zielsetzung erreichen können oder ob sie in der Lage sind, bestimmte Normen zu kreieren und zu verbreiten. Was hieße, dass ein Werte- und Normensystem mit Hilfe der Medien manipulativ verändert werden könnte. Ohne Zweifel haben die Medien durch ihre Allgegenwärtigkeit einen sozialisierenden Einfluss, da sie von Kindern zum Teil anstelle von sozialen Kontakten genutzt werden. Diese werden durch die übertragenen Normen und Werte in ihrer Persönlichkeitsentwicklung beeinflusst. Eine weitere Frage ist, ob der Rezipient, über die Auswirkungen die die Beeinflussung hat, selbst entscheiden kann oder ob sich die Auswirkungen unbewusst ergeben. Ein Aspekt der einer Manipulation zuzuschreiben ist.

Daher erscheint die Frage nicht unberechtigt, ob es sich beim Fernsehen um ein Medium zur Sozialisation oder zur Manipulation handelt.

2. Begriffsklärung

Sowohl Manipulation als auch Sozialisation haben eine Verhaltensänderung zur Folge. Daher sollte klar ersichtlich sein, in welcher Form und auf welche Stimuli sich das Verhalten von Rezipienten ändert, um einordnen zu können, ob man von Sozialisation oder Manipulation spricht. Um die Begriffe voneinander abzugrenzen, sollen sie im Folgenden nochmals definiert werden. Zusätzlich soll geklärt werden in welcher Weise der Sozialisationsbegriff im Verlauf der Arbeit gesehen und verwendet wird, daher erfolgt diese Begriffsklärung ausführlicher.

2.1. Sozialisation

Der Begriff der Sozialisation wird seit dem frühen 19. Jahrhundert verwendet. Der französische Soziologe Emile Durkheim gilt dabei als Begründer der ersten Sozialisationstheorie. Hinter dieser Theorie stand der Gedanke auf welche Art und Weise sich eine soziale Integration in der sich entwickelnden industriellen Gesellschaft vollzieht. Sein Verständnis von Sozialisation war eine >>Vergesellschaftung<< der menschlichen Natur. Dabei ging es um die Internalisierung gesellschaftlicher Normen und Zwangsmechanismen, um mit Hilfe einer geordneten Persönlichkeit auch eine geordnete Industriegesellschaft zu schaffen. Auf diese Weise sollte die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft aufrechterhalten werden und man setzte gezielt gesellschaftliche Aktivitäten ein, um dies zu erreichen.[1] Sozialisation war der soziale Vereinahmungsprozess der Persönlichkeit im Gegensatz zu einer individuellen Entwicklung. Man kann zu diesem Zeitpunkt sagen, dass Sozialisation vermehrt intendiert und dem Bereich der Erziehung zuzuschreiben war.

Die Gesellschaft hat sich jedoch weiterentwickelt, wir leben zwar immer noch in einer Industriegesellschaft, aber man kann sie mit der zu Durkheims Zeit nicht mehr vergleichen. Seine traditionelle Theorie ist aus heutiger Sicht somit nicht mehr uneingeschränkt anwendbar. Sie bildet dennoch nach wie vor eine Basis für modernere Theorien, nach denen unter Sozialisation mehr verstanden wird als die reine Übernahme gesellschaftlicher Normen und der Anpassung des Menschen an sein ihn umgebendes soziales System.

Nach den modernen Theorien spielt nicht mehr das Erlernen von sozialen Rollenmustern eine zentrale Rolle, sondern die Entwicklung der Persönlichkeit im sozialen -und kulturellen Kontext. Man betrachtet Sozialisation nach diesen Theorien als einen selbsttätigen Prozess der Aneignung von sozial und kulturell vermittelten Umweltangeboten.[2]

„Sozialisation wurde jetzt definiert >> als der Prozess der Entstehung und Entwicklung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt. Vorrangig thematisch ist dabei, wie sich der Mensch zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt bildet. <<“[3] Klaus Hurrelmann entwickelte hier ein Modell von Sozialisation als >>produktive Verarbeitung der Realität <<. Er geht von Sozialisation als einem lebenslangen Prozess aus, der sich in ständiger Weiterentwicklung befindet und von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Ein wesentlicher Unterschied zu den traditionellen Theorien liegt darin, dass er das Individuum selbst und seine Persönlichkeit als einen wesentlichen Faktor der Entwicklung mit einbezieht. Er geht, im Gegensatz zu Durkheim, von einer wechselseitigen Einflussnahme aus. Diese wird durch mehrere Faktoren bestimmt, die Hurrelmann in verschiedenen Thesen aufgreift. Von diesen will ich drei hervorheben um auf das eigentliche Thema hinzuleiten und abzugrenzen in welchem Sinn Sozialisation im Verlauf dieser Arbeit gesehen wird.

Nach der ersten These wird die Sozialisation, zu sehen als die Entwicklung der Persönlichkeit, durch die eigenen Anlagen und durch die Umwelt bestimmt. Eine Aussage die sehr allgemein gehalten ist, da sie keine konkreten Vorgänge berücksichtigt. Bereits hier wird der Unterschied zur Theorie Durkheims deutlich: Der Prozess der Sozialisation wird, neben dem gesellschaftlichen Umfeld, durch die individuellen Erbanlagen des Individuums bestimmt. Dieses wechselseitige Zusammenspiel wirkt sich auf die Entwicklung der Persönlichkeit aus, wobei Anlagen und Umwelt in einer gewissen Weise zusammenpassen müssen. Ein Kind mit musikalischen Anlagen z.B. wird sich in seiner Persönlichkeit niemals zu einem Musiker entwickeln, wenn es in seiner Umwelt zu keiner Zeit mit Musikinstrumenten oder Musik zusammenkommt, dasselbe gilt für technische Veranlagungen. So wird die Persönlichkeitsentwicklung, wenn auch indirekt, auch durch das Genom des Individuums bestimmt. Da der direkte Zusammenhang noch nicht bewiesen ist, geht man zurzeit davon aus, dass jeweils 50% durch die Anlagen und 50% durch die Umwelt bestimmt werden. Dazu gehören unter anderem auch die typisch männlichen und die typisch weiblichen Verhaltensweisen, von denen sich ein großer Teil soziologisch entwickelt hat. Hier wurden die genetisch bedingten Anlagen durch die Umwelt sogar noch verstärkt.[4]

Eine weitere Annahme ist die Entwicklung der Persönlichkeit durch das Zusammenspiel von innerer und äußerer Realität. Damit wird die erste Annahme Hurrelmann´s erweitert und auf eine gewisse Weise verfeinert, indem er die Seite der Anlagen nochmals aufsplittert und die Seite der Umwelt definiert (siehe Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Das Verhältnis von innerer und äußerer Realität[5]

Die Umwelt besteht hier demnach nicht nur aus physikalischen Dingen

sondern auch aus dem sozialen Bereich, welcher die Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Persönlichkeit vorgibt. Dieser Rahmen ist im Zusammenhang mit der individuellen körperlichen und geistigen Beschaffenheit zu sehen und dadurch wird erreicht, dass jeder Mensch seine Umwelt individuell verarbeitet. Die äußere Realität gibt in diesem Kontext gewisse Grenzen dieser individuellen Verarbeitung vor, da es im sozialen Umfeld bestimmte Regeln und Normen gibt. Diese werden jedoch in Bezug auf die innere Realität verarbeitet und damit bleibt die Persönlichkeit des Menschen einzigartig.[6]

Die äußere Realität oder Umwelt lässt sich in mehrere Sozialisationsinstanzen aufteilen, die in ihrer Wertigkeit einen verschieden starken Einfluss auf die Individuen ausüben. Durch eine Aufteilung in soziale Teilsysteme, welche typisch für unsere heutige Gesellschaft ist, erweitert sich der Einfluss der Gesellschaft auf die Entwicklung der Persönlichkeit. Die Dauer des Aufenthaltes in einem der sozialen Teil-Systeme hat dabei einen direkten Einfluss auf die Entwicklung. Je mehr Zeit in dem Teil-System verbracht wird, desto größer ist der Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung des Individuums. Einigen dieser Systeme wurde früher keine sozialisierende Wirkung zugesprochen, heute herrscht eine andere Auffassung und die einzelnen Teil-Systeme werden, gemäß ihrer Auswirkungen auf die Entwicklung, in Sozialisations-Instanzen eingeteilt. Dadurch entsteht eine Rangfolge zwischen den verschiedenen Instanzen ( Abb.2 ).

[...]


[1] Vgl. Hurrelmann 2002, S. 11 ff.

[2] Vgl. Hurrelmann, S. 14

[3] Geulen und Hurrelmann 1980, S. 51, zit. nach Hurrelmann 2002, S. 15 6

[4] Vgl. Hurrelmann 2002, S. 24 f.

[5] Quelle: Hurrelmann 2002, S. 27

[6] Vgl. a.a.O., S. 26 f.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Mediensozialisation - Fernsehen, Sozialisationsinstanz oder Medium zur Manipulation?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V81367
ISBN (eBook)
9783638853033
Dateigröße
781 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mediensozialisation, Fernsehen, Sozialisationsinstanz, Medium, Manipulation
Arbeit zitieren
Kim Feilcke (Autor:in), 2005, Mediensozialisation - Fernsehen, Sozialisationsinstanz oder Medium zur Manipulation?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81367

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