Thomas Manns "Der Tod in Venedig" - Beschreibung von Aschenbachs Psyche anhand von Binäroppositionen


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2. Textanalyse
2.1 Inhalt der Novelle „Der Tod in Venedig“
2.2 Biografisch-kontextuelle Einordnung
2.3 Kategorisierung Thomas Manns Texte (nach Vaget)

3. Aufbau und strukturelle Analyse
3.1 Isotopie- und metaphorische Analyse
3.2 Intertextuelle Bezüge

4. Die Entwicklung Aschenbachs Psyche anhand Binäroppositionen

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Grundlage dieser Arbeit ist die Novelle „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann. Diese Ausarbeitung versucht, die Entwicklung des Seelenlebens des Protagonisten Gustav von Aschenbach im Verlauf der Handlung anhand von Binäroppositionen näher zu beschreiben. Dazu wird im Rahmen einer Textanalyse zunächst der Inhalt der Lektüre grob skizziert. Dem Leser werden daraufhin in Zusammenhang mit der Entstehung der Novelle biografisch und kontextuell relevante Fakten an die Hand gegeben. Dies beinhaltet sowohl die politischen als auch die gesellschaftlichen Umstände in den 1910er Jahren, wobei letztere wohl stärkeren Einfluss auf das Schaffen des Autors gehabt haben. Im „Der Tod in Venedig“ steht die Unvereinbarkeit der damaligen bürgerlichen Ethik gegenüber dem Streben nach der Freiheit aller Sinne des Künstlers im Mittelpunkt. Im Anschluss daran folgt eine Kategorisierung der epischen Texte Thomas Manns nach Hans Rudolf Vaget. Daraufhin leitet eine strukturelle Betrachtung des Werkes, mit dem Schwerpunkt einer Isotopie-Analyse nach Greimas sowie Verweise auf intertextuelle Bezüge, den dritten Teil dieser Arbeit ein. Hier sollen zunächst die Binäroppositionen bestimmt werden. Diese bilden das Argumentationsgerüst für den Hauptteil, die ausführliche Beschreibung der Entwicklung des Seelenlebens des Protagonisten, in chronologischer Reihenfolge zu der histoire des Textes. Abschließend wird dem Leser eine subjektive Schlussbetrachtung des Verfassers an die Hand gegeben.

Die direkten beziehungsweise indirekten Zitate und Verweise aus der Sekundär-literatur werden durch die sogenannte „deutsche Zitierweise“ in Fußnoten am jeweiligen Seitenende unten angegeben, die Verweise und Textbelege für die Argumentationsstruktur im Hauptteil werden durch die sogenannte „amerikanische Zitierweise“, also direkt im Text belegt.

2. Textanalyse

2.1 Inhalt der Novelle „Der Tod in Venedig“

Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“ beschreibt die letzten Tage im Leben des fünfzig-jährigen Gustav von Aschenbach, einem anerkannten Schriftsteller aus München. Dieser reist, von Fernweh ergriffen, über Umwege nach Venedig. Dort verbringt er ein paar Tage, findet aber nichts von dem erwarteten südländischen Flair vor. Aschenbach hat sich bereits zur Abreise entschlossen, da sieht er in seinem Hotel den 14-jährigen polnischen Jungen Tadzio, welcher mit seiner Familie in dem selben Hotel den Sommerurlaub verbringt. Angetan von dessen Anmut verlängert Aschenbach seinen Aufenthalt. Daraufhin infiziert er sich durch frisches Obst mit Cholera, an welcher er schließlich stirbt.

2.2 Biografisch-kontextuelle Einordnung

Die Novelle „Der Tod in Venedig“ ist in etwa in den Jahren 1909 bis 1912 entstanden und dann auch 1912 veröffentlicht worden. Das politische Deutschland geht dem Ende der wilhelminischen Epoche (1888 bis 1918) zu. Die allgemeine Begeisterung des Kaisers Wilhelm II. für das Militär und Paraden prägt auch in der Gesellschaft einen verherrlichenden Militarismus. Der Nationalstolz ist im Vergleich zum 21. Jahrhundert noch stark ausgeprägt, und es herrscht somit ein rigides Nationaldenken in der deutschen Bevölkerung vor. Daraus resultieren auch die Vorstellungen von länderspezifischen Stereotypen. Diese sind in „Der Tod in Venedig“ häufig zu finden. Sogar der Autor selbst ordnet sich nach diesem Schema ein: „[…]die Neigung, sich als nationaler Faktor, sich überhaupt als national zu nehmen, […]“[1].

Die Kunst und Literatur befinden sich am Ende des sogenannten Fin-de-Siècle (ca. 1890-1914) und sind in Deutschland vornehmlich durch die sogenannte Décadence-Literatur geprägt. Sie ist durch zwei Hauptströmungen ausgezeichnet: Mit dem Erscheinungsjahr 1912 fällt dieses Werk in die Endzeit der décadence-literarischen Epoche. Diese Epoche zeichnet ein Stil aus, welcher sich mittels Bejahung von Verfall, Krankheit und Lebensschwäche gegen die allgemeine Huldigung des Gesunden und das Feiern des Fortschritts stellte[2].

Seit etwa 1910 findet parallel der Expressionismus immer mehr Anklang bei der deutschen Leserschaft.

Des Weiteren werden einige biografische Parallelen, die im Kontext der Entstehung des Textes als relevant zu sehen sind, aufgeführt: Thomas Mann reist 1911 über Brioni (eine kleine italienische Insel) nach Venedig. Auf Brioni erfährt Mann vom Tode des Musikers Gustav Mahler. Er bewunderte den Komponisten.

In ihm sieht Thomas Mann eine „tragische Künstlerexistenz“[3]. Die vier angeführten Werke des Protagonisten Gustav von Aschenbach sind in den Werken Thomas Manns wiederzufinden[4].

2.3 Kategorisierung Thomas Manns Texte (nach Vaget)

Einführend sei gesagt, dass es schwierig ist, bei den Texten Thomas Manns eine Differenzierung nach Typologien oder Textgattungen vorzunehmen. „Der Tod in Venedig“ erfüllt nicht exakt jene Anforderungen, welche Literatutwissenschaftler gemeinhin als Kriterien einer Novelle verstehen.[5]

Vaget unterteilt daher in Grundtypen bei Thomas Manns Erzählungen. Zum einen benennt er Typ A. Dieser Typus weist lediglich einen szenischen Mittelpunkt auf: eine Lesung, ein Konzert oder ähnliches, es sind Nuancen am Rande dieser Veranstaltungen, die in diesen Texten ein „Ergebnis“, eine Veränderung repräsentieren. Unter diesen Typ A fasst Vaget demnach Erzählungen wie „Das Wunderkind“ oder „Ein Glück“. Vaget differenziert noch weiter aus, je nach Art des Mittelpunktes (A1-A6). Texten des Typ B ist ein biografisches Schema gemeinsam, die Entwicklung des Protagonisten steht im Fokus. Auch diesen Grundtypus differenziert Vaget weiter in B1 und B2. Typ B1 zeigt eindeutige biografische Elemente, Texte wie „Herr und Hund“ und „Die vertauschten Köpfe“ fallen darunter. Bei dem Typ B2 ist nicht das gesamt-biografische Element im Vordergrund der Erzählung zu finden, es ist nur ein Lebensabschnitt des Protagonisten thematisiert, dieses tritt jedoch rekurrent begleitend auf. Vielmehr ist es als Mittel zum Zweck zu verstehen:

Der Leser begleitet den Protagonisten auf einem entscheidenden Stück Lebensweg. Die schon von vornherein konstituierten inneren Zustände des Hauptakteurs sind entscheidend für die Entwicklung hin zu einem finalen Abschluss. Unter diese Kategorie fasst Vaget neben „Der Tod“ und „Die Betrogene“ auch „Der Tod in Venedig“. Allen dreien ist eine Reise gemein, welche auch als eine Anlehnung an Typ A (Mittelpunkt/Ereignis) verstanden werden kann. Daher seien diese Kategorisierungen nicht als absolut anzusehen und so können nach Vaget Elemente des Typ A auch in Texten auftreten, die grundsätzlich nach Typ B einzuordnen wären. Und gerade dies ist bei „Der Tod in Venedig“ der Fall, Vaget nennt hier beispielsweise einige venezianische Szenen, auf welche wir im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu sprechen kommen werden.[6]

[...]


[1] Vgl. Mann Thomas: 7. Notizbuch, 1905, in:Vaget, H.R.:Thomas Mann-Kommentar, Winkler Verlag: München 1984, S.185

[2] Rasch, W.: Die literarische Décadence um 1900, C.H. Beck: München, 1986, Klappentext

[3] Vgl. Vaget, H.R.:Thomas Mann-Kommentar, Winkler Verlag: München 1984, S.176

[4] Vgl. Vaget, H.R.:Thomas Mann-Kommentar, Winkler Verlag: München 1984, S.171, II

[5] Vgl. Vaget, H.R.: Thomas Mann-Kommentar, Winkler Verlag: München 1984, S.42

[6] Vgl. Vaget, H.R.:Thomas Mann-Kommentar, Winkler Verlag: München 1984, S.42-46

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Thomas Manns "Der Tod in Venedig" - Beschreibung von Aschenbachs Psyche anhand von Binäroppositionen
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Thomas Manns Erzähltexte
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V80944
ISBN (eBook)
9783638886857
ISBN (Buch)
9783638886963
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Thomas, Manns, Venedig, Beschreibung, Aschenbachs, Psyche, Binäroppositionen, Thomas, Manns, Erzähltexte
Arbeit zitieren
Matias Esser (Autor:in), 2007, Thomas Manns "Der Tod in Venedig" - Beschreibung von Aschenbachs Psyche anhand von Binäroppositionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80944

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