Briefkultur des 18. Jahrhunderts

Medialität und Freundschaft


Magisterarbeit, 2007

99 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Forschungsüberblick

3 Freundschaft und Brief im 18. Jahrhundert – eine thematische Einführung
3.1 Individuum und Gesellschaft
3.2 Der Brief
3.3 Die Freundschaft
3.3.1 Vorstufen des Freundschaftskultes
3.3.2 Die Epoche der Freundschaft
3.3.3 Freundschaftskult und Tugendempfindsamkeit
3.3.4 Das Fortwirken des Freundschaftskults

4 Eine Freundschaft im Zentrum des Briefkultes
4.1 Der Briefautor J. W. L. Gleim
4.2 K.W. Ramler – der Gefährte Gleims
4.3 Die Dichterverbindung

5 Untersuchung der Briefkorrespondenz von J.W.L. Gleim und K.W. Ramler
5.1 Inhalt – Inhaltsleere
5.2 Nähe und Distanz
5.2.1 Gesellschaftlich
5.2.2 Persönlich
5.2.3 Physisch
5.3 Natürlichkeit
5.3.1 Genese eines natürlichen Briefstils
5.3.2 Natürlichkeit bei Gleim und Ramler
5.4 Topoi
5.4.1 Sehnsucht
5.4.2 Wiedersehen
5.4.3 Sorge
5.4.4 Beschwerde
5.4.5 Lob
5.4.6 Liebe
5.5 Identität und Inszenierung
5.6 Fiktionalisierung

6 Der Brief im Kontext von Freundschaft und (fiktionaler) Identitätsstiftung

7 Das Wesen der Briefe – Kommunikationsmedium oder Kunstwerk?

8 Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Briefe sind nicht allein wesentliche Bestandteile und Dokumente unserer Literatur-, Geistes-, Bildungs-, und Sozialgeschichte, sondern ebenso unschätzbare Quellen und Zeugnisse der Persönlichkeits-, Rechts-, Kultur-, und Kommunikationsgeschichte. Sie reflektieren und belegen besonders konkret, anschaulich und lebensnah die jeweiligen persönlichen und soziokommunikativen Verhältnisse sowie den jeweiligen Kulturzustand.[1]

Dieses Zitat von Reinhard Nickisch veranschaulicht das fulminante Spektrum, in dem der Brief als Forschungsobjekt Beachtung findet. Der Brief fungiert als Untersuchungsgegenstand der unterschiedlichsten Wissenschaftsbereiche und ist als zeitgeschichtliches Zeugnis sämtlicher Epochen von ausnahmsloser Relevanz. Im Kontext der Literaturwissenschaft wird der Fokus lange Zeit vornehmlich auf Briefe bedeutender Schriftsteller und Künstler gerichtet. Vor allem mit der Entstehung des Privatbriefs im 18. Jahrhunderts erlangen die Briefe bekannter Literaten einen hohen Stellenwert, beispielsweise in der Autobiografieforschung. Darüber hinaus dienen sie einerseits der Erschließung dichterischer Werke und werden andererseits lange Zeit selbst zu den Werken des Autors gezählt. Die Präferenz in der Briefforschung, sich primär Briefen von angesehenen Literaten zuzuwenden, schmälert gleichzeitig die Beachtung der epistolaren Leistung von weniger bekannten Literaten oder gar von Nicht-Künstlern. Während die Briefe Luthers, Goethes, Lessings oder Kafkas dezidiert untersucht und analysiert wurden, finden viele Briefwechsel der weniger populären Bevölkerung lange Zeit nur dürftige Anerkennung in der Forschung. Dabei ist die Untersuchung jener Briefe aus kultur-, kommunikations-, sozial- oder geisteswissenschaftlicher Perspektive lohnenswert.

In diesem Sinne versucht die vorliegende Arbeit das Interesse auf einen Briefwechsel zu lenken, der in seiner Forschungstradition bislang nur wenig Beachtung gefunden hat. Mittelpunkt dieser Untersuchung ist der Briefwechsel der Literaten Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Karl Wilhelm Ramler aus den Jahren 1745 bis 1759. Obwohl die Briefautoren einen außerordentlichen Beitrag geleistet haben für die Genese der Briefkultur des 18. Jahrhunderts, wird ihrer elementaren Rolle erst spät Beachtung geschenkt. Vor allem die Position Gleims wird oftmals auf jene des Wegbereiters Goethes oder Schillers reduziert, ohne seine epistolare oder auch literarische Leistung in das Zentrum der Untersuchung zu stellen.

Für die wohl bedeutendste Briefbewegung der deutschen Geschichte hat die schriftliche Korrespondenz von Gleim und Ramler sowohl konstitutiven als auch exemplarischen Charakter. Basierend auf jener Briefverbindung widmet sich diese Arbeit zwei zentralen Fragestellungen:

In Anlehnung an die These Bürgels, dass Briefanalyse immer auch zur Analyse der Zeit und ihrer Gesellschaft führt,[2] richtet sich das Interesse in erster Hinsicht auf literatursoziologische Aspekte der Briefkultur. Neben den gesellschaftlichen Gegebenheiten, die möglicherweise die Briefkultur evoziert haben, steht vor allem das Verhältnis von Briefkultur zum Freundschaftskult im Mittelpunkt – Dependenzstrukturen sollen, wenn vorhanden, aufgezeigt und erläutert werden. Darüber hinaus versucht die Untersuchung der schriftlichen Korrespondenz Aufschlüsse über die identitätsstiftende Funktion des Briefes im Kontext gesellschaftlicher Transformationen im 18. Jahrhundert zu geben.

Abseits der soziologisch ausgerichteten Fragestellung befasst sich die Arbeit in zweiter Hinsicht mit der Gattungsproblematik des Briefes. Dabei wird der Brief in seiner Form als Kommunikationsmedium seinem ästhetisch-literarischen Wesen gegenübergestellt. Kommunikative Strukturen sowie stilistisch-ästhetische Merkmale sollen offengelegt und benannt werden. Den Anspruch einer konkreten gattungsspezifischen Zuordnung stellt die Untersuchung jedoch nicht. Es sollen lediglich Tendenzen aufgezeigt werden, welche die Funktion und das Wesen der Briefe in ihrer jeweiligen Ausrichtung bekräftigen oder widerlegen. In Anbetracht der Absicht, die kommunikativen Strukturen des Briefes zu analysieren, wurden keine einzelnen Briefe ausgewählt, sondern ein Briefkorpus zweier Kommunikanten. Denn erst im Briefwechsel wird eine Analyse der Folgestruktur möglich

Bevor sich den oben genannten Aspekten ausführlich gewidmet wird, versucht eine thematische Einführung in den geistes- und sozialgeschichtlichen Hintergrund des 18. Jahrhunderts zum besseren Verständnis des Untersuchungsgegenstandes beizutragen. Neben den Auswirkungen struktureller Veränderungen auf Individuum und Gesellschaft werden primär Genese und Qualität von Freundschaft und Brief im 18. Jahrhundert thematisiert. Im Zuge dieser Darstellung soll ersichtlich werden, dass ein Zugang zur Briefpraxis der Briefkultur erst durch den Freundschaftsbegriff möglich wird. Im Anschluss an die thematische Heranführung wird den Briefkorrespondenten Ramler und Gleim sowie ihrer freundschaftlichen Verbindung nähere Aufmerksamkeit geschenkt.

Diesen einleitenden Kapiteln folgt eine überwiegend formanalytische Untersuchung der Briefe, in der sprachliche und stilistische Merkmale herausgearbeitet und präsentiert werden sollen. Dabei kommt der Betrachtung fiktionalisierender Mittel sowie den unterschiedlichen Topoi und Motiven im Brief, auf Grund ihrer unverkennbaren Vielfalt und ihrer Relevanz für die Gattungsfrage, besondere Beachtung zu. Ebenso nimmt die partiell literatursoziologische Ausrichtung dieser Arbeit Einfluss auf die Briefuntersuchung. Daher werden zum einen die Prämissen aufgezeigt, die konstitutiv für die Entstehung des freundschaftlichen Briefwechsels sind. Zum anderen sollen die Briefe auf ihre identitätsstiftende Funktion hin überprüft werden.

Basierend auf den Beobachtungen und Resultaten der Briefuntersuchung erfolgt in den darauf folgenden Kapiteln die prägnante Darstellung und Erörterung der Ergebnisse in Bezug auf die zwei zentralen Fragestellungen der Arbeit.

2 Forschungsüberblick

Wie in der Einleitung bereits angemerkt, hat der Briefwechsel von Ramler und Gleim in der literaturwissenschaftlichen Forschung bislang nicht sonderlich Beachtung gefunden. Hauptgegenstand einer Untersuchung ist er lediglich in Beat Hanselmanns[3] Arbeit „Johann Wilhelm Ludwig Gleim und seine Freundschaften oder der Weg nach Arkadien“ (1989) und Peter Brenners[4] Aufsatz „Harmoniekultur. Gleims Briefwechsel mit Ramler und Uz“ (2005). Brenner konzentriert sich in seiner Untersuchung auf die kommunikativen Strukturen der Briefverbindung unter Berücksichtigung der bewussten stilistischen Inszenierung in den Briefen. Hanselmann versucht hingegen den Habitus der Freundschaft zu beschreiben, der in den Briefen von Gleim und Ramler zum Ausdruck kommt. Seine Untersuchung basiert auf der Hypothese, dass die Freundschaft einem Spiel gleicht, in dem es gewisse (Spiel-)Regeln zu beachten gilt, damit die Kommunikation funktioniert.

Weitere Arbeiten beschäftigen sich nicht explizit mit dem Briefwechsel von Ramler und Gleim, sondern nehmen auf andere Briefkorrespondenzen Gleims oder auf den Freundschafts- und Briefkult des Gleimkreises[5] im Allgemeinen Bezug. Rohith-Gerald Delilkhan thematisiert in „Apologie der Briefkultur“ (1991) die Gattungsproblematik des Briefes im Kontext der Briefkultur im 18. Jahrhundert. Er versucht am Beispiel des Briefwechsels von Gleim und Heinse die Eigenarten des brieflichen Dialogs zu rekonstruieren und erprobt den hermeneutischen Zugang zur Gattung. Mit der Gattungsfrage des Briefes im Gleimkreis beschäftigen sich neben Delilkhan auch peripher Rainer Brockmeyer[6] (1961) sowie Reinhard Nickisch[7] (1969) und Regina Nörtemann[8] (1990). Allerdings werden die Briefe des Gleimkreises häufig im Kontext einer allgemeinen briefgeschichtlichen Darstellung erwähnt. So unternimmt Brockmeyer den Versuch, die Grundlinien des deutschen Briefes im 18. Jahrhundert anhand einer Erörterung differenzierter Briefstile (implizit jene des Gleimkreises) aufzuzeigen. Darüber hinaus versucht Brockmeyer den Brief der Briefkultur mit textanalytischen Methoden als literarische Form zu betrachten und darzustellen. Nickisch widmet seine Aufmerksamkeit den Briefstellern und Stilprinzipien des 17. und 18. Jahrhunderts und diskutiert das Vorhandensein von übergreifenden Grundprinzipien des Stils in den jeweiligen Epochen. In seiner späteren Arbeit „Brief“ (1991) unternimmt Nickisch eine formanalytische Untersuchung des Gegenstandes Brief, thematisiert seine Gattungsproblematik und versucht seiner soziokommunikativen Bedeutung in der Briefforschung gerecht zu werden. Ähnlichen brief- und kommunikationstheoretischen Aspekten widmen sich Gerhard Baumann[9] (1980), Annette C. Anton[10] (1995) sowie Tanja Reinlein[11] (2003).

Eine besondere Stellung in der brieftheoretischen Forschung nimmt die Abhandlung von Peter Bürgel ein, der sich in seiner Studie „Der Privatbrief. Entwurf eines heuristischen Modells“ (1976) um eine Bestimmung des Gattungscharakters des Briefes sowie um seine angemessene wissenschaftliche Erforschung bemüht. Dabei stützt Bürgel sich in erster Linie auf den privaten Alltagsbrief, der erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts ausgebildet wird. Seine heuristische Arbeit bezieht sich auf die soziologische, sprachlich-ästhetische sowie auf die psychologisch-anthropologische Ebene des Briefes.

Abseits der brieftheoretischen Untersuchungen ermöglichen insbesondere die Arbeiten von Gerlinde Wappler[12] (1998), Ute Pott[13] (2003) und Laurenz Lütteken[14] (2003) einen intensiven biografischen Zugang zu den Texten, zur Persönlichkeit und zum Leben der Briefautoren Gleim und Ramler. Einen sehr hilfreichen Einblick in die Geschichte der modernen Konversationskultur und der Alphabetisierung bieten die Studien „Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des 18. Jahrhunderts“ von Albrecht Koschorke[15] (1999) sowie „Schriftliche Gespräche. Briefkultur im 18. Jahrhundert“ von Robert Vellusig[16] (2000).

Mit der Freundschaft als Kultphänomen des 18. Jahrhunderts haben sich Wolfdietrich Rasch[17] und Eckhardt Meyer-Krentler[18] ausgiebig befasst. Obwohl die literatur- und sozialgeschichtliche Habilitationsschrift „Freundschaftskult und Freundschaftsdichtung im deutschen Schrifttum des 18. Jahrhunderts. Vom Ausgang des Barock bis zu Klopstock“ (1936) von Wolfdietrich Rasch die dezidierteste Untersuchung im Kontext von Freundschaft und Dichtung im 18. Jahrhundert darstellt, müssen die biografischen Umstände ihrer Entstehungszeit berücksichtigt werden. Meyer-Krentler verweist auf die völkisch-national orientierte sozial- und staatswissenschaftliche Theorie, die dem Werk von Rasch zu Grunde liegt.[19] Allerdings betont Meyer-Krentler gleichzeitig, dass die politische Funktionalisierung der Studie ihre Ergebnisse grundsätzlich nicht widerlegt – er mahnt lediglich zur besonderen Umsicht im Umgang mit dem Werk.[20] Die überwiegend literatursoziologisch ausgerichtete Untersuchung „Der Bürger als Freund. Ein sozialethisches Programm und seine Kritik in der neueren deutschen Erzählliteratur“ von Meyer-Krentler (1984) liefert die wohl umfassendste Analyse von Freundschaft im Kontext deutscher Erzählliteratur. Der Autor unternimmt den Versuch, sowohl sozial- und ideologiegeschichtliche, als auch motivgeschichtliche, rezeptionsgeschichtliche und erzähltechnische Gegenstände in seiner Arbeit exemplarisch abzuhandeln.

3 Freundschaft und Brief im 18. Jahrhundert – eine thematische Einführung

3.1 Individuum und Gesellschaft

Aufgeschlossenheit, Mitgefühl und Menschenliebe – diese Schlagwörter kennzeichnen das gesellschaftliche Streben im 18. Jahrhundert wie kaum ein anderes Jahrhundert zuvor oder danach. Zum Ende des 17. Jahrhunderts ist im partikularisierten Deutschland noch eine rein aristokratisch-feudale Kultur vorherrschend, die von heroisch-ritterlichen Gesten des Barocks bestimmt wird. Diese Kultur generiert mit ihrem Ausgang eine Gesellschaft, die sich vor allem durch ihre Ausrichtung auf Humanität und Freundschaft auszeichnet.[21] Die Emanzipation des Bürgertums auf der einen sowie die Romantik auf der anderen Seite bilden die epochalen Grenzen dieses Jahrhunderts.[22]

Der Mensch des frühen 18. Jahrhunderts ist noch kein Mitglied einer festen bürgerlichen Gemeinschaft. Er ist vielmehr Teil einer Bewegung, die ihre Bestimmung durch die Opposition zum Adel erhält.[23] Die Zersplitterung deutscher Nationalstaaten lässt bei ihm weder Nationalgefühl noch Staatsgesinnung aufkommen.[24] Folglich bildet der Staat für ihn keinen Bezugsrahmen gesellschaftlicher Einbettung und Aufgehobenheit. Die durch die Aufklärung hervorgebrachte Säkularisierung schafft zudem eine Form der gesellschaftlichen Isolierung, in der die religiöse Gemeinschaft ihre Funktion als Fixpunkt und Orientierungsratgeber des Einzelnen verloren hat.[25] Religion vertritt im 18. Jahrhundert lediglich die Rolle eines autonomen Kulturgebietes neben anderen Kulturgebieten.[26]

Die neu gewonnene Freiheit, freigesetzt durch den Säkularisierungsprozess, hat bei den Individuen gleichzeitig Orientierungslosigkeit und Unsicherheit hervorgerufen. Diese Zustände werden unter anderem durch einen erhöhten Verständigungsbedarf kompensiert. Hervorgerufen durch einen Mangel an Regeln und Vorgaben entstehen Diskurse, in denen sich neue Ordnungen etablieren können. Das Individuum muss seine Welt, die es sich selbst geschaffen hat, neu ordnen. Dabei wird der isolierte und von fehlenden Bindungen bestimmte Mensch des 18. Jahrhunderts maßgeblich von drei Strömungen beeinflusst: von der Aufklärung, vom Pietismus sowie von okkulten, theosophischen Bestrebungen.[27] Jene Strömungen sind kennzeichnend für den geistigen Gehalt dieser Epoche und durchdringen und ergänzen sich kontinuierlich.[28]

Im Kontext dieser geistesgeschichtlichen Bewegungen entwickelt sich der Mensch im 18. Jahrhundert zum Bildungsbürger,[29] der sich die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit zum höchsten Ziel gesetzt hat.[30] Neben dem Reisen zählt vor allen Dingen Konversation zum Bildungsprinzip: „Bildung und Geselligkeit und Diskurs bedeutet ‚Conversation’: Kommunikation und Interaktion.“[31] Im 18. Jahrhundert werden Bildung und Geselligkeit zum Religions- und Glaubensersatz.[32] Zu den prägnantesten Erscheinungen im Rahmen dieses Prozesses zählen sicherlich der Freundschaftskult[33] sowie die Briefkultur[34]. Sozialhistorisch zeugen jene Neologismen, ebenso wie Lesewut, Zeitungs - und Lesesucht oder Briefwut, von einer Epoche, in der die Konzentration auf Text und Sprache sowie die Kommunikation via Schrift eine gesellschaftlich existenzielle Relevanz angenommen haben und gleichzeitig von emotionaler Bedeutung für die Individuen in dieser Gesellschaft sind.[35] Zudem belegen die Gründungen zahlreicher Lesegesellschaften und Lesebibliotheken ein gesteigertes Mitteilungsbedürfnis des Einzelnen.[36]

Das 18. Jahrhundert verzeichnet Umbrüche, welche die bisher geltenden Konventionen der sozialen Kommunikation außer Kraft setzen. Diese Umbrüche sehen Reinlein und Vellusig in zwei wesentlichen, sich gegenseitig bedingenden Faktoren: Zum einen befindet sich die bis dato oral sozialisierte Gesellschaft des 18. Jahrhunderts in einem Übergang zu einer bisher nicht gekannten Literalität. Diese Literarisierung eines Großteils der Bevölkerung schafft einen Freiraum, der dem Individuum den Diskurs über seine eigene Person ermöglicht.[37] Zum anderen führt die Alphabetisierung sämtlicher Bevölkerungsschichten Mitteleuropas zu einem allgemeinen Anstieg des sprachlichen Ausdrucksvermögens.[38] Gleichzeitig werden das bis dato vorherrschende Latein und Griechisch der Schriftsprache durch die deutsche Sprache abgelöst.[39] Der Grundstein für eine Revolution in der Konversations- und Schriftkultur war damit gelegt.

3.2 Der Brief

Als Voraussetzung für die Entstehung einer Briefkultur, wie sie im 18. Jahrhundert vorzufinden ist, lassen sich primär die multifaktoriellen Veränderungen nennen, die in Kapitel 3.1 aufgezeigt wurden.[40] Durch den Einfluss der Literarisierung und Alphabetisierung entsteht eine Briefkultur, die sich vor allem als neuartige Konversationskultur versteht.[41] Nur selten war es dem Individuum zuvor möglich, auf schriftliche Weise einen reflektierten Austausch über die eigene Person und über private Themen zu führen. Zwar ist der Privatbrief vor dem 18. Jahrhundert nicht unbekannt, allerdings trägt er vornehmlich das Siegel der Informationsvermittlung. Der Briefverkehr erfolgte im Rahmen des bürokratischen oder des profanen persönlichen Austausches[42]:

wer schreiben kann, nutzt schon im 15. und 16. Jahrhundert die Möglichkeit, sich brieflich mitzuteilen: nach dem Befinden zu fragen, von dem zu erzählen, was auf Reisen widerfahren ist, seine Freuden und Sorgen auszudrücken u. ä. m.[43]

Von einer expliziten Briefkultur, die differenzierte Rituale und Organisationsformen als Möglichkeit der persönlichen, reflektierten Konversation etabliert hat, kann im 15. und 16. Jahrhundert jedoch nicht die Rede sein. Erst im 18. Jahrhundert entwickelt sich der Brief als eigenständige kommunikative Praxis[44] und wird in einer, bis dato nicht gekannten Selbstverständlichkeit produziert.[45] An jener Stelle, an der er bisher seine Wirkung als Informationsvermittler ausübte, tritt er nun seine Rolle als Medium der Geselligkeit[46] an.[47] Der Privatbrief des 18. Jahrhunderts erfüllt die Funktion,

eine Form der sprachlichen Selbstdarstellung auszubilden, in der sich das schreibende Subjekt auf gleichsam vor-literarische Weise als Person, in seiner individuellen Erfahrungs- und Erlebniswelt, zur Geltung bringen kann.[48]

3.3 Die Freundschaft

3.3.1 Vorstufen des Freundschaftskultes

Obwohl neben der Antike und der Renaissance letztlich nur das späte 18. sowie das frühe 19. Jahrhundert als Epochen der Freundschaft verstanden werden können,[49] existieren auch in anderen Jahrhunderten besondere Formen freundschaftlicher Verhältnisse und Bündnisse.[50] Insbesondere in der Antike findet sich ein Freundschaftsideal, an dessen Motive und Gedanken der Freundschaftskult im 18. Jahrhundert Anlehnung gefunden hat. Der antike Freundschaftsgedanke zeichnet sich besonders durch seine Kausalbeziehung von Freundschaft und Tugend aus. Die Freundschaft dient hier nicht dem eigenen Nutzen, sondern dem Nutzen des Freundes.[51] Schon in der „Nikomachischen Ethik“ konstatiert Aristoteles (~322 v. Chr.) diese notwendigen Zusammenhänge von Freundschaft und Tugend, wie wir sie später auch in der Tugendempfindsamkeit des 18. Jahrhunderts vorfinden:

Denn sie [die Freundschaft] ist eine Tugend oder doch mit der Tugend verbunden; außerdem gehört sie zum Notwendigsten im Leben. Denn keiner möchte ohne Freunde leben, auch wenn er alle übrigen Güter besäße. […] Vollkommen ist die Freundschaft der Tugendhaften und an Tugend Ähnlichen. Diese wünschen einander gleichmäßig das Gute, sofern sie gut sind, und sie sind gut an sich selbst. […] Im höchsten Sinne Freundschaft ist also diejenige der Tugendhaften, wie wir schon öfters gesagt haben. Denn als liebens- und wünschenswert gilt das schlechthin Gute und Angenehme, für den Einzelnen aber, was für ihn so ist. […] Und indem man den Freund liebt, liebt man, was einem selbst gut ist. Denn der Tugendhafte, der zum Freund geworden ist, wird zu einem Gute für den, dessen Freund er geworden ist. Also liebt jeder von beiden das, was für ihn gut ist, und gibt das gleiche zurück durch die Gesinnung und indem er dem anderen angenehm ist. Denn die Freundschaft gilt als Gleichheit. Dies gilt am meisten von der Freundschaft der Tugendhaften.[52]

Diese Koppelung von Tugend an Freundschaft ist in den Epochen zwischen Antike und dem 18. Jahrhundert jedoch nicht von kontinuierlicher Präsenz. Im Mittelalter formiert sich der aristotelische Freundschaftsgedanke, unter Einfluss von Thomas von Aquin, in ein Prinzip der Nächstenliebe.[53] Im Barock reduziert er sich auf eine spielerische Nachahmung antiker Kommunikationsformen im Umfeld von Gelehrten- und Dichterzirkeln.[54] Die Frühaufklärung ist trotz christlicher Gedanken zur Nächstenliebe von der Maxime geprägt, dass Freundschaft nur unter Gleichen – Standesgleichen, Religionsgleichen oder sozial Gleichrangigen – möglich sei.[55] Zudem ist die Freundschaftsvorstellung in der Frühaufklärung weder emotional noch sozialethisch motiviert.[56]

3.3.2 Die Epoche der Freundschaft

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat die Freundschaft noch ihre Funktion im Bereich des Politischen, was zur Folge hat, dass zu jenem Zeitpunkt Zurückhaltung und Misstrauen gegenüber freundschaftlichen Beziehungen empfohlen wird.[57] Doch bald schon weckt die zersetzende Kraft der Aufklärung im Menschen die Sehnsucht, seine Vereinzelung durch freundschaftliche Beziehungen zu überwinden. Die „Notwendigkeit und Pflicht zur Vergesellschaftung, zur Verbindung mit den Menschen“[58] generiert eine allgemeine Hinwendung zum Einzelmenschen. Es entsteht eine Menschenliebe, die nicht von christlich-religiöser Natur ist, sondern „weltlich-rational begründet [wird]“.[59]

In der Mitte des 18. Jahrhunderts rückt der Mensch selbst in den gesellschaftlichen Mittelpunkt und pflegt, mit Blick auf Vernunft und Tugend, weit verzweigte Beziehungen.[60] Auf Grund der Offenheit der Menschen für neue Kontakte sowie der vielfältigen Formen von Zusammenkünften erhält diese Epoche oftmals den Beinamen Epoche der Geselligkeit.[61] Die Freundschaft dient dem Menschen aber nicht allein dazu, seine Einsamkeit zu überwinden; sie wird zugleich zum Helfer auf dem Weg zum sittlichen Leben.[62] Allgemeine Wohlfahrt und Lust am Glücke des anderen sind die Schlagwörter der Aufklärungsmoral.[63] Das Misstrauen, welches der Freundschaft bis zum Ende der 1740er Jahre entgegen gebracht wird, verliert seine Geltung gänzlich in der Tugendempfindsamkeit. Hier wird der Freundschaft ein Freiraum eingeräumt, der es dem Individuum ermöglicht, Freundschaft zum Grundsatz aufklärerischen Verhaltens auszubilden.[64] Erst zu diesem Zeitpunkt, da die Aufklärung dem Menschen zur Autonomie und der Pietismus ihm zur Innerlichkeit verholfen hat,[65] erfolgt eine Integration von Freundschaft und Tugend mit dem Ziel einer tugendhaften und zugleich emotionalen Erfüllung des Individuums, die der Zweierbeziehung einen Platz neben dem geselligen Verhalten einräumt. Es ist demnach anzunehmen, dass die Freundschaft eine der mächtigsten Gegenkräfte darstellt, die dem Zerfall des deutschen Volkes im 18. Jahrhundert entgegen gewirkt haben.[66]

3.3.3 Freundschaftskult und Tugendempfindsamkeit

Obwohl die Freundschaftsideen der Antike und die des 18. Jahrhunderts Gemeinsamkeiten aufweisen (vgl. Kapitel 3.3.1) und die antiken Vorstellungen durchgehend bekannt sind, beruft sich das 18. Jahrhundert nicht auf sie, sondern entwickelt eine neue Sicht von Freundschaft im Kontext „empfindsam-tugendhafter Sozialität“.[67] Der Freundschaftskult in der Tugendempfindsamkeit versteht sich als Gemeinschaftsutopie[68] oder gesamtgesellschaftliches Programm, in dem sich der Einzelne aufgehoben weiß und sich selbst emotional und sozial verwirklichen kann.[69] Meyer-Krentler deutet die Freundschaft im 18. Jahrhundert als

Inbegriff politisch-sozialen Selbstverständnisses des aufgeklärten Bürgers, […] [welche] öffentliches und privates Verhalten ideal zur Deckung [bringt]. In ihr [der Freundschaft] werden aufklärerische Sozialethik und empfindsame Gefühlsintensität auf den gemeinsamen Begriff der ‚tugendhaften Glückseligkeit’ gebracht und – mehr noch! – in die Tat umgesetzt.[70]

Die Verbindung von Tugend oder Vernunft und Gefühl, welche Meyer-Krentler an dieser Stelle anspricht, birgt die Idee der Tugendempfindsamkeit in sich. Herz und Vernunft werden hierbei nicht als Konkurrenten, sondern als positives Begriffspaar verstanden, denen die bedrohlichen Leidenschaften sowie der berechnende Verstand gegenüber gestellt werden.[71] Der Versuch einer Zusammenführung von Rationalität der Aufklärung und Emotionalität des Herzens im „ganzheitlichen Menschen“[72], kann als zentrales Anliegen dieser Epoche zwischen Frühaufklärung und Hochempfindsamkeit (1740-1755) verstanden werden. Die Freundschaft fungiert dabei nicht als Selbstzweck. Vielmehr geht es um ein gesellschaftliches Sozialverhalten, dessen Streben auf die gleichzeitige emotionale Erfüllung ausgerichtet ist.[73] In den 1750er und 1760er Jahren wird die Freundschaft so eng an die Tugend gekoppelt, dass ein tugendhaftes Dasein ohne freundschaftliche Verbindungen nicht möglich erscheint.[74] Diese enge Verbindung findet sich besonders deutlich in Begriffen wie jenen der moralischen Zärtlichkeit oder des vernünftigen Herzens wieder.

3.3.4 Das Fortwirken des Freundschaftskults

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verliert die Freundschaft zunehmend ihre vorherrschende Stellung in der Gesellschaft. Bereits 1779 wird ihr vom Kieler Philosophieprofessor Martin Ehlers lediglich eine Position neben den Tugenden der Arbeit, Gottesfurcht, Eintracht und Liebe eingeräumt.[75] Ebenso werden „hochempfindsame Freundschaftsschwärmereien“ als „gefährliche und unreife Fehlformen der Jünglingsfreundschaft“ deklassiert.[76] Echte Freundschaft geht einher mit „dem Abschluss [der] inneren und äußeren Ausbildung“ und ist folglich nur unter Männern zu finden.[77] Der emanzipierte Bürger begreift Freundschaft als natürliche politische und sozialethische Betätigungsform.[78]

4 Eine Freundschaft im Zentrum des Briefkultes

4.1 Der Briefautor J. W. L. Gleim

Für den gebildeten Menschen des 18. Jahrhunderts ist es keine Ungewöhnlichkeit, über ein dichtes und ausgedehntes Netz an Brieffreunden zu verfügen. Insbesondere im Kreise der Dichter und Literaten erlebt die Gestaltung der Freundschaft im Ausdruck von Enthusiasmus und Innigkeit ihren Höhepunkt.[79] Der anakreontische Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719- 1803) nimmt in diesem Kreise eine Sonderstellung ein. Denn Gleim praktiziert und vervollkommnet jene auf Freundschaft ausgerichtete Lebensführung, die für das 18. Jahrhundert so charakteristisch ist. Er steht exemplarisch für den säkularisierten, isolierten und aus großen Gemeinschaftsbeziehungen gelösten Menschen, für den weder Religion noch Staat bindende Kräfte darstellen.[80] Wie viele Humanisten seiner Zeit übt Gleim ein Amt aus, das ihm genug Zeit und Muße zur privaten intellektuellen Beschäftigung lässt.[81] Neben seiner Tätigkeit als Domsekretär in Halberstadt und seiner schriftstellerischen Tätigkeit, zeichnet er sich besonders durch seine Funktion als Helfer, Förderer und Mentor junger Dichter aus.[82] Orientierung und Integration in gesellschaftlichen Strukturen erlebt Gleim überwiegend in seinen Briefkorrespondenzen. Besonders deutlich zeigt sich dieser Sachverhalt an der regen Tätigkeit seines Schriftverkehrs – Gleim steht mit etwa 400 Zeitgenossen in brieflicher Korrespondenz, mit denen er insgesamt 10.000 Briefe wechselt.[83] Zu seinen Briefpartnern gehören unter anderem seine Lehrer Alexander Gottlieb Baumgarten und Georg Friedrich Meier,[84] sowie die Dichter und Literaten Klopstock, von Hagedorn, Bodmer, Gellert, Jacobi, Herder, Pyra, Bürger, Lessing oder auch Wieland.

Bereits während seines Jurastudiums an der Universität Halle macht Gleim die Bekanntschaft mit dem Ansbacher Dichter und Jurastudenten Johann Peter Uz, dem Wormser Theologen Johann Nicolaus Götz, sowie dem Juristen Paul Jacob Rudnick aus Bützow, welche gemeinsam den zweiten Halleschen Dichterbund gründen. Dieser lockere Zusammenschluss hallescher Studenten nimmt, trotz seiner kurzen Existenz, Einfluss auf die literarische Entwicklung Deutschlands.[85] Die Studenten orientieren sich stark an dem späthellenistischen Dichter Anakreon.[86] Dabei versuchen die jungen halleschen Anakreontiker dem literarischen Rationalismus der Aufklärung den „spontanen Einfall“ und den „ermunternden Scherz“ entgegen zu setzen, „den rigorosen Pragmatismus der Pietisten […] kompensieren die Anakreontiker mit dem allzumenschlichen Recht auf Genuss.“[87] Obwohl die Zusammenarbeit des Kreises auf die Halleschen Jahre 1739 bis 1741 beschränkt bleibt, zählen Uz und Götz (Rudnick verstirbt bereits am 14. Juni 1741) auch viele Jahrzehnte nach ihrer Verbindung in Halle zu den engsten Brieffreuden Gleims.[88]

Die besondere Aktivität in der schriftlichen Kommunikation sowie die literarische Prominenz seiner Briefpartner sind nicht die einzigen Faktoren, die Gleim als Briefautor und Literaten seiner Zeit hervorheben und eine nähere Untersuchung seiner Briefe lohnenswert machen. Schüddekopf weist dem Allerweltsfreund Gleim die zentrale Stellung im Freundschaftskult zu. Delilkhan bezeichnet ihn als „Vater der deutschen Briefkultur“ und betont darüber hinaus seine Bedeutung als gewissenhaftester Dokumentator dieser zeitgenössischen Strömung.[89] Als Hauptvertreter jener freundschaftlich-empfindsamen Bewegung bildet Gleim neben Klopstock, Pyra und Ewald von Kleist den „eigentlichen Mittelpunkt dieser Bewegung.“[90] Die Anzahl seiner Briefkorrespondenzen verdeutlicht seine Stellung ebenso prägnant wie sein freundschaftlicher Briefstil. Denn Gleims Briefe verkörpern genuin jenen aufklärungs- und empfindsamkeitstypischen Brieftypus, der von den Briefstellern als Ideal des freundschaftlichen Briefwechsels bis zum späten 18. Jahrhundert vorgegeben wird.[91] Dabei orientiert sich Gleim vornehmlich an den Ansichten Gellerts, der in seinem Briefsteller „Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung über den guten Geschmack in Briefen“ von 1751, die „freye Nachahmung des guten Gesprächs“[92] fordert. Andererseits verleiht Gleim seinen Briefen einen eigenen unverkennbaren Duktus, wodurch er aus der Vielzahl der Briefautoren seiner Zeit deutlich hervortritt.[93] Gleim selbst hat seine Gedanken zu Briefen ebenfalls in Briefstellern veröffentlicht. 1746 erscheint zunächst „Freundschaftliche Briefe“, eine Sammlung freundschaftlicher Musterbriefe, die er zusammen mit seinem Freund Samuel Gotthold Lange anonym herausbringt. Die Sammlung enthält eigene Briefe, sowie Briefe von Freunden, die Gleim und Lange als Musterbriefe für besonders geeignet halten.[94] Nickisch charakterisiert jene Briefsammlung als „prototypisch“ für die freundschaftlichen Briefpublikationen des 18. Jahrhunderts.[95] Delilkhan bezeichnet die Herausgabe der Briefsammlung als Geburtsstunde und Eckdatum der Briefkultur.[96]

Gleim und Lange folgen mit der Herausgabe der Briefe der Idee Gellerts, auf Regeln zu verzichten und stattdessen Beispiele zu geben.[97] Was sie jedoch von Gellert unterscheidet, ist die Auffassung, dass die Bemühungen um einen guten Briefstil primär der freundschaftlichen Verbindung dienen sollen, anstatt die Literaturfähigkeit des deutschen Briefes zu verbessern.[98] Diese Ansicht Gleims und Langes wird bereits im Vorwort von „Freundschaftliche Briefe“ (1746) deutlich:

Ein Menschenfreund, der das Vergnügen des persönlichen und schriftlichen Umgangs unter seinen Brüdern befördern könte, würde einem grossen Theile des menschlichen Geschlechts einen wichtigen Dienst leisten. Er müste dann den Menschen Zärtlichkeit, Treue, Redlichkeit, die wesentlichen Eigenschaften des Freundes, einpflanzen; er müste ihnen Verstand, Witz, Munterkeit des Geistes, und solche Eigenschaften geben, welche sie tüchtig machten, sich ihren Freunden auf eine reizende Weise mitzutheilen.[99]

1760 veröffentlicht GLEIM unter dem Titel „Sechzig freundschaftliche Briefe“ eine weitere Ausgabe freundschaftlicher Briefe.[100] Neben Briefen hat Gleim eine Vielzahl an Dichtungen veröffentlicht, von denen „Versuch in scherzhaften Liedern“ (1744/45), neben „Der blöde Schäfer“ (1745) und „Preußische Kriegslieder in den Feldzügen 1756 und 1757 von einem Grenadier“ (1758) ihm den meisten Ruhm unter seinen Zeitgenossen einbringen. Brenner äußert sich über die Rolle Gleims in der empfindsamen Epoche des 18. Jahrhunderts wie folgt:

An beiden Bewegungen, Freundschaftskult und Briefwut, die die Mitte des 18. Jahrhunderts charakterisieren, hat Gleim also teil, und beide übersteigert er ins Maßlose. Dem modernen Leser werden die neurotischen Züge dieser Steigerung nicht verborgen bleiben, aber auch sie sind im empfindsam überhitzten Zeitalter nicht ganz untypisch.[101]

4.2 K.W. Ramler – der Gefährte Gleims

Im Vergleich zu Gleim nimmt Karl Wilhelm Ramler (1725-1796), Sohn eines Beamten aus der Provinzstadt Kolberg, als Briefautor des 18. Jahrhunderts keine Vormachtsstellung ein. Stattdessen tritt er mit einem breit gefächerten und facettenreichen Werk an Dichtungen, Kritiken, Anthologien und Lehrwerken in Erscheinung.[102] In Form zahlreicher Übersetzungen von englischen, französischen, aber auch lateinischen und griechischen Schriften vermittelt Ramler der deutschsprachigen Aufklärung nachhaltige Anstöße.[103] Sein Interesse gilt überwiegend den Übersetzungen der Oden der römischen Dichter Horaz und Catull. 1757 übersetzt er zudem das umfassende Werk „Cours des belles lettres“ von Charles Batteux.[104]

Als Ramler und Gleim sich 1745 kennen lernen, hat Gleim in Deutschland bereits literarische Anerkennung gewonnen. Durch seine Veröffentlichung von „Versuch in scherzhaften Liedern“ wird er als deutscher Anakreon gefeiert.[105] Schüddekopf charakterisiert die anfängliche Beziehung Gleims gegenüber Ramler als

ein wunderliches Gemisch von Herzensgüte und eitler Spielerei. […] Fürsorglich, aber auch verpflichtend versucht er [Gleim] dessen [Ramlers] äußere Geschicke und innere Entwicklung zu überwachen.[106]

Gleim ist es auch, welcher den damals neunzehnjährigen Ramler für die Werke des Horaz zu begeistern versucht. Ebenso verschafft Gleim ihm nach Abbruch des Theologiestudiums in Halle eine kurzfristige Anstellung als Hofmeister bei seiner älteren Schwester Anna Catharina Fromme und ihrem Mann.[107] 1748 erhält Ramler ein Lehramt als maître de philosophie bei den Kadettencorps in Berlin, das er bis 1790 ausübt.[108] Dieses Amt bringt ihm weder den materiellen Wohlstand noch das Ansehen, welche seine Freunde und Kollegen nach und nach erlangen. Im Vergleich zu Gleim, der im provinziellen Halberstadt wohnhaft ist, kann Ramler jedoch am kulturellen Leben Berlins teilnehmen und viele Bekanntschaften schließen.[109] So wird er Mitbegründer des Donnerstagsklubs (später Montagsklub), einem Treffpunkt deutscher Intellektueller und Künstler, zu welchem Hempel, Langemack, Sulzer und später auch Lessing gehören. Letzterer überlässt Ramler seine Texte „Minna von Barnhelm“ und „Nathan der Weise“ zu kritischen Überarbeitung.[110] Zusammen mit Lessing arbeitet Ramler auch an den Sinngedichten von Friedrich Logau (1759) und am deutschen Wörterbuch.[111]

Als prominentes Mitglied der bürgerlichen Berliner Aufklärergesellschaft ist Ramler Mittelpunkt ihres informellen Kommunikationsnetzes.[112] Insbesondere seine umfassenden Dichter- und Herausgebertätigkeiten kennzeichnen ihn als Berliner Aufklärer.[113] Dass er trotz seiner vielfältigen Leistung eigentlich nie zum Gegenstand einer eigenständigen Forschung geworden ist, führen Lütteken, Pott und Zelle gerade auf jene Vielseitigkeit seines Schaffens zurück.[114] Als „Genie der Mittelmäßigkeit“, der zwar in den Einzeldisziplinen der Literatur-, Musik-, und Kunstwissenschaft bewandert ist, „aber als vorklassischer Autor kein ‚Werk’ vorgelegt hat“, scheint sich keine Disziplin für ihn zuständig zu fühlen.[115] Im Kontext einer Untersuchung der Briefkultur des 18. Jahrhunderts bildet der universal talentierte Ramler jedoch einen attraktiven Forschungsgegenstand. Denn obwohl Ramler an der Briefkultur nicht auf die gleiche nachhaltige Weise partizipiert hat wie Gleim, kann jener schriftlichen Korrespondenz eine exemplarische und wegweisende Funktion im Kontext der Schriftkultur des 18. Jahrhunderts zugesprochen werden. Insbesondere der lokale Kontrast Halberstadt – Berlin lässt wertvolle Aufschlüsse über strukturelle Veränderungen in der geistesgeschichtlichen Entwicklung des 18. Jahrhunderts vermuten, die in den Briefen zum Ausdruck kommen.

4.3 Die Dichterverbindung

Zwanzig Jahre lang führen Ramler und Gleim eine innige Briefbeziehung. Vor allem für Ramler ist der Briefwechsel mit Gleim von ausgesprochener Besonderheit, da er mit keinem anderen Menschen einen ähnlich intensiven Schriftverkehr pflegt als mit Gleim.[116]

Wie in Kapitel 4.2 bereits angedeutet, ist das Verhältnis der Dichterverbindung zunächst von der geistigen Bevormundung des sechs Jahre älteren Gleim gegenüber dem jungen Studenten Ramler geprägt.[117] Mit zunehmender persönlicher wie auch literarischer Reife emanzipiert sich Ramler jedoch zusehends von seinem Förderer. Die anhaltende Weiterentwicklung beider Personen führt zwangsläufig zu stetigen Verschiebungen und Neuorientierungen im Verhältnis zueinander.[118] Dabei nehmen Ramler und Gleim oft unterschiedliche Rollen ein, wodurch sie sich nicht nur als Freunde, sondern auch als Kritiker, Förderer, Helfer und ebenso als Konkurrenten in einem neu entstehenden deutschen Literaturbetrieb gegenüberstehen.

Ein weiteres Merkmal der Dichterverbindung ist das extrem ausgeprägte emotionale Verhalten Gleims, das in der wissenschaftlichen Diskussion häufig thematisiert wird. Diese Emotionsausbrüche, die Schüddekopf als „krankhafte Erscheinung“ diffamiert,[119] reichen von Unduldsamkeit über Liebesbeteuerungen bis zu Drohungen. Sie sind zudem nicht ausschließlich im Briefwechsel zwischen Gleim und Ramler auszumachen, sondern sind ebenso in vielen anderen Beziehungen zu Gleims Freunden nachweisbar.[120] Inwieweit diese Gefühlsausbrüche als Schilderung echter Emotionen oder als bewusst gewähltes Topos zur Erreichung eines Stilideals verstanden werden dürfen, wird in Kapitel 5 zu klären sein. Schüddekopf sieht jedoch in der „unduldsamen Empfindlichkeit“ Gleims und der „wachsenden Selbständigkeit“ Ramlers die Gründe für eine langsame Entfremdung der beiden Brieffreunde.[121] Bekannt ist, dass der Kontakt zwischen Ramler und Gleim im Jahr 1765 unvermittelt abbricht.[122]

In der Forschungsliteratur wird dieses abrupte Ende der langjährigen, innigen Freundschaft häufig thematisiert und diskutiert. Die Gründe, die zu dem Zerwürfnis geführt haben sollen, sind dabei äußerst divergent. Schüddekopf verweist in diesem Kontext auf das „parteiische Interesse“ und die „entstellenden Auslegungen“, die der Ralmer-Gleimsche Streit unter den Zeitgenossen und in der Nachwelt hervorgerufen hat.[123] Für Brockmeyer ist die Entzweiung der Freunde ein Indiz dafür, dass Ramler sich dem freundschaftlichen Kreis um Gleim niemals wirklich zugehörig fühlte.[124] Rasch betont dagegen, ebenso wie Schüddekopf, die „erhöhte Reizbarkeit“ sowie „Unduldsamkeit“ Gleims im freundschaftlichen Umgang.[125] Gleims übertriebene Empfindlichkeit und Eifersucht führen, laut Rasch, zur gänzlichen Entfremdung.[126] Lee führt den Bruch der Freundschaft einerseits auf das Zögern Ramlers zurück, als Herausgeber der Werke Gleims zu agieren.[127] Andererseits verweist Lee auf die Streitigkeiten in Zusammenhang mit dem Tode des beiderseitigen engen Freundes Ewald von Kleist. Demnach hat Ramler sich bewusst um den Ausschluss Gleims an der Mitarbeit der Kleist-Ausgabe bemüht, wohingegen Gleim stark an der Überarbeitung der Kleist-Gedichte seitens Ramler Kritik übt.[128] Wappler sieht indessen die Ursache des Streits in der allzu kritischen Äußerung Ramlers gegenüber den Texten Gleims. Die vorbehaltslose Kritik Ramlers an den Fabeln Gleims hat Gleim seinem Freund nicht verziehen – die Freundschaft zerbricht.[129] Ebenso wie Lee verweist auch Wappler auf die Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf editorische Eingriffe, die in der Freundschaft zwischen Ramler und Gleim schon früh zu Streitigkeiten führen:

[...]


[1] Nickisch, Reinhard: Brief. Stuttgart: Metzler 1991 (=Sammlung Metzler 260), S. 212.

[2] Vgl. Bürgel, Peter: Der Privatbrief. Entwurf eines heuristischen Modells. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, Vol. 50 (1976) Nr. 1/2, S. 281-297, Zitat S. 292.

[3] Hanselmann, Beat: Johann Wilhelm Ludwig Gleim und seine Freundschaften oder der Weg nach Arkadien. Bern: Lang 1989 (=Europäische Hochschulschriften 1133).

[4] Brenner, Peter: Harmoniekultur. Gleims Briefwechsel mit Ramler und Uz. In: Geselligkeit und Bibliothek. Lesekultur im 18. Jahrhundert. Hrsg. von Wolfgang Adam und Markus Fauser. Göttingen: Wallerstein 2005 (=Schriften des Gleimhauses Halberstadt, Bd. 4).

[5] Der Ausdruck Gleimkreis bezieht sich im Kontext der vorliegenden Arbeit nicht auf eine klar definierte Personengruppe. Er beschreibt vielmehr das Umfeld von Briefkorrespondenten, die mit Gleim in engem schriftlichen Kontakt standen. Klopstock, Ewald von Kleist, Johann Gottfried und Caroline Herder, Lange, Lessing, Ramler, Spalding, Sulzer, Uz, Wieland, Jacobi und Luise Karsch gehören sicherlich zu den bedeutendsten und zugleich vertrautesten Korrespondenten Gleims. Vgl. Delilkhan, Rohith-Gerald: Apologie der Briefkultur. Historische Geltung und hermeneutische Anforderungen der Briefe aus dem Gleimkreis. Hartung-Gorre, Konstanz 1991 (zugl.: Diss. Univ. Konstanz 1988), S. 101ff.

[6] Brockmeyer, Rainer: Geschichte des deutschen Briefes von Gottsched bis zum Sturm und Drang. Phil. Diss.masch., Münster 1961.

[7] Nikisch, Reinhard: Die Stilprinzipien in den deutschen Briefstellern des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit einer Bibliographie zur Briefschreiblehre (1474-1800). Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 1969 (=Palestra 254).

[8] Nörtemann, Regina: Brieftheoretische Konzepte im 18. Jahrhundert und ihre Genese. In: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays. Hrsg. von Angelika Ebrecht, Regina Nörtemann und Herta Schwarz. Stuttgart: Metzler 1990, S.211-224.

[9] Baumann, Gerhard: Mitteilung und Selbstzeugnis. Gedanken zu Briefen. In: Universitas. Orientierung in der Wissenswelt. Deutsche Ausgabe 35 (1980), S. 713-722.

[10] Anton, Annette C.: Authentizität und Fiktion. Briefkultur im 18. und 19. Jahrhundert. Metzler, Stuttgart-Weimar 1995.

[11] Reinlein, Tanja: Der Brief als Medium der Empfindsamkeit. Erschriebene Identitäten und Inszenierungspotentiale. Königshausen & Neumann, Würzburg 2003 (=Epistemata, Würzburger wissenschaftliche Schriften, Literaturwissenschaft 455).

[12] Wappler, Gerlinde: Sie sind ein ungestümer Freund. Menschen um Gleim. Band 1. Mit einem Beitrag von David Lee zu Karl Wilhelm Ramler. Ziehten, Oschersleben 1998.

[13] Lütteken, Laurenz; Pott, Ute; Zelle, Carsten (Hrsg.): Urbanität als Aufklärung. Karl Wilhelm Ramler und die Kultur des 18. Jahrhunderts. Göttingen: Wallstein Verlag 2003 (=Schriften des Gleimhauses Halberstadt, Bd. 2).

[14] Ebd.

[15] Koschorke, Albrecht: Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des 18. Jahrhunderts. Fink, München 1999.

[16] Vellusig, Robert: Schriftliche Gespräche. Briefkultur im 18. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2000 (=Literatur und Leben 54).

[17] Rasch, Wolfdietrich : Freundschaftskult und Freundschaftsdichtung im deutschen Schrifttum des 18. Jahrhunderts. Vom Ausgang des Barock bis zu Klopstock. Niemeyer, Halle (Saale) 1936.

[18] Meyer-Krentler, Eckhardt: Der Bürger als Freund. Ein sozialethisches Programm und seine Kritik in der neueren deutschen Erzählliteratur. Wilhelm Fink, München 1984.

[19] Vgl. ebd., S. 18ff. Zum kritischen Umgang mit der Studie von Rasch vgl. auch Wolfgang Adam: Wieder Gelesen. Wolfdietrich Rasch: Freundschaftskult und Freundschaftsdichtung im deutschen Schrifttum des 18. Jahrhunderts (25.10.2004). In: Goethezeitportal. URL: http://www.goethezeitportal.de/db/wiss/epoche/adam_rasch.pdf (01.06.2007).

[20] Vgl. Meyer-Krentler, S. 18ff.

[21] Vgl. Salomon, Albert: Der Freundschaftskult des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Versuch zur Soziologie einer Lebensform. In: Zeitschrift für Soziologie 8 (1979), S. 279-308. Zitat S. 290.

[22] Ebd.

[23] Vgl. Rasch, S. 90f.

[24] Ebd., S. 87.

[25] Vgl. Reinlein (Der Brief als Medium der Empfindsamkeit), S. 44.

[26] Vgl. Salomon, S. 191.

[27] Vgl. Salomon, S. 291.

[28] Vgl. ebd.

[29] Es sei an dieser Stelle vermerkt, dass diese Entwicklung nur einen Teil der deutschen Bevölkerung betrifft. Bildung ist im 18. Jahrhundert nicht allen Gesellschaftsmitglieder zugänglich und ist daher kein gesamtgesellschaftliches Projekt. Das emanzipierte Bildungsbürgertum grenzt sich bewusst von der herrschenden Adelsklasse (nach oben) sowie vom gemeinen Volk (nach unten) ab. „Zum Bürger wurde, wer medienkulturell integriert war, d.h. wer an den Medien Zeitung, Brief, Buch, Zeitschrift usw. in irgendeiner Form produktiv, distributiv oder rezeptiv beteiligt war.“ Faulstich, Werner: Die bürgerliche Mediengesellschaft (1700-1830). Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 2002 (=Die Geschichte der Medien 4), S. 256.

[30] Vgl. Faulstich, S. 14.

[31] Ebd., S. 19.

[32] Vgl. ebd.

[33] Vgl. den Begriff des Freundschaftskultes bei Salomon, S. 278: „Die kultische Gemeinschaft hebt sich heraus als Symbol eines objektiv bedeutsamen Sinnes. Denn der Ausdruck ‚Freundschaftskult’ hat einen sehr tiefen Sinn, wenn man bedenkt, was ‚Kult’ bedeutet: die Verinnerlichung und Zelebrierung eines transzendenten Gehalts in gemeinsamer Handlung.“

[34] Vgl. den Begriff der Kultur bei Salomon, S. 285: „‚Kultur’ ist jenes Geschehen, in welchem der Mensch danach strebt, das gegebene Leben nach seinen Bedürfnissen und Zwecken, nach seinen intellektuellen geistigen Formen und seiner seelischen Kraft umzuformen und zum Ausdruck eines Sinnes zu erheben. ‚Kulturformen’ nennen wir eben solche Lebensformen, in denen die Seele das Leben als ein Sinngebilde gestaltet, seien dies nun objektive Sinngebilde oder subjektive persönliche Lebensgestaltungen. In diesem Sinne sind die Werke der Kunst und Religion und die Erscheinungsformen der schönen Seele Kulturgestaltungen.“

[35] Vgl. Vellusig, S. 7 f. Vgl. auch Wegmann, Nikolaus: Diskurse der Empfindsamkeit. Zur Geschichte eines Gefühls in der Literatur des 18. Jahrhunderts. Metzler, Stuttgart 1988 (zugl.: Diss. Univ. Bielefeld 1984), S. 15.

[36] Vgl. Vellusig, S. 9.

[37] Reinlein, Tanja : Inszenierungspotentiale der Briefkultur im 18. Jahrhundert am Beispiel des Briefwechsels zwischen C.F. Gellert und C.C. Lucius. In: Geschlechterforschung und Literaturwissenschaft 10 (2003), S. 321-326, Zitat S. 323.

[38] Vgl. Vellusig, S. 9 und Reinlein (Inszenierungspotentiale), S. 323.

[39] Vgl. Wegmann, S. 16.

[40] Neben den sozialen und politischen Veränderungen dürfen die technischen Fortschritte nicht unerwähnt bleiben: Obwohl die Briefbeförderung durch die Thurn- und Taxissche feudale Reichspost schon im 16. Jahrhundert möglich ist, wird die tägliche Beförderung von Post erst durch die Einführung des Postsystems im 18. Jahrhundert logistisch umsetzbar. Diese Neuerung trägt zum starken Anstieg des Briefverkehrs bei. Vgl. zur Interdependenz von Postsystem und Briefkultur: Reinlein (Der Brief als Medium der Empfindsamkeit), S. 50f.

[41] Vgl. Vellusig, S. 21.

[42] Vgl. Vellusig, S. 22f.

[43] Ebd., S. 22.

[44] Vgl. ebd., S. 56.

[45] Vgl. ebd., S. 55.

[46] Zum Begriff der Geselligkeit vgl. Kapitel 3.3.2.

[47] Vgl. Vellusig, S. 56.

[48] Ebd., S. 9.

[49] Vgl. Meyer-Krentler, S. 10.

[50] Zu den früheren Formen der freundschaftlichen Gemeinschaftsbildungen vgl. Salomon, S. 288-290 sowie Meyer-Krentler, S. 21-33.

[51] Vgl. Meyer-Krentler, S. 21.

[52] Aristoteles: Nikomachische Ethik. Hrsg. von Olof Gigon.Zürich und Stuttgart: Artemis Verlag 1967, Achtes Buch: 1155 a 3-1157 b 38.

[53] Vgl. Meyer-Krentler, S. 23.

[54] Vgl. ebd.

[55] Vgl. ebd., S. 28.

[56] Vgl. ebd.

[57] Das Misstrauen gegenüber einer vertrauensseligen Freundschaft resultiert aus dem Gedanken der ‚politischen Klugheit’, welcher sowohl in der Frühaufklärung als auch in der Antike fester Bestandteil des Freundschaftsdenkens ist. Vgl. hierzu Meyer-Krentler: Frühaufklärung: ‚Politische Klugheit’ und ‚Menschenfreundschaft’. In: Der Bürger als Freund, S. 25-33. Zum Misstrauen in der Freundschaft zu Beginn des 18. Jahrhunderts vgl. auch Rasch, S. 69.

[58] Rasch, S. 65f., vgl. auch Vellusig, S. 69.

[59] Rasch, S. 65f.

[60] Vgl. Meyer-Krentler, S. 29f.

[61] Zur Epoche der Geselligkeit vgl. Nenon, Monika: Aus der Fülle des Herzens. Geselligkeit, Briefkultur und Literatur um Sophie von la Roche und Friedrich Heinrich Jacobi. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, S. 17: „Gesellige Zusammenkünfte in öffentlichen, halböffentlichen und privaten Räumen spielen eine wichtige Rolle im 18. Jahrhundert, das deshalb oft das ‚gesellige Jahrhundert’ genannt wird. Im Zuge der allmählichen Auflösung der traditionellen Standesgesellschaft und einer zunehmenden Urbanisierung entstehen in dieser Zeit neue Formen organisierter und nichtorganisierter Geselligkeit, die zu Sammelbecken der Aufklärung werden. […] Zu den organisierten Formen von Geselligkeit gehören z.B. Sprachgesellschaften, gelehrte Sozietäten, Akademien, literarische, patriotische oder politische Gesellschaften und Lesegesellschaften. Es gibt auch viele informelle Kreise – seien es lose Vereinigungen von Schriftstellern, Zusammenkünfte von Literaturliebhabern oder frühe Formen literarischer Salons, in denen Menschen zu Gespräch und geselligen Beschäftigungen zusammenkommen. Dabei können Freundschaften entstehen, die in weiteren Zusammenkünften gepflegt werden.“

[62] Vgl. Rasch, S. 80.

[63] Vgl. ebd., S. 65f.

[64] Vgl. Meyer-Krentler, S. 32.

[65] Vgl. Rasch, S. 81.

[66] Vgl. Rasch, S. 105.

[67] Meyer-Krentler, S. 22.

[68] Vgl. ebd., S. 20.

[69] Vgl. ebd., S. 10, 20.

[70] Vgl. ebd.

[71] Vgl. ebd., S. 33.

[72] Ebd., S. 20.

[73] Vgl. Meyer-Krentler, S. 34.

[74] Vgl. ebd., S. 38.

[75] Vgl. ebd., S. 50.

[76] Ebd., S. 47ff.

[77] Ebd.

[78] Vgl. ebd.

[79] Vgl. Rasch, S. 102.

[80] Vgl. ebd., S. 186 f.

[81] Vgl. Salomon, S. 296.

[82] Vgl. Reinlein (Der Brief als Medium der Empfindsamkeit), S. 127, vgl. auch Rasch, S. 188.

[83] Wappler, S. 5. Vgl. auch Brenner, S. 175.

[84] Vgl. Wappler, S. 12.

[85] Vgl. Schenk, Günter; Schwarz, Manfred (Hrsg.): Anakreontik. Gleim, Götz, Rudnick, Uz. Halle (Saale): Hallescher Verlag 1993 (=Schriftenreihe zur Geistes- und Kulturwissenschaft), S. 7.

[86] Vgl. ebd.

[87] Ebd., S. 10.

[88] Vgl. Wappler, S. 13. Vgl. auch Schenk; Schwarz, S. 10.

[89] Vgl. Delilkhan, S. 77, 100. Das Gleimhaus in Halberstadt, welches zu den ältesten Literaturmuseen Deutschlands zählt, zeigt die umfangreiche Sammlung Gleims an Bildern, Handschriften, Briefen, Grafiken und Kunsthandwerk. Zentrum des Gleimhauses ist der Freundschaftstempel mit 130 Portraits bedeutender Dichter und Schriftsteller. Vgl. hierzu auch Wappler, S. 58ff sowie Ute Pott: Aus dem Geist der Freundschaft: Ein Literaturarchiv für die Nachwelt. Johann Wilhelm Gleim als Sammler. In: Das Jahrhundert der Freundschaft. Johann Wilhelm Ludwig Gleim und seine Zeitgenossen. Hrsg. von Ute Pott. Göttingen: Wallstein 2004 (=Schriften des Gleimhauses Halberstadt 3).

[90] Schüddekopf, Carl (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Gleim und Ramler. Bd. 1., Tübingen: 1906 (=Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart), S. V.

[91] Vgl. Brenner, S. 175 ff.

[92] Gellert, Christian Fürchtegott: Briefe nebst einer praktische Abhandlung vom dem guten Geschmack in Briefen. Vorrede und Abhandlung. 1752. In: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays. Hrsg. von Angelika Ebrecht, Regina Nörtemann und Herta Schwarz. Stuttgart: Metzler 1990. S. 56-99, Zitat S. 61.

[93] Vgl. Brenner, S. 176 ff.

[94] Vgl. ebd., S. 180.

[95] Nickisch (Brief), S. 108.

[96] Vgl. Delilkhan, S. 56f.

[97] Vgl. Ebrecht, Angelika; Regina Nörtemann; Schwarz, Herta (Hrsg.): Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays. Metzler, Stuttgart 1990, S. 32.

[98] Vgl. ebd.

[99] Gleim, Johann Wilhelm Ludwig; Lange, Samuel Gotthold: Freundschaftliche Briefe (Vorwort). In: Brieftheorie des 18. Jahrhunderts. Texte, Kommentare, Essays. Hrsg. von Angelika Ebrecht, Regina Nörtemann und Herta Schwarz. Stuttgart: Metzler 1990, S. 32-34, Zitat S. 33.

[100] Vgl. Nickisch (Stilprinzipien), S. 292.

[101] Brenner, S. 198.

[102] Lütteken; Pott; Zelle, S. 7.

[103] Vgl. ebd.

[104] Vgl. Wappler, S. 158 ff.

[105] Vgl. Schenk; Schwarz, S. 12.

[106] Schüddekopf, S. VII.

[107] Vgl. Wappler, S. 156.

[108] Vgl. ebd.

[109] Vgl. ebd.

[110] Vgl. ebd., S. 157.

[111] Vgl. Schüddekopf, S. XIII.

[112] Vgl. Lütteken; Pott; Zelle, S. 7.

[113] Schutz, Helga: Die Gesellschaft der Aufklärer. Das Berlin Nicolais und Ramlers. In: Urbanität als Aufklärung. Karl Wilhelm Ramler und die Kultur des 18. Jahrhunderts. Hrsg. von Laurenz Lütteken, Ute Pott u. Carsten Zelle. Göttingen: Wallstein Verlag 2003 (=Schriften des Gleimhauses Halberstadt, Bd. 2), S. 15-39, Zitat S. 6.

[114] Vgl. Lütteken; Pott; Zelle, S. 8. Einer umfangreichen Darstellung des Lebens, Schaffens und Werkes von Ramler widmen sich Lütteken, Pott und Zelle in dem Band Urbanität als Aufklärung. Karl Wilhelm Ramler und die Kultur des 18. Jahrhundert (2003). Im Kontext der Berliner Aufklärung werden die unterschiedlichen Rollen Ramlers auf den Gebieten der Literatur-, Kunst-, Theater- und Musikwissenschaften vertiefend konturiert. Die unterschiedlichen Arbeiten des Bandes leisten einen wichtigen Beitrag, um das grundlegende Forschungsdefizit hinsichtlich Ramler zu beseitigen.

[115] Ebd.

[116] Vgl. Lee, David: Berlin in Halberstadt und Halberstadt in Berlin. Wunschbilder und ihre Auswirkungen im Gleim/Ramler-Briefwechsel. In: Urbanität als Aufklärung. Karl Wilhelm Ramler und die Kultur des 18. Jahrhunderts. Hrsg. Laurenz Lütteken, Ute Pott, Carsten Zelle. Göttingen: Wallstein Verlag 2003 (=Schriften des Gleimhauses Halberstadt, Bd. 2), S. 61-78, Zitat S. 62.

[117] Vgl. Hanselmann, S. 57.

[118] Lee bemerkt in diesem Zusammenhang, dass „kein anderes Zeugnis […] über Jahre hinaus einen so tiefgreifenden Einblick in Ramlers Leben und Werdegang [gibt,] wie sein Briefwechsel mit Gleim“. Lee, S. 62.

[119] Schüddekopf, S. V.

[120] Vgl. Wappler, S. 52 f.

[121] Schüddekopf, S. XII.

[122] Schüddekopf spricht in diesem Zusammenhang von einem „schroffen Abbruch, einer […] überschwänglich gehegten Freundschaft, ohne ersichtliche Veranlassung oder nachträgliche Auseinandersetzung.“ Siehe Schüddekopf, S. V.

[123] Ebd.

[124] Vgl. Brockmeyer, S. 95.

[125] Vgl. Rasch, S. 189.

[126] Vgl. ebd., S. 189. Vgl. auch Brenner, S. 193.

[127] Vgl. Lee, S. 77.

[128] Vgl. ebd.

[129] Vgl. Wappler, S. 51.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Briefkultur des 18. Jahrhunderts
Untertitel
Medialität und Freundschaft
Hochschule
Universität Münster  (Deutsche Philologie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
99
Katalognummer
V80915
ISBN (eBook)
9783638834322
ISBN (Buch)
9783638834469
Dateigröße
899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Briefkultur, Jahrhunderts
Arbeit zitieren
Kerstin Scheffer (Autor:in), 2007, Briefkultur des 18. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80915

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Titel: Briefkultur des 18. Jahrhunderts



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