Bewegungsmöglichkeiten an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung

Zur Situation und Notwendigkeit vielfältiger Bewegungsangebote im schulischen Kontext


Examensarbeit, 2006

82 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geistige Behinderung
2.1 Terminologische Klärung und Definition
2.2 Geistige Behinderung aus der Sicht verschiedener Wissenschaftsdisziplinen
2.3 Entwicklungsbesonderheiten von Kindern mit einer geistigen Behinderung
2.4 Pädagogik bei geistiger Behinderung
2.4.1 Historischer Rückblick
2.4.2 Die Schule für geistig Behinderte

3 Bedeutung der Bewegung für Entwicklung und Lernen
3.1 Begriffsklärungen
3.2 Bewegung und Entwicklung
3.3 Bewegung und Lernen
3.3.1 Entwicklungspsychologischer Aspekt
3.3.2 Biologisch bzw. neurophysiologischer Aspekt
3.4 Die besondere Bedeutung der Bewegung für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

4 Wandel der kindlichen Lebens- und Bewegungswelt
4.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
4.2 Veränderung der Familienstrukturen
4.3 Wandel der Erziehungsziele und -normen
4.4 Kindliche Lebensräume – Verändertes Zeit- und Raumerleben
4.5 Ebene der Freizeitgestaltung und Mediatisierung
4.6 Zusammenfassung

5 Das pädagogische Konzept der bewegten Schule
5.1 Warum mehr Bewegung in der Schule?
5.2 Aspekte und Inhalte einer bewegten Schule
5.3 Ziele und Effekte
5.4 Zusammenfassung

6 Bewegungsunterricht und Bewegungsangebote
6.1 Curriculare Analyse
6.2 Untersuchung
6.2.1 Fragestellung und Ziel der Untersuchung
6.2.2 Methodisches Vorgehen
6.2.3 Darstellung und Interpretation der Ergebnisse
6.3 Diskussion: Bewegte Schule an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung?
6.3.1 Schulsport
6.3.2 Bewegter Unterricht
6.3.3 Bewegte Pause
6.3.4 Bewegtes Schulleben und bewegte Freizeit
6.3.5 Zusammenfassung

7 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis/ Quellenverzeichnis

Anhang
A. Fragebogen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 „Bewegte (Grund-) Schule“ (vgl. Müller & Volkmer 1996)

Abbildung 2 „Inhalte der Sportstunden“

Abbildung 3 „Materialien“.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Veröffentlichungen zum Thema „Bewegte Schule“ sind gerade in den letzten Jahren sehr zahlreich in Fachbüchern und Fachzeitschriften zu den Themen Motorik, Bewegung, allgemeine Schulpädagogik, Grundschulpädagogik und so weiter erschienen (vgl. Breithecker, 1997, 2001; Müller & Obier, 2001; Hildebrandt-Stramann, 1999, 2001; Landau & Sobczyk, 1996; Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, 2000,2001, 2004). Immer wieder weisen die Autorinnen und Autoren in ihren Beiträgen auf die Bedeutung der Bewegung für die Gesamtentwicklung der Kinder hin und heben die Verantwortung der Institution Schule auch für den Bereich der „Bewegungs-, Spiel- und Sporterziehung der Kinder und Jugendlichen“ hervor (Kultusministerkonferenz [KMK], 2004, S. 3). Dabei geht es eben nicht mehr nur um die reine körperliche und motorische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, sondern wie bereits erwähnt um die Gesamtentwicklung, also in Bezug auf die Institution Schule um eine ganzheitliche Bildung und Erziehung.

Aus dem Wissen um die engen Bezüge zwischen Bewegung und Lernen erwächst die

Forderung, Bewegung – über den strukturellen Rahmen des Schulsportes hinaus – stärker als bisher auch in die allgemeinen Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler und damit in alle Unterrichtsfächer und die Gestaltung des gesamten Schullebens [Hervorhebung v. Verf.] zu integrieren. Für die Vernetzung von motorischem und kognitivem Lernen gibt es z.B. bei den bewegungsorientierten Grundschulen hilfreiche Ansätze, die verstetigt, ausgebaut und auf alle anderen Schulformen übertragen werden müssen. (KMK, 2004, S. 3)

Hildebrandt – Stramann kritisiert 1999: „Für Bewegung gibt es in der Schule zweckbestimmte Räume und Zeiten wie die Sporthalle und den Schulhof bzw. die Sportstunden und die Pausenzeiten.“ (S. 5). Die Aussage der Kultusministerkonferenz zeigt einen eindeutigen Weg - weg von dieser eingegrenzten Betrachtung der Bewegungsmöglichkeiten an den Schulen. Gleichzeitig macht sie deutlich, dass bisherige Projekte sich überwiegend auf den Bereich der Grundschulen beziehen. Tatsächlich bestätigt dies die Veröffentlichung der KMK vom 11.12.2001 zum Thema „Bewegungsfreundliche Schule“ (Bericht über den Entwicklungsstand in den Ländern). Projekte wie die „Verlässliche Grundschule“ in Baden-Württemberg, die „Bewegte Grundschule“ in Bayern oder die „Bewegte Schule“ in Berlin beziehen sich ausschließlich auf den Bereich der Primarstufe und bestenfalls noch auf die Sekundarstufe I.

In Mecklenburg-Vorpommern wird seit 1999 an mehreren Grundschulen das Projekt „Gesundheitsförderung in neuen Bahnen“ erprobt. Eine „Vernachlässigung“ der weiterführenden Schulen und anderer Schulformen (z.B. der Sonderschulen) ist meines Erachtens ersichtlich, auch wenn es z.B. in Bayern seit dem Schuljahr 2000/2001 ein Projekt „Bewegte Schule“, welches sich an alle weiterführenden Schulen im Land richtet, gibt. Informationen zu einer Umsetzung derartiger Projekte an Schulen für Geistig- behinderte bzw. Schulen zur individuellen Lebensbewältigung habe ich im Rahmen meiner Recherchen nicht gefunden.

Gerade an diesem Punkt soll meine Arbeit ansetzen. Als Studentin der Sonderpädagogik in der Fachrichtung Geistige Behinderung und Sport auf Lehramt richtet sich mein Interesse auf die Schulen zur individuellen Lebensbewältigung in Mecklenburg-Vorpommern und ihre Schüler, die Kinder mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.

Im Zentrum meiner Arbeit steht dabei die Bewegung. Unter der Überschrift „Bewegungsmöglichkeiten an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung - zur Situation und Notwendigkeit vielfältiger Bewegungsangebote im schulischen Kontext in Zeiten einer sich wandelnden kindlichen Lebens- und Bewegungswelt“, werde ich am Beispiel von sechs Schulen zur individuellen Lebensbewältigung in Mecklenburg-Vorpommern eine Analyse der dort bestehenden Bedingungen (in Bezug auf Sport und Bewegungsmöglichkeiten) vornehmen. Mein Ziel ist es, die Bedeutsamkeit der Bewegung für die Gesamtentwicklung der Kinder im Allgemeinen und ganz besonders für die Kinder mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung herauszustellen. Dabei werde ich unter Berücksichtigung der sich verändernden Kindheit die Situation der Institution Schule als Bewegungsstätte beleuchten, um folgende Fragen zu diskutieren: Wo findet man Bewegung an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung? Sind Schulen zur individuellen Lebensbewältigung bewegungsfreundliche Schulen? Kann die Schule zur individuellen Lebensbewältigung mit den bestehenden Bewegungsmöglichkeiten der Bedeutung der Bewegung für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen gerecht werden?

Grundlagen zur Beantwortung der Fragestellungen bilden eine umfassende Analyse hauptsächlich gegenwärtiger pädagogischer und sportwissenschaftlicher Literatur aus dem deutschsprachigen Raum und intensive Recherchen im Internet. Ergänzt und komplettiert wird die Literaturanalyse durch eine schriftliche Befragung. Mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens sollen Daten und Informationen zum Bewegungsunterricht und zu Bewegungsmöglichkeiten an sechs ausgewählten Schulen zur individuellen Lebensbewältigung in Mecklenburg-Vorpommern erfasst und ausgewertet werden und somit zur Beantwortung der Fragestellungen beitragen.

Ich beginne meine Arbeit mit grundlegenden Aussagen zur geistigen Behinderung und zur Bildung von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Ausgehend von einem Versuch der Definition soll der Begriff geistige Behinderung aus der Sicht verschiedener Wissenschaftsdisziplinen betrachtet werden. Anschließend werden mögliche Entwicklungsbesonderheiten bei Kindern und Jugendlichen mit einer geistigen Behinderung aufgezeigt, bevor das Kapitel mit Ausführungen zur Pädagogik bei geistiger Behinderung abgeschlossen wird.

Im Mittelpunkt des folgenden Kapitels steht die Bedeutung der Bewegung für Entwicklung und Lernen von nichtbehinderten Kindern und von Kindern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.

Unerlässlich für ein besseres und umfassendes Verständnis der Problematik ist nach meiner Meinung die Betrachtung der sich wandelnden kindlichen Lebens- und Bewegungswelt mit allen Konsequenzen. Diesem Punkt widme ich mich im vierten Abschnitt. Eine detaillierte Betrachtung ist jedoch aufgrund der Komplexität der Thematik an dieser Stelle nicht möglich und soll auch nicht Gegenstand meiner Arbeit sein. Es sei in diesem Zusammenhang auf die zahlreiche aktuelle Fachliteratur (Schönrade/ Beins/ Lensing-Conrady, 2002; Kleine & Schulz, 1999 oder Rolff & Zimmermann, 1997) verwiesen.

Vor der abschließenden Diskussion und Betrachtung der Ergebnisse meiner Untersuchung soll es im fünften Komplex um das pädagogische Konzept der „Bewegten Schule“ gehen. Es wird zunächst geklärt, warum es mehr Bewegung in der Schule geben muss, um anschließend Aspekte, Inhalte, Ziele und mögliche Effekte dieses ganzheitlichen Konzeptes zu betrachten. Das Konzept der „Bewegten Schule“ soll exemplarisch als eine Möglichkeit der bewegungsfreundlichen Schule vorgestellt und im Bezug auf die Umsetzbarkeit an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung im anschließenden Kapitel überprüft werden.

Ich weise darauf hin, dass sich meine Betrachtungen und Analysen zum Bewegungsunterricht und zu den aktuell gegebenen Bewegungsmöglichkeiten auf das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern beschränken und nur eine exemplarische Auswahl der Schulen zur individuellen Lebensbewältigung des Bundeslandes Gegenstand der Untersuchungen sein kann.

2 Geistige Behinderung

2.1 Terminologische Klärung und Definition

In veralteter Fachliteratur findet man für die unterschiedlichen Ausprägungen einer geistigen Behinderung Bezeichnungen wie Schwachsinn, Blödsinn, Debilität, Imbezillität und Idiotie. Mit der Einführung des Begriffes der „Geistigen Behinderung“ versuchte man Ende der fünfziger Jahre diese Termini, die heute teilweise als Schimpfwörter benutzt werden, durch einen Wissenschaftsbegriff zu ersetzen. In den sechziger Jahren sprach man von „Geistig Behinderten“ oder „Schwachsinnigen“. Derartige Formulierungen betonen jedoch die Behinderung vor dem Menschen und stigmatisieren diesen damit. Die defizitäre Sichtweise des Begriffes „Geistige Behinderung“ versucht man heute zu überwinden, „indem man die kategoriale Festschreibung als ,geistig Behinderte' vermeidet und eine „allgemeine Kategoriebezeichnung wie ‚Kinder‛, ‚Erwachsene‛, ,Schüler‛, ,Männer‛, ,Frauen‛ voranstellt, die Behinderungsproblematik wird als sekundäres Merkmal oder besser als Kennzeichnung einer besonderen Lebenslagenproblematik beschreibend hinzugefügt…“ (Neuhäuser & Steinhausen 1999 zitiert nach Fornefeld, 2004, S. 50)

Fornefeld (2004) betrachtet auch den aktuellen Begriff „Menschen mit geistiger Behinderung“ als semantisch problematisch, da nach ihrer Meinung eine Gleichsetzung von Denken und Geist zu kurz greift und damit eine Abwertung der Person erfolgt. In den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz von 1998 wird vom Förderschwerpunkt geistige Entwicklung gesprochen. Als Bezeichnung für Schüler mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung werden auch hier nach wie vor die Begriffe Kinder und Jugendliche bzw. Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung verwendet. Weiterhin wird von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen im Bereich der geistigen Entwicklung gesprochen. Im Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (2003) spricht man durchgängig von Kindern bzw. Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.

Da die Diskussion rund um den Begriff „Geistige Behinderung“ auch heute noch anhält, werden weiterhin verschiedene Bezeichnungen in der aktuellen Literatur zu finden sein. Im Rahmen dieser Arbeit wird von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung bzw. Kindern und Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung die Rede sein.

Ebenso schwierig wie eine angemessene Begriffsfindung gestaltet sich die definitorische und damit allgemeingültige Bestimmung des Begriffes „Geistige Behinderung“, denn es gibt nicht den Menschen mit einer geistigen Behinderung. Intelligenzbasierte Erklärungen und Einteilung nach Schweregraden, wie z.B. die Unterscheidung nach vier Schweregraden in Anlehnung an die ICD-10, sind umstritten, werden jedoch im klinischen Bereich und bei schulrechtlichen Platzierungsentscheidungen nach wie vor herangezogen. Die American Association on Mental Deficiency berücksichtigt in ihrer Definition neben dem Merkmal der Intelligenzminderung auch „soziale Anpassungs-leistungen“ (Kulig, Theunissen, Wüllenweber, 2006). Nach Thimm (1999) kann die „Geistige Behinderung“ orientiert am aktuellen Verständnis wie folgt definiert werden:

Die Geistige Behinderung eines Menschen wird als komplexer Zustand aufgefasst, der sich unter dem vielfältigen Einfluss sozialer Faktoren aus medizinisch beschreibbaren Störungen entwickelt hat. Die diagnostizierbaren prä-, peri- und postnatalen Schädigungen erlauben keine Aussage zur geistigen Behinderung eines Menschen. Diese bestimmt sich vielmehr aus dem Wechselspiel zwischen seinen potentiellen Fähigkeiten und den Anforderungen seiner konkreten Umwelt“

(zitiert nach Fornefeld, 2004, S. 50)

Eine allgemeingültige und Wissenschaftsdisziplinen übergreifende Definition von „Geistiger Behinderung“ gibt es bis heute nicht. Thalhammer (1974) stellt fest:

Auf den geistigbehinderten Menschen lässt sich lediglich hinweisen, er ist begrifflich nicht zu fassen. Die Definition »geistige Behinderung« scheitert an der Ratlosigkeit desjenigen, der dieses Phänomen beschreiben und interpretieren will, da er die existentielle Wahrheit und Wirklichkeit mit seinen Kriterien und Argumenten nicht erreicht, in der sich der geistigbehinderte Mensch vorfindet und definiert…. (zitiert nach Holtz, 1994, S. 16)

Um eine umfassende Sicht zum Thema und zum Begriff „Geistige Behinderung“ zu erlangen und damit der Komplexität dieses Phänomens gerecht werden zu können, sollen im Folgenden die verschiedenen Ansätze aus der Sicht der Medizin, der Psychologie und der Pädagogik betrachtet werden.

2.2 Geistige Behinderung aus der Sicht verschiedener Wissenschaftsdisziplinen

Nach Fornefeld (2004) ist die Hauptaufgabe der Medizin die „Klärung der Ursachen und der Entstehungsgeschichte von geistiger Behinderung sowie die Entwicklung therapeutischer Maßnahmen“ (S.51). Sie schreibt weiter:

Die geistige Behinderung hat immer eine organische Basis, das heißt, sie geht immer auf eine organische Schädigung zurück, die das Gehirn direkt oder indirekt betrifft und damit die Gesamtpersönlichkeit des Menschen, sein Denken, Empfinden, Wahrnehmen, Handeln und Verhalten beeinflusst. Diese Schädigungen können vor, während oder nach der Geburt, also prä-, peri- oder postnatal entstehen und zu ganz unterschiedlichen Störungsbildern, klinischen Syndromen führen. ( S. 51,52)

Bei den Betrachtungen des Phänomens geistige Behinderung aus medizinischer Sicht ist zu beachten, dass die Medizin „bei der Beschäftigung mit dem Problem ,geistige Behinderung' von einer defizitorientierten Sichtweise ausgeht“ (Neuhäuser, 2000, S.32).

Eine Definition aus psychologischer Sicht liegt von Bach (1975) vor:

Als geistigbehindert gelten Personen, deren Lernverhalten wesentlich hinter der auf das Lebensalter bezogenen Erwartung zurückbleibt und durch ein dauerndes Vorherrschen des anschaulich-vollziehenden Aufnehmens, Verarbeitens und Speicherns von Lerninhalten und eine Konzentration des Lernfeldes auf direkte Bedürfnisbefriedigung gekennzeichnet ist, was sich in der Regel bei einem Intelligenzquotienten von unter 55/60 findet. Geistigbehinderte sind zugleich im sprachlichen, emotionalen und motorischen Bereich beeinträchtigt und bedürfen dauernd umfänglicher pädagogischer Maßnahmen. (zitiert nach Steinebach, 2000, S. 40)

Aufgabe der Psychologie ist es, die beschriebenen Beeinträchtigungen und Störungen zu erfassen. Dabei geht es vornehmlich um die Entwicklung der Intelligenz. Die psychologische Diagnostik erfasst mit Hilfe sogenannter Intelligenztests die intellektuelle Leistungsfähigkeit und damit primär bestehende Leistungsdefizite einer Person. Das bedeutet, dass geistige Behinderung aus psychologischer Sicht vornehmlich als Intelligenzminderung definierbar ist (Fornefeld, 2004; Steinebach, 2000; Holtz, 1994).

Die Intelligenzdiagnostik war von besonderer Bedeutung, wenn es um Zuordnung bzw. Zuweisung in besondere Maßnahmen und Institutionen, z.B. die Einweisung in eine Schule für Geistigbehinderte ging. Aktuell wird diese Art der Klassifikation ausschließlich durch Intelligenz-Testung als zu einseitig und damit kritisch betrachtet. Fornefeld (2004) begründet dies damit, dass der Intelligenzbegriff nicht eindeutig definiert ist und auch den Testverfahren unterschiedliche Verständnisweisen von Intelligenz zugrunde liegen. Steinbach (2000) nennt weitere Kritikpunkte:

- mögliche Stärken im Bereich der intellektuellen Leistung werden übersehen,
- Emotionen und soziale Kompetenzen werden übergangen,
- die Bedeutung der sozialen Umwelt wird vernachlässigt,
- Entwicklungs- und Lernfortschritte werden nicht angemessen abgebildet.

Heute hat sich die Diagnostik dahingehend gewandelt, dass „sie nicht länger ausschließlich nach Defiziten und Störungen der Person sucht, sondern ihre Fähigkeiten und Leistungsmöglichkeiten stärker in den Blick nimmt und unter Einbezug des sozialen Umfeldes erfasst“ (Fornefeld, 2004, S. 59).

Weniger defizitorientiert als die medizinische und psychologische Betrachtungsweise ist die pädagogische Sichtweise auf das Phänomen „Geistige Behinderung“. Zur Charakterisierung dieser Perspektive soll im Folgenden Mühl (1999) zitiert werden. Aufgrund ihrer hirnorganischen Schädigung haben Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung Schwierigkeiten Lernerfahrungen zu machen, was sich auswirkt „auf all jene Fähigkeiten, die sich nicht spontan entwickeln, sondern an deren Entstehung Lernprozesse beteiligt sind. Dadurch sind das Erlernen und die Entwicklung der Wahrnehmung und anderer kognitiver Fähigkeiten, der sozialen Handlungsfähigkeit, vor allem der vorsprachlichen und sprachlichen Verständigung, komplexerer Gefühle und psychomotorischer Fertigkeiten retardiert“ (zitiert nach Fornefeld, 2004, S. 68).

Um die Vielschichtigkeit des Phänomens „Geistige Behinderung“ abschleißend hervorzuheben, kann festgestellt werden, „dass nicht die organisch-genetische Schädigung selbst bereits die geistige Behinderung darstellt, sondern dass diese psycho-physische Abweichung lediglich den Auslöser eines personal-sozialen Prozesses darstellt, der zur geistigen Behinderung in ihrer Komplexität führt“ (Speck, 1999, zitiert nach Fornefeld, 2004, S. 68).

2.3 Entwicklungsbesonderheiten von Kindern mit einer geistigen Behinderung

In den vorangegangenen Kapiteln wurde festgestellt, dass es sich bei der geistigen Behinderung um ein sehr vielschichtiges und heterogenes Phänomen handelt. Es gibt eben nicht den Menschen oder das Kind mit einer geistigen Behinderung. Einen exemplarischen Entwicklungsverlauf zu konstruieren und ihn auf alle Kinder mit einer geistigen Behinderung zu beziehen, ist unmöglich. Suhrweier stellt 1999 fest, dass es keine „umfassende Darstellung der Entwicklung geistig Behinderter von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter [gibt],…, die den Vergleich mit der Normalentwicklung zugunsten von Entwicklungsmöglichkeiten unter verschiedenen Bedingungen, unter Einbeziehung der körperlichen Entwicklung, aufgibt“ (S. 170).

Ebenso wie bei allen Menschen sind auch bei Kindern und Jugendlichen mit einer geistigen Behinderung die Entwicklungs- und Lernbedingungen, unter denen sie aufwachsen, veränderbar. Sie verfügen über unterschiedliche Entwicklungspotenziale, die vom Zusammenspiel der persönlichen Gegebenheiten und dem sozialen Umfeld bedingt werden (Fornefeld, 2004; Bayrisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus [BSUK], 2003; Suhrweier, 1999). Die Autoren sind sich einig, dass sich die Entwicklung geistig behinderter Kinder und Jugendlicher nach den gleichen Prinzipien gestaltet, wie bei jedem Menschen, eben nur auf der Grundlage der Hirnschädigung. Fornefeld (2004) sagt:

Bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung sind grundsätzlich dieselben Entwicklungsverläufe beobachtbar, doch sie sind meist verlangsamt. Es kommt zu Brüchen, zu Diskontinuitäten im Entwicklungsverlauf, was zur Folge hat, dass Menschen mit Geistiger Behinderung im Erwachsenenalter nicht das gleiche Niveau wie Menschen ohne Behinderungen erreichen. (S. 61)

Die menschliche Entwicklung ist charakterisiert durch Bewegungen und Veränderungen, „die zu neuen Erscheinungen einer höheren Qualität, zu Fortschritten gegenüber einem früheren Zustand, führt“ (Suhrweiler, 1999, S.171). Durch ihre geistige Behinderung sind diese Kinder vor allem in ihrer intellektuellen Entwicklung beeinträchtigt. Sie zeigt Besonderheiten, „die unmittelbar auf direkte psychische Folgeerscheinungen physischer Schäden zurückzuführen sind, die aber auch durch die Eigenart der Um- bzw. der Wirkwelt und die Interaktionen und durch die subjektive Art der Reaktionen und Aktionen darauf, ganz unterschiedlich bestimmt sind“ (Suhrweiler, 1999, S. 171). Der Lernprozess und die Entwicklungsbereiche (Sprache, Denken, Emotionen Psychomotorik und Wahrnehmung) beeinflussen sich wechselseitig. Die genannten Entwicklungsbereiche bzw. psychischen Dimensionen sind gleichzeitig Lernziele und Mittel der inneren Bedingungen des Lernens (Kammer-Klimm, 1991; Suhrweiler, 1999). Im Folgenden sollen der kognitive, der sprachliche, der emotionale und der psychomotorische Bereich näher betrachtet werden.

Kognitive Entwicklung: „Denkleistungen setzen sich aus einer Vielfalt geistiger Vorgänge zusammen, die das Aufnehmen und Verstehen von Welt sowie kompetentes Handeln ermöglichen“ (BSUK, 2003, S. 84). Piaget (1966) sagt, dass der menschliche Organismus mit Hilfe von Assimilation und Akkommodation nach einem Gleichgewicht mit seiner Umwelt strebt. Bei der Assimilation erfolgt eine Anpassung an bereits erworbene Erfahrungen. Die Umwelt wird so behandelt, dass sie in die eigenen Strukturen passt. Bei der Akkommodation werden bestehende Schemata durch äußere Erfahrungen verändert, eigene Strukturen werden der Umwelt angepasst. Nach Suhrweiler (1999) verharren geistig behinderte Menschen lange auf dem Niveau der Assimilation. Da sie nur wenige Akkommodationstechniken erwerben, verzögert sich ihre Entwicklung auf intellektuellem Gebiet. Bezugnehmend auf die Abstraktionsstufen des Denkens stellt Inhelder (1962) fest, dass „geistig behinderte Kinder lange auf der Stufe der sensomotorischen Intelligenz verharren“ (zitiert nach Suhrweiler, 1999, S. 173). Suhrweiler geht davon aus, dass Menschen mit mäßiger und leichterer geistiger Behinderung Denkvollzüge wie „Vergleichen, Unterscheiden, Erkennen von Ursachen und Wirkungen, von Fehlern, Kritisieren und Argumentieren auf den Ebenen

- praktisch-gegenständliches Handeln,
- anschaulich-konkretes Denken,
- anschaulich-vorstellungsmäßiges Denken,
- anschaulich-sprachliches Denken

erlernen und gebrauchen“ (1999, S. 175). Er sagt aber auch, dass sie immer auf Hilfe und Korrektur angewiesen sein werden, da „ihre Denkprodukte oft kurzschlüssig, oberflächlich, unzureichend belegt und begründet sind“ (1999, S. 175).

Abschließend soll noch einmal das Bayrische Staatsministerium für Unterricht und Kultur zitiert werden:

Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zeigen eine große Bandbreite an kognitiven Fähigkeiten. Auch bei schweren Beeinträchtigungen entwickeln sie eine individuelle Sicht von Welt. In diese Welt greifen sie je nach ihren Möglichkeiten aktiv ein und gestalten mit. (BSUK, 2003, S. 84)

Sprachliche Entwicklung: Ebenso wie die Entwicklung von Denkprozessen verläuft der Erwerb der Sprache bei geistig behinderten Kindern prinzipiell wie bei Nichtbehinderten, nur sehr viel langsamer. Die Phase des Spracherwerbs ist zudem zerdehnt, es treten Schwierigkeiten beim Erlernen von Wortbedeutungen und grammatikalischen Regeln auf. Zu beachten ist, dass eine Verallgemeinerung der Sprachentwicklung auf alle geistig behinderten Kinder nicht möglich ist, da sie abhängig ist von bestehenden organischen Beeinträchtigungen, von psychosozialen Faktoren, vom familiären Umfeld und von der persönlichen Entwicklungsgeschichte. Suhrweier (1999) nennt eine Reihe von Faktoren, die bei der Sprachentwicklungsförderung von geistig behinderten Kindern auftreten können, weist dabei aber ausdrücklich auf den vorgenannten Aspekt hin. Man muss damit rechnen, „daß

- die Lernbereitschaft oft erst initiiert werden muß,
- die Aufnahme und Verarbeitung von externen und internen Informationen lange zu begleiten und zu führen sind,
- die Imitationsbereitschaft und –fähigkeit erst erreicht werden müssen,
- im Miteinandersein und –tun Motivation zur Kommunikation erst zu vermitteln sind,
- Ausdauer beim Spracherwerb immer wieder zu unterstützen und zu fördern ist,
- Steuerung und Kontrolle deutlich zu machen sind,
- die sinnesfunktionellen Aktivitäten im Umgang mit Dingen und Personen immer helfend und erklärend gefördert werden sollten,
- Schwächen des verbalen Gedächtnisses und sprechmotorische Ungeschicklichkeit auftreten“ (S.176, 177).

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass das Erlernen einer phonetisch und grammatikalisch richtigen Sprache nicht für alle Kinder mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung im Vordergrund steht. Auch körpereigene Ausdrucksformen, Laute oder einzelne Worte können von großer Bedeutung sein und bei der Verständigung helfen (BSUK, 2003).

Sozial-emotionale Entwicklung: Bevor es konkret um die Entwicklung des sozial-emotionalen Bereiches bei Kindern mit einer geistigen Behinderung gehen soll, sei kurz vorangestellt, welche Fähigkeiten die sozial-emotionale Kompetenz im Wesentlichen ausmachen. Goleman (2002) unterteilt nach persönlichen und sozialen Kompetenzen. Die persönliche Kompetenz beinhaltet Fähigkeiten zum Umgang mit eigenen Emotionen, deren Kontrolle sowie Auswirkungen (Selbstwahrnehmung, Selbstregulierung und Motivation), die soziale Kompetenz dagegen alle Fähigkeiten, welche Emotionen unserer Mitmenschen betreffen (Empathie und soziale Fähigkeiten z.B. Kommunikation und Konfliktbewältigung).

Auch im Bereich der sozial-emotionalen Entwicklung kann in keinem Fall von einem homogenen Entwicklungsverlauf bei allen geistig behinderten Kindern ausgegangen werden. Im Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung wird festgestellt, dass Schülerinnen und Schüler „im Laufe ihres Lebens ihre eigene psychische und geistige Welt [formen]. In ihrer Identität unterscheiden sie sich von anderen und erfahren sich als Persönlichkeit mit eigenen Gefühlen und Wünschen, mit eigenen Gedanken, Interessen und Haltungen. Auf der Basis einer grundlegenden Wahrnehmung entwickeln sie ein tragfähiges Selbstkonzept, das in engem Zusammenhang mit dem Erwerb eines positiven Selbstwertgefühles steht“ (BSUK, 2003, S. 42).

Im Folgenden soll auf einige mögliche Schwierigkeiten im Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung geistig behinderter Kinder und den daraus resultierenden Konsequenzen in bezug auf die Ausprägung sozial-emotionaler Kompetenzen eingegangen werden. Hierbei handelt es sich keinesfalls um eine vollständige Darstellung dieses Themenkomplexes, was im Rahmen dieser Arbeit auch nicht Ziel sein soll. Es sei auf das Buch von Senckel (1998) verwiesen, die die emotional-soziale Entwicklung in verschiedenen Phasen betrachtet und sich in diesem Zusammenhang auch mit möglichen Entwicklungsproblemen bei Menschen mit geistiger Behinderung auseinandersetzt.

Senckel (1998) spricht schon im Säuglings- und Kleinkindalter von einer gestörten Beziehungsaufnahme zwischen den Eltern und ihrem geistig behinderten Kind. Das Kind, welches nicht dem gängigen „Kindchenschema“ entspricht, ruft bei den Eltern eventuell Angst, Entsetzen und Ablehnung hervor. Daraus können der Rückzug aus der Beziehung oder eine Überforderung des Kindes resultieren. Später wird das Kind häufiger als nichtbehinderte Gleichaltrige immer wieder einem Misserfolgserleben ausgesetzt sein. Erfolge gelingen häufig nur mit elterlicher Unterstützung. Für das Kind bedeutet dies Schwierigkeiten beim Aufbau eines Selbstwertgefühls und bei der Loslösung von den Eltern. Es besteht „eine zumeist überdurchschnittlich groß bleibende emotionale Abhängigkeit und mangelnde Stabilität des Selbstwertgefühls“ (Senckel, 1998, S. 62). Fehlen die kognitiven Voraussetzungen, um Erfahrungen einzuordnen und zu beschränken, kann es zu Schwierigkeiten beim Erwerb der Frustrationstoleranz kommen.

Senckel (1998) weist darauf hin, dass auch geistig behinderte Kinder durchaus in der Lage sind die „normalen“ Entwicklungsverläufe, wenn auch häufig mit großen Verzögerungen, erfolgreich zu absolvieren. Abhängig sind die Entwicklungsmöglichkeiten vom Behinderungsgrad aber auch von der Beziehungsgestaltung zu den Bezugspersonen, der Gewährung eines angemessenen Erfahrungsspielraumes und einer angemessenen Förderung.

Psychomotorische Entwicklung: „Wahrnehmung und Bewegung sind zentrale Bestandteile der gesamten Persönlichkeit“ (BSUK, 2003, S. 64). Zwischen beiden Komponenten besteht ein wechselseitiges Zusammenspiel, durch das sich Kinder und Jugendliche subjektiv bedeutsame Umweltgegebenheiten erschließen und eine Grundlage für das weitere Lernen in allen Lernbereichen schaffen (BSUK, 2003). Nach Suhrweier (1999) hat die Psychomotorik eine besondere Bedeutung für die Entwicklung im Kindesalter. „Sie ist eng mit der geistigen und emotionalen Entwicklung verbunden, weil die »Aneignung« der Umwelt zunächst mit dem »Begreifen« von Dingen und Erscheinungen, mit ihrem Umgehen, abläuft“ (Suhrweier, 1999, S. 182). In Bezugnahme auf verschiedene Untersuchungen zum Thema stellt er weiter fest, dass nur wenige Menschen mit einer geistigen Behinderung einen „normalen“ motorischen Entwicklungsprozess durchlaufen. Bach (1979) nennt folgende Bewegungsstörungen bei geistig behinderten Menschen:

- mangelnde Bewegungskoordination,
- verspätetes Gehen- und Laufenlernen,
- eine mangelhafte Körperhaltung,
- unzureichend gezielte Bewegungsabläufe,
- ein verlangsamtes Bewegungstempo,
- eine Bewegungsarmut,
- Defizite bei der Kontrolle von Kraft, Geschwindigkeit und bei der visuellen Kontrolle. (zitiert nach Suhrweier, 1999)

Als mögliche Ursachen für solche Entwicklungsrückstände werden fehlende Betätigung im Spiel, Isolation im sozialen Leben, die bestehende Intelligenzbeeinträchtigung im Zusammenhang mit Wahrnehmungsstörungen und die hirnorganfunktionelle Störung diskutiert. Es wird aber auch auf die Lebensweise der Kinder hingewiesen und auf Anregungen und Hilfen, die ihnen zuteil werden. Hinzukommt, dass viele geistig behinderte Menschen zusätzlich körperbehindert sind (Strubel & Weichsel-Gartner, 1995 zitiert nach Suhrweier 1999; Suhrweier 1999).

2.4 Pädagogik bei geistiger Behinderung

2.4.1 Historischer Rückblick

Im Übergang von 19. zum 20. Jahrhundert hatte sich die Beschulung sogenannter „schwachbefähigter“ bzw. „schwachsinniger“ Kinder in Hilfsschulen etabliert. Kinder mit einer geistigen Behinderung, die zur damaligen Zeit als „blödsinnig“ bezeichnet wurden, hatten an diesen Schulen allerdings keinen Platz. Als bildungsunfähig klassifiziert, blieb für sie nur die Unterbringung zu Hause oder in einer Anstalt, in der jedoch keine Erziehungs- und Bildungsangebote unterbreitet wurden. In den zwanziger und dreißiger Jahren verschlechterte sich die Situation von Menschen mit Lernschwierigkeiten drastisch. Es kam zu Zwangsasylierung, Zwangssterilisationen und zu Ermordungen. Menschen mit Lernschwierigkeiten wurden als für die Gesellschaft „nicht brauchbar“ eingestuft und als Ballast angesehen (Störmer, 2006). Diese Entwicklung setzte sich auch nach der NS-Machtergreifung 1934 fort und weitete sich aus. Am 01.09.1939 erteilte Hitler den Euthanasiebefehl „unheilbar Kranken“ den „Gnadentod“ zu gewähren. Es kam zur systematischen Tötung „lebensunwerten Lebens“, worunter insbesondere Geisteskranke aber auch Körperbehinderte, Epileptiker, Blinde, Gehörlose und Alkoholiker fielen (Wetzel, Jost, Oettl, Brück, n.d.; Dörner, 2006). Eng verbunden ist diese Zeit auch mit dem Begriff der Institutionalisierung. Geistig Behinderte und psychisch Kranke wurden aus ihren familiären Lebenswelten herausgelöst und in spezielle Institutionen unter professioneller Betreuung konzentriert. Erziehung und Bildung haben nicht mehr Mündigkeit zum Ziel, sondern die Formierung einer einheitlichen Volksgemeinschaft. Bildungsfähige Kinder mit Behinderungen müssen zwingend eine Sonderschule besuchen, um sie dort gemeinschaftstüchtig zu machen und die Eingliederung in den Volkskörper zu ermöglichen. Bildungsunfähige Kinder unterliegen nicht der Schulpflicht (Wetzel, Jost, Oettl, Brück, n.d.).

Geistigbehindertenpädagogik in der DDR:

Bereits seit den fünfziger Jahren gab es ein Sonderschulwesen, das sich in Hilfs-, Gehörlosen-, Schwerhörigen-, Blinden-, Sehschwachen-, Sprachheil- und Körperbehindertenschulen unterteilte. In den Hilfsschulen wurden die sogenannten „schulbildungsfähigen intellektuell Geschädigten“, die in der Lage sein mussten Kulturtechniken zu erlernen, unterrichtet. Die Gruppe der geistig behinderten Kinder, die in der DDR als „schwachsinnig“ bzw. später als „intellektuell geschädigt“ bezeichnet wurden, waren damit von der Schulbildung zunächst ausgegrenzt. Sie wurden an Fördereinrichtungen des Gesundheitswesens überwiesen. Erst als der auf die Kulturtechniken eingegrenzte Bildungsbegriff auf den lebenspraktischen Bereich erweitert wurde, hatten auch die geistig behinderten Kinder und Jugendlichen das Recht auf Bildung. (Theunissen, 2006). Es wurden Fördereinrichtungen für „schulbildungsunfähige, förderfähige“ Kinder und Jugendliche eröffnet, in denen die Kinder und Jugendlichen zur „relativen Selbständigkeit in der Umweltorientierung, in der Selbstbedienung, in der Gestaltung sozialer Beziehungen, im Arbeitsprozess sowie in der zweckmäßigen Gestaltung der Freizeit“ (Essbach 1993, zitiert nach Theunissen, 2006, S. 35) befähigt werden sollten. Weiterhin von der Schulbildung ausgeschlossen waren die schwerst- und mehrfachbehinderten Kinder und Jugendlichen, die als „schulbildungs- und förderungsunfähig“ bezeichnet wurden. Diese Situation änderte sich erst nach dem Fall der Mauer, als 1991/92 Schulen für Geistigbehinderte in der ehemaligen DDR gegründet wurden.

Geistigbehindertenpädagogik in der BRD:

In der Nachkriegszeit entwickelten sich in der BRD für geistig behinderte Kinder Sammelklassen an Hilfsschulen und bald auch eigenständige Schulen für Geistigbehinderte. Diese Schulen orientierten sich zunächst an üblichen schulischen Standards. Die Schüler mussten gewisse Voraussetzungen mitbringen, um dort eingeschult zu werden. Kinder die „schulisch nicht bildungsfähig“ waren, wurden zunächst ausgegrenzt. In den sechziger Jahren entstanden die ersten Bildungspläne für eine Sonderschule für geistig Behinderte. Nach und nach wurde auch der Begriff der Bildungsunfähigkeit deutlich eingeengt. Ende der siebziger Jahre wurde das Recht auf schulische Förderung für alle geistig behinderten Kinder durchgesetzt. Geistig behinderte Kinder und Jugendliche wurden nicht mehr ausschließlich an Sonderschulen, die als Schulen für praktisch Bildbare, Schulen für praktisch bildbare Kinder, Schulen für bildungsschwache Kinder oder Schulen für Geistigbehinderte bezeichnet wurden, unterrichtet. In den 1970er Jahren gab es erste „Modellversuche zur Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen in Integrationsklassen, an denen auch geistig behinderte Kinder (insbesondere solche mit Down-Syndrom) beteiligt waren“ (Lindmeier & Lindmeier, 2006, S. 47).

2.4.2 Die Schule für geistig Behinderte

Schulen für geistig Behinderte wurden im Zuge einer längerfristigen Entwicklung nach Beendigung der nationalsozialistischen Herrschaft geschaffen. Zunächst richtete man Tagesbildungs-stätten ein, die später in Schulen umgewandelt wurden. In der DDR gab es die ersten Schulen für geistig Behinderte erst 1991/1992. In den Schulen, die heute in den einzelnen Bundesländern verschiedene Bezeichnungen tragen (z.B. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern: Schulen zur individuellen Lebensbewältigung; Hessen: Schule für praktisch Bildbare) sollten „Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter von eigens dafür ausgebildeten Lehrkräften nach offiziellen Lehrplänen oder Rahmenrichtlinien überwiegend nicht im Einzelunterricht, sondern in Klassen unterrichtet werden“ (Mühl, 2006, S. 333). Nachdem zunächst an die Einschulung bestimmte Bedingungen und Voraussetzungen gebunden waren, besagen die KMK-Empfehlungen von 1980: „Grundsätzlich ist jeder Geistigbehinderte unabhängig von Art und Schwere seiner Behinderung in pädagogische Fördermaßnahmen einzubeziehen“ (zitiert nach Mühl, 2006, S. 334). In dem Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1998 heißt es:

Die Schule für Geistigbehinderte verfügt über die konzeptionellen, personellen, baulich-räumlichen und sächlichen Voraussetzungen für eine qualifizierte, ganzheitliche Lern- und Entwicklungsförderung. Sie wird besucht von Kindern und Jugendlichen mit einer geistigen Behinderung, deren Förderung in einer allgemeinen Schule nicht ausreichend gewährleistet werden kann oder deren Eltern diesen Lernort für ihre Kinder wünschen. Unterricht und Erziehung werden auf die jeweiligen Bedürfnisse des einzelnen Kindes abgestimmt und im pädagogischen Gesamtangebot für die Klasse verwirklicht. (S. 16)

Die in Mecklenburg-Vorpommern und in Bayern verwendete Bezeichnung Schule zur individuellen Lebensbewältigung soll darauf hinweisen, „daß es sich nicht primär um eine Schule ,für eine bestimmte ausgewählte Schülergruppe' handelt, sondern daß der Förderbedarf der Schüler im Mittelpunkt steht. Ziel der Förderbemühungen ist die ,Lebensbewältigung' unter den gegebenen individuellen und gesellschaftlichen Umständen“ (Schneider & Stern 1995, S. 1).

3 Bedeutung der Bewegung für Entwicklung und Lernen

Bewegung ist ebenso wie Liebe, Zuneigung oder soziale Bindung ein grundlegendes Bedürfnis eines jeden Menschen und bedeutendes Element der menschlichen Entwicklung. Anders ausgedrückt: ohne Bewegung gibt es kein Leben! Bewegung ermöglicht es, dass sich der unselbständige Säugling zu einer selbständigen, selbstbewussten und gesunden erwachsenen Persönlichkeit entwickelt. Köckenberger sagt 1997: „Im Zuge der Persönlichkeitsentwicklung ist Bewegung für Kinder sowohl Grundlage für eine gesunde körperliche Entwicklung als auch Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln und Erkenntnisse zu gewinnen“ (S. 9). Zahlreiche andere Autoren (Zimmer, 1997; Frostig, 1999; Eggert & Kiphard 1980; Irmischer, 1998; Dordel & Breithecker 2004) betonen ebenfalls die Bedeutsamkeit der Bewegung für die geistig/seelische, soziale und motorische Entwicklung von Kindern. Die Bewegung kann bildhaft als ein Motor für die Gesamtentwicklung des Menschen betrachtet werden. Irmischer (1998) schreibt der Bewegung im Wesentlichen drei Funktionen zu:

(1) Bewegung hat eine ermittelnde, explorative Funktion. Bewegung ist demnach Medium von Erfahrung. Durch sie erfahren wir uns selbst, unsere materiale und soziale Umwelt, sowie deren Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten.
(2) Bewegung hat eine vermittelnde, expressive Funktion. Damit beschreibt Irmischer die Bewegung als Möglichkeit sich über den Körper auszudrücken und mit der Umwelt zu kommunizieren. Aus dieser ursprünglichsten Form der Kommunikation entwickelt sich im weiteren Entwicklungsverlauf die Sprache.
(3) Bewegung hat eine psychohygienische Funktion. Bewegung aktiviert den mensch-lichen Organismus und vermittelt Gesundheit und Wohlbefinden.

Zur Erläuterung der drei genannten Funktionen und zum besseren Verständnis der Bedeutsamkeit von Bewegung für die Gesamtentwicklung von Kindern sollen im Anschluss an die Begriffsklärungen die Aspekte Bewegung und Entwicklung sowie Bewegung und Lernen näher betrachtet werden.

3.1 Begriffsklärungen

Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Ausführungen zur Bedeutung der Bewegung für die Entwicklung von Kindern erscheint es sinnvoll, eine Klärung des Begriffes Bewegung vorweg zunehmen. Ergänzend sollen weiterhin auch die Begriffe Motorik, Sport und Bewegungserziehung kurz definiert werden, da diese ebenfalls im Rahmen dieser Arbeit bedeutsam sind.

Bewegung: Bewegung ist eine Veränderung einer Position bzw. eines Ortes oder einer Situation eines Objektes oder Subjektes. Die physikalische Definition, bei der Bewegung als „die Änderung der Lage (Ortsveränderung) eines Körpers mit der Zeit“ (Röthig, 1992, S.73) beschrieben wird, ist aus sportwissenschaftlicher Sicht zu eng. Die menschliche Bewegung ist sehr komplex und kann aus verschiedenen Ebenen und der Perspektive verschiedener Wissenschaftsdisziplinen betrachtet werden (mechanische Bewegung = Ortsveränderung; physikalische Bewegung = Bewegung der Moleküle; chemische Bewegung = Bewegung der Atome; biologische Bewegung = Äußerungsformen des Lebens; die soziale Bewegung = individuelle und gesellschaftliche Entwicklung).

Motorik: Die menschliche Bewegung als eine „primär zielgerichtete, an Problemlösen orientierte Bewegung“ (Röthig, 1992, S.73), wird als Motorik bezeichnet. Bewegung und Motorik sind zwei Zentralbegriffe der Bewegungslehre. Beiden Begriffe werden in verschiedenen Definitionen identische oder sich überschneidende Gegenstandsbereiche zugeordnet. Gutewort & Pöhlmann bezeichnen die Motorik als „Gesamtheit aller Steuerungs- und Funktionsprozesse“ und Bewegung als das aus diesen Prozessen resultierende „vielfältige Ergebnis“ (1966, zitiert nach Röthig, 1992, S. 319).

Bewegungserziehung: Bewegungserziehung ist ein vor allem im Elementar- und Primarbereich verwendeter Begriff für Leibesübungen mit musisch-ästhetischen und gymnastischen Bildungsabsichten (Röthig, 1992). Ziel der Bewegungserziehung ist es, über die Schulung von Körper und Bewegung allgemeine menschliche Fähigkeiten zu entwickeln. Die enge Beziehung zwischen Motorik bzw. Bewegung und der Ausbildung geistig-seelischer Funktionen beim Kind wird ausgenutzt.

Sport: Eine eindeutige Definition für den Begriff Sport zu finden ist schwierig, ja geradezu unmöglich. Dementsprechend finden sich in der Literatur zahlreiche, sich unterscheidende Definitionen. Im Hinblick auf die sportliche Betätigung von Kindern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung scheint eine Orientierung an einem klassischen und auch heute noch verbreiteten Verständnis von Sport, in dessen Mittelpunkt Leistung und Wettkampf stehen, zu eng und wenig sinnvoll. Sowa erweitert diese Sichtweise und beschreibt Sport folgendermaßen:

Unter dem Begriff Sport werden sportartenorientierte, sportartenmodifizierte und sportartenunabhängige Angebote zusammengefasst, welche sowohl ergebnis-, fertigkeits- als auch aufgaben- und erlebnisorientiert sind. Die verschiedensten Sportmöglichkeiten sollen so präsentiert werden, daß jeder mit seinen Interessen, Wünschen, Fähig- und Fertigkeiten Teilnahmemöglichkeiten vorfindet. Die inhaltliche Gestaltung des Angebotes sollte davon geprägt sein, daß jeder Sportler entsprechend seinen individuellen Fähigkeiten ein Höchstmaß an Unabhängigkeit und Selbständigkeit erfährt (1994, zitiert nach Sowa, 1997, S. 10)

3.2 Bewegung und Entwicklung

Kinder erkrabbeln, ertasten, erschließen sich motorisch handelnd die Welt. Durch Bewegung setzen sie sich mit ihrer Umwelt auseinander und eignen sich diese an.

Sie nehmen die Umwelt aktiv mit allen Sinnen wahr und spüren, was sie durch ihre Aktivität bewirken. Kinder erfahren ihre räumliche und materielle Umwelt und passen sich an Umweltgegebenheiten an oder verändern diese. Kinder, vor allem ganz kleine Kinder, erzielen durch Bewegung zahlreiche Erkenntnisse. Das Kind greift nach einem Gegenstand, betastet diesen, nimmt ihn in den Mund und spürt dabei die Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten des Objekts. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Materialerfahrung und Kognition, denn die Kinder „begreifen“ ihre Umwelt in den ersten Lebensjahren im wahrsten Sinne des Wortes (Krawietz, 1999). Durch die handelnde Auseinandersetzung mit der zu entdeckenden Umwelt können die Kinder über die Wahrnehmung ihrer Sinnesorgane wichtige und wirklichkeitsnahe Lebenszusammen-hänge erfahren (Breithecker, n.d.).

Für einen Säugling ist die Bewegung zunächst die einzige Möglichkeit der nonverbalen Kommunikation, er strampelt zum Beispiel vor Lust. Ältere Kinder hüpfen vor Freude, sie rennen, klettern, schaukeln, toben und gelangen so zu immer mehr Sicherheit, Selbständigkeit, räumlicher Erkundung und Umwelterfahrung (Bundesinstitut für Sportwissenschaft, 1989; Laging & Klupsch-Sahlmann, 2001; Dordel & Breithecker 2004). Bei der Bewegung geht es ebenso „um die Vergewisserung und Entwicklung des eigenen Selbst…“ (Laging&Klupsch-Sahlmann, 2001, S. 6). Thalhammer (1981) schreibt dazu:

Bewegung, gleich in welcher Differenziertheit und Undifferenziertheit, ist grundlegende Bedingung der Möglichkeit, Unabhängigkeit zu erleben. Jeder Schritt ohne Hilfestellung, jede Bewegungsabfolge ohne Intention von außen, jede Positionsänderung ohne Beistand und Subsidiarität, sind Bedingungen der Möglichkeit und Ergebnis der Notwendigkeit, sich souveräner zu verstehen, sich autark zu erleben…. (zitiert nach Irmischer, 1998, S. 252)

Kinder entwickeln ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstbild fast ausschließlich über Bewegung. Kinder erfahren über Bewegung soziales Handeln und Kommunikations-möglichkeiten. Sie lernen mit anderen Kindern in Kontakt zu treten, miteinander umzugehen und sich anzupassen. Kinder und Jugendliche suchen im Spiel mit anderen nach Leistung und Wettbewerb. Sie können spielerisch in verschiedene Rollen schlüpfen, lernen es Regeln zu akzeptieren, Konflikte auszutragen, tolerant und rücksichtsvoll zu sein (Breithecker, n.d.). Kinder sammeln durch Bewegung, Spiel und Sport wichtige grundlegende Erfahrungen und entwickeln ihre sozialen Kompetenzen. Auch im Hinblick auf eine gesunde körperliche Entwicklung ist die Bewegung von großer Bedeutung. Mehr Bewegung stärkt die Knochen, die Kinder entwickeln eine bessere Körperhaltung und kräftigere Muskeln. Die Reifung sämtlicher Elemente des Organismus (Knochen, Muskeln, Kreislaufsystem, Immunsystem) wird durch angemessene Bewegungen unterstützt. Bewegung kann zur Gesunderhaltung und zum Wohlbefinden beitragen.

Abschließend und zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwischen Bewegung und der motorischen, sozialen, emotional-psychischen, kognitiven und biologischen Entwicklung sowie der Sprach- und Wahrnehmungsentwicklung enge Verknüpfungen und Wechselbeziehungen bestehen (Krawietz, 1999).

3.3 Bewegung und Lernen

In diesem Kapitel soll auf den Zusammenhang zwischen Bewegung und Lernen bzw. Bewegung und Schulerfolg eingegangen werden. Dabei werden vordergründig entwicklungspsychologische und neurophysiologische Aspekte diskutiert. Es geht an dieser Stelle um wesentliche und allgemeingültige Grundlagen. Weitere Aussagen zum Thema Bewegung und Lernen werden im Rahmen der Vorstellung des pädagogischen Konzeptes der bewegten Schule zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb dieser Arbeit folgen.

Irmischer schreibt im Zusammenhang mit den von ihm herausgearbeiteten Funktionen der Bewegung: „Den eigenen Körper kennenzulernen, mit ihm umgehen zu lernen, ihn einschätzen zu können, mit den körperinternen Kräften wirtschaften zu können, dies ist eine Kompetenz, die basal das schulische Lernen und Leben beeinflußt“ (1998, S.257).

3.3.1 Entwicklungspsychologischer Aspekt

In diesem Zusammenhang bezieht man sich in der Fachliteratur vor allem auf die frühkindlichen Entwicklungsphasen, in denen Kinder handelnd Erfahrungen und Erkenntnisse durch aktives Begreifen und Erfassen sammeln. Es erscheint sinnvoll mit allen Sinnen zu lernen. „Erfolgreiches Lernen bedeutet Lernen mit allen Sinnen, Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ (Dordel & Breithecker, 2003, S. 7). Von dieser Perspektive aus betrachtet, ist Bewegung vor allem für das Lernen jüngerer Kinder und bei Kindern mit einem niedrigen Entwicklungsniveau bedeutsam.

Zimmer (1997) betrachtet den entwicklungspsychologischen Aspekt unter Berücksichtigung der sich wandelnden kindlichen Lebens- und Bewegungswelt. Sie fordert:

Der Widerstand der Welt muß für Kinder wieder körperlich – sinnlich erfahrbar

werden. Die Wirklichkeit muß gespürt, Ereignisse müssen nachvollzogen,

Zusammenhänge selbst entdeckt werden. Nur so können die Kinder die Welt verstehen und ihren Aufbau für sich selbst rekonstruieren. (S. 27)

Zimmer warnt vor den Konsequenzen der fehlenden körperlich – sinnlichen Erfahrungen. Durch den Mangel an Möglichkeiten, sich aktiv die Umwelt anzueignen, mangelt es den Kindern an Möglichkeiten, die auf sie einströmenden Reize zu verarbeiten. Folgen sind z.B. Verhaltensauffälligkeiten, Krankheiten mit psychosomatischen Ursachen und Lernschwierigkeiten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Bewegungsmöglichkeiten an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung
Untertitel
Zur Situation und Notwendigkeit vielfältiger Bewegungsangebote im schulischen Kontext
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Sonderpädagigische Entwicklungsförderung und Rehabilitation)
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
82
Katalognummer
V80837
ISBN (eBook)
9783638833615
ISBN (Buch)
9783656450221
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bewegungsmöglichkeiten, Schule, Lebensbewältigung, Situation, Notwendigkeit, Bewegungsangebote, Kontext, Zeiten, Lebens-, Bewegungswelt
Arbeit zitieren
Katharina Schwarz (Autor:in), 2006, Bewegungsmöglichkeiten an der Schule zur individuellen Lebensbewältigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80837

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