Zwischen PISA 2000 und PISA 2003: Erste Ergebnisse, Erklärungsansätze und Perspektiven


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1. Einführung

2. Program for international student assessment (PISA)
2.1 Konzeption und Planung von PISA
2.2 PISA 2000 am Beispiel „Lesekompetenz“
2.2.1 Fragestellung
2.2.2 Methode
2.2.3 Ergebnisse

3. Diskussion: „PISA – und dann?“

4. Literatur

Wieder einmal Bildungsreform!

Die ersten Ergebnisse der PISA-2000-Studie haben die Illusion einer Bildungselite deutscher Schüler im europäischen Vergleich zum Platzen gebracht und den Fokus der Bundespolitik wie schon in den 60er Jahren auf Schule und Unterricht, auf Schüler und Lehrer gelegt:

Am Handlungsbedarf scheint kein Zweifel mehr zu bestehen.

Seither geistern unzählige Reformvorschläge durch Medien und Plenarsäle – teilweise ratsam und bedenkenswert; viel häufiger jedoch finden in der Diskussion zur Schulreform falsche Propheten ein Ohr, um ihre zum Teil bildungsgefährdenden Ideen zu propagieren.

Dabei geraten die eigentlichen Ergebnisse der PISA-Studie und die sich hieraus ergebenden Anknüpfpunkte für Veränderungen nicht selten wieder in den Hintergrund.

Im Rahmen dieses Aufsatzes soll zunächst in verständlicher Weise die Konzeption und die Vorgehensweise von PISA am Beispiel der Lesekompetenz dargelegt werden, um im Anschluss daran erste vorliegende Ergebnisse zu diskutieren und mögliche Perspektiven des bundesdeutschen Bildungssystems kritisch zu erörtern.

1. Einführung

In ihrer noch recht jungen Geschichte hat die internationale Vergleichsforschung schon zahlreiche Erkenntnisse zum Thema Bildung beitragen und immer wieder zu kritischen Diskussionen in der Gesellschaft wie auch in der Politik anregen können. Dabei öffnete man sich in Deutschland erst Ende der 1990er Jahre einer öffentlichen Debatte über Schule auf der Grundlage einer schulsystembezogenen Bildungsforschung. So ist PISA in seinem Grundgedanken nicht etwa ein Novum der Wissenschaft und nicht die erste internationale Schulvergleichsstudie, sondern vielmehr das Ergebnis dreißigjähriger Forschung im Bildungssektor. In diesem Zeitraum wurden in regelmäßigen Abständen immer wieder vergleichsweise Studien durchgeführt, jedoch meistens ohne deutsche Beteiligung, ohne eine anschließende politische Diskussion der Ergebnisse und v.a. ohne Konsequenzen im Bildungssektor. Erst 1997 befürwortete die Kultusministerkonferenz im sog. Konstanzer Beschluss die Teilnahme Deutschlands an internationalen Schulleistungsstudien (vgl. Arnold, 2001). Öffentliches Interesse fand erstmals 1998 die TIMSS („Third international math and science study“), deren aus deutscher Sicht schlechte Ergebnisse den „Motor für die empirische Wende in der deutschen Bildungspolitik“ (Helmke, 2001, S.155) darstellten. Seither zieht man vermehrt empirische Ergebnisse der Schulforschung heran, um nicht zuletzt aufgrund der angespannten Finanzsituation die Effektivität des Unterrichts zu optimieren. In Zeiten knapper Kassen geht es also auch darum, den Schulunterricht an sich in dem Maße zu verbessern, dass auch ohne bedeutsame Aufstockungen des Bildungshaushalts deutschen Eleven eine erstklassige (Aus-) Bildung zu Teil wird.

Aus wissenschaftlicher Sicht gestalten sich die Ziele der internationalen Vergleichsforschung hingegen v.a. darin, „relevante Lernergebnisse in den Schulsystemen der beteiligten Staaten zu erfassen, um Qualitätsindikatoren für deskriptive und analytische Vergleiche bereitzustellen.“ (Arnold, 2001, S.161). Im weiteren Sinne wird also zunächst einmal untersucht, in welchen Nationen Schüler entsprechend gute bzw. schlechte Lernergebnisse liefern. In einem zweiten Schritt sollte es möglich sein, die einzelnen Schulsysteme auf Stärken und Schwächen hin zu überprüfen, um günstige Lernbedingungen herauszufiltern und dann hinreichend konstruktive Vorschläge zu einer Umstrukturierung des Bildungswesens einreichen zu können, falls dies nötig ist.

Derartige Zielsetzungen können jedoch nur dann verfolgt werden, wenn alle Schüler der teilnehmenden Staaten auch mit entsprechend vergleichbaren Testmaterialien untersucht werden. Hierin besteht die große Herausforderung der internationalen Vergleichsforschung. Es muss demnach gewährleistet sein, dass in den Schulsystemen der beteiligten Staaten Gleiches gemessen wird und dieses „Gleiche“ in den jeweiligen nationalen Lehrplänen auch einen vergleichbaren Stellenwert einnimmt (vgl. Arnold, 2001). So zählen zwar nordische Mythen bspw. in skandinavischen Nationen zum Allgemeinwissen, jedoch eignet sich dieser Themenkomplex nicht, um auch über die Lernergebnisse in südeuropäischen Nationen noch hinreichend Auskunft zu erhalten, da dieser Bereich in den dortigen Lehrplänen nicht berücksichtigt wird. Weiterhin muss im Zuge der transnationalen Validität gesichert sein, dass in allen Ländern adäquate Übersetzungen der internationalen Testformen angewandt werden, um eine Verzerrung der Ergebnisse durch unterschiedliche nationale Tests auszuschließen.

Zusammengefasst fällt diese Problematik unter den Begriff der sozialen Fairness, wonach in internationalen Vergleichsstudien nur Inhalte und Fähigkeiten gefragt werden sollten, bei denen alle getesteten Schüler aus allen Nationen gleichermaßen die Chance haben, eine korrekte Antwort zu geben.

Ohne an dieser Stelle auf die entsprechenden empirischen Untersuchungen einzugehen kann hier davon ausgegangen werden, dass aus pädagogisch-psychologischen Methoden der Diagnostik ein hohes Maß an Fairness für international vergleichende Schulleistungsstudien im Allgemeinen und für die PISA-Studie im Besonderen erreicht werden kann[1] ). „Fairness in der Entwicklung der Studien bildet die methodologische Folie für die Prüfung der sozialen Fairness in den vergleichenden Bildungssystemen.“ (Arnold, 2001, S.164).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die PISA zu Grunde liegende Philosophie sich auch im Zuge der Fairness auf „die Funktionalität der bis zum Ende der Pflichtschulzeit erworbenen Kompetenzen für die Lebensbewältigung im jungen Erwachsenenalter und deren Anschlussfähigkeit für kontinuierliches Weiterlernen in der Lebensspanne“ (Artelt et al., 2002, S.9) bezieht. Auf der Grundlage empirischer Ergebnisse aus internationalen Schulleistungsstudien lassen sich dann hinreichend konstruktive Ansatzpunkte ableiten, die nun auch in Deutschland zunehmend Einzug in die Bildungspolitik halten.

2. Program for international student assessment (PISA)

2.1 Konzeption und Planung von PISA

Die Abkürzung PISA steht für „program for international student assessment“ und bezeichnet eine von der OECD („Organization for Economic Co-operation and Development“) in Auftrag gegebene Studie zum internationalen Vergleich von Schülerleistungen. „Ziel ist es, in den beteiligten Ländern Kompetenzen von 15-jährigen Jugendlichen zu erfassen, die im Alltag, in der Schule und im Beruf gebraucht werden.“ (OECD, 2003, S.1). PISA ist ein auf drei Messzeitpunkte angelegtes Projekt, das die Erhebung von fachgebundenen wie auch fächerübergreifenden Kompetenzfeldern bei Schülern aus insgesamt etwa 40 OECD-Mitgliedstaaten zu erfassen versucht.

Bei der untersuchten Stichprobe handelt es sich dabei in Deutschland um ca. 50.000 zufällig ausgewählte Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 Jahren aus insgesamt 1.500 Schulen. Auch die teilnehmenden Schulen wurden in allen Teilnehmerstaaten nach detaillierten Vorgaben der internationalen Projektleitung zufällig ausgesucht.

Die Projektplanung sieht vor, dass die Schülerinnen und Schüler in den Jahren 2000, 2003 und 2006 jeweils an zwei bis drei Schultagen in folgenden Bereichen getestet werden:

Tabelle 1: Projektplanung[2] )

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zu den fachgebundenen Kompetenzen, die zu allen Messzeitpunkten mit unterschiedlicher Gewichtung untersucht werden, zählt PISA die Lesekompetenz, die mathematische Grundbildung sowie die Kenntnis über zentrale naturwissenschaftliche Konzepte aus der Physik, der Chemie, der Biologie und den Geowissenschaften. Darüber hinaus interessiert in jedem Testjahr eine fächerübergreifende Kompetenz (selbstreguliertes Lernen, Problemlösen und Informationstechnologien).

Neben den international entwickelten Leistungstests eben dieser genannten Kompetenzbereiche umfasst PISA zusätzlich auch national entwickelte Tests sowie einen Fragebogenteil (Schüler-, Schulleiter-, Lehrer- und Elternfragebogen). „Der zusätzliche Einsatz national entwickelter Tests bietet neben einer umfangreicheren Information über die getesteten Kompetenzbereiche die Möglichkeit, die Berechtigung internationaler Tests trotz curricularer Unterschiede in den Ländern zu prüfen.“ (OECD, 2003, S.6).

Der Fragebogenteil soll dabei zum einen Informationen über die jeweiligen Voraussetzungen in den Teilnehmerländern gewinnen. Zu diesen Hintergrundmerkmalen zählen Angaben über die vorherrschenden Lebensverhältnisse, Unterstützungen im Elternhaus, in der Schule und im Unterricht. Zweitens interessiert die Sozialstruktur der Schülerschaft, also diejenigen Bedingungen, unter denen die Schülerinnen und Schüler aufwachsen, leben und lernen. Drittens werden wesentliche Merkmale der Schule, der Schulorganisation und der Unterrichtsorganisation gesammelt und auf ihren Einfluss auf die Schülerleistungen hin untersucht.

„Anhand dieser Daten können Stärken und Schwächen schulischer Systeme in den erfassten Bereichen bestimmt werden. Darüber hinaus beabsichtigt PISA, Hinweise für die Erklärung dieser Stärken und Schwächen zu finden.“ (OECD, 2003, S.5). Somit zeigen die Ergebnisse nicht nur Problembereiche, sondern gleichzeitig auch Ansatzpunkte für mögliche Verbesserungen innerhalb des Bildungssektors auf.

Ein wesentliches Ziel der PISA-Studie besteht also darin, nützliche Hinweise für Schulpolitik, Fachdidaktik sowie Lehreraus- und Fortbildung zu liefern und somit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsentwicklung in Schulen zu leisten. (vgl. OECD, 2003)

[...]


[1] ) Zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema „Fairness als instrumentelles Gütekriterium in der psychologischen Diagnostik“ sei an dieser Stelle auf Arnold (2001) verwiesen.

[2] ) Grau unterlegte Felder geben den Schwerpunkt der Untersuchung zum jeweiligen Messzeitpunkt an.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Zwischen PISA 2000 und PISA 2003: Erste Ergebnisse, Erklärungsansätze und Perspektiven
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Lehrstuhl für Psychologie IV)
Veranstaltung
Hauptseminar: Psychologie in Unterricht und Erziehung
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V80743
ISBN (eBook)
9783638873772
ISBN (Buch)
9783638873888
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
PISA, Ergebnisse, Psychologie, Unterricht, Erziehung
Arbeit zitieren
Dipl.-Psych. Dominique Schmitt (Autor:in), 2004, Zwischen PISA 2000 und PISA 2003: Erste Ergebnisse, Erklärungsansätze und Perspektiven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80743

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