Das Sozialsystem der Schweiz


Hausarbeit, 2006

19 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Historischer Abriss

2. Familienpolitik

3. Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV)
3.1. Geschichtlicher Hintergrund
3.2 Das 3-Säulenkonzept
3.2.1. Die Alters- und Hinterbliebenenversicherung
3.2.2. Die berufliche Vorsorge
3.2.3. Die private Vorsorge
3.2.3.1 Die gebundene Selbstvorsorge
3.2.3.2 Die freie Selbstvorsorge

4. Arbeitsmarktpolitik
4.1. Geschichtlicher Hintergrund
4.2. Reform des Arbeitsmarktes
4.3. Aktuelle Lage

5. Gesundheitssystem
5.1. Reform des Gesundheitssystems
5.2. Anfallende Kosten
5.3. Aufgabenverteilung
5.4. Gründe für die Kostenexplosion
5.5. Das Gesundheitssystem im internationalen Vergleich

6. Literaturverzeichnis

Büchertitel:

Internetquellen:

1. Historischer Abriss

Das Sozialsystem der Schweiz hat im europäischen Vergleich den Ruf der Rückständigkeit erteilt und hat sich auf Bundesebene in der Tat erst sehr spät entwickelt. Allerdings reichen die Ursprünge des schweizerischen Sozialstaates bis ins 19. Jahrhundert zurück, als die starke Bevölkerungszunahme und die Industrialisierung das Land kennzeichneten. Bereits zu dieser Zeit prägten Mobilität und Zuwanderung das Land und mit der in der Bundesverfassung von 1848 verankerten Staatszielbestimmung „Beförderung der gemeinsamen Wohlfahrt“[1] spiegelt sich der liberale Typus des Schweizer Sozialsystems wider.

Mit der Einführung des Fabrikgesetzes (1877) und dem Haftpflichtgesetzt (1881) nahm die Schweiz früh eine Vorreiterrolle in der europäischen Arbeitsschutz­gesetzgebung ein. 1890 gab es bereits die ersten Anfänge für den Aufbau einer Sozialversicherung und tatsächlich kompensierte die lokale respektive kantonale Sozialhilfe bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts die fehlende Funktion einer gesamtschweizerischen Sozialpolitik.

Obwohl sich die Industrialisierung in der Schweiz sehr früh vollzogen hatte, gab es lange keinen Schutz gegen Alter, Krankheit oder Tod. Gesetze für diese sozialen Risiken traten erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Kraft. Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) wurde erst 1948 in einer Volksabstimmung angenommen (siehe auch 3.). Und die Invalidenversicherung trat sogar erst 1960 in Kraft. Regelungen für eine Mutterschaftsversicherung gibt es erst seit dem 1. Juli 2005.[2] Eine gesamtschweizerische Lösung der Familien- und Kinderzulagen (siehe auch 2.) wurden bis heute abgelehnt, obwohl sie bereits 1945 in die Verfassung eingingen.

Das Sozialsystem der Schweiz ist zusammenfassend als „verspätet“ zu titulieren, in dem die meisten Bestimmungen erst in der wirtschaftlichen Prosperitätsphase nach dem Zweiten Weltkrieg die Aufnahme in die Gesetzgebung fanden und nach dem System der Subsidiarität aufgebaut sind.[3]

2. Familienpolitik

Um über Familienpolitik sprechen zu können, muss man erst definieren, was unter Familienpolitik überhaupt zu verstehen ist. Für die Schweizer ist Familienpolitik ein interdisziplinäres Fach, da die Familie in fast allen politischen Feldern betroffen ist. Dabei setzt die Schweiz hauptsächlich auf die Mittel des Föderalismus und der Subsidiarität.

Föderalismus und Subsidiarität bedeutet in diesem Zusammenhang, staatliche Funktionen an untergeordnete Organisationen abzugeben, zum Beispiel an die Kantone, aber auch – und das ist in der Schweiz eine Besonderheit – an private Organisationen. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass entstehende Probleme auf möglichst niedriger Ebene gelöst werden und die Eigenverantwortung so entsprechend gefördert werden soll. Inwieweit die Schweiz diesem Anspruch gerecht wird, muss in Frage gestellt werden, da sich die Familienpolitik des Bundes auf nur einen Paragraphen beschränkt: „Danach hat der Bund bei der Ausübung seiner Befugnisse die Bedürfnisse der Familie zu berücksichtigen.“[4]

Reicht ein einzelner Paragraph aus, um mit der Komplexität der Familien standhalten zu können und reichen die Prinzipien aus, um eine Familie ausreichend zu versorgen und unterstützen zu können? In folgendem wird versucht, die Defizite eines solchen Systems aufzuzeigen und zu prüfen, ob und in wieweit Familien in der Schweiz tragfähig sind.

Familienzulagen, die auf Bundesebene geregelt sind, gibt es nur für Personen, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind oder für das Bundespersonal. Für alle anderen gelten die jeweiligen Bestimmungen der betreffenden Kantone. Dieses Modell hat dementsprechend nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Unter anderem sind Familienzulagen von der beruflichen Stellung der Eltern abhängig und es erhalten nicht alle Familien Zulagen. Im Fall des Verlustes des Arbeitsplatzes haben nur sehr wenige Personen Anspruch auf Familienzulagen. Folge daraus ist, dass das Armutsrisiko mit Kindern steigt; am häufigsten davon betroffen sind Alleinerziehende und Geringverdiener.

Wie wir bereits gesehen haben, sind die Zahlungen, die die Familien erhalten, gering und zudem nicht einheitlich geregelt, was uns zu der Frage führt, welche anderen Entlastungen die Familie neben den direkten Zahlungen bekommt.

Neben den direkten Zahlungen genießen Familien steuerliche Vorteile. Dabei entsteht jedoch ein Ungleichgewicht zwischen Zweiverdienerehepaaren gegenüber zwei verdienenden Konkubinatspaaren, denen aufgrund des Steuersystems größere Vorteile zukommen. Weitere Entlastungen soll durch Familien ergänzende Kinderbetreuung erreicht werden; Mittel dafür sind zum Beispiel Tagesheime, Krippen und Horte. Die Kompetenzen dafür liegen fast vollkommen in der Hand der Kantonen und Gemeinden.

Die Errichtung solcher Familien ergänzender Kinderbetreuungsstätten wird hauptsächlich von privaten Organisationen getragen, die jedoch staatlich subventioniert werden. Das Problem hierbei ist jedoch, dass die Anzahl solcher Einrichtungen den Bedarf an jenen nicht decken kann.

Es bleibt also die Frage ob ein solches System annehmbar ist, um Familien ausreichend zu unterstützen. Denn es entstehen mit einem solch leistungsorientierten System Probleme, die auf Familienebene nur schwer zu bewältigen sind. Familien werden nämlich nur unausreichend unterstützt und auch nur dann, wenn die Eltern einen Beruf ausüben. Inwieweit Familie und Beruf in der Schweiz vereinbar sind, lässt sich nicht endgültig klären. Aber man kann feststellen, dass Familien nicht nur eine finanzielle Belastung sind, sondern die Eltern auch noch durch Erziehung und Fürsorge für die Kinder zusätzlich belastet werden, ohne ausreichend vom Staat unterstützt zu werden. Dementsprechend ist die Familienpolitik in der Schweiz nicht soweit ausgeprägt, wie sie sein sollte. Prinzipien wie Subsidiarität in der Familienpolitik müssten durch das Prinzip der Unterstützung ausgetauscht werden.[5]

3. Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV)

3.1. Geschichtlicher Hintergrund

Eine gesetzliche Grundlage für eine Altersvorsorge besteht in der Schweiz erst seit 1948. Um die Alterssicherung trotzdem sicherzustellen, führten viele Arbeitgeber zuvor schon betriebliche Wohlfahrtsstiftungen und Fürsorgekassen ein, um ihre Arbeitnehmer abzusichern. Dies geschah auf Grundlage des Kapitaldeckungsverfahrens. Diese Kassen existieren auch heute noch und werden als ergänzende Alterssicherung weitergeführt.[6] Forderungen nach Schaffung einer gesetzlich Grundlage lassen sich aber trotzdem seit dem Jahr 1918 ausmachen, so war die Schaffung einer Altersvorsorge ein wesentliches Kernelement des Generalstreiks von 1918. Nach langem Debattieren um den genauen Wortlaut des Gesetzes kam es sieben Jahre später doch zu einem verfassungsgemäßen Entwurf, der auch den Fall der Invalidität berücksichtigte. Im Dezember 1925 votierten dann auch Volk und Stände für diesen Vorschlag. Das Gesetz wurde aber erst nach weiteren 22 Jahren durch eine Volksabstimmung angenommen und das Gesetz zur Alters- und Hinterbliebenenversicherung trat am 1. Januar 1948 in Kraft.[7]

Die Altersvorsorge war hier nur als Basisversicherung gedacht, die nicht den vollen Existenzbedarf absicherte, sondern nur in Verbindung mit zusätzlichen Einkünften funktionierte. Dies stellte sich immer mehr als ungenügend heraus, so war auch die parallel zu AHV eingeführte freiwillige berufliche Alters- und Hinterlassenenvorsorge immer wieder Gegenstand von Reformen. Es kam vermehrt der Wunsch auf, für die Alters- und Hinterbliebenenvorsorge ein Gesamtkonzept zu finden. Der Bundesrat führte in einer Botschaft zur 6. AHV-Revision aus, dass die Alterssicherung künftig nach dem 3-Säulenkonzept ablaufen sollte.

Die endgültige Gesetzesgrundlage für das heutige 3-Säulen Modell trat dann aber erst am 3. Dezember 1972 in Kraft.[8] Man kann hier aber nicht von drei gleichberechtigten Säulen sprechen. Stattdessen handelt es sich hier vielmehr um eine Pyramide, die in drei Ebenen unterteilt ist.[9]

[...]


[1] Vgl. Kraus, Katrin; Gausen, Thomas: Sozialstaat in Europa. Geschichte, Entwicklung, Perspektiven. 1. Auflage. Wiesbaden. Westdt. Verlag. 2001. S. 250-256.

[2] Vgl. http://www.bsv.admin.ch/aktuell/highlight/d/index.htm vom 14.1.2006.

[3] Vgl. Kraus, Katrin; Gausen, Thomas: Sozialstaat in Europa. Geschichte, Entwicklung, Perspektiven. 1. Auflage. Wiesbaden. Westdt. Verlag. 2001. S. 250-256.

[4] Vgl. http://www.bsv.admin.ch/fam/grundlag/d/politik.htm vom 14.1. 2006.

[5] Vgl. http://www.bsv.admin.ch/aktuell/highlight/d/index.htm vom 14.1.2006.

[6] Vgl. http://www.rechsteiner-basel.ch/pub/18/flexicurity.pdf vom 15.1.2006.

6 Vgl. Kraus, Katrin; Gausen, Thomas: Sozialstaat in Europa. Geschichte, Entwicklung, Perspektiven. 1. Auflage. Wiesbaden. Westdt. Verlag. 2001. S. 250-266.

7 Vgl. Wagner, Antonin, SASSA- Sekretariat (Hrsg.): Wohlfahrtsstaat Schweiz: Eine problemorientierte Einführung in die Sozialpolitik, Verlag: Paul Haupt Bern und Stuttgart. 1985. S. 170- 171.

8 Vgl. http://www.rechsteiner-basel.ch/pub/18/flexicurity.pdf vom 15.1.2006.

9 Vgl. http://www.rechsteiner-basel.ch/pub/18/flexicurity.pdf. vom 16.1.2006.

10 Vgl. Wagner, Antonin, SASSA- Sekretariat (Hrsg.): Wohlfahrtsstaat Schweiz: Eine problemorientierte Einführung in die Sozialpolitik. Verlag: Paul Haupt Bern und Stuttgart. 1985. S. 174.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Sozialsystem der Schweiz
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Soziale Strukturen in der EU
Note
2,7
Autoren
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V80677
ISBN (eBook)
9783638879477
ISBN (Buch)
9783638921008
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialsystem, Schweiz, Soziale, Strukturen
Arbeit zitieren
Frederik Böckmann (Autor:in)Valon Shabaj (Autor:in)Matthäus Spora (Autor:in)Florian Zimmeck (Autor:in), 2006, Das Sozialsystem der Schweiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80677

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