Kriterien und Zielgrößen für ein erstklassiges Bankenrating mittelständischer Unternehmen in Österreich


Masterarbeit, 2006

95 Seiten, Note: 5,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Hinführung zum Thema
1.2. Zielsetzung
1.3. Methodisches Vorgehen
1.4. Problemabgrenzung

2. Theoretischer Teil
2.1. Die neuen Rahmenbedingungen durch Basel II
2.1.1. Die Entwicklung der Basler Eigenkapitalvereinbarung
2.1.2. Die Inhalte von Basel II
2.1.3. Mindestkapitalanforderungen
2.1.4. Berechnung des Kreditrisikos
2.2. Bankinterne Ratings
2.2.1. Rating-Systeme
2.2.2. Elemente des Ratings
2.2.3. Der Einfluss des Ratings auf die Kreditkonditionen
2.3. Österreichische Banken und ihre Rating-Kriterien
2.3.1. Die österreichische Bankenlandschaft
2.3.2. Die Rating-Kriterien der österreichischen Bankengruppen
2.3.3. Gliederung und Definition der Hard-Facts
2.3.4. Gliederung der Soft-Facts

3. Empirische Untersuchung
3.1. Untersuchungsdesign
3.1.1. Problemstellung und Zielsetzung
3.1.2. Umfang der Untersuchung
3.1.3. Entwicklung und Zusammenstellung des Fragebogens
3.1.4. Durchführung der Untersuchung und Auswertung
3.2. Vergleich der Rating-Verfahren österreichischer Bankengruppen
3.2.1. Wahl des Rating-Ansatzes zur Eigenkapitalunterlegung
3.2.2. Dauer des Einsatzes des Rating-Systems
3.2.3. Einheitliche Anwendung der Rating-Systeme
3.2.4. Unterscheidungsmerkmale der Rating-Verfahren
3.2.5. Berücksichtigung von ausserbilanziellen Faktoren
3.2.6. Verbesserung des Ratings aufgrund der Soft-Facts
3.2.7. Bestmögliches Rating für mittelständische Unternehmen
3.2.8. Warnsignale und Negativinformationen
3.2.9. Gewichtung der Hard- gegenüber den Soft-Facts
3.3. Zielgrössen und Gewichtung der Rating-Kriterien
3.3.1. Anzahl der Nennungen und Zielgrössen der Hard-Facts
3.3.2. Gewichtung der Hard-Facts
3.3.3. Anzahl der Nennungen und Zielgrössen der Soft-Facts
3.3.4. Gewichtung der Soft-Facts
3.4. Kriterienkatalog

4. Resümee

1. Einleitung

1.1. Hinführung zum Thema

Aufgrund der geplanten Änderungen der Bankenregulierung, allgemein bekannt unter dem Begriff Basel II, sollen die Kreditvergaben der Banken in Zukunft entsprechend dem damit verbundenen Risiko getätigt werden. Gemäss den Richtlinien der Europäischen Union (EU) soll Basel II in allen Mitgliedsstaaten mit Beginn 2007 eingeführt werden. Ab diesem Zeitpunkt werden den Kreditinstituten drei Methoden zur Bewertung des Ausfallsrisikos von Unternehmen zur Verfügung stehen, von denen zwei auf einem internen Bankenrating basieren.

Diese veränderten Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass die österreichischen Banken eigene Rating-Verfahren entwickelt haben, die teilweise bereits Anwendung finden, jedoch spätestens ab 1.1.2007 zur Berechung der Eigenkapitalausstattung dienen sollen. Ein genauerer Blick auf die von den Banken veröffentlichten Informationen zu diesem Thema zeigt, dass die einzelnen Rating-Verfahren zwar sehr ähnlich aufgebaut sind, aber in gewissen Punkten beachtlich von einander abweichen.

Österreichische Klein- und Mittelbetriebe (KMU) sind aufgrund ihrer geringen Eigenkapital­ausstattung besonders von Basel II betroffen.[1] Damit sich diese Unternehmen auf ein Bankenrating vorbereiten können, ist es nötig, die einzelnen Rating-Kriterien und die damit verbunden Zielgrössen zu kennen. Nur so ist es möglich, das eigene Rating zu verbessern und eine möglichst positive Risiko­beurteilung seitens der Bank zu erhalten.

1.2. Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist die Erstellung eines Kriterienkatalogs, an dem sich österreichische mittelständische Unternehmen orientieren können im Bestreben, ihr Rating zu verbessern. Dieser Kriterienkatalog soll:

- Aufschluss darüber geben, welche Kriterien beim Rating mittelständischer Unternehmen durch österreichische Banken Anwendung finden.
- aufbauend auf einer Einteilung der Kriterien in Hard- und Soft-Facts aufzeigen, welche Zielwerte erreicht werden müssen, um in die höchstmögliche Ratingklasse eingestuft zu werden.
- zusätzlich zu den Zielwerten die Wichtigkeit bzw. Gewichtung der einzelnen Rating-Kriterien veranschaulichen.

1.3. Methodisches Vorgehen

Im theoretischen Teil dieser Arbeit werden zuerst die Rahmen­bedingungen bankinterner Ratings, die sich aus der neuen Basler Eigenkapital­verordnung (Basel II) ergeben, dargestellt. Dabei wird unter anderem auf die verschiedenen Rating-Ansätze eingegangen, zwischen denen die Banken zur Ermittlung der Eigenkapitalunterlegung wählen können. Das anschliessende Kapitel befasst sich mit bankinternen Ratings und den dabei zum Tragen kommenden Rating-Kriterien. Den Abschluss des theoretischen Teils bildet die Analyse der Rating-Broschüren der sechs grössten österreichischen Bankengruppen. Dabei werden die darin erwähnten Rating-Kriterien einander gegenübergestellt und in Kategorien eingeteilt. Der daraus abgeleitete Kriterienkatalog bildet die Grundlage für die anschliessend durchgeführte empirische Untersuchung.

Der empirische Teil beschreibt zuerst das Untersuchungsdesign der Expertenbefragung, die darauf abzielt, die Kriterien und Zielgrössen für ein „erstklassiges“ Rating zu erfragen. Darauf folgt eine Analyse der Ergebnisse, im Zuge derer als erstes die Rating-Verfahren der öster­reichischen Banken mit einander verglichen werden. Diese Betrachtung soll auf die Unterschiede der verschiedenen Rating-Systeme aufmerksam machen, die bei der anschliessenden Darstellung und Interpretation der Rating-Kriterien zu berücksichtigen sind. Abschliessend werden die Hard- und Soft-Facts in einem Kriterienkatalog zusammengefasst.

1.4. Problemabgrenzung

Interne Rating-Verfahren werden von den Banken vor allem zur Bonitätseinstufung ihrer Firmenkunden eingesetzt.[2] Die Rating-Verfahren, die dabei zur Anwendung kommen, unterscheiden sich jedoch relativ stark entsprechend der Unternehmensgrösse.[3]

Während Grossbetrieben der Zugang zum Kapitalmarkt (z.B. durch Aktien- oder Anleihen­finanzierung) offen steht und diese Unternehmen oft über ein externes Rating verfügen, sind KMU vor allem auf die Kreditfinanzierung durch Banken angewiesen.[4] Für Kleinst- und Kleinunternehmen mit entsprechend geringem Kredit­volumen gelten lt. Basel II jedoch besondere Bedingungen (siehe dazu Kap. 2.1.4). Es würde den Umfang dieser Master Thesis sprengen, auf alle Rating-Verfahren einzugehen, die in Zusammenhang mit der Bewertung von Unternehmen existieren. Deshalb fokussiert diese Arbeit auf Banken­ratings mittelgrosser Unternehmungen.

Die Europäische Kommission ist bemüht, eine einheitliche Definition von KMU innerhalb der EU zu schaffen. Daher wurde mit Gültigkeit 1. Jan. 2005 eine Empfehlung (2003/361/EG) herausgegeben, die als Kriterien zur Grösseneinteilung von Unternehmen die Mitarbeiterzahl, den Umsatz und die Jahresbilanzsumme vorsieht (vgl. Tab. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Grösseneinteilung von KMU nach EU-Empfehlung

Die obere Grenze für ein mittelgrosses Unternehmen liegt demnach bei einer Mitarbeiterzahl von 250 Personen, wobei der Jahresumsatz 50 Mio. Euro oder die Jahres­bilanzsumme 43 Mio. Euro nicht überschreiten darf.[5]

2. Theoretischer Teil

2.1. Die neuen Rahmenbedingungen durch Basel II

2.1.1. Die Entwicklung der Basler Eigenkapitalvereinbarung

Im Jahr 1974 wurde der „Basler Ausschuss für Bankenaufsicht“ von den Zentralbankgouverneuren der G10 ins Leben gerufen.[6] Der Ausschuss setzt sich aus hochrangigen internationalen Vertretern der Bankenaufsicht zusammen, die sich regelmässig vor allem in Basel/Schweiz in der „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ (BIZ) treffen. Dieser Ausschuss wurde mit der Aufgabe betraut, in der internationalen Bankenlandschaft einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, die zu einer Verringerung des Insolvenzrisikos von Kreditinstituten beitragen sollen. Damit sollte die Gefahr von Bankencrashs, die oft mit weit reichenden Folgen verbunden sind, vermindert werden.[7]

Im Jahr 1988 konnte sich die Bankenwelt erstmals zu einer einheitlichen Vereinbarung durchringen. Diese Empfehlung wurde unter dem Namen „Basler Eigenkapitalvereinbarung“ (Basel I) weltweit bekannt und wurde bisher in 130 Ländern umgesetzt.[8] In Österreich gilt diese Richtlinie seit der Änderung des Bankwesengesetzes im Jahr 1993. Kernstück der Vereinbarung ist, dass Banken fortan Kredite an Staaten, Banken und Unternehmen entsprechend ihrer Risikogewichtung mit acht Prozent Eigenkapital unterlegen müssen. Diesbezüglich wurde bald Kritik seitens der Banken laut, da die Risikogewichtung (vor allem von Unternehmenskrediten) als viel zu grob beurteilt wurde.[9]

Daher begann der Basler Ausschuss mit der Überarbeitung der geltenden Empfehlung und die Arbeit an Basel II – der neuen Basler Eigen­kapitalvereinbarung – wurde aufgenommen.[10] Nach Bekanntwerden der ersten beiden „Konsultationspapiere“ kam es zu Befürchtungen, dass vor allem die europäischen KMU aufgrund ihrer geringen Eigenkapitalquote eine Schlechterstellung der Finanzierungskonditionen erfahren würden. Ende April 2003 wurde dann das dritte Konsultationspapier herausgeben. Dieses bildet die Grundlage für die mit Anfang 2007 in Kraft tretenden nationalen Verordnungen.

2.1.2. Die Inhalte von Basel II

Basel II stellt eine Erweiterung der Ziele von Basel I dar. Die ursprünglichen Ziele

- Sicherung einer angemessenen Eigenkapitalausstattung im internationalen Bankwesen und
- Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen bleiben somit auch unter Basel II erhalten. Neu hinzugekommen sind
- die Schaffung einer effektiven Bankenaufsicht und damit einer besseren Stabilität der internationalen Finanzmärkte
- die Erhöhung der Risikosensitivität
- und die Erreichung von Mindeststandards für risikobehaftete Geschäfte.[11]

Zusammengefasst soll die Erreichung dieser Ziele von drei Säulen getragen werden (vgl. dazu Abb. 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Säulen von Basel II

(aus: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 6)

Die erste Säule dient der Berechnung der Mindestkapitalanforderungen (vgl. dazu Kap. 2.1.3.). Banken sind aufgrund der Verordnungen zu Basel II gezwungen, ihre „gewichteten Risikoaktiva“ mit acht Prozent Eigenkapital zu unterlegen. Die gewichteten Risikoaktiva setzen sich aus dem Kreditrisiko, dem operationellen Risiko und dem Marktrisiko zusammen.

Die zweite Säule soll sicherstellen, dass in Banken geeignete Abläufe und Verfahren zur Risikomessung und –steuerung vorhanden sind und diese auch entsprechend Anwendung finden. Die Prüfung der Einhaltung dieser Richtlinien erfolgt durch die nationale Bankenaufsicht – in Österreich „Finanzmarktaufsicht“ genannt.

Die dritte Säule betrifft die Offenlegungspflichten der Banken. Der Basler Ausschuss beabsichtigt damit, die Angemessenheit der Eigen­kapitalausstattung einer Bank den nationalen Aufsichtsbehörden überprüfbar zu machen. Dabei sollen Kerninformationen über den Anwendungsbereich, das Eigenkapital, die Risikopositionen und die Risikomessverfahren seitens der Bank transparent dargestellt werden, um diese einer entsprechenden Auswertung bzw. Überprüfung zu unterziehen.

2.1.3. Mindestkapitalanforderungen

Aufgrund der Basler Eigenkapitalverordnungen sind Banken dazu verpflichtet, ihre Risiken durch die Vorhaltung von Eigenkapital zu decken. Die Anforderung der Eigenkapitalunterlegung in Höhe von acht Prozent entsprechend der risikogewichteten Aktiva nach Basel I bleibt auch unter Basel II bestehen.[12] Allerdings kommt mit Basel II eine neue Komponente hinzu. Bisher waren das Kreditrisiko und das Marktrisiko ausschlaggebend, zukünftig fliesst auch das operationelle Risiko aus dem Bankgeschäft in die Berechnung mit ein (vgl. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Risiken aus dem Kreditgeschäft

(in: Übelhör/Warns (2004), S. 21)

Das Kreditrisiko umfasst das Risiko, dass ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen unvollständig oder verspätet nachkommt.[13] Unter Basel I wurden die Risiken entsprechend den Kreditnehmern (Staaten, Banken, Unternehmen, Privatkunden, etc.) gewichtet. Mit Basel II besteht nun die Möglichkeit, die Risikogewichtung entsprechend der Bonität lt. bankinternem Rating des Schuldners vorzunehmen. Damit ist bei guten Schuldnern zukünftig weniger Eigenkapital vorzuhalten als bei schlechten.[14]

Das operationelle Risiko einer Bank beinhaltet „die Gefahr von Verlusten, die infolge einer Unzulänglichkeit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder infolge externer Ereignisse eintreten.“[15] Der Basler Ausschuss will mit der Einbeziehung der operationellen Risiken in die Eigenkapitalunterlegung der zunehmenden Bedeutung dieser Risiken im Bankensektor Rechnung tragen.[16]

Unter Marktrisiko versteht man die Gefahr, dass bestehende Bankpositionen aufgrund einer negativen Marktentwicklung an Wert verlieren und für den Risikoträger ein Verlust entsteht.[17] Darunter fallen Risiken im Bereich des Handelsbuchs, die durch Änderung von Zinssätzen, Aktienkursen, Fremdwährungs-Wechselkursen und/oder Waren- bzw. Rohstoffpreisen hervorgerufen werden. Für Marktrisiken im Bankbuch sind hingegen unter Säule 1 auch weiterhin keine Eigenmittelerfordernisse vorgeschrieben, dieses wäre gegebenen­falls im Rahmen der Säule 2 abzudecken.[18]

Die Formel für die Berechung der erforderlichen Eigenkapitalquote lautet[19]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie bereits oben erwähnt, muss die berechnete Eigenkapitalquote entsprechend Basel II zumindest acht Prozent betragen. Die für die Eigenkapitalquote ausschlaggebenden regulatorischen Eigenmittel setzen sich gemäss §23 BWG zusammen aus dem Kernkapital (Tier-1-Kapital), dem Ergänzungskapital und langfristigen Nachrangkapital (Tier-2-Kapital) und dem kurzfristigen Nachrangkapital (Tier-3-Kapital).[20] Die einzelnen Bestandteile spiegeln die Verfügbarkeit und Qualität der Eigenmittel wieder.

„Das Kernkapital zeichnet sich dadurch aus, dass dessen Bestandteile sofort, uneingeschränkt und unbefristet zur Verfügung stehen. Grundsätzlich entspricht das Kernkapital dem Buchwert des Eigenkapitals. Das Ergänzungskapital hat im Vergleich zum Kernkapital eine geringere Qualität, z.B. weil es nur nachrangig haftet oder auf längere Sicht zurückzuzahlen ist. Das kurzfristige Nachrangkapital besteht aus bestimmten kurzfristigen nachrangigen Verbindlichkeiten mit einer Ursprungslaufzeit von mehr als zwei Jahren. Die Summe aus diesen Bestandteilen ergibt — in Höhe ihrer Anrechenbarkeit — die Eigenmittel (§23BWG). Diese dienen zur Deckung der in §22BWG definierten Eigenmittelerfordernisse. Im Rahmen der Umsetzung der Neuregelung der Eigenmittelbestimmung (EU-RL 2000/12/EG) wird die Definition der Eigenmittel in seinen Grundzügen weitgehend unverändert gelassen.“[21]

Auf die Berechung der gewichteten Risikoaktiva aus dem Kreditgeschäft wird im nachfolgenden Kapitel eingegangen. Auf die detaillierte Darstellung der Berechungsmethoden für das Marktrisiko und das operationelle Risiko wird an dieser Stelle verzichtet.

2.1.4. Berechnung des Kreditrisikos

Bei der Berechnung des Kreditrisikos können Banken zwischen zwei grundlegenden Methoden wählen (vgl. Abb. 3). Die Standard-Methode ist die standardisierte Messung des Kreditrisikos, unterstützt durch externe Bonitätsbeurteilungen. Der auf bankinternen Ratings basierende Ansatz (IRB-Ansatz), der von der zuständigen Bankenaufsicht ausdrücklich genehmigt werden muss, gestattet es den Banken, ihre internen Rating-Systeme für das Kreditrisiko zu verwenden.[22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Die drei Ansätze zur Messung des Kreditrisikos

(aus: Hundt/Neitz/Grabau (2003), S. 10)

Der Standardansatz

Der Standardansatz ist der aus dem Jahre 1988 stammenden Basel I-Vereinbarung sehr ähnlich. Dabei werden Ausleihungen an Kreditkunden entsprechend ihrer Kategorisierung und ihrem Risiko mit einem vorgegebenen Gewichtungsfaktor (Risikogewicht) multipliziert. Gegenüber Basel I erfolgt die Gewichtung lt. neuer Verordnung jedoch differenzierter bzw. innerhalb einer grösseren Bandbreite. Folgende Kategorien werden dabei unterschieden:

1. Forderungen an Staaten
2. Forderungen an sonstige öffentliche Stellen
3. Forderungen an multilaterale Entwicklungsbanken
4. Forderungen an Banken
5. Forderungen an Wertpapierhäuser
6. Forderungen an Wirtschaftsunternehmen
7. Kredite, die dem Retail-Portfolio zugeordnet werden
8. Durch Wohnimmobilien besicherte Forderungen
9. Durch gewerbliche Immobilien besicherte Forderungen
10. Kredite in Verzug
11. Forderungen mit höherem Risiko
12. Andere Vermögenswerte
13. Ausserbilanzielle Positionen

Wie bereits einleitend erwähnt, fokussiert diese Arbeit auf Bankenratings mittelständischer Unternehmen. Deshalb wird im Folgenden nur auf die Forderungen an Wirtschaftsunternehmen (Punkt 6) eingegangen.

Verwendet eine Bank den Standardansatz und liegt kein anerkanntes externes Rating für das Unternehmen vor, sind Kreditforderungen gegenüber Unternehmen mit dem Standardrisikogewicht zu bewerten. „Das Standard­risikogewicht für Forderungen an Unternehmen ohne Rating beträgt 100 %, wobei solche Forderungen kein niedrigeres Risikogewicht erhalten dürfen als Forderungen an den jeweiligen Sitzstaat.“[23] Liegt hingegen ein externes Rating vor, so richtet sich die Risikogewichtung nach dem Bonitätsurteil. Die folgende Tabelle zeigt die Risikogewichtung für Forderungen an Wirtschaftsunternehmen mit externem Rating.[24]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Risikogewichtung von Forderungen an Unternehmen nach dem Standardansatz

(in: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 18)

Die nationalen Bankenaufsichten können das Standardrisikogewicht für Forderungen ohne Rating erhöhen, wenn sie der Ansicht sind, dass ein höheres Risikogewicht vor dem Hintergrund der allgemeinen Erfahrungen mit Kreditausfällen in ihrem Zuständigkeitsbereich angemessen ist.[25]

Der Standardansatz sieht vor, dass Kredite an Wirtschaftsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen den Retail-Forderungen zugeordnet werden können. Unter anderem darf der Wert für die zusammengefassten Retail-Kredite an einen Kreditnehmer 1 Mio. Euro nicht übersteigen.[26] Diese Regelung gilt auch für den IRB-Ansatz, der nachfolgend erklärt wird.

Der IRB-Ansatz

Der wesentliche Unterschied des IRB-Ansatzes gegenüber dem Standardansatz liegt in der bankeigenen Schätzung bzw. Bestimmung der Ausfallswahrscheinlichkeit von Ausleihungen. Das Rating wird dabei bankintern durchgeführt und nicht wie im Standard-Ansatz durch externe Rating-Agenturen. Wie bereits erwähnt, müssen dafür bestimmten Mindestbedingungen und Offenlegungsanforderungen erfüllt sein und die Verwendung des IRB-Ansatzes durch die Bankenaufsicht gestattet werden.

Im IRB-Ansatz fliessen vier Risikokomponenten in die Berechung der Eigenkapitalunterlegung ein. Diese beinhalten Messgrössen für die Ausfall­wahr­schein­lichkeit (PD), die Verlustausfallquote (LGD), die ausstehenden Forderungen bei Ausfall (EAD) und die effektive Restlaufzeit (M).

Wie in der folgenden Abbildung zu sehen, wird beim IRB-Ansatz nochmals in einen Basisansatz und einen fortgeschrittenen Ansatz unterschieden. Im fortgeschritten Ansatz können die Risikokomponenten weitgehend durch die Bank selbst bestimmt werden, während im Basisansatz lediglich die Ausfallswahrscheinlichkeit durch die Bank festgelegt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Risikokomponenten und ihre Bestimmung im IRB-Ansatz

(in: Hundt/Neitz/Grabau (2003), S. 11)

Verwendet eine Bank den IRB-Ansatz, so müssen die Anlagebuchgeschäfte in folgende Forderungsklassen unterteilt werden: Unternehmen, Staaten, Banken, Privatkunden (Retail) und Beteiligungspositionen. Die Forderungsklasse „Unternehmen“ und „Privatkunden“ unterscheidet weitere Unterklassen, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Diese Klassifizierung der Aktiva entspricht im Grossen und Ganzen der gängigen Bankenpraxis.[27]

Der IRB-Ansatz sieht für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen (definiert als Unternehmen, die einer Gruppe mit einem konsolidierten Jahresumsatz von weniger als € 50 Mio. angehören) eine verminderte Eigenkapitalunterlegung vor.

„Eine Grössenanpassung (d.h. 0,04 x (1 – (S–5)/45)) fliesst in die Risikogewichtsfunktion für Forderungen an KMU ein. S wird als Jahresumsatz in Millionen Euro angegeben und gilt für Umsätze im Bereich kleiner oder gleich € 50 Mio. und grösser oder gleich € 5 Mio. Für die Grössenanpassung bei KMU werden alle Jahresumsätze von unter € 5 Mio. wie Umsätze in Höhe von genau € 5 Mio. behandelt.“[28]

Dabei handelt es sich um eine Einschleif-Regelung, von der Unternehmen mit einem konsolidierten Jahresumsatz bis Euro 5 Mio. am meisten profitieren werden. Die verminderte Eigenkapitalunterlegung beträgt bei dieser Gruppe von Unternehmen 20 % und läuft bei einem Jahresumsatz von Euro 50 Mio. aus.[29]

2.2. Bankinterne Ratings

Die Ursprünge des Ratings gehen auf die aufkommende Industrialisierung in den USA Ende des 1900 Jahrhunderts zurück. Insbesondere die Eisenbahngesellschaften benötigten für ihre Vorhaben grosse Geldvolumen und begaben erstmals in grossem Umfang öffentliche Anleihen zur Kapitalbeschaffung.[30] Da es für Privatinvestoren nicht in ausreichendem Masse möglich war, das mit der Zeichnung solcher Wertpapiere verbundene Risiko zu beurteilen, wurden Bonitätsanalysen für Anleihen dieser Gesellschaften durchgeführt.[31]

Die im Zuge der Emission von Wertpapieren durchgeführten Ratings werden in der Regel von darauf spezialisierten (externen) Rating-Agenturen durchgeführt. Auf diese Art des Ratings wird in dieser Arbeit aus Platzgründen jedoch nicht weiter eingegangen.

Im Bankbereich stellen Ratings eine Weiterentwicklung bzw. Verbesserung der bereits bisher von Kreditinstituten vorgenommenen Bonitäts­beurteilung von Kredit­nehmern dar. „Schloss früher die Bonitätsprüfung mit dem Ergebnis ‚kreditwürdig’ oder ,kreditunwürdig’, so wird heutzutage jedoch eine Differenzierung der Kreditwürdigen und oft auch der Kreditunwürdigen in mehrere Stufen erforderlich.“[32]

Der Begriff „Rating“ bezeichnet prinzipiell eine Vielzahl von Beurteilungsverfahren.[33] Dieser Arbeit soll folgende Definition zugrunde liegen: „Unter ‚Rating’ versteht man [...] die Einschätzung der Fähigkeit eines Kreditschuldners, in Zukunft seinen Zahlungs­verpflichtungen (Zins- und Tilgungszahlungen) termingerecht und in voller Höhe nachkommen zu können.“[34]

Ziel des bankinternen Ratings (synonym Bankenrating) ist es, eine Einteilung der einzelnen Kreditnehmer in verschiedene Ratingklassen vorzunehmen.[35] „Eine Ratingklasse ist definiert als eine Einstufung des Schuldnerrisikos auf der Grundlage mehrerer unterschiedlicher Rating-Kriterien, aus denen die Schätzung der Ausfallswahrscheinlichkeit [...] abgeleitet werden kann.“[36] Nachfolgende Tabelle zeigt die von der weltweit grössten Rating-Agentur Standard & Poor’s verwendeten Ratingsymbole (AAA bis D) und die entsprechenden Ausfallswahr­schein­lichkeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Ratingklassen und Ausfallswahrscheinlichkeiten

(in: Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG (2003), S. 13)

2.2.1. Rating-Systeme

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht definiert den Begriff „Rating-System“ folgendermassen: „Der Begriff ‚Rating-System’ umfasst alle Methoden, Prozesse, Kontrollen, Datenerhebungen und IT-Systeme, die zur Bestimmung von Kreditrisiken, zur Zuweisung interner Ratings und zur Quantifizierung von Ausfall- und Verlustschätzungen dienen.“[38] Synonym zum Begriff „Rating-System“ wird in dieser Arbeit der Begriff „Rating-Verfahren“ verwendet.

Für die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit durch ein bankinternes Rating stehen mehrere Klassifizierungsverfahren zur Verfügung. Dabei lassen sich folgende Gruppen unterscheiden:[39]

- Heuristische Modelle
- Empirsch-statistische Modelle
- Kausalanalytische Modelle
- und Mischformen dieser drei Modelle

Auf diese Klassifizierungsverfahren soll allerdings im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht näher eingegangen werden.[40]

Innerhalb der einzelnen Forderungsklassen ist es den Banken freigestellt, verschiedene Rating-Verfahren zu verwenden. „So kann eine Bank bei­spiels­weise Rating-Systeme für bestimmte Branchen oder Markt­segmente (z.B. mittleres Segment oder grosse Unternehmen) entwickeln.“[41] Bankeninterne Rating-Systeme sind die Grund­voraus­setzung für die Anwendung des mit Basel II neu eingeführten IRB-Ansatzes.[42]

2.2.2. Elemente des Ratings

Grundsätzlich können alle über einen Kunden zur Verfügung stehenden Informationen in ein Rating einfliessen:[43]

- Daten aus dem Jahresabschluss
- Soft-Facts, wie etwa die Managementqualität einer Firma
- Marktdaten
- externe Ratings des Kunden
- makroökonomische Variablen, die den Zustand der Volkswirtschaft und der betreffenden Branche des Kreditnehmers widerspiegeln

Dabei können Informationen (bzw. Kriterien) quantitativer und qualitativer Natur unterschieden werden. Qualitative Kriterien werden häufig auch als Soft-Facts, quantitative Kriterien als Hard-Facts bezeichnet.

Die Unterscheidung bzw. Einteilung dieser Kriterien variiert relativ stark in Theorie und Praxis. In der wissenschaftlichen Literatur wird zumeist das Skalenniveau der Ausgangsdaten als Abgrenzungskriterium verwendet.[44] In der Praxis wird die Auswertung des Jahresabschluss häufig als quantitative Analyse bezeichnet. Die aus der Analyse des Jahresabschlusses gewonnen Kennzahlen werden dementsprechend als quantitative Kriterien (Hard-Facts) bezeichnet. Die qualitative Analyse bezeichnet in der Praxis die Beurteilung unternehmensinterner und –externer Bereiche sowie die Beziehung zwischen dem Kunden und der Bank. Die dabei verwendeten (qualitativen) Kriterien werden in der Regel als „Soft-Facts“ bezeichnet. Die in den nachfolgenden Unterkapiteln dargestellten Rating-Kriterien werden anhand dieser in der Praxis gängigen Vorgehensweise näher erläutert.

[...]


[1] Vgl. dazu Institut Österreichischer Steuerberater (2005), S. 2

[2] Vgl. Möhrle (2003), S. 9

[3] Entsprechende Hinweise finden sich in den Rating-Broschüren der österreichischen Banken. (Vgl. beispielsweise Bruckner/Falkenstätter/Masopust et. al (2003), 21 f.)

[4] Vgl. dazu Institut Österreichischer Steuerberater (2004), S. 2 f.

[5] Vgl. Strolz (2005), S. 3

[6] Vgl. Bank for International Settlement (9.12.2005)

[7] Vgl. Ehlers (2005), S. 7

[8] Vgl. Bruckner/Masopust/Schmoll (2003), S. 15

[9] Vgl. Institut Österreichischer Steuerberater (2004), S. 4

[10] Vgl. Institut Österreichischer Steuerberater (2004), S. 4

[11] Vgl. Bruckner/Masopust/Schmoll (2003), S. 16

[12] Vgl. Übelhör/Warns (2004), S. 21

[13] Vgl. Grünbichler/Gancz (2003), S. 12

[14] Vgl. Übelhör/Warns (2004), S. 21

[15] Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S.127

[16] Vgl. Übelhör/Warns (2004), S. 31

[17] Vgl. Finanzmarktaufsicht (20.01.2006)

[18] Vgl. Finanzmarktaufsicht (20.01.2006)

[19] Vgl. dazu: Pernkopf (2004), S. 15

[20] Für die Anerkennung des Tier-2- und Tier-3-Kapitals gibt es gewisse Beschränkungen, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wird.

[21] Finanzmarktaufsicht/Österreichische Nationalbank (2006), S. 64

[22] Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 15

[23] Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 18

[24] Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 18

[25] Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 19

[26] Vgl. dazu Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 19

[27] Vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 45

[28] Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 56

[29] Vgl. dazu IHK Koblenz (09.01.2006)

[30] Vgl. Hoffmann (1991), S. 25

[31] Vgl. Hoffmann (1991), S. 25

[32] Pernkopf (2004), S. 27

[33] Vgl. Hoffmann (1991), S. 16

[34] Bruckner/Falkenstätter/Masopust et. al (2003), S. 13

[35] Vlg. Hückmann (2003), S. 57

[36] Pernkopf (2004), S. 17, zitiert nach: BCBS (2003), S. 83

[37] Durchschnittliche einjährige Ausfallsrate für Unternehmen im Zeitraum 1981 – 2002.

[38] Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 77

[39] Vgl. dazu Österreichische Nationalbank (2004)

[40] Weiterführende Literatur zu diesem Thema: Siehe Graalmann (2005), S. 50 ff.

[41] Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (2004), S. 77

[42] Vgl. Pernkopf (2004), S. 27

[43] Vgl. Wehrsporn (2002), S. 7

[44] Vgl. Pernkopf (2004), S. 29

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Kriterien und Zielgrößen für ein erstklassiges Bankenrating mittelständischer Unternehmen in Österreich
Hochschule
Fachhochschule Burgenland  (Finanzdienstleistungen)
Note
5,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
95
Katalognummer
V80433
ISBN (eBook)
9783638857697
Dateigröße
849 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kriterien, Zielgrößen, Bankenrating, Unternehmen
Arbeit zitieren
Mag.(FH); MBA Robert Strolz (Autor:in), 2006, Kriterien und Zielgrößen für ein erstklassiges Bankenrating mittelständischer Unternehmen in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80433

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