Das geschriebene Wort in seiner historischen Entwicklung


Seminararbeit, 2003

24 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Rückblick: Historie

3 Die Schriftkultur und ihre Auswirkungen
3.1 Von der Notwendigkeit der Schrift
3.2 Funktionen der Schrift
3.2.1 Schrift ermöglicht Kognitionsentlastung
3.2.2 Schrift ermöglicht Wissensvermehrung und Externalisierung
3.2.3 Schrift ermöglicht Archivierung und Recherchierbarkeit
3.2.4 Schriftliche Kommunikation
3.3 Funktionen der Schrift verändern das menschliche Zusammenleben

4 Der Buchdruck als Perfektionierung der Schrift
4.1 Reaktionen der Gesellschaft
4.2 Auswirkungen des Buchdrucks auf die Schrift

5 Zeitung- das geschriebene Wort gedruckt und massenweise publiziert
5.1 Anfänge der Presse und Schriftlichkeit
5.2 Zeitung als Zeitzeugnis

6 Zusammenfassung: Die Schrift - ein machtvolles Kommunikationsmittel

7 Ausblick: Symbiose von Schrift und Computerwesen

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Schrift[1] ist für uns so alltäglich und selbstverständlich, dass ein Leben ohne sie für den modernen Menschen kaum vorstellbar ist. Sie ist die bildhafte Darstellung (Graphem) von Lauten (Phonemen) und begegnet uns in Form von Buchstaben in allen Print- und elektronischen Medien.

Im Verlauf meiner Arbeit beschreibe ich den Ursprung und die Weiterentwicklung der schriftlichen Sprache bis zum heutigen Tag. Vom mündlich überlieferten Märchen bis zur virtuellen Email, von der kunstvoll angefertigten Handschrift zur Massenauflage über Rotationsmaschinen oder digitalen Druck hat sie einen langen Weg durchlaufen.

Der historische Rückblick meiner Arbeit (Kapitel 2) zeigt die beiden großen Richtungen der Schriftkultur, der Orientierung an der Wortbedeutung (Logographie) und der Ausrichtung an den Lauten der Sprache (Phonographie) auf.

Den Mittelpunkt der Arbeit bildet die Erklärung des Einflusses der geschriebenen Sprache auf die Zivilisationen der Welt, der entscheidenden Prägung unserer Gesellschaft durch sie und ihren Nutzen für den Menschen. Daher befasse ich mich in Kapitel 3 zunächst mit den Funktionen, die die Schrift erfüllt und deren Auswirkungen auf die Öffentlichkeit. Kognitionsentlastung (3.2.1), Wissensvermehrung (3.2.2) und ein neues Geschichtsbewußtsein durch historische Recherchemöglichkeiten (3.2.3) finden hierbei besondere Berücksichtigung.

Die Kunst der Verbreitung der Schrift wird mit dem Buchdruck perfektioniert. Die Facetten und Auswirkungen, vor allem nach der Erfindung Gutenbergs, werden in Kapitel 4 behandelt. Eine mögliche Realisierungsform des gedruckten Wortes, stellt die Zeitung dar. Diesem Massenmedium und seinen Auswirkungen ist das 5. Kapitel der Hausarbeit gewidmet. Im Anschluss bietet Kapitel 6 eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse und stellt noch einmal wichtige zentrale Punkte heraus. Kapitel 7 beschäftigt sich in Form eines Ausblicks mit der Frage, wie die modernen Kommunikationsmittel Email, Internet und die übrigen elektronischen Medien als Printerzeugnisse die traditionellen Schriftformen ergänzen, verändern oder verdrängen.

2 Rückblick: Historie

Der historische Rückblick auf die Entwicklung der geschriebenen Sprachen verdeutlicht, dass die Verbindung der Schrift mit sprachlichen Elementen in den Zivilisationen der Welt in unterschiedlicher Weise gelöst worden ist. Grundsätzlich gibt es zwei Alternativen: „Orientierung an der Wortbedeutung (Logographie), oder man schreibt unabhängig von der Bedeutung, die Laute der Sprache (Phonographie) (Haarmann 1990:147). Logographie (griech. „logos“ = Gedanke + „graphein“ = schreiben) bezeichnet die Wiedergabe sprachlicher Inhalte. Hier steht jeweils ein Zeichen für ein Wort (z.B. die chinesische Schrift). Diese Schreibweise besitzt die längste Tradition in der Schriftgeschichte. Die Phonographie (griech. phone >Ton, Laut< + graphein >schreiben<) hat sich chronologisch später aus der inhaltsbezogenen Schreibweise entwickelt. Solche frühzeitigen logographischen Schriftsysteme, deren Ursprungszeit vor etwa 5000 Jahren (Jäger 1989:52) liegt, setzen sich aus bildlichen (piktographischen) und sinnbildlichen (ideographischen) Zeichen zusammen. Sie standen teils für einzelne Gegenstände, teils für ganze Sinnzusammenhänge (siehe die Hieroglyphen der Ägypter oder die sumerische Keilschrift). So wurde z.B. die Nacht durch den Mond symbolisiert.

Graphische Symbole unterscheiden sich in sofern von Piktogrammen, als dass zwischen dem Bild und dem bezeichneten Begriff kein direkter sondern ein assoziativer Zusammenhang besteht. Ein Totenkopf symbolisiert eine Lebensgefahr und braucht keine weitere Erläuterung. Als Schreibkonvention ist der Zusammenhang kulturell spezifisch, es könnte auch ein Strichmännchen mit einem Kreuz verwendet werden. Eine weitere Variante des logographischen Schreibens stellt das abstrakte Symbol dar (vgl. & = und, § = Paragraph, u.a.) (Haarmann 1990:148).

Betrachtet man die Entwicklung, sind phonographische Schriftweisen jünger, wobei Alphabetschriften am spätesten ausgebildet worden sind und daher die modernste Stufe in der Schriftentwicklung präsentieren. Im 13. Jhd. vor Chr. finden wir bei den Phöniziern die erste Form eines Alphabetes, als Bezeichnung für die Gesamtheit der in Buchstaben fixierten Lauten einer Sprache (Hiller 1985:18). Die frühesten Alphabete beinhalteten ausschließlich Konsonanten. Erst die Griechen, die das Alphabet im 11. Jhd. von den Phöniziern übernahmen, führten die heutigen 5 Vokale ein. Für Haarmann stellt das Alphabet den Kulturträger aller modernen Zivilisationen dar. „Vieles spricht dafür, dass die Entwicklung der europäisch-christlichen (...) Kultur von der Verwendung einer Alphabetschrift abhängig war.“ (Haarmann 1990:555)

3 Die Schriftkultur und ihre Auswirkungen

Die Entwicklung jeder Schriftkultur geht einher mit der Technologisierung der Wortsprache des Menschen. Das orale, gesprochene Wort wird mit Hilfe von Buchstaben fixiert- Phoneme werden zu Graphemen. Jäger zählt die zentralen Medien der Schriftkultur, die den Übergang zu einer literalen Gesellschaft kennzeichnen, auf: das Schriftsystem, die Schreib-, Druck- und Lesetechniken und die Schriftträger (Jäger 1989:6). Ich beginne mit einem Rückblick auf das kulturelle Erbe nicht-literaler Gesellschaften, um aufgrund ihrer Überlieferungsweisen und –möglichkeiten, Konsequenzen aufzuzeigen, die durch die Einführung eines leicht handhabbaren und effektiven Mittels der Schrift, entstanden (Goody, Watt 1981:47). Als „Schrift“ lassen sich alle Zeichensysteme definieren, die eine graphische Fixierung der Sprache wort- und formulierungsgetreu erlauben (Kuckenburg 1989:168).

Das kulturelle und traditionelle Erbe einer Gesellschaft wird grundsätzlich in drei Bereichen an nachfolgende Generationen überliefert: Zum einen werden materielle Güter und das Wissen über ihre Herstellung sowie natürliche Ressourcen vermittelt. Zum anderen gibt die Gesellschaft allgemeine Handlungsmuster weiter wie die Zubereitung von Essen oder den Anbau von Getreide. Diese werden jedoch nur teilweise durch sprachliche Mittel tradiert. Einige Bräuche werden durch Nachahmung internalisiert z.B. die Erziehung von Kindern (Goody, Watt 1981:47). Der wichtigste und dritte Bereich einer Kultur, der diese maßgeblich ausmacht und prägt, ergibt sich aus Einstellungen und Bedeutungen, die die Mitglieder einer Gesellschaft mit sprachlichen Symbolen und Zeichen verbinden. Dieser Bereich ist sprachlich, also oral, vermittelt und beinhaltet die „Weltanschauung einer sozialen Gruppe“ (Goody, Watt 1981:47). Die Übermittlung dieser sprachlichen Elemente ist vergleichbar mit einer über Generationen und Jahrhunderte andauernden Face-to-Face Kommunikation. Diese wird durch das Aufkommen des Wortes ergänzt und in vielen Bereichen durch die Schrift ersetzt. Hier wird nun deutlich, welche Revolution durch das Wort und den Wandel hin zu einer literalen Gesellschaft entstanden ist.

3.1 Von der Notwendigkeit der Schrift

Den Hauptanstoß für die Schriftentwicklung an der Schwelle zu den Hochkulturen gaben die immer komplizierter werdenden wirtschaftlichen Vorgänge und Verwaltungsaufgaben. Diese hingen eng mit der neuen Gesellschaftsform zusammen: einer ständig wachsenden Bevölkerung, die sich in Siedlungen organisierte und verwaltete werden mussten (Kuckenberg 1989:175f). Damit in Zusammenhang mussten die mächtigen Herrscher und ihre perfekt durchorganisierten Bürokratien gesehen werden. Um dieses System aufrechtzuerhalten, war es von entscheidender Bedeutung einen geregelten Handel, sowie Steuer- und Lohnabgaben zu gewährleisten. Und wo immer exakt gemessen und gewogen wird, riesige Gütermengen den Besitzer wechseln, gelagert und umverteilt werden, sind Aufzeichnungs- und Buchführungsmethoden (Statistik) von entscheidender Relevanz (Kuckenberg 1989:178). „Kurz gesagt, die wirtschaftlichen Notwendigkeiten verlangten nach einer Schrift“ (Kuckenberg 1989:178).

3.2 Funktionen der Schrift

Um Aussagen über die Funktionen des Wortes zu geben, wird dieses zunächst kurz als maßgeblicher Bestandteil der Literalität definiert. „Literalität bezeichnet die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können“ (Dürscheid 2002:61).

Das Schreiben bezeichnet Jäger als eine der wichtigsten Innovationen der Menschheit (Jäger 1989: 6), da es „das Herauslösen der sprachlichen Verständigung aus ihrem ursprünglichen oral-auralen Zusammenhang bewirkt hat“ (Ong 1987:87). Die geschrieben Sprache ist im Gegensatz zur gesprochenen Sprache nicht in eine soziale Situation eingebettet, bei der Sprecher und Hörer an einem Ort sein müssen; sie ist situationsunabhängig und kann über Kommunikationsträger transportiert werden: Brieftauben, Post und Email. Somit trennt die Schrift das Wissen von der Person des Wissenden. Dieser Sachverhalt ermöglicht nicht nur eine Kognitionsentlastung (Ong 1987:123), wie sie im folgenden Kapitel weiter ausgeführt wird, sondern auch eine Externalisierung und Objektivierung (Ong 1987:114) (vgl. Kapitel 3.1.3).

Zur Einführung in die folgenden Kapitel wird an dieser Stelle die wesentliche und grundlegende Funktion der Schrift, vorgestellt. Diese besteht nach Goody in ihrer Objektivierung der Sprache, d.h. in dem genauen und festgelegten, allgemeingültigen System nach dem jedem Laut (Phonem) ein sichtbares Zeichen (Graphem) zugeordnet wird. In dieser substantiellen Form kann Sprache nicht nur über Raum und Zeit hinweg transportiert werden, sondern ganz allgemein existieren. Dieses neue Instrument der Kommunikation beeinflußte sämtliche Bereiche des menschlichen Zusammenlebens in politischer, sozialer, ökonomischer, rechtlicher und religiöser Sicht (Jäger 1989:17).

3.2.1 Schrift ermöglicht Kognitionsentlastung

Wie wir in Kapitel 2 gesehen haben, wird der gesamte Inhalt der sozialen Tradition im Gedächtnis der Gesellschaftsmitglieder aufbewahrt (Goody, Watt 1981:49). Es darf an dieser Stelle aber nicht der Trugschluß gezogen werden, dass nach der Erfindung der Schrift sofort alles Wissen nieder geschrieben wurde und somit das Gedächtnis entlastet wurde. Es muss stets zwischen der ersten Einführung der Schrift und ihrer allgemeinen Diffusion unterschieden werden. Nicht selten dauerte es Jahrhunderte bis diese Erfindung zum allgemeinen Besitz des ganzen Volkes geworden ist (Goody, Watt 1981:64). „...Der ist von reichlich Einfalt belastet und ist wahrhaft (...) unkundig, wenn er geschriebene Worte zu anderem von Nutzen glaubt als dazu: den Wissenden zu erinnern, worüber geschrieben steht.“[2] An diesem Zitat Platons wird die ganze Reichweite der kognitiven Entlastungsfunktion der Schrift deutlich. Sie stellt ein veräußerlichtes Gedächtnis des Menschen dar, der mit Hilfe des neuen Mediums über eine große beinahe unendliche Kapazität außerhalb des geistigen Speichers verfügen kann. „Die Verwendung der Schrift zur Wiedergabe von Wörtern mit deren Hilfe Informationen und Nachrichten im weiteren Sinn vermittelt werden, hat den Menschen seit Jahrtausenden in seiner kulturellen Entwicklung begleitet“ (Haarmann 1990:21).

[...]


[1] Ich beziehe mich hier auf unser westeuropäisches alphabetisches Schriftsystem.

[2] Vgl. Platon Phaidros 274c- 278b

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das geschriebene Wort in seiner historischen Entwicklung
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Germanistisches Institut/ Lehrstuhl für Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Proseminar: Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Note
2,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
24
Katalognummer
V80416
ISBN (eBook)
9783638870856
ISBN (Buch)
9783638870863
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wort, Entwicklung, Proseminar, Mündlichkeit, Schriftlichkeit
Arbeit zitieren
Svenja Schäfer (Autor:in), 2003, Das geschriebene Wort in seiner historischen Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80416

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