Die SPD-Opposition im Sächsischen Landtag - Eine Untersuchung am Beispiel der Schulpolitik in der dritten Wahlperiode


Magisterarbeit, 2007

120 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Erkenntnisinteresse
1.2. Aufbau der Arbeit
1.3. Quellenlage und Literaturbericht

2. Kontext – Parlamentarisches Regierungssystem, Oppositionsfunktionen und Länderparlamentarismus
2.1. Regierungsmehrheit und Opposition im parlamentarischen Regierungssystem
2.2. Oppositionsfunktionen
2.3. Kompetenzverteilung im Bundesstaat und Folgen für die Länderparlamente
2.4. Auswirkungen der Unitarisierung auf die Landesopposition

3. Die SPD Sachsen – zwischen Anspruch und Wirklichkeit
3.1. Die SPD in Sachsen – Parteientwicklung und Wahlergebnisse seit 1990
3.2. SPD Sachsen – Kleinpartei oder Großpartei?

4. Arbeitsbedingungen der SPD-Opposition im Sächsischen Landtag
4.1. Opposition als Verfassungsinstitution
4.2. Institutionelle Bedingungen und Mitwirkungsmöglichkeiten
4.3. Finanzielle Ausstattung der Fraktionen im Sächsischen Landtag

5. Thematische Profilbildung der SPD-Opposition – Fokus Schule
5.1. Themenprofile der Fraktionen im Vergleich
5.2. Profilbildung und Fraktionsgröße bei der SPD-Fraktion

6. Willensbildung der kleinen SPD-Fraktion unter besonderer Berücksichtigung der Schulpolitik
6.1. Binnenrecht der SPD-Landtagsfraktion – formelle Arbeitsweise, Gremien und Aufgaben
6.2. Neuorganisation und Ressourcenverlust der SPD-Fraktion
6.3. Die Arbeitskreise der SPD-Oppositionsfraktion
6.4. Fraktionsversammlung als oberstes Beschlussgremium

7. Oppositionelle Einflussnahme der Kleinfraktion SPD am Beispiel Schulpolitik
7.1. Macht vs. Sachpolitik – ein neues Konzept zur Kategorisierung oppositioneller Einflussnahme
7.2. Gesetzesinitiativen in der Schulpolitik – Macht- oder Sachpolitik?
7.3. Anträge in der Schulpolitik – Macht- oder Sachpolitik?
7.4. Aktuelle Debatten in der Schulpolitik – Macht- oder Sachpolitik?
7.5. Anfragen in der Schulpolitik – Macht- oder Sachpolitik?

8. Fraktion und Öffentlichkeit

9. Ergebnisse der Untersuchung

Literaturverzeichnis

Onlineressourcen

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Opposition in den Bundesländern ist ein undankbares Geschäft“

Erhard Eppler, langjähriger SPD-Oppositionsführer in Baden-Württemberg.[1]

„Also es ist nicht unbedingt befriedigend. Aber ich hab es gemacht. Bis zur Erschöpfung, aber es war ein hartes Brot, ja.“ Interviewpartner der SPD-Fraktion im 3. Sächsischen Landtag.[2]

1.1. Erkenntnisinteresse

Opposition im Landtag ist ein undankbares Geschäft. Was Erhard Eppler bereits in den 80er Jahren in Baden-Württemberg erkennen musste, steht konträr zu den Funktionen, welche die Opposition für demokratische Regierungssysteme erbringt.

In der Sächsischen Verfassung wurde am 27. Mai 1992 das Recht auf Bildung und Ausübung der parlamentarischen Opposition an herausgehobener Stelle festgeschrieben. Nach langen Jahren der Diktatur gewährt die Sächsische Verfassung der Opposition nun das Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit. Sie bezeichnet das Recht auf Bildung und Ausübung der parlamentarischen Opposition als wesentlich für die freiheitliche Demokratie.[3]

In den Länderparlamenten und im Deutschen Bundestag gibt es meist nicht die Opposition. Es existieren je nach den Wahlergebnissen unterschiedliche Oppositionsfraktionen. Im Sächsischen Landtag waren bisher zwischen zwei und vier Oppositionsfraktionen vertreten. Diese Arbeit widmet sich der SPD-Oppositionsfraktion der dritten Legislaturperiode des Sächsischen Landtages.

Die Betrachtung der SPD-Fraktion in der Zeit von 1999 bis 2004 muss dabei im Kontext der wissenschaftlichen Debatte stehen. Die folgende Arbeit orientiert sich deshalb an einer Studie über kleine Bundestagfraktionen.[4] Im Jahr 1999 erschien die leicht geänderte Dissertation von Uwe Kranenpohl, in der er die kleinen Fraktionen im Deutschen Bundestag untersuchte. Am Ende seiner Analyse regte Kranenpohl die weitere Beschäftigung mit kleinen Fraktionen vor allem in den deutschen Länderparlamenten an. Besonders interessant schien ihm aber die Betrachtung jener Parlamente, in denen eine der Volksparteien nur schwach vertreten ist. Sachsen hob er dabei besonders hervor.[5]

Tatsächlich ist die SPD in Sachsen einer besonderen Schwäche unterworfen. Der Spiegel spricht vom „mit Abstand traurigsten Landesverband der SPD“.[6] Doch auch wenn diese Bemerkung etwas kurz greift, fällt die besondere elektorale Schwäche der sächsischen Sozialdemokraten auf. In Sachsen erzielte die SPD dreimal hintereinander jeweils historisch schlechte Wahlergebnisse – und das im einstigen Stammland der Arbeiterbewegung. Im 3. Sächsischen Landtag bedeutete dies, dass die SPD-Fraktion nur noch aus 14 Abgeordneten bestand. Sie stellte somit in dieser Legislatur die Kleinste der drei Fraktionen dar. Ihr gegenüber standen eine erstarkte PDS-Fraktion mit 30 Abgeordneten und eine CDU-Fraktion mit 76 Abgeordneten, welche mit absoluter Mehrheit regieren konnte.

Der Zugriff auf das Thema der Untersuchung erfolgt so unter dem Blickwinkel der Fraktionsgröße. Dies geschieht am Beispiel der Schulpolitik und somit in einem wesentlichen landespolitischen Politikfeld und dem politischen Hauptschwerpunkt der SPD-Fraktion in der 3. Wahlperiode. Damit ist der Forschungsgegenstand eingegrenzt.

Die folgenden erkenntnisleitenden Fragen sollen den Gegenstand für diese Arbeit strukturieren und in einen analytischen Zusammenhang stellen: Welche Rahmenbedingungen findet die Landesopposition im deutschen Föderalismusmodell vor? Woher resultiert die Schwäche der SPD in Sachsen? Welche institutionellen Grundlagen beeinflussen die Arbeit der kleinen SPD-Oppositionsfraktion im Landtag? Auf welchen Themenfeldern sucht die SPD-Oppositionsfraktion die politische Auseinandersetzung? Welche Besonderheiten ergeben sich aus der Fraktionsgröße für die Willensbildung in der Fraktion? Wie kann die SPD-Fraktion oppositionellen Einfluss ausüben? Welchen Bedingungen steht die kleine Fraktion in der Öffentlichkeit gegenüber?

Am Ende der Arbeit soll so ein detailliertes Bild darüber entstehen, unter welchen Vorraussetzungen und Bedingungen die kleine SPD-Fraktion Oppositionsarbeit betrieb und wie diese in ihrem Schwerpunkt Schulpolitik konkret aussah.

1.2. Aufbau der Arbeit

Am Beginn der Untersuchung steht ein Grundlagenkapitel, welches in die politikwissenschaftlichen Wissensbestände zu Opposition und Oppositionsfraktionen im parlamentarischen System der Bundesrepublik einführt und diese überblicksartig darstellt. Es beginnt mit der Betrachtung des Dualismus zwischen Regierungsmehrheit und Opposition in parlamentarischen Regierungssystemen und schlägt den Bogen hin zu einem Katalog von Oppositionsfunktionen, welchen die Politikwissenschaft der Opposition in den Parlamenten zuweist. Folgend werden die Bedingungen des Länderparlamentarismus im deutschen Föderalismusmodell dargestellt und auf die Wirkungen für die Landtagsopposition überprüft. Dies dient der Hinführung zum Thema durch begriffliche und inhaltliche „Grundsteinlegung“.

Nachdem die Grundlagen abgesteckt sind, wird der Blick auf die Stellung der SPD im Land Sachsen gelenkt. Da Fraktionen auch als Parteien im Parlament bezeichnet werden[7], ist es notwendig, die Beschaffenheit des SPD-Landesverbandes näher zu analysieren. Hier werden zuerst die Parteientwicklung und die elektoralen Ergebnisse untersucht. In einem zweiten Schritt wird geprüft, wie sich die sächsische SPD in ein Begriffsraster Groß- oder Kleinpartei einordnen lässt. Dazu werden die Kriterien, die Kranenpohl aufgestellt hat am sächsischen SPD-Landesverband angewandt, um eine Einordnung in das Begriffsraster fundiert vornehmen zu können.

Im 4. Kapitel werden die Arbeitsbedingungen der kleinen SPD-Oppositionsfraktion im Sächsischen Landtag geprüft. Für den Bundestag kam Kranenpohl zu dem Schluss, dass die Mitwirkungsmöglichkeiten der kleinen Oppositionsfraktion – insbesondere die Mitbestimmung der Tagesordnung von Plenum und Ausschüssen – zufrieden stellend sind.[8] Kapitel 4 wird diesen Bereich für die kleine SPD-Fraktion ebenfalls betrachten. Die Analyse umfasst die institutionellen Bedingungen der kleinen SPD-Opposition im Sächsischen Landtag ebenso wie die Finanzausstattung der Fraktionen.

Kapitel 5 analysiert die Felder der politischen Auseinandersetzung im Sächsischen Landtag. Anhand einer quantitativen Analyse der Fraktionsinitiativen und der Erstellung der Themenprofile soll geklärt werden, welche politischen Schwerpunkte die Fraktionen wählten und in welchen Feldern die kleine SPD-Oppositionsfraktion die politische Auseinandersetzung suchte. Weiterhin wird überprüft, ob die SPD als Kleinfraktion bestimmte politische Nischen bediente - wie dies die Erkenntnisse Kranenpohls für kleine Bundestagsfraktionen nahe legen - und ob die Fraktionsgröße Auswirkungen auf die thematische Profilbildung besaß.

Nach diesem Schritt folgt in Kapitel 6 eine Betrachtung der Organisation und Willensbildung in der kleinen SPD-Fraktion. Anhand der Fraktionsgeschäftsordnung wird zuerst die formelle Arbeitsweise und Gliederung untersucht. In einem zweiten Schritt folgt die Betrachtung der Willensbildungsprozesse. Unter besonderer Berücksichtung des inhaltlichen Schwerpunktes Schulpolitik wird analysiert, wie die Willensbildungsprozesse in der kleinen Fraktion organisiert sind, um unter den gegebenen Umständen wirkungsvolle politische Arbeit zu leisten.

Kapitel 7 erforscht dann die Wirkungsmöglichkeiten der SPD-Fraktion in der politischen Auseinandersetzung am Beispiel der Schulpolitik. Als struktureller Rahmen dient das neue Konzept oppositioneller Einflussnahme von Steinack.[9] In Anlehnung an dieses Modell soll geprüft werden, ob und wie die kleine SPD-Oppositionsfraktion in ihrem Kernfeld Schulpolitik auf der machtpolitisch-öffentlichen oder sachpolitisch-internen Ebene Einfluss ausüben konnte. Dazu werden die parlamentarischen Initiativen der SPD-Fraktion im Politikfeld Schule (Gesetzesinitiativen; Anträge; Anfragen und Aktuelle Debatten) in das Konzept Steinacks eingearbeitet.

Nachdem in Kapitel 7 die Ebene der politischen Auseinandersetzung im Landtag analysiert wurde, weitet Kapitel 8 zum Abschluss der Untersuchung den Blickwinkel, Hier wird untersucht, wie die Verknüpfung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Ebene unter den Bedingungen des Mediensystems funktioniert.

Am Ende von Kapitel 8 wurde in der Untersuchung folgender Gedankengang absolviert: Es wurden die Bedingungen der Opposition in den Länderparlamenten aufgezeigt. Anschließend folgte die Betrachtung der politischen Basis der SPD-Fraktion im Land Sachsen. Ferner wurden die institutionellen und finanziellen Grundlagen der Oppositionsarbeit im Landtag dargestellt. Es wurde gezeigt, in welchen Themengebieten die politische Auseinandersetzung erfolgte und wie sich die SPD-Oppositionsfraktion unter den Bedingungen der Fraktionsgröße organisierte. Anhand der Oppositionsarbeit im Bereich der Schulpolitik wurde überprüft, wie die konkrete Oppositionsarbeit ausgestaltet ist und welche Einflussmöglichkeiten der kleinen Fraktion im Landtag zur Verfügung stehen. Weiterhin wurde betrachtet, welche Bedingungen bei der Verknüpfung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Ebene bestehen. Damit ist am Ende der Untersuchung ein umfangreiches Verständnis des Forschungsgegenstandes gewonnen.

1.3. Quellenlage und Literaturbericht

Für die Betrachtung sind die folgenden Quellen von besonderer Bedeutung:

Neben der Rezeption und Verarbeitung der vorhandenen Forschungsliteratur muss an erster Stelle auf die Veröffentlichungen des Sächsischen Landtages verwiesen werden. Dazu zählen vor allem die Plenarprotokolle, Drucksachen und Statistiken der Legislaturperioden des Sächsischen Landtages.[10] Diese sind insbesondere nötig, um die thematische Profilbildung der Fraktion quantitativ zu erheben. Darüber hinaus dient die Auswertung der Drucksachen auch der Frage nach der Anwendung der parlamentarischen Instrumente am Beispiel der Schulpolitik und der Feststellung möglicher Einflussmöglichkeiten der kleinen Fraktion in diesem Politikfeld.

Hinzu kommen Veröffentlichungen der SPD-Landtagsfraktion. Zu nennen ist dabei vor allem das regelmäßig erschienene Fraktionsmagazin Position, in dem die Schulpolitik einen breiten Raum einnimmt.[11] Weiterhin kann auf fraktionsinterne Materialien zurückgegriffen werden, die von der SPD-Fraktion zur Verfügung gestellt wurden. Dazu gehört - neben der Fraktionsgeschäftsordnung - eine größere Anzahl von Fraktionsprotokollen.[12] Zur weitergehenden Untersuchung wurden zwei qualitative Interviews geführt. Als Interviewpartner standen mit dem schulpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion sowie dem Fachreferenten für Schule und Hochschule der dritten Legislaturperiode die beiden Fraktionsexperten zur Verfügung.[13] Die Interviewten wurden einerseits als Fraktionsangehörige zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen in der Faktion befragt, andererseits zu spezifischen Fragen im Hinblick auf ihr Politikfeld Schule.

Für diese Arbeit habe ich mich dem Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln genähert. An dieser Stelle soll auf die wichtigste Forschungsliteratur hingewiesen werden, welche für die Bearbeitung der Fragestellung eine wesentliche Rolle spielt.

Obwohl manche Forscher vor einem unreflektierten Vergleich von Bundestag und Länderparlamenten warnen,[14] sind Analysen und Betrachtungen zum Bundestag für diese Arbeit von Bedeutung. Anhand von Strukturen und Entscheidungsabläufen lassen sich Parallelen zu den Landesparlamenten ziehen: An erster Stelle ist hier die explorative Studie von Kranenpohl[15] zu nennen, welcher kleine Bundestagsfraktionen von 1949 bis 1994 untersuchte und interessante Ergebnisse hinsichtlich der Profilierung und den Arbeitsbedingungen gewann. Seine Thesen bezüglich kleiner Bundestagsfraktionen werden in der Arbeit immer wieder explizit angeführt und am Beispiel der kleinen SPD-Landtagsfraktion geprüft. Als wichtiges Standardwerk über den Bundestag bildet die Monographie von Ismayr[16] einen wichtigen Ansatzpunkt für den Strukturvergleich der Parlamente.

Für den Sächsischen Landtag liegen nur wenig empirische Studien vor.[17] Die ausführlichste Darstellung des Aufbaus, der Infrastruktur und der Arbeitsweise des Sächsischen Landtages bieten Algasinger; Gey und Schöne[18] in ihrer Monographie „So arbeitet der Sächsische Landtag“. Entstehungshintergrund der Abhandlung war ein umfangreiches Forschungsprojekt des Lehrstuhls Politische Systeme der TU-Dresden, in dessen Rahmen umfangreiche Beobachtungen und Interviews zur Arbeitsweise des Parlaments und seiner Gliederungen durchgeführt wurden. Mittlerweile liegt es in der zweiten Auflage auch für die vierte Legislaturperiode des Landtages vor. Für diese Arbeit – die sich mit der dritten Legislatur beschäftigt – soll aber die Auflage vom Jahr 2002 herangezogen werden. Ebenfalls auf Grundlage der gewonnenen Daten des Forschungsvorhabens haben Algasinger; Gey und von Oertzen[19] in einem Aufsatz eine spezielle Betrachtung der Regierungskontrolle im Sächsischen Landtag vorgelegt. Dort untersuchten diese sowohl die Arbeitsgremien der Mehrheitsfraktion als auch der Oppositionsfraktion hinsichtlich der Erfüllung der Kontrollfunktion. Neben einer Gesamtschau auf den Sächsischen Landtag von Patzelt[20] im Sammelband von Mielke und Reuther[21] sei noch auf die Festschrift zum 10-jährigen Bestehen des Landtages verwiesen. Herausgehoben seien dabei besonders die folgenden Aufsätze: Zum Thema ‚Regierungsmehrheit und Opposition in Sachsen’ legt Oberreuther[22] anhand des Einsatzes der parlamentarischen Instrumente in der ersten und zweiten Legislatur die Strukturen des ‚neuen Dualismus’ dar. Weiter sei auf den Aufsatz von Schneider[23] im betreffenden Sammelband aufmerksam gemacht, welcher zu den Aufgaben und Gliederungen des Landtages Stellung nimmt.

Seit neuesten liegen auch zwei Darstellungen des sächsischen Parteiensystems vor. Brümmer[24] legt in seiner Dissertation den Schwerpunkt auf die Herausarbeitung der Kontinuität und des Wandels im sächsischen Parteiensystem. Dabei analysiert er schwerpunktmäßig die Vorgeschichte, Ergebnisse und Folgen der Wahlergebnisse der ersten vier Legislaturperioden. Ein ebenso aktueller Sammelband von Lempp und Demuth[25] behandelt dagegen alle relevanten sächsischen Parteien in einer systematischen Darstellung anhand der Kriterien Rolle, Organisation und Programmatik. Aus diesem Band ist besonders der Beitrag von Demuth über die sächsische SPD von Bedeutung, der sehr gut die strukturellen Probleme der Sächsischen Sozialdemokraten aufzeigt.

Die Opposition im Bayrischen Landtag von 1994 bis 1998 behandelt Steinack[26] in ihrer gerade eben erschienenen Dissertation. Anhand umfangreicher Untersuchungen entwickelt Steinack ein neues Kategorienschema oppositioneller Einflussnahme durch die Unterscheidung einer machtpolitisch-öffentlichen und einer sachpolitisch-internen Ebene. Dieses neue Konzept soll deswegen auch in dieser Arbeit Verwendung finden und anhand der dritten Legislatur am Beispiel der Schulpolitik eingesetzt werden. Es eignet sich dafür besonders aufgrund der ähnlichen politischen Verhältnisse in Bayern und Sachsen während der dritten Legislaturperiode.

2. Kontext – Parlamentarisches Regierungssystem, Oppositionsfunktionen und Länderparlamentarismus

Das folgende Kapitel bildet die inhaltliche Basisorientierung der Arbeit. Es beginnt mit der Betrachtung des Dualismus von Regierungsmehrheit und Opposition. Dieser strukturiert parlamentarische Regierungssysteme, zu denen auch das Sächsische zählt. Im zweiten Schritt folgt der Blick auf die Funktionen, welche die Opposition für das politische System erbringt. Anschließend wendet sich der Fokus auf die Besonderheiten des Länderparlamentarismus. Die Auswirkungen der besonderen Kompetenzverteilung im deutschen Bundesstaat auf die Landesopposition werden im vierten Unterkapitel herausgearbeitet. Am Ende des Kapitels liegt ein Überblick über die wichtigsten strukturellen Bedingungen der Opposition auf Länderebene vor.

2.1. Regierungsmehrheit und Opposition im parlamentarischen Regierungssystem

Parlamentarische Regierungssysteme - zu denen auch das Regierungssystem Sachsens gehört- sind von besonderen Eigenschaften gekennzeichnet, welche zum Verständnis des Oppositionsmechanismus kurz nachvollzogen werden müssen.[27]

Parlamentarische Regierungssysteme charakterisieren sich durch die Abhängigkeit der Regierung vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit.[28] Mit dem Recht, dem Regierungschef und damit der Regierung das Vertrauen zu entziehen, ist dem Parlament in der historischen Rückschau eine besondere Machtbefugnis zugewachsen. Nach der ursprünglichen Gewaltentrennungslehre sollten die staatlichen Funktionen in exekutive, legislative und judikative Gewalt getrennt werden. Dieser Konzeption folgend stehen sich Parlament und Regierung gegenüber, wobei sich beide in ihrer Machtausübung beschränken.

Diese Trennung zwischen Legislative und Exekutive tritt im parlamentarischen Regierungssystem zurück. Die Regierung ist durch die Abhängigkeit vom Parlament auf eine stabile und dauerhafte Unterstützung der Parlamentsmehrheit angewiesen. Aus dieser Verfassungskonstruktion ergibt sich notwendigerweise eine Trennung der Parlamentsmitglieder in eine regierungstragende Mehrheit und eine opponierende Minderheit.

Regierungsmehrheit und Regierung verschmelzen zu einer Handlungseinheit, welcher der Gegenpol Opposition gegenübersteht. Diese Konfliktstellung wird als ‚neuer’ Dualismus bezeichnet.[29]

Aus dieser Konfliktstellung ergeben sich bestimmte Rollenzuweisungen und Handlungsmaximen. Die Regierungsmehrheit ist bestrebt, ihre Regierung im Amt zu halten und die Regierungszeit politisch erfolgreich zu bewältigen. Die Handlungseinheit zwischen Regierung und regierungstragenden Fraktionen bewirkt, dass sich beide gegenseitig stützen und gegen Angriffe der Opposition in Schutz nehmen. Kritik wird in der Regel intern geäußert.[30] Nach Außen wird versucht, Geschlossenheit zu demonstrieren. Zudem tritt meist eine enge personelle Verflechtung zwischen beiden Gruppen ein. Vielfach wechseln führende Mitglieder der Fraktionen in die Regierung. Durch die Kompatibilität von Regierungsamt und Parlamentsmandat wird die Klammer zwischen Regierung und regierungstragender Parlamentsmehrheit noch stärker.

Im parlamentarischen System ist die Opposition die legitime Alternative zur Mehrheit.[31] Sie muss versuchen, die Schwachpunkte der Regierungsmehrheit öffentlich zu machen und so die zukünftige Unterstützung der Wähler zu erreichen. Hauptzweck des Oppositionshandelns ist es, auf eine eigene Regierungsübernahme oder zumindest eine Beteiligung hinzuarbeiten.

Die Verfassung des Freistaates Sachsen aus dem Jahr 1991 konstituiert ein parlamentarisches Regierungssystem. Der Ministerpräsident wird von der Mehrheit der Mitglieder des Landtages gewählt.[32] Er kann nur mit Hilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums – das heißt der gleichzeitig erfolgenden Wahl eines Nachfolgers – abgewählt werden.[33] Die Legitimation der Regierung wird so auf den Sächsischen Landtag zurückgeführt. Die Regierung ist in ihrem Bestehen auf die ständige Unterstützung der Parlamentsmehrheit angewiesen. Die Oppositionsparteien stehen dieser Regierungsmehrheit gegenüber.

2.2. Oppositionsfunktionen

Die Funktionen der Opposition im parlamentarischen Regierungssystem werden oft mit der klassischen Funktionstrias Kritik, Kontrolle und Alternative zusammengefasst.[34] Sie geht zurück auf Sternberger, der diese bereits Mitte der 50er Jahre für die Bundesrepublik beschrieb.[35] Die Kritikfunktion besagt, dass die Opposition das Handeln der Regierung auf seinen Sinn hin überprüft, kommentiert und eben auch kritisch Stellung bezieht. Mit dieser Funktion eng verbunden ist der Öffentlichkeitsaspekt. Die Kritik der Opposition ist zumeist an die Öffentlichkeit gerichtet, um Druck zur Nachbesserung zu entfalten, vielmehr aber die zukünftigen Wähler von den Fehlern der gegenwärtigen Regierung zu überzeugen.

Die Kontrollfunktion geht auf die klassische Gewaltenteilungslehre zurück, in der die Kontrolle der Regierung dem ganzen Parlament zugeordnet wurde. Im Zuge der Diskussion um einen ‚neuen’ Dualismus wurde die Meinung vertreten, diese ginge nun allein auf die Opposition über.[36] Dieser Auffassung wurde aber mehrheitlich widersprochen. Vielmehr spaltet sich die Kontrollfunktion zwischen Regierungsmehrheit und Opposition auf. Für den Deutschen Bundestag zeigt dies z.B. Ismayr[37] ; für den Sächsischen Landtag Algasinger et al.[38] Die Regierungsmehrheit kontrolliert die Regierung auf internen, meist informellen Wegen. Es handelt sich dabei um begleitende Kontrolle, die bereits beim Entstehen von Regierungsinitiativen wirksam wird. Die Kontrolle der Opposition wirkt demgegenüber öffentlich. Da direkte Einflussmöglichkeiten auf das Regierungshandeln weitgehend fehlen[39], wird versucht, über die Öffentlichkeit Druck auf die Regierungsmehrheit auszuüben und so indirekt auf deren Handeln einzuwirken.

Die Alternativfunktion verweist nach Sternberger[40] auf den Entwurf einer alternativen Politik, welche sich inhaltlich von der Regierungspolitik unterscheidet. Durch die Alternative kann der Wähler zwischen verschiedenen Politikansätzen aussuchen.

Die zugewiesenen Funktionstrias der parlamentarischen Opposition wurden mehrfach differenziert und weiterentwickelt. Steffani unterscheidet acht Funktionen, welche die systematische parlamentarische Opposition zu erfüllen hat. Hierzu gehört die Kontrolle der Regierung und der Verwaltung (1), die Kritik der Regierungspolitik (2), die Erarbeitung von Sachalternativen (3), die Herausbildung alternativen Personals (4), stetige Bereitschaft zur Regierungsübernahme (5), Wahrung von Freiheit und Minderheitenschutz (6), Integration von Minderheitengruppen (7), Mobilisieren der Öffentlichkeit, als Beweger der Politik wirksam werden (8).[41]

Sebaldt setzt eine eigene Funktionssammlung entgegen.[42] Seine Anmerkungen beziehen sich zum Ersten auf die Funktion der Kritik. Sebaldt schlägt vor, diese nicht gesondert in den Funktionskatalog aufzunehmen, da positive Kritik in der Alternativ- und negative Kritik in der Kontrollfunktion beinhaltet ist. Zur Alternativfunktion nach Sebaldt gehört nicht nur Sternbergers sachliche, sondern auch die personelle Alternative, welche Steffani in einem eigenen Unterpunkt herausgestellt hat. Der Integration von Minderheitengruppen (Steffanis Punkt 7) weist Sebaldt eine starke Bedeutung für das Funktionieren der Demokratie zu. Sie wird nach seinem Vorschlag als eigenständiger Punkt in den Funktionskatalog aufgenommen. Allerdings sah Sternberger die Integrationsleistung der Opposition ebenfalls, ohne sie allerdings speziell in den Funktionskatalog einzugliedern.[43] Als Neuerung schlägt Sebaldt die Einführung einer Thematisierungs- oder Initiativfunktion vor. Diese verweist auf die Möglichkeit der Opposition, nicht nur Gegenmodelle zu Vorschlägen der Regierungsmehrheit vorzulegen, sondern auch von selbst Vorschläge z.B. in vernachlässigten Politikfeldern darzubieten.

Dem sebaldtschen Funktionskatalog kann einiges abgewonnen werden. Während Steffanis Differenzierung sehr detailliert ist und Funktionen mehrmals unterteilt werden (sachliche und personelle Alternative, stete Bereitschaft auf Regierungsübernahme), vernachlässigt Sternberger in seiner Funktionstrias die Leistung der Opposition bei der Integration von Minderheitengruppen in das politische System. Aber gerade da liegt eine wichtige Leistung der Opposition. Sie führt dem politischen System zu großen Teilen auch jene Bevölkerungsgruppen zu, welche mit der Regierungspolitik unzufrieden sind. Ihre Funktionen können mit Sebaldt nun in Kontroll-, Alternativ-, Integrations- und Initiativfunktionen untergliedert werden.

2.3. Kompetenzverteilung im Bundesstaat und Folgen für die Länderparlamente

Wie die Opposition ihre Funktionen erfüllen kann, hängt stark davon ab, welche Kompetenzen die Parlamente besitzen. Die Warnung Schneiders, Landtage nicht als „Bundestage en Miniature“ zu sehen, liegt vor allem in der unterschiedlichen Kompetenzausstattung der Parlamente begründet.[44] Diese Kompetenzausstattung soll nachfolgend beschrieben werden, um die Stellung der Landesparlamente im politischen System zu verorten.

Nach Artikel 30 GG ist die „Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder (…)“. Für die Gesetzgebung wird dies in Art. 70 Abs. 1 GG näher präzisiert. Auch hier besitzen die Länder die Gesetzgebungskompetenz, soweit das GG diese nicht dem Bund verleiht.

Was nach einer umfassenden Länderkompetenz klingt, ist in der Realität nur eine Auffangklausel zu den Regelungen der Artikel 71 ff. In diesen Artikeln wird die wirkliche Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten vorgenommen, dabei gehen die meisten Gesetzgebungskompetenzen auf den Bund über.

Deutschland bildet im Gegensatz zum föderalen System der USA eine funktionale Aufgabenverteilung zwischen Bund und Gliedstaaten aus.[45] Den Ländern bleibt vorrangig die Verwaltung, während der Bund das Prä in der Gesetzgebungshoheit besitzt. Dies zeigt sich einerseits im weiten Katalog der ausschließlichen Bundesgesetzgebung, aber vor allem im weit reichenden Gebrauch der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis durch den Bund.

Bis zum Jahr 1994 war dem Ausgreifen des Bundes auf die konkurrierende Gesetzgebung fast keine Schranke auferlegt. Die Bedürfnisklausel des Artikels 72 Abs. 2 GG erwies sich als nicht justiziabel und konnte damit ein Aushöhlen der Länderzuständigkeit nicht verhindern. Im Einklang mit dem Bundesverfassungsgericht, welches dem Bundesgesetzgeber das Ermessen über das Vorliegen der Bedürfnisklausel einräumte, machte dieser extensiv von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch. Auch die Rahmengesetzgebung nutzte der Bund, um den Ländern teilweise bis ins Detail gehende Vorschriften zu machen.

Das Pendant zu der steigenden Bundeskompetenz war die Ausweitung der Zustimmungspflichtigkeit von Bundesgesetzen. Die Länder erhielten im Bundesrat einen stärkeren Einfluss auf die Bundesgesetzgebung, was vor allem den Länderexekutiven einen Macht- und Prestigezuwachs bescherte. Diese Kompensation kam den Länderparlamenten nicht zu Gute, da ihr Einfluss auf das Regierungsverhalten im Bundesrat marginal blieb.[46]

Die Föderalismusreform im Jahr 1994 brachte einen leichten Reföderalisierungstrend. Die Bedürfnisklausel wurde verschärft und in eine Erforderlichkeitsklausel umgewandelt. Damit ging die Begründung für eine Bundeszuständigkeit auf den Bundesgesetzgeber über. Einige Länder klagten auf der Grundlage dieser neuen Erforderlichkeitsklausel erfolgreich gegen Teile des Hochschulrahmengesetzes. Hier zeigte sich auch ein Wandel in der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes, welches Stellung zu Gunsten der Bundesländer bezog. Trotz dieser Tendenzen blieb das Grundproblem der ausgreifenden Bundesgesetzgebung bestehen. Insbesondere der neu ins Grundgesetz eingefügte Abs 3. des Artikels 72 GG blieb wirkungslos. Der Bund verabschiedete sich von einmal erworbenen Gesetzgebungskompetenzen nicht, da er nicht verpflichtet war, den Ländern das Rückholrecht einzuräumen.[47]

Für die Zeit der 3. Wahlperiode des Sächsischen Landtages verblieben die folgenden Gesetzgebungskompetenzen bei den Ländern: Als Wichtigste ist hier die Kulturhoheit der Länder anzuführen.[48] Diese beinhaltet das Schulwesen, das Hochschulwesen (mit den Einschränkungen durch die Rahmengesetzgebung des Bundes), die Förderung der Kunst und der Wissenschaft sowie gesetzliche Regelungen für Presse, Rundfunk und Fernsehen. Ferner fallen unter die ausschließliche Länderkompetenz Polizei-, Bau- und Wasserrecht sowie das Recht zum Erlass der Gemeinde- und Kreisordnungen.[49]

Aber auch diese Regelungsmaterien stehen den Landtagen meist nicht zur alleinigen Entscheidung zur Verfügung. Im Zuge der Selbstkoordination der Bundesländer und der Bund-Länder Zusammenarbeit bildete sich ein komplexes System aus Staatsverträgen und Verwaltungsabkommen, Ministerkonferenzen und Kommissionen aus. Durch das „Kontaktprivileg der Exekutiven“[50] wurden die Kompetenzen der Länderparlamente ausgehöhlt und zu Gunsten eines Exekutivföderalismus zurückgedrängt. Auch sei an dieser Stelle der Kompetenzgewinn der Europäischen Ebene angemerkt Dies alles führte zu einem weiteren Funktionsverlust der Landesparlamente.

Dieser Funktionsverlust ist vielfach beklagt worden. Patzelt äußerte die Sorge, dass die Landtage sich so zu „Kreistagen de luxe“ entwickeln.[51] Die daraus resultierenden Probleme wirken direkt auf das Selbstverständnis der Institution „Landtag“ als gewählter Repräsentant des Volkswillens, wie auch auf die Art seiner Funktionserfüllung und die Wahrnehmung, welche der Bürger von dieser Institution besitzt.

Ohne die eigentlichen Aufgaben der Gesetzgebung, welche ja für die Parlamentsfraktionen unterschiedliche anspruchsvolle Tätigkeiten nach sich ziehen, sind die Länderparlamente der Gefahr ausgeliefert, sich vorwiegend mit Themen zu beschäftigen, bei denen sie keine Entscheidungskompetenzen besitzen. Patzelt sieht die Gefahr, dass sich ein

„Landtag leicht zu einer Stätte steriler Aufgeregtheit entwickelt, an welcher Kleinigkeiten aufgeblasen oder der landespolitischen Gestaltung durch Bundes- und Europapolitik längst entzogene Themen einfach nur beredet werden.“[52]

Damit verbunden sind Auszehrungsprozesse beim politischen Personal.[53] Ohne Kompetenzen wirken Landtage auch für gestaltungswillige Politiker unattraktiv.[54] Das Postulat, dass Föderalismus den Bürgern mehr Teilhabe am demokratischen Staat gewähre, gerät infolge dieser Entwicklung in Gefahr. Bei den Landtagswahlen dominiert der Blick auf die Bundespolitik.

Der beklagte Funktionsverlust der Länderparlamente ist in Folge auch relativiert worden. So sehen Mielke und Reutter die Landesparlamente durch einen Zuwachs an Kontrollfunktionen für die fehlende Gesetzgebungskompetenz entschädigt. Nicht die Gesetzgebung, sonder die Kontrolle wächst in dieser Folge zur eigentlichen Hauptaufgabe der Landesparlamente.[55] Neben einer stärkeren Kontrolltätigkeit wird auch die Funktion der Legitimitätsbildung durch eine größere Volksnähe herausgestrichen.[56]

Reformforderungen sind nach der Diagnose vielfältig erhoben worden. Meist wird dies unter dem Stichwort des Wettbewerbsföderalismus diskutiert,[57] welcher dem unitarischen Bundesstaat entgegengestellt wird. Allerdings sind diese meist radikalen Reformvorschläge kaum durchsetzbar. Der deutsche Föderalismus hat sich als sehr pfadabhängig bewiesen.[58] Nur kleine Schritte zu einer verstärkten Reföderalisierung sind durchsetzbar. Hier sei auch auf die Föderalismusreform 2006 verwiesen. Sie reagierte auf die wahrgenommenen und oben kurz umrissenen Probleme. Es wurden mehrere Gesetzgebungskompetenzen wieder auf die Länder (z.B. Ladenschluss) übertragen, die Rahmengesetzgebung abgeschafft und ein Abweichungsrecht der Länder von bestimmten Materien[59] eingeführt. Wie sich dies konkret auswirkt und ob damit dem Unitarisierungstrend tatsächlich entgegengewirkt werden kann, bleibt abzuwarten. Kritische Einschätzungen zu den Ergebnissen der Föderalismusreform 2006 lassen dies eher bezweifeln.[60]

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass den Länderparlamenten durch die Ausgestaltung des deutschen Föderalismus nur ein geringer Teil legislativer Kompetenzen verbleibt. Auch in den verbliebenen Kompetenzbereichen werden die Landtage durch die Selbstkoordination der Bundesländer eingeschränkt.

2.4. Auswirkungen der Unitarisierung auf die Landesopposition

Unter dem Kompetenzverlust der Bundesländer leiden vorrangig die Länderparlamente. Es sind dabei einerseits Regierungsmehrheit und andererseits die Opposition, die in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Während der Parlamentsmehrheit die Entscheidungsbefugnis abhanden kommt, fehlt der Opposition ein Terrain für Kritik und Alternative.

Das Schwinden der Gesetzgebungskompetenzen auf Länderebene ist aber mit einer Ausweitung des Mitspracherechtes des Bundesrates verbunden. Die Länderregierungen kompensieren den Verlust der Länderkompetenzen durch eine höhere Mitsprachebefugnis auf Bundesebene. Auf der Strecke bleibt die Opposition.[61] Friedrich verweist in diesem Zusammenhang auf den Stellenwert der Bundesratspolitik für die Länderregierungen[62], welche sich aber der wirksamen Kontrolle durch das Parlament entzieht.

Die fehlende Kontrolle durch den Landtag ist jedoch nicht in formalen Ursachen begründet. Die herrschende Meinung ist zwar der Auffassung, dass den Landesparlamenten kein Recht zusteht, den Regierungen bei der Abstimmung im Bundesrat bindende Weisungen zu erteilen.[63] Trotzdem ist der Landtag frei, auch in Bundesratsentscheidungen mittels eines Beschlusses seine Meinung mitzuteilen und damit die Landesregierung an den Willen des Parlamentes zumindest faktisch zu binden. Warum dies dennoch kaum geschieht, liegt auf der Hand: Der Mehrheitsbeschluss des Parlaments ist eine Möglichkeit der Regierungsmehrheit. Diese hat aber kein Interesse, der eigenen Regierung öffentlich Vorschriften über ihr Bundesratsverhalten zu machen. Die Regierung wird wiederum bestrebt sein, sich nicht allzu weit und allzu oft von den Ansichten der sie tragenden Abgeordneten zu entfernen, um einer nachhaltigen Störung des gegenseitigen Verhältnisses aus dem Weg zu gehen. Kommt es demzufolge doch zu Beschlüssen des Landtages über das Abstimmungsverhalten der Regierung, so werden diese eher bekräftigender Natur sein.

Die mangelnde Kontrollmöglichkeit des Landtages in Bundesratsangelegenheiten liegt so vor allem einem auffälligen Informationsdefizit zu Grunde. Die entscheidenden Absprachen laufen innerhalb der Regierung, sowie zwischen den Exekutiven der Bundesländer. Der Landtag ist an den Prozessen, welche zu einer Bundesratsentscheidung der Landesregierung führen, nicht oder nur unwesentlich beteiligt. Dabei ist dieser Befund vor allem für die Landtagsopposition gültig. Die Regierungsmehrheit besitzt durch eine traditionell enge Kopplung mit der Regierung offene Informationskanäle in die Exekutive, welche es zumindest möglich erscheinen lassen, einen gewissen Einfluss aufgrund der oben genannten Mechanismen auszuüben.[64] Der Opposition ist dies weitgehend verwehrt. Sie kann zwar über die parlamentarischen Minderheitenrechte Berichte und Informationen einholen, doch ist für diese Art der Kontrolle eine intensivere Beschäftigung mit Bundesratsfragen notwendig. Nach Friedrich mangelt es aber bereits daran:

„Der Landtag ist aber auch wegen seiner völligen Trennung von der Bundesratssphäre meist nur unzureichend über die im Hinblick auf den Bundesrat sich abspielenden Vorgänge informiert.“[65]

Die intensive Beschäftigung mit Bundesratsfragen könnte die Opposition so nur unter einem beträchtlichen Aufwand leisten, der ihre Ressourcen wohl übersteigen und dem (öffentlichen) Nutzen für die Opposition nicht entsprechen würde.

Eine nachträgliche Landtagsdebatte über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat wird dann ebenso ins Leere laufen wie die Kritik an ausgehandelten Kompromissen im Zuge der Selbstkoordinierung der Bundesländer.[66]

Der Einfluss der Länder auf Bundesebene hat noch einen weiteren – für die Landtagsopposition nachteiligen – Effekt. Bei wichtigen Entscheidungen von größerem Interesse ist es den Länderregierungen und hier natürlich vorrangig den Ministerpräsidenten möglich, sich als harte und entschiedene Vertreter von Landesinteressen zu inszenieren. Damit verbunden ist eine verstärkte Öffentlichkeit und Medialität der Länderregierungen, welcher die Opposition nichts Gleichwertiges entgegensetzen kann.[67] Die Opposition muss sich in ihrer Arbeit auf jene Bereiche konzentrieren, in denen die Regierung(smehrheit) tatsächlich noch ‚echte’ Verantwortung trägt.

An dieser Stelle kann festgestellt werden, dass die Landtagsopposition als doppelter Verlierer der zunehmenden Unitarisierung in der Bundesrepublik bezeichnet werden kann. Je mehr Kompetenzen auf den Bund verlagert werden, umso schwieriger ist es für die Opposition, die Regierungsmehrheit in eigenen Kompetenzfeldern zu stellen. Jene bekommt aber immerhin einen Ausgleich für den Verlust von Gesetzgebungskompetenzen in Form der Inszenierungsmöglichkeit auf Bundesebene. Dies steht der Opposition in den Landtagen nicht zur Verfügung. Sie ist deswegen gegenüber der Regierungsmehrheit strukturell im Nachteil.

3. Die SPD Sachsen – zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Auswirkungen der deutschen Verfassungskonstruktion auf die Opposition in den Ländern dargestellt wurden, wird der Blick nun auf eine andere wichtige Ebene gelenkt. Für die Betrachtung der Arbeit der kleinen SPD-Fraktion ist es notwendig, als deren Fundament den sächsischen Landesverband der SPD zu analysieren und so Kenntnisse über die Basis der SPD-Fraktion zu gewinnen. Nicht umsonst nennt man Fraktionen auch die Parteien im Parlament.[68] Im folgenden Kapitel wird deshalb die Parteientwicklung der sächsischen Sozialdemokraten dargestellt und in einem zweiten Schritt an den Kriterien Kranenpohls für Kleinparteien geprüft.[69]

3.1. Die SPD in Sachsen – Parteientwicklung und Wahlergebnisse seit 1990

Sachsen gilt als historisches Stammland, als Wiege der Sozialdemokratie.[70] Hier feierte die SPD im Kaiserreich und der Weimarer Republik die größten Wahlerfolge. Von 1918 bis 1933 stellte sie die meiste Zeit den sächsischen Ministerpräsidenten. Auch die Organisation und die Mitgliederzahlen zeugten von der beträchtlichen Stärke. Vor der Spaltung der Partei im Jahre 1917 besaß diese in Sachsen über 170 000 Mitglieder. Mit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten wurde die SPD in Deutschland zerschlagen. Im Sommer 1945 gründete sich die SPD in der sowjetischen Besatzungszone wieder. Sie gewann schnell an Mitgliedern und hatte die KPD dahingehend bereits kurze Zeit später überflügelt. Dies führte zum Druck der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) und der KPD, eine Vereinigung zu forcieren. Diese fand dann in Sachsen bereits am 7. April 1946 statt. Nach der Zwangsvereinigung wurde die SED schnell von kritischen Sozialdemokraten gesäubert. In Folge dessen wurde deren Einfluss zurückgedrängt. Mit dem Ausbau der SED zur Partei neuen Typs spielten sozialdemokratische Programmatik und Personen keine Rolle mehr.

Als 1989 die SDP – mit diesem Namen grenzte man sich bewusst von der westdeutschen Partei ab[71] – gegründet wurde, erhoffte man sich ein Anknüpfen an die historischen Erfolge der SPD in Sachsen und träumte von absolute Mehrheiten im Stammland der Arbeiterbewegung. Doch diese Hoffnungen wurden jäh enttäuscht. Bereits bei der Volkskammerwahl im Frühjahr 1990 deutete sich die zukünftige politische Entwicklung in Sachsen an. Die „Allianz für Deutschland“ konnte in allen drei Bezirken die absolute Mehrheit der Stimmen erzielen. Die SPD kam auf weit weniger: im Bezirk Leipzig waren es noch 21, 5 %, im Bezirk Karl-Marx-Stadt 15,6 % und im Bezirk Dresden gab es das DDR weit schlechteste Ergebnis von 9,7%.[72]

Bei der Landtagswahl vom 14. Oktober 1990 erzielte die CDU mit Kurt Biedenkopf als Spitzenkandidaten die absolute Mehrheit. Die Christdemokraten gewannen 53,8 % der Stimmen und damit 92 der 160 Landtagsmandate. Die SPD wurde auf niedrigem Niveau zur zweitstärksten Kraft im Land Sachsen gewählt. Mit ihrer Spitzenkandidatin Anke Fuchs erzielte die SPD noch 19,1% der Stimmen und damit 32 Mandate. Die PDS kam auf 10,2 % (17 Sitze), die FDP auf 5,3% (9 Sitze) und Bündnis90/ Grüne auf 5,6 % (10 Sitze).

Auch bei der nächsten Landtagswahl 1994 setzte sich der Trend zugunsten der CDU fort. Mit einem sensationellen Wahlerfolg bauten die CDU und ihr beliebter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf als Spitzenkandidat ihre absolute Mehrheit weiter aus. 58,1 % der Wählerstimmen konnte die Union auf sich vereinen, während die SPD in der Opposition an Zustimmung verlor und mit 16,6% (schlechtestes SPD Ergebnis bei Landtagwahlen seit 1945) nur knapp die stärkste Oppositionskraft vor der PDS mit 16,5% wurde, welche deutlich zulegen konnte.

Die Landtagswahl 1999 wurde zum Debakel für die SPD. Sie stürzte auf 10,7 % und gab die Oppositionsführerschaft an die PDS ab, die deutlich auf 22,2% zulegen konnte und damit mehr als doppelt so viele Stimmen erhielt wie die SPD. Die CDU setzte ihren Erfolg trotz geringer Einbußen von 1,2 % der Stimmen fort und erzielte mit 56,9% das dritte Mal in Folge eine absolute Mehrheit. Die Sitzverteilung im Sächsischen Landtag in der dritten Wahlperiode gestaltete sich wie folgt: CDU 76 Sitze, PDS 30 Sitze und SPD 14 Sitze.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zweitstimmenanteile von CDU, SPD und PDS bei Landtagswahlen in Sachsen[73]

Die Schwäche der SPD zeigt sich nicht nur bei den Landtagswahlen in Sachsen. Auch die Kommunalwahlen zeugen von der elektoralen Schwäche der Partei und sind ein sicheres Indiz für deren fehlende Verankerung in Sachsen. Die folgende Statistik gibt einen Überblick über die Wahlergebnisse der Kreistagswahlen. Dabei ist zu beachten, dass es sich um Durchschnittswerte handelt und der Stimmenanteil je nach Region variiert[74].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Stimmenanteile von CDU, SPD und PDS bei den Kreistagswahlen[75]

Einzig bei den Bundestagswahlen konnte die SPD ihrem Anspruch eine für breite Bevölkerungsteile wählbare Volkspartei zu sein, auch in Sachsen einigermaßen gerecht werden. Dies zeigt gleichzeitig, wie abhängig die Sächsische SPD auch von der Performance der Bundespartei ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zweitstimmenanteile von CDU, SPD und PDS bei Bundestagswahlen in Sachsen[76]

Der Vergleich der unterschiedlichen Wahlen zeigt den Platzwechsel der SPD mit der PDS in Sachsen. Im Jahr 1999 – zu Beginn der Wahlperiode die im Zentrum dieser Untersuchung steht – ist die SPD Sachsen nur mehr drittstärkste Partei im Land. Das offenbaren sowohl die Ergebnisse der Kommunalwahl 1999, wie auch die Landtagswahl. Bestätigt wurde diese Platzierung im Jahr 2004, wo die SPD bei der Landtagswahl sogar in der Einstelligkeit landete.

Nur bei den Bundestagswahlen konnte die SPD jeweils ihren zweiten Platz verteidigen und im Jahr 2002 fast mit der CDU gleichziehen. Die 33,3 % Zweitstimmen für die Sozialdemokraten markieren – unter den besonderen Bedingungen der Sommerflut – das beste Ergebnis bei Wahlen im Landesdurchschnitt.

Wo liegen die Ursachen der Schwäche der SPD? Bei der Beantwortung dieser Fragestellung muss zuerst die Ausgangssituation 1989/90 verdeutlicht werden, welche auf strukturelle Gründe verweißt:

Die SPD in Sachsen ist eine Neugründung. Entgegen CDU, FDP und PDS konnte sie sich nicht auf einen bereits bestehenden Mitgliederbestand stützen und auch nicht an bestehende Parteiorganisation anknüpfen. Ein Blick auf die Mitgliederzahlender drei großen Parteien zeigt die relative Schwäche der SPD im Vergleich zu CDU und PDS.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Mitgliederzahlen von CDU, SPD und PDS 1990 und 2002[77]

Es liegt maßgeblich an der geringen Mitgliederzahl, dass der SPD in Sachsen eine starke Vernetzung im vorpolitischen Raum nicht gelingt.[78] Ebenso ist die sächsische SPD in den ländlichen Regionen nicht flächendeckend vertreten. So gibt es z.B. in der Oberlausitz – in den SPD Unterbezirken Lausitz und Neiße – viele „weiße Flecken“. Dies sind Gebiete, in denen SPD-Ortsvereine nur formal existieren, weil der Mitgliederbestand für eine Parteiarbeit zu gering ist.

Die Mitgliederschwäche liegt an mehreren Faktoren. Erstens ist festzustellen, dass die Organisationsbereitschaft in Parteien generell zurückgeht und besonders in Ostdeutschland durch die lange Diktaturerfahrung eine besondere Skepsis gegenüber einer politischen Organisation vorhanden ist.[79] Unter diesem Phänomen leiden alle Parteien. Besonders die ehemaligen Blockparteien haben massiv an Mitgliedern verloren.[80]

Zweitens hat die DDR Diktatur die gesellschaftlichen Milieus völlig umgestaltet, so dass die Voraussetzungen für die SPD ganz andere waren, als bei der Neugründung 1945. Doch auch die Gründungsmitglieder der SPD unterschieden sich von der Parteitradition. Der Göttinger Parteienforscher Walter hat dies analysiert:

Die örtlichen sozialdemokratischen Parteigruppen konstituierten sich nicht in den Volkshäusern, nicht in Arbeiterturnhallen, nicht in Arbeiterkneipen, sie bildeten sich in Pfarrhäusern und Kirchen. Aber nicht nur das kulturelle Profil der neuen Sozialdemokratie war nun ein anderes als früher, auch das soziale. Die Arbeiterschaft, einst das Fundament der sozialdemokratischen Solidargemeinschaft, ist heute in der Partei weit unterrepräsentiert.[81]

Daraus resultierte eine Distanz zu den traditionellen Kernwählergruppen der SPD. Die Arbeiterschaft stimmte bei der Volkskammerwahl mehrheitlich für die „Allianz für Deutschland“.[82]

Eine dritte Ursache für die geringe Mitgliederzahl liegt in der Konkurrenz zur PDS begründet. Beide Parteien rekrutieren ihr Personal in ähnlichen sozialen Milieus. Gerade nach der Wende nahm die SPD zudem eine stark ablehnende Haltung gegenüber der PDS und ehemaligen SED Mitgliedern ein. Durch diese sehr restriktive Mitgliederpolitik schreckte sie jene ehemaligen SED Mitglieder ab, welche nicht in führender Parteiverantwortung waren und sich eine politische Zukunft in der SPD durchaus vorstellen konnten.

Zu den strukturellen Problemen der sächsischen SPD kommen weitere Faktoren hinzu. Einerseits können diese im Personalangebot verortet werden, andererseits im Einfluss der bundespolitischen Konstellation an Wahlterminen. Der CDU gelang es, mit Kurt Biedenkopf einen angesehenen und profilierten Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 1990 aufzustellen, welcher attraktiv auf breite Wählerschichten wirkte. Die absolute Mehrheit erlaubte es der CDU, ihre Politik ohne Koalition durchzusetzen. Da die politischen Weichenstellungen in der Bevölkerung weitgehend positiv beurteilt wurden[83] und der Spitzenkandidat bis in die Anhängerschaft von PDS und SPD hinein integrierte[84], konnte der politische Erfolg der CDU mit dem bekannten Wahlergebnisse von 1994 und 1999 fortgesetzt werden. Der SPD gelang es nicht, programmatisch und personell zu überzeugen. Die strukturellen Probleme der SPD im Land und die Stärke der CDU wurden im Jahr 1999 durch den bundespolitischen Trend noch verschärft. Die SPD Sachsen wurde für die bundespolitischen Vorgänge (Kosovo, Sparpolitik, Rentenpolitik) abgestraft. Im September 1999 zeigte sich eine Mehrzahl der Sachsen von der Bundespolitik enttäuscht, während deren Einfluss auf die Landtagswahl von über 50 % als ‚sehr groß’ oder ‚groß’ beschrieben wurde.[85]

Insgesamt zeigt die Analyse eine besondere strukturelle Schwäche des sächsischen SPD-Landesverbandes, welche sich vor allem in den schlechten Wahlergebnissen auf der Ebene des Landes Sachsen niederschlägt.[86] Dies führt dazu, dass die SPD nur noch als eine kleine Fraktion im Sächsischen Landtag vertreten ist.

[...]


[1] Erhard Eppler im Interview mit Carsten Volkery in www.spiegel-online.de (19.01.2007)

[2] I2 495 – 496.

[3] Art 40 Sächs. Verf. vom 27.Mai.1992.

[4] Kranenpohl; 1999: Mächtig oder machtlos? Kleine Fraktionen im Bundestag. 1949 bis 1994. Wiesbaden.

[5] Kranenpohl; 1999: S. 362.

[6] Der Spiegel 50/ 2006: „Kurts Zwerge – Wo bleibt der Führungsnachwuchs in den Ländern?“ S. 36.

[7] Kretzschmer; 1992: Fraktionen. Parteien im Parlament. Heidelberg.

[8] Kranenpohl; 1999: S. 360.

[9] Steinack; 2007: Opposition im Bayrischen Landtag 1994-1998. Frankfurt/Main.

[10] Die Drucksachen des Sächsischen Landtages sind über ein Onlinearchiv recherchierbar. Dieses findet sich unter www.landtag.sachsen.de.

[11] SPD-Fraktion Sachsen (Hg): Position. Magazin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. Dresden.; im Folgenden ‚Fraktionsmagazin Position’.

[12] Stichprobe (n=38); darunter Konstituierungsphase 1999 komplett.

[13] Die Interviewprotokolle befinden sich im Anhang. Zur Methodik Atteslander; 2000: Methoden der empirischen Sozialforschung. Berlin. S. 114-178.

[14] So etwa Schneider; 1979: Länderparlamentarismus in der Bundesrepublik. Opladen. S. 122ff

[15] Kranenpohl; 1999.

[16] Ismayr; 2001: Der Deutsche Bundestag im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Opladen. Ismayr; 1992: Der Deutsche Bundestag. Funktionen. Willensbildung. Reformansätze. Opladen.

[17] Patzelt; 2004: S. 399.

[18] Algasinger; Gey; Schöne; 2002: So arbeitet der Sächsische Landtag. Rheinbreitbach.

[19] Algasinger; von Oertzen; Schöne; 2003: Wie das Parlament die Regierung kontrolliert. Der Sächsische Landtag als Beispiel. In: Patzelt; Holtmann (Hg); 2004. Parlamentarische Regierungskontrolle – Gouvermentale Parlamentskontrolle. Theorie und Empirie. Wiesbaden. S. 108 – 147.

[20] Patzelt; 2004: Länderparlamentarismus in Deutschland: Sachsen. In: Mielke, Reutter (Hg.); 2004. Länderparlamentarismus in Deutschland. Geschichte-Struktur-Funktion. Wiesbaden. S. 389 – 416.

[21] Mielke, Reutter (Hg.); 2004. Länderparlamentarismus in Deutschland. Geschichte-Struktur-Funktion. Wiesbaden.

[22] Oberreuter; 2000: Regierende Mehrheit und Opposition in Sachsen. In: Iltgen (Hg); 2000: Zehn Jahre Sächsischer Landtag. Bilanz und Ausblick. Festschrift 10 Jahre Sächsischer Landtag. Dresden. S. 130 – 154.

[23] Schneider; 2000: Das Parlament und seine Gliederungen. In: Iltgen (Hg); 2000: Zehn Jahre Sächsischer Landtag. Bilanz und Ausblick. Festschrift 10 Jahre Sächsischer Landtag. Dresden. S: 60-83.

[24] Brümmer; 2006: Parteiensystem und Wahlen in Sachsen. Kontinuität und Wandel von 1990 – 2005 unter besonderer Berücksichtigung der Landtagswahlen. Wiesbaden.

[25] Demuth; Lempp (Hg); 2006: Parteien in Sachsen. Dresden/Berlin.

[26] Steinack; 2007: Opposition im Bayrischen Landtag 1994-1998. Frankfurt/Main.

[27] Oberreuther charakterisiert das parlamentarische Regierungssystem als wichtigste Determinante oppositionellen Verhaltens. Oberreuther; 1993: Parlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland. In: Euchner; 1993: Politische Opposition in Deutschland und im internationalen Vergleich. Göttingen. S. 60.

[28] Steffani; 1991: Regierungsmehrheit und Opposition in den Staaten der EG. Opladen. S. 12.

[29] Oberreuther kritisiert die lange und ausufernde Forschungsdiskussion zu diesem Thema : Oberreuther 2000. S. 135 Fn 23.

[30] Öffentliche Kritik an der eigenen Regierung verweist auf schwerwiegende Konflikte innerhalb des Regierungslagers.

[31] Oberreuther; 2000: S. 136.

[32] Sächs. Verf. Art 60. Abs. 1.

[33] Sächs. Verf. 68 Abs. 2.

[34] Zum Beispiel Trähnhard; 2000: Stichwort Opposition. In: Andersen; Woyke (Hg.); 2000: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Opladen. S. 438.

[35] Vgl. dazu Sternberger; 1956: Lebendige Verfassung. Studien über Koalition und Opposition. Meisenheim am Glan . S. 134; Er charakterisiert diese Funktionstrias für die Bundesrepublik Deutschland frühzeitig.

[36] So zum Beispiel Hauenschildt; 1968: Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen. Berlin. S. 136-139. Vgl. zu dieser Diskussion auch bei Steffani; 1991: S. 31.

[37] Ismayr; 2001: S. 39 ff.; eine genaue Analyse der Kontrollprozesse findet sich ebenda: S. 299 – 438.

[38] Algasinger; von Oertzten; Schöne; 2003: S. 108 – 147.

[39] Eine Besonderheit stellt hier der Deutschen Bundesrat dar. Bei ungleichen Mehrheiten besitzt die Opposition die Möglichkeit bei zustimmungspflichtigen Gesetzen über die Länderkammer mitzuregieren.

[40] Sternberger; 1956: S. 134.

[41] Steffani; 1970: Stichwort Opposition. In: Röhring; Sontheimer (Hg.); 1970: Handbuch des Deutschen Parlamentarismus. München. S. 317.

[42] Sebaldt; 1992: Die Thematisierungsfunktion der Opposition. Die parlamentarische Minderheit des Deutschen Bundestages als innovative Kraft im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt am Main. S. 16ff.

[43] Sternberger; 1956: S. 134 Punkt 12. Sternberger spricht von Integration durch Polarität.

[44] Schneider; 1979: Länderparlamentarismus in der Bundesrepublik. Opladen. S. 122 ff.

[45] Vgl. Kilper, Lhotta; 1996: Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland. Opladen. S. 101.

[46] Kilper, Lhotta; 1996: S. 199.

[47] Vgl. dazu Degenhardt; 1999: Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht. Heidelberg. S. 51.

[48] Die Kulturhoheit wurde vom Bundesverfassungsgericht als „Kernstück der Eigenstaatlichkeit der Länder“ bezeichnet. Vgl. Cortina (Hg.); 2003: Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Rheinbek bei Hamburg S. 159.

[49] Kilper, Lhotta; 1996: S. 102.

[50] Kilper, Lhotta; 1996: S. 198.

[51] Patzelt, 2000: S. 108

[52] Patzelt, 2000: S. 108

[53] Schneider 1979: S. 129.

[54] Patzelt, 2000: S. 108.

[55] Mielke, Reutter; 2004: S. 39ff.; Schneider ist allerdings der Ansicht, dass Kontroll- und Artikulationsaufgaben die Landtage nicht für den Verlust eigenständiger Gesetzgebungskompetenzen entschädigen können. Schneider 1979: S. 128.

[56] Schatz; 1979: S. 126.

[57] Überblick: Schatz; 2000: Wettbewerbsföderalismus- Aufstieg und Fall eines politischen Streitbegriffes. Baden-Baden.

[58] Lehmbruch; 2002: Der unitarische Bundesstaat in Deutschland. Pfadabhängigkeit und Wandel. Köln. Lehmbruch weist die Konstanz des Föderalismus bis in die Frühe Neuzeit nach.

[59] Art. 72 Abs. 3 GG.

[60] So zum Beispiel Scharpf; 2006: Föderalismusreform: Warum wurde so wenig erreicht? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 2006 / 50. S. 6-11. Scharpf spricht von isolierten Zuständigkeiten statt ‚wirtschaftlich bedeutsamen Lebenssachverhalten“, welche den Ländern übertragen wurden.

[61] Schmitz spricht davon, dass der Aufgabenschwund die Opposition stärker trifft, als die Regierung, da diese in der Verwaltung und im Oberstaat aktiv werden kann. Schmitz; 1971: Opposition im Landtag. Merkmale oppositionellen Verhaltens in Länderparlamenten am Beispiel der SPD in Rheinland-Pfalz 1951-1963. Hannover. S. 147.

[62] Friedrich; 1993: Parlamentarische Opposition in den deutschen Bundesländern. In: Euchner; 1993: Politische Opposition in Deutschland und im internationalen Vergleich. Göttingen. S. 77. Er bezeichnet die Bundesratspolitik als das eigentliche Herzstück der Regierungsarbeit auf Länderebene.

[63] Kilper, Lhotta; 1996: S. 199.

[64] So sind in Sachsen die Regierungsmitglieder in den Fraktionssitzungen der CDU meist anwesend, was sich bereits aus der personellen Verzahnung von Fraktion und Regierung ergibt. Hier besteht denn auch die Möglichkeit der Nachfrage, wobei aber auch die mannigfachen informellen Kontakte innerhalb des Regierungslagers beachtet werden müssen. Vgl. z.B. bei Algasinger et al; 2002: S. 36.

[65] Friedrich; 1993: S. 78.

[66] Kritik an diesen Beschlüssen sind mit einem Hinweis auf mühsam ausgehandelte Kompromisse schnell und wirksam zu kontern. Vgl. bei Friedrich; 1993: S. 78.

[67] Friedrich spricht in dem Zusammenhang von einem Prestigevorsprung der Landesregierung. Friedrich; 1993: S. 80.

[68] Kretzschmer; 1992

[69] Kranenpohl; 1999: S. 40ff.

[70] Demuth; 2006: S. 145.

[71] Die SDP benannte sich erst 1990 in SPD um und fusionierte mit der westdeutschen Partei.

[72] Schmeitzner, Rudloff; 1997: Geschichte der Sozialdemokratie im Sächsischen Landtag. Darstellung und Dokumentation 1877-1997. Dresden. S. 152ff.

[73] Eigene Darstellung auf Grundlage der Daten der Wahlpräsentation des Statistischen Landesamtes. www. statistik.sachsen.de (Stand 03.10.2006). Aus Vergleichsgründen sind nur die Parteien dargestellt, die alle Wahlperioden im Landtag vertreten waren. Nur diese werden auch bei den anderen Grafiken beachtet.

[74] Die SPD verfügt über regionale Hochburgen, in denen sie verwurzelt und vernetzt: Leipzig und das Umland können als Hochburg bezeichnet werden. Hier gibt es – neben den SPD Oberbürgermeister in Leipzig - seit 2001 sogar eine SPD Landrätin. Fast alle anderen Landkreise befinden sich in CDU Hand.

[75] Einschließlich der freien Städte. Eigene Darstellung auf Grundlage der Daten der Wahlpräsentation des Statistischen Landesamtes. www. statistik.sachsen.de (Stand 03.10.2006).

[76] Eigene Darstellung auf Grundlage der Daten der Wahlpräsentation des Statistischen Landesamtes. www. statistik.sachsen.de (Stand 03.10.2006).

[77] Zahlennachweis: Patzelt; 2004: S. 394..

[78] Patzelt, Algasinger; 1996: Das Parteiensystem Sachsens. In: Niedermeyer (Hg.); 1996: Intermediäre Strukturen in Ostdeutschland. Opladen. S. 257.

[79] Alemann; 2003: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland. Opladen. S. 187 ff. ; Greiffenhagen; 2000: Politische Kultur. In: Andersen; Woyke (Hg.); 2000: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Opladen. S. 496. ; Greiffenhagen spricht von einer strikten Zurückhaltung in der Öffnung hinsichtlich politischer Fragen.

[80] Patzelt; 2004: S. 394.

[81] Walter; 1993: Sachsen und Thüringen: Von Mutterländern der Arbeiterbewegung zu Sorgenkindern der SPD. Einführung und Überblick. In: Walter; Dürr; Schmidtke; 1993: Die SPD in Sachsen zwischen Hochburg und Diaspora. Untersuchungen auf lokaler Ebene vom Kaiserreich bis zur Gegenwart. Bonn. S. 36.

[82] Schmeitzner, Rudloff; 1997: S. 153.

[83] 1999 waren 68 % der Bevölkerung mit der Arbeit der Regierung zufrieden. Vgl. Jesse, 2000: S. 80.

[84] Ebenda: 71% wollte Biedenkopf als Ministerpräsident behalten, nur 5% sprachen sich für den SPD Herausforderer Kunckel aus.

[85] Jesse; 2000: Die Landtagswahl in Sachsen vom 19. September 1999. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen. 2000/ 1. S. 80.

[86] Demuth; 2006: S. 152.

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Die SPD-Opposition im Sächsischen Landtag - Eine Untersuchung am Beispiel der Schulpolitik in der dritten Wahlperiode
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
120
Katalognummer
V80356
ISBN (eBook)
9783638837262
Dateigröße
943 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Protokolle der geführten Interviews liegen aus Datenschutzgründen der Arbeit nicht bei und sind zur Veröffentlichung aus dem Inhaltsverzeichnis gestrichen worden.
Schlagworte
SPD-Opposition, Sächsischen, Landtag, Eine, Untersuchung, Beispiel, Schulpolitik, Wahlperiode
Arbeit zitieren
M.A. Robert Fuchs (Autor:in), 2007, Die SPD-Opposition im Sächsischen Landtag - Eine Untersuchung am Beispiel der Schulpolitik in der dritten Wahlperiode, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80356

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