Die Rolle des Vorgesetzten für die Vertrauensbildung bei Mitarbeitern


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


GLIEDERUNG

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmung Vertrauen
2.1 Allgemeiner Vertrauensbegriff in der Literatur
2.2 Personales Vertrauen
2.3 Institutionelles Vertrauen

3 Determinanten der Vertrauensbildung
3.1 Persönliche Vertrauensdisposition des Vertrauensgebers
3.2 Vertrauenssituation
3.3 Einschätzung des Vertrauensnehmers durch den Vertrauensgeber

4 Einflussmöglichkeiten und Rolle des Vorgesetzten
4.1 Vertrauensbildung in der organisationalen Praxis
4.2 Kritische Würdigung des Führungsstils

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Konstrukt Vertrauen ist sowohl im Alltagsleben als auch in der wissen-schaftlichen Betrachtung ein relevantes Thema. Vertrauen soll in dieser Arbeit weniger als wertvolles ethisch-moralisches Gut in der zwischenmenschlichen Interaktion Betrachtung finden, sondern aus der Perspektive effizienten, wirt-schaftlichen Handelns, optimaler Zusammenarbeit und Kooperation in Unter-nehmen – insbesondere zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern – gesehen werden. Zudem gilt Vertrauen als wichtiger schwer imitierbarer Wettbe-werbsvorteil von Unternehmen (Osterloh, 2006). Insbesondere die konstitu-tiven Merkmale von Dienstleistungen Intangibilität und die Integration des externen Faktors (Bruhn, 1999, S. 35) verdeutlichen die hohe Bedeutung von Vertrauen. Die Unsicherheit in der höheren Interaktion zwischen Kunde und Mitarbeiter des Unternehmens und die erschwerte objektive Beurteilung der Leistung durch den Kunden machen Vertrauen erforderlich. Ein (vertrauens-würdiges) Verhalten der Mitarbeiter wird aber auch stark vom praktizierten (vertrauensvollen) Führungsstil geprägt. Wie sich weiterhin zeigen lässt, wirkt sich Vertrauen innerhalb der Organisation auch auf die Effizienz und Effekti-vität der Mitarbeiter aus. Zudem schützt Vertrauen in schlechten Zeiten (z.Bsp. Reorganisation, Veränderungsprozesse) die Organisation, weil Mit-arbeiter stärker motiviert sind, die (neuen) Ziele zu erreichen (Graeff, 1998, zitiert in Schweer, 2003, S. 82). Also alles gute Gründe für den Aufbau und Erhalt von Vertrauen in Unternehmen.

Nach einer Begriffsbestimmung von Vertrauen im zweiten Kapitel, werden im dritten Kapitel die Determinanten der Vertrauensbildung aufgezeigt. Der Schwerpunkt der Arbeit befasst sich im vierten Kapitel mit den Einflussmög-lichkeiten und der Rolle des Vorgesetzten und seines Führungsstils zur Ver-trauensbildung bei Mitarbeitern in der organisationalen Praxis.

2 Begriffsbestimmung Vertrauen

Obwohl der Begriff Vertrauen im allgemeinen Sprachgebrauch so geläufig und „vertraut“ erscheint, wird er als Begriffsphänomen in der wissenschaft-lichen Literatur in vielfältiger Weise beschrieben und zum Teil mit in vielen Aspekten abweichenden Definitionen angeboten. Je nach philosophischer, ethischer, soziologischer, psychologischer oder ökonomischer Fragestellung zeigt sich der Begriff Vertrauen in unterschiedlicher Sichtweise.

2.1 Allgemeiner Vertrauensbegriff in der Literatur

Zunächst finden sich in der Literatur zwei unterschiedliche wissen-schaftstheoretische Konzepte zum Konstrukt Vertrauen: Vertrauen als personale Variable im Sinne einer Persönlichkeitseigenschaft, die ins-besondere auf der lerntheoretischen Auffassung von Rotter (1971, zitiert nach Schweer, 2003, S. 3) und dem tiefenpschologischen Entwicklungsmodell von Erikson (1963, zitiert nach Peterman, 1996, S. 12) basiert. Eine konträre Position dazu beschreibt Vertrauen als Handlungsentscheidung, die aus der konkreten Situation hevorgeht (Deutsch, 1958, zitiert nach Schweer, 2003, S. 6), obwohl auch Deutsch die Disposition einer Person, jemandem zu vertrauen, einräumt (Deutsch, 1973, zitiert nach Lindskold, 1981, S. 244). Beide Ansätze wurde von späteren Autoren – aber auch von Deutsch selbst (Langusch, 2004, S. 64) – als jeweils zu einseitig begründet. Vielmehr hat eine Zuwendung zu einer interaktionistischen Sichtweise stattgefunden, die sowohl die personalen als auch situativen Variablen und deren Wechsel-wirkungen berücksichtigt (Schweer, 2003, S. 7).

Zunächst sei an dieser Stelle eine weitere Vertrauenstheorie genannt, in der Lumann (1989) Vertrauen als sehr weitgreifend und fundamental für das menschliche und gesellschaftliche Leben fasst. Bereits auf der ersten Seite formuliert er, dass „ohne jegliches Vertrauen er (der Mensch) morgens sein Bett nicht verlassen könnte. Unbestimmte Angst, lähmendes Entsetzen be-fielen ihn“ (Lumann, 1989, S. 1). Luhmann verweist darauf, dass der einzelne Handelnde eine Fülle von Möglichkeiten des Handelns in der sozialen Situa-tion hat, jedoch es keiner Person gelingen kann, sämtliche potenziell zur Ver-fügung stehenden Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Dies birgt die Gefahr der Handlungsunfähigkeit. Eine Vermeidung von Handlungsun-fähigkeit erfordert Reduktionsmechanismen. Nach Luhmann ist nun Vertrauen der zentrale Reduktionsmechanismus. Der Handelnde akzeptiert durch die re-duktionswirkende Funktion von Vertrauen eine vereinfachte Handlungsent-scheidungshilfe. Oswald (1997, S. 86) weist in einer Untersuchung sogar da-rauf hin, dass mit zunehmender Komplexität einer Entscheidungssituation die Bereitschaft anderen zu vertrauen eher zunimmt. Über diese komplexitäts-reduzierende Funktion von Vertrauen „herrscht im wissenschaftlichen Diskurs weitestgehend Konsens“ (Schweer, 2003, S. 12) und dieser Aspekt von Ver-trauen lässt sich demzufolge auch in vielen Definition wiederfinden.

Vertrauen erweitert zugleich die Möglichkeiten des Erlebens und Handelns und gibt Sicherheit in einer ungewissen Situation (Luhmann, 1989). Der be-wusste Verzicht auf potenziell weitere Informationen vor einer Handlungsent-scheidung in einer ungewissen Situation führt zu einem wesentlichen Merk-mal von Vertrauen: Vertrauen als riskante Vorleistung (Luhmann, 1989). Vertrauen besitzt somit stets ein Risiko der Enttäuschung, wobei der Schaden, den der Vertrauende erleidet, größer ist als der Nutzen im Falle ausbleibender Enttäuschung (Deutsch, 1962, zitiert in Petermann, 1996, S. 15). Der o.g. be-wusste Verzicht auf weitere potenzielle Informationen vor einer Handlungs-entscheidung impliziert aber auch Verzicht auf explizite Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen (Rippberger, 1998). Dies bedeutet jedoch nicht die voll-ständige Abwesenheit von Kontrolle, sondern erfordert geeignete Kontroll-formen, die eine Person als hilfreich und unterstützend erlebt. Osterloh (2006, S. 73) spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „prekären Verhältnis von Vertrauen und Kontrolle“.

Vertrauen ist im weiteren bestimmt durch die (positive) Erwartung, sich auf Versprechen anderer verlassen zu können (Rotter, 1967, zitiert in Petermann, 1996, S. 15). Der Vertrauensgeber setzt in den Vertrauensnehmer die (zukünftige) Hoffnung, die Situation nicht zu Ungunsten des Vertrauens-gebers auszunutzen und freiwillig auf opportunistisches Verhalten zu ver-zichten (Rippberger, 1998, Osterloh, 2006). Hier findet sich der Zeitaspekt von Vertrauen wieder.

Basierend auf den Gemeinsamkeiten vieler Defiitionen soll nun für den Rahmen dieser Arbeit die folgende Definition von Vertrauen zugrunde gelegt werden:

Vertrauen ist eine riskante Vorleistung ohne explizite Kontrollmechanismen in komplexen Handlungssituationen, in welchen der Vertrauensgeber mehr verlieren als gewinnen kann in der positiven Erwartung, dass der Vertrauens-nehmer freiwillig die Situation nicht zu Ungunsten des Vertrauensgebers aus-nutzt.

Zum weiteren Verständnis sollen nun die zwei Ausrichtungen von Vertrauen betrachtet werden: personales und institutionelles Vertrauen.

2.2 Personales Vertrauen

Der Schwerpunkt der Literatur zum Thema Vertrauen behandelt das personale Vertrauen: das Vertrauen zwischen einzelnen Personen. Auf eine weitere Differenzierung zwischen inter- und intrapersonalem Vertrauen soll an dieser Stelle aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit verzichtet werden. Charkterisierend für personales Vertrauen ist die zwischenmenschliche Be-ziehung und unmittelbar erlebte Interaktion zwischen zwei oder mehreren Personen. Nach Schweer (2003) spielt in dieser direkten Interaktion die Frage der Vertrauenswürdigkeit des Gegenübers eine zentrale Rolle.

Luhmann führt dazu aus, dass derjenige „vertrauenswürdig ist, wer bei dem bleibt, was er bewusst oder unbewusst über sich selbst mitgeteilt hat“ (Luh-mann, 1989, S. 40). Vertrauenswürdigkeit ist demnach eng verknüpft mit Glaubwürdigkeit, also mit der wahrgenommenen Echtheit und Ehrlichkeit des Verhaltens des Gegenübers. Aus Sicht der Vertrauensforschung wird Glaub-würdigkeit zunächst wertfrei angesehen wird, da beispielsweise eine Drohung sehr glaubwürdig sein kann, aber sicher kein Vertrauen fördert (Nieder, 1997, zitiert in Schweer, 2003, S. 74). Andererseits ist aber auch Vertrauen denkbar bei unvollkommener Glaubwürdigkeit, nämlich dann, wenn die Handlungen und Absichten des Interaktionspartners als wohlwollend wahrgenommen wer-den. Dieses Vertrauen in die Motive des anderen in einer (komplexen und riskanten) Situation findet sich bei der Diskussion von personalem Vertrauen unter anderem bei Deutsch (1973, zitiert in Lindskold, 1981, S. 243) und Luh-mann wieder, der hierzu ausführt: „Vertrauen beruht auf der zugeschriebenen Motivation des Handelns“ (Luhmann, 1989, S. 43).

Hierzu sei angemerkt, dass die Vertrauenswürdigkeit eines Partners weniger bzw. ausschließlich nur von Persönlichkeitseigenschaften abhängig gemacht werden kann, sondern ebenso von den situativen Bedingungen einer Inter-aktion und den spezifischen Erfahrungen mit Menschen. Insbesondere in der Sozialpsychologie findet dieser Ansatz Berücksichtigung (Krystek, 1993).

Ein weiteres Kernelement personalem Vertrauen ist das Prinzip der Wechsel-seitigkeit (Reziprozität). Dieses bindende Element der menschlichen Inter-aktion findet sich vielfältig als ethisch-moralische, religiöse und rechtliche Grundidee oder Regel wieder (Otto, 2000). Der hier gemeinte Ausgleich von Leistung und Gegenleistung drückt sich kurz und prägnant bereits in der alt-römischen Rechtsformel „do ut des“ (ich gebe, damit du gibst) aus (Grun-wald, 1997, S. 210). In der Diskussion zum Thema Vertrauen formuliert Ripp-berger (1998) hierzu die zwei universellen Ansprüche, dass man erstens nicht diejenigen schädigen sollte, die einem selbst geholfen haben und zweitens denjenigen ebenfalls helfen sollte, von denen man Hilfe erhalten hat.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des Vorgesetzten für die Vertrauensbildung bei Mitarbeitern
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Kurt Lewin Institut für Psychologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V80338
ISBN (eBook)
9783638875288
ISBN (Buch)
9783640336265
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vertrauen, Führung
Arbeit zitieren
Thomas Pütz (Autor:in), 2007, Die Rolle des Vorgesetzten für die Vertrauensbildung bei Mitarbeitern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80338

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