Über Bertrand Russels "Der Wert der Philosophie"

Was ist die Philosophie?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Bertrand Russell: Der Wert der Philosophie
1. Biografische Annäherung
1.1 Philosophie im Geiste der Mathematik
1.2 Geist im Dienste des Friedens
2. Was ist die Philosophie?
2.1 Die Fragen nach dem Wert der Philosophie
2.2 Was ist wahre philosophische Erkenntnis?

III Ist das die Philosophie? (Schlussbetrachtung)

IV Literaturverzeichnis
Primärquellen
Sekundärliteratur

„Vor allem aber werden wir durch die Größe der Welt, die die Philosophie betrachtet, selber zu etwas Größerem gemacht und zu jener Einheit mit der Welt fähig, die das größte Gut ist, das man in ihr finden kann.“[1]

I Einleitung

Der „Voltaire unseres Jahrhunderts“, wie Golo Mann Bertrand Arthur William Russell bezeichnet hat, gilt als einer der vielschichtigsten Denker des 20. Jahrhunderts. Kurt Salamun stellt heraus, dass er zwar zu den Wegbereitern des Neopositivismus und der analytischen Philosophie gehört, sich diesen Denkrichtungen aber nicht eindeutig zuordnen lässt. Dafür sind die von Russell hinterlassenen Textzeugnisse zu mannigfaltig und themenumspannend. Umso herausfordernder ist es, sich den Gedanken und Überzeugungen Russells zu nähern, die er in dem Textstück Der Wert der Philosophie[2] offenbart hat.

Vor einer ersten Annäherung an den Text wird der Autor selbst ins Zentrum der Arbeit gestellt. Es wird jedoch kein biografischer Gesamtüberblick angestrebt. Vielmehr widmet sich das erste Kapitel seinen mathematischen Leistungen. Das folgende thematisiert Russells gesellschaftliches Engagement. Hierbei stützt sich die Arbeit auf die Monografie Bertrand Russell in Selbstzeugnissen und Bilddokumentation[3] und die Einführung Bertrand Russell von Alfred Jules Ayer. Für die Arbeit ist dies insofern von Wichtigkeit, da eines der zentralen Anliegen des Texes die Forderung nach Beschäftigung mit der Philosophie selbst ist. Eine systematische Wissenschaftstheorie oder eine philosophische Weltkonstrukt stehen weniger im Mittelpunkt. Er spiegelt in erster Linie die Einschätzung eines Denkers und dessen Plädoyer für intellektuelle Fantasie, Antidogmatismus und spekulatives Denken wider.

Der Hauptteil der Arbeit widmet sich dem Text selbst. Fokussiert auf das zentrale Anliegen werden die Konsistenz und der Anspruch des Textes untersucht. Er wird in einen historischen und publizistischen Gesamtzusammenhang eingeordnet. Dabei wird die Frage des Wertes als solcher disparat untersucht, um über das Ergebnis des Philosophierens die Frage zu klären, was die Philosophie bei Russell und möglicherweise für Russell ist.

Im Schlusskapitel werden die gewonnenen Erkenntnisse erneut zusammengetragen und gegenübergestellt. Daraus leitet sich das Fazit ab, dass es Russell in Der Wert der Philosophie weniger darum ging, Philosophie als ökonomisches oder gesellschaftliches Produktivgut zu betrachten. Es wird gezeigt, dass der Wert der Philosophie außerhalb einer hierarchisierten und auf das Ergebnis konzentrierten Tätigkeit steht. Als eine Beschäftigung um ihrer selbst willen wird sie umrissen. Ihre Erkenntnis, die durch philosophische Kontemplation gewonnen wird, richtet sich dabei alleine nach der Bedeutung des betrachteten Gegenstands im Kontext des einen Ganzen.

II Bertrand Russell: Der Wert der Philosophie

1. Biografische Annäherung

1.1 Philosophie im Geiste der Mathematik

Bis heute liegt der bedeutendste Beitrag Russells (18. Mai 1872 bis 2. Februar 1970) zur Philosophie auf dem Gebiet der mathematischen Logik und der Philosophie der Mathematik. Er selbst hob seine Leistungen auf dem Gebiet der mathematischen Logik hervor. Früh bewarb er sich im Oktober 1890 um ein Stipendium am Trinity College in Cambridge, um sich mit Mathematik zu beschäftigen. Sein Prüfer und späterer Förderer war Alfred North Whitehead. 1893 absolvierte Russell seine Abschlussprüfung. Schon 1895 erlangte er ein Fellowship am Trinity College. Anlass war seine Dissertation über die Grundlagen der Geometrie. Der entscheidende Durchbruch in Russells Philosophie der Mathematik gelang im Juli 1900. Auf einem internationalen Philosophiekongress in Paris lernte er den italienischen Logiker Giuseppe Peano kennen. Dieser sensibilisierte Russell für die technische Möglichkeit einer Zurückführung der Mathematik auf die Logik. Die Bekanntschaft trug alsbald Früchte: Russell stellt die sog. Russellsche Antinomie[4] auf. 1903 erscheint sein Buch The Principles of Mathematics, in dem er die fundamentalen Begriffe der Mathematik analysiert. Er suchte zu beweisen, dass Mathematik und Logik einander identisch sind. Um dies zu untermauern, entwarf er zusammen mit seinem einstigen Mentor Whitehead zwischen 1910 und 1913 in drei Bänden die Principia Mathematica. Gestützt auf die cantorsche Mengenlehre, den Gedanken Freges und Peanos Ideen gelang es darin erstmals, weite Bereiche der Mathematik aus einigen logischen Grundbegriffen und Axiomen herzuleiten.[5]

„Nichts, was beweisbar ist, soll ohne Beweis geglaubt werden.“[6] Diese Grundüberzeugung scheint jedoch nicht nur für den mathematischen Geist Russells zu gelten. Vielmehr tritt diese kritische Sichtweise auch als Lebensmaxime auf. Ob diese auch für Russells Begriff der Philosophie angenommen werden kann, wird in einem weiteren Abschnitt dieser Arbeit untersucht.

1.2 Geist im Dienste des Friedens

Obwohl die Wissenschaft den größten Teil von Russells Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Anspruch nahm, beteiligte er sich am politischen Leben. Er setzte sich für das Frauenstimmrecht, für die Legalisierung der Geburtenkontrolle und für den Freihandel ein. Englands Beteiligung am 1. Weltkrieg erschütterte ihn. Neutralität war es, die er von England in Versammlungen, Flugblättern, Zeitungsartikeln und als stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft der Kriegsdienstverweigerer forderte. Als Folge seines unliebsamen und nicht konformen Verhaltens entzog man Russell die 1910 erhaltene Professur. Nach einer Reihe weiterer Repressalien wurde er letztlich wegen eines Zeitungsartikels zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt. Die englische Justiz hielt ihm vor, den Verbündeten Amerika beleidigt zu haben. Der Gründung der Sowjetunion stand er als gesellschaftlicher Freigeist anfänglich positiv gegenüber. Für ein endgültiges Urteil wollte er das Land zuerst gesehen haben. Sein idealistisch geprägter Individualismus und Humanismus wurden von der Reise im Sommer 1920 enttäuscht. Er konnte „das Neue nicht um seiner selbst willen lieben“[7] Dem neuen politischen System brachte er zwar Verständnis entgegen, doch der bitteren Armut der befreiten Bauern konnte er nichts Positives abringen. Im Jahr darauf nahm er eine Gastprofessur in Peking an.[8]

Die nervöse Zeit der zwanziger Jahre erlebte er als Leiter einer von ihm gegründeten, privaten Schule in Beacon Hill. Von 1938 bis 1943 war er Gastprofessor an verschiedenen amerikanischen Universitäten – stets begleitet vom Eintreten für seine Überzeugungen. So kam es 1940 zu einem von öffentlichen Protesten begleiteten Auftritt am New York City College. Er mündete in einem Prozess gegen sein moralisches und ethisches Fehlverhalten. Russell selbst durfte nicht beiwohnen. In der Folge verlor er jede Aussicht auf eine offizielle Anstellung in den USA. 1945 provozierte er erneut: Er unterzeichnete ein Dokument gegen die Vertreibung von rund 14 Millionen Deutschen aus Ostmitteleuropa. Dieser Appell erschien in mehreren Londoner Tageszeitungen. Er mahnte an, dass die Welt zwar eben gegen das personifizierte Böse in Gestalt Nazi Deutschlands gesiegt hatte, aber selbst kein Erbarmen kannte.[9]

[...]


[1] Bertrand Russell, Der Wert der Philosophie, in: Kurt Salamun (Hrsg.), Was ist Philosophie? Neuere Texte zu ihrem Selbstverständnis, Tübingen 1980, S. 211-217, hier: 217.

[2] Russell, Der Wert der Philosophie, S. 211–217.

[3] Ernst E. Sandvoss, Bertrand Russell in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt von Ernst R. Sandvoss, Reinbeck 1980.

[4] Die Antinomie tritt auf, wenn man die Menge aller Mengen betrachtet, die nicht Element ihrer selbst sind. Die Menge scheint nur dann Element ihrer selbst zu sein, wenn sie nicht Element ihrer selbst ist. Vgl. Walter Langhammer, Bertrand Russell, Köln 1983, S. 37– 40.

[5] Alfred Jules Ayer, Moderne Theoretiker, München 1973, S. 11–32.

[6] Walter Langhammer, Bertrand Russell, Köln 1983, S. 40– 41.

[7] Bertrand Russell, Autobiographie II 1914–1944, Frankfurt a. M. 1970, S. 161.

[8] Langhammer, Russell, S. 57–68.

[9] Sandvoss, Russell in Selbstzeugnissen, S. 125–141.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Über Bertrand Russels "Der Wert der Philosophie"
Untertitel
Was ist die Philosophie?
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Was ist Philosophie?
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
14
Katalognummer
V80290
ISBN (eBook)
9783638875134
ISBN (Buch)
9783638875240
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bertrand, Russels, Wert, Philosophie
Arbeit zitieren
Alexander Brehm (Autor:in), 2006, Über Bertrand Russels "Der Wert der Philosophie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80290

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