Das Assistenzmodell bei Muskeldystrophie


Hausarbeit, 2006

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hauptteil
2.1 Das Assistenzmodell
2.1.1 Was ist das Assistenzmodell?
2.1.2 Hintergrund
2.1.2.1 Geschichtliches
2.1.2.2 Gesetzeslage
2.1.3 Bedeutung des Assistenzmodells für die Betroffenen
2.1.4 Das Assistenzmodell speziell bei Frauen
2.2 Muskeldystrophie
2.2.1 Klinisches Bild
2.2.2 Epidemiologie
2.2.3 Früherkennung
2.2.4 Therapie, Rehabilitation und Gesundheitsbildung
2.2.5 Soziale Integration und Umweltprobleme
2.3 Erfahrungen mit dem Assistenzmodell bei Muskeldystrophie am Beispiel von Frau Schmidt
2.3.1 Die Muskeldystrophie und ihre lebensweltliche Dimension
2.3.2 Konkrete Umsetzung des Assistenzmodells
2.3.3 Das Assistenzmodell als Teil des Lebenssinns

3 Schlussfolgerungen

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Ein Fallbeispiel: Frau Schmidt, 40 Jahre, Diagnose Muskeldystrophie

Im Rahmen unserer Hospitation waren wir zu Gast bei Frau Schmidt, einer 40jährigen Frau mit Muskeldystrophie, die uns in ihrer Wohnung empfing. Frau Schmidt ist – wiewohl geistig im Vollbesitz ihrer Kräfte – zu einem hohen Grad gelähmt und kann somit einfachste Handgriffe nicht selbst bewerkstelligen; sie will aber gleichzeitig auf keinen Fall mehr ihren Eltern zur Last fallen, bei denen sie auch als Erwachsene noch lange Zeit gelebt hatte – kurzum, sie ist in einer Lage, in der es für sie früher nur einen einzigen Platz gegeben hätte, nämlich das Heim. Zum Glück für sie bot sich ein Ausweg: Das Assistenzmodell. Was es mit diesem Modell auf sich hat, und wie es einer Patientin mit Muskeldystrophie trotz der Schwere dieser Erkrankung ein weitgehend selbständiges Leben ermöglicht, davon handelt diese Hausarbeit.

2 Hauptteil

2.1 Das Assistenzmodell

2.1.1 Was ist das Assistenzmodell?

Beim Assistenzmodell geht es in Abgrenzung zu früheren Formen der Betreuung darum, dass der Behinderte[1] zu Hause wohnen bleibt und dabei selbstbestimmt über den Einsatz seiner persönlichen Assistenten entscheiden kann. Idealerweise fungiert er dabei als Arbeitgeber für die Assistenten (so war es auch bei der von uns besuchten Frau Schmidt). Das Assistenzmodell kann aber auch im Rahmen von Assistenzorganisationen durchgeführt werden, bei denen Assistenten zwar primär bei der Organisation angestellt sind, das „Bindeverhältnis“ zwischen Betroffenem und Assistenten aber „im Denkmodell der Selbstbestimmung und Assistenz erhalten“ bleibt (Drolshagen, 2001, S. 26). Im Assistenzmodell, und zwar insbesondere in seiner Form als Arbeitgebermodell, übernimmt der Behinderte vier fundamentale Kompetenzen: Die Personal-, Anleitungs-, Organisations- und Finanzkompetenz. Personalkompetenz bedeutet das Auswählen von Assistenten (z. B. per Bewerbungsgespräch) und das Zuteilen von Mitarbeitern zu bestimmten Aufgabenbereichen. Unter Anleitungskompetenz versteht man Fähigkeit zur Mitarbeiterführung und das Einweisen neuer Assistenten in ihr Arbeitsgebiet. Mit Organisationskompetenz ist z. B. das Erstellen von Dienst- und Urlaubsplänen sowie das Organisieren einer Vertretung bei Krankheit eines Assistenten gemeint. Die Finanzkompetenz umfasst, wie der Name schon sagt, alle finanziellen Bereiche, von der korrekten Buchhaltung über die Auszahlung der Löhne bis hin zur Kommunikation mit dem Finanzamt (Drolshagen, 2001). Gerade die Finanzkompetenz ist enorm wichtig, zumal die Finanzierung des Assistenzmodells bis heute vom Gesetzgeber nicht explizit geregelt ist. So bestreitet Frau Schmidt zum Beispiel ihre Finanzierung aus Leistungen der Krankenkasse, der Pflegeversicherung und des Sozialamts. Sie wusste dabei auch zu berichten, dass viele andere Betroffene ähnlich verfahren müssen.

2.1.2 Hintergrund

2.1.2.1 Geschichtliches

Das Assistenzmodell muss im Kontext der Independent-Living-Bewegung (sinngemäß „selbstbestimmt leben“) gesehen werden. Diese Bewegung entstand im Amerika der 60er Jahre „als Protest auf klinische Lebensbedingungen mit Dienst- und Pflegeplänen in Institutionen“ (Österwitz, 1996, S. 198); Lebensbedingungen also, die letztlich das Recht der Betroffenen auf Entfaltung der Persönlichkeit enorm einengten. Die Independent-Living-Bewegung möchte die „Macht über den eigenen Körper und den Alltag wieder den Betroffenen zurückgeben“ (Österwitz, 1996, S. 202). Auch in Deutschland ist der Kampf gegen Fremdbestimmung seit den frühen 70er Jahren Teil der Behindertenbewegung (Drolshagen, 2001). Es wird nicht mehr hingenommen, dass Betroffenen das Recht auf Selbstbestimmung ab einem gewissen Grad der Behinderung sukzessive aberkannt wird. Man möchte vielmehr Behinderten die Möglichkeit zu geben, so viele Entscheidungen wie nur irgend möglich selbst treffen zu können. Zum Beispiel wird gefordert, dass die vom Staat bereitgestellten Mittel den Betroffenen selbst zufließen, damit diese sich Strukturen von Unterstützung und Hilfe schaffen können. Benötigte Hilfe kann – so die Überzeugung – genau so gut auch direkt am Wohnort eines Behinderten organisiert und geleistet werden.

Ganz im Sinne dieser Überzeugungen steht das Assistenzmodell. Man geht von der Überlegung aus, dass jeder Mensch in unserer Gesellschaft täglich Dienstleistung vieler Art in Anspruch nimmt und die freie Entscheidung hat, wann er welche dieser Dienstleistungen benötigt. Genau dieses sonst so selbstverständliche Recht wird im Rahmen des Assistenzmodells endlich auch Behinderten zugestanden. Sie sollen entscheiden dürfen, wann sie welche Assistenz benötigen und an wen sie welche Aufgaben in welchem Umfang delegieren möchten. Das Assistenzmodell nimmt damit im Vergleich zur bisherigen Versorgung Behinderter einen „radikalen Perspektivenwechsel“ vor (Paul, 2002, S. 37).

Bis heute ist das Assistenzmodell bei weitem noch nicht überall bekannt, geschweige denn, dass es besonders häufig praktiziert würde. Dies berichtete uns Frau Hausschild aus eigener Erfahrung: In Sachsen war sie die Erste, die für sich eine Pflege nach dem Assistenzmodell einrichtete.

[...]


[1] In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit bei Personenbezeichnungen durchgehend nur die grammatisch männliche Form verwendet. Dies stellt keine Diskriminierung dar, sondern ist im Sinne einer neutralen Gruppenbezeichnung zu verstehen.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das Assistenzmodell bei Muskeldystrophie
Hochschule
Universität Leipzig  (Selbständige Abteilung für Sozialmedizin)
Veranstaltung
Seminar Sozialmedizins
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
12
Katalognummer
V80190
ISBN (eBook)
9783638865142
ISBN (Buch)
9783638865197
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Grundlage der Hausarbeit war der Besuch einer behinderten Frau in ihrer heimischen Umgebung, den ich mit zwei Kommilitonen zusammen durchführte. Jeder von uns schrieb daraufhin jedoch seine eigene Hausarbeit zu dem Thema. Die vorliegende Arbeit erhielt als einzige davon die Bewertung 1,0.
Schlagworte
Assistenzmodell, Muskeldystrophie, Seminar, Sozialmedizins
Arbeit zitieren
Christian Girbardt (Autor:in), 2006, Das Assistenzmodell bei Muskeldystrophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80190

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