Die Bevölkerungsentwicklung der Megastädte


Examensarbeit, 2007

53 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abstrakt

1 EINFÜHRUNG

2 DIE M EGASTÄDTE
2.1 Über die weltweite Tendenz der Verstädterung
2.2 Der Stadttyp Global City
2.3 Die Megastädte Europas
2.3.1 Moskau
2.3.2 London
2.4 Die Megastädte Afrikas
2.4.1 Kairo
2.4.2 Lagos
2.5 Die Megastädte Asiens
2.5.1 Tokio
2.5.2 Seoul
2.6 Die Megastädte Nordamerikas (USA)
2.6.1 New York
2.6.2 Los Angeles
2.7 Die Megastädte Südamerikas
2.7.1 Mexico City
2.7.2 Sao Paulo

3 DIE BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG
3.1 Moskau
3.2 Kairo
3.3 Tokyo
3.4 New York
3.5 Mexico City

4 ERGEBNISVERGLEICH
4.1 Ursachen und Folgen der unterschiedlichen Entwicklung
4.2 Ausblick in die Zukunft

5 BIBLIOGRAPHIE
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Onlinequellen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Urbanisierungsgrad 1920-2025 (Quelle: HOFMEISTER, Burkhard (1999): Stadtgeographie – Braunschweig (S.45))

Tabelle 2: Die größten Megastädte (urbane Agglomerationen) der Welt 1900 – 1950 – 2000 (Einwohner in Tsd.) (Quelle: SCHWENTKER, Wolfgang (2006): Megastädte im 20. Jahrhundert. – Göttingen (S.9) nach BRONGER, Dirk (2004): Metropolen, Megastädte, Global Cities. Die Metropolisierung der Erde. – Darmstadt)

Tabelle 3: Einwohnerzahlen (in Tsd.) von Megastädten (als megapolitane Agglomerationen), 1900-2000 (Quelle: SCHWENTKER, Wolfgang (2006): Megastädte im 20. Jahrhundert. – Göttingen (S.18) nach BRONGER, Dirk (2004): Metropolen, Megastädte, Global Cities. Die Metropolisierung der Erde. – Darmstadt)

Abstrakt

Diese Arbeit umfasst vier Kapitel. Im Anschluss an den einführenden Abschnitt werden im zweiten Kapitel die jeweils zwei bevölkerungsreichsten Ballungsräume Europas, Afrikas, Asiens sowie Nord- und Südamerikas vorgestellt. In diesem Kapitel wird insbesondere auf den heutigen Stand sowie die geschichtliche Stadtentwicklung eingegangen.

Im dritten Kapitel wird dann die jeweils größte Megastadt eines jeden Kontinents in Bezug auf ihre demographische Entwicklung vorgestellt und es wird die Basis für einen Ergebnisvergleich geschaffen. Das vierte Kapitel schließt die Arbeit schließlich mit dem Ergebnisvergleich, einer Auseinandersetzung mit den erlangten Ergebnissen sowie einem Ausblick in die Zukunft ab.

Außen vor bleibt in dieser Arbeit der Kontinent Australien, da die größten Metropolen Australiens und Neuseelands nicht als Megastädte gelten und selbst in der Agglomeration weniger als 10 Millionen Einwohner haben. Des Weiteren werden die Megastädte Indiens ausgelassen, da die größte indische Stadt Bombay zwar die fünftgrößte Agglomeration der Welt, jedoch nur die drittgrößte Asiens ist.

Ziel der Arbeit ist das Herausstellen von Unterschieden in der demographischen Entwicklung einzelner ausgewählter Megastädte der Welt, insbesondere denen der Industriestaaten und denen der dritten Welt anhand geschichtlicher und sozialer Aspekte.

Die im Folgenden verwendeten Termini wie beispielsweise Bewohner oder Rückkehrer stehen aus Gründen der sprachlichen Kürze in dieser Arbeit für beide Genera.

1 EINFÜHRUNG

Mittlerweile existieren auf der Erde 27 städtische Agglomerationen mit mehr als 10 Millionen Einwohnern. Von diesen 27 so genannten Megastädten haben wiederum 13 mehr als 15 Millionen Einwohner und fünf mehr als 20 Millionen Einwohner.[1] Ein Großteil dieser riesigen urbanen Regionen liegt in Staaten, die als Entwicklungsländer gelten und nur einige wenige liegen in den traditionellen Industriestaaten der nördlichen Hemisphäre.

Noch vor 100 Jahren sah dies anders aus: Beinahe alle Millionenstädte der Erde lagen in den Industriestaaten, während es sich bei den größten Städten der ärmeren Länder höchstens um kleinere Großstädte und Mittelstädte handelte. Wie konnte es im Laufe des 20. Jahrhunderts also zu solch einer Entwicklung kommen und was unterscheidet die heutigen Megastädte der 3. Welt von denen der Industriestaaten?

2 DIE MEGASTÄDTE

Einen Großteil der weltweiten Migrationsströme tragen besonders in den Staaten der 3. Welt häufig die so genannten Megastädte, da sie einen sehr großen Anreiz auf die Menschen ausüben und viele sich dort am ehesten Arbeit erhoffen. Bei Megastädten handelt es sich um die größten urbanen Ballungsräume der Erde: „Während die UN städtische Agglomerationen ab 10 Millionen Einwohner als Megastädte auffasst, sehen andere Autoren bereits bei 5 Millionen Menschen die Schwelle zur Megastadt.“[2] Nach Meinung des Stadtgeographen Dirk Brongert sollte eine Megastadt zudem eine monozentrische Struktur aufweisen. Das Ruhrgebiet erfüllt mit über 10 Millionen Einwohnern somit zwar das erste Kriterium einer Megastadt, gilt allerdings nicht als solche, da es polyzentrisch ist und aus mehreren annähernd gleichgroßen Städten besteht, die alle ähnliche Funktionen erfüllen.[3]

2.1 Über die weltweite Tendenz der Verstädterung

Die seit Jahren zunehmende Urbanisierung hat dazu geführt, dass heute weltweit mehr als die Hälfte aller Menschen in Städten leben, während der Anteil der Stadtbewohner an der Gesamtbevölkerung im Jahre 1950 nur knapp ein Drittel betrug und 70% der Weltbevölkerung in ländlichen Regionen lebten. Die zunehmende Industrialisierung und Globalisierung führten und führen dazu, dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit in die städtischen Ballungsräume ziehen und sind entscheidende Faktoren dafür, dass der weltweite Anteil der städtischen Bevölkerung auch weiterhin wachsen wird.[4]

Ein weitere wichtige Rolle spielt außerdem die im Vergleich oftmals hohe Geburtenrate in den Entwicklungsländern: Während in den Industriestaaten ein Ende der Urbanisierung in Sicht ist, wird sie in den Entwicklungsländern noch viele Jahrzehnte andauern, bis der Verstädterungsgrad sich zwischen 80 und 90% eingependelt hat. Wie die untenstehende Tabelle zeigt, werden ab dem Jahr 2025 ca. 60% der Erdbevölkerung in Städten leben. Des Weiteren errechneten die Vereinten Nationen, dass es bis zum Jahr 2015 weltweit 358 Millionenstädte geben wird, von denen sich allein 153 in Asien befinden werden.[5]

Tab. 1: Urbanisierungsgrad 1920-2025 in Prozent

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: HOFMEISTER, Burkhard (1999): Stadtgeographie. – Braunschweig (S.45)

2.2 Der Stadttyp Global City

Einen weiteren wichtigen Stadttyp stellt die Weltstadt oder „Global City“ dar, die sich im Gegensatz zur Megastadt jedoch auf qualitative Merkmale bezieht. Bei Global Cities handelt es sich um die weltweit am dichtesten miteinander vernetzten Städte mit den bestentwickelten Finanz- und Dienstleistungskomplexen. Global Cities sind Zentren von Waren-, Geld- und Informationsströmen, häufig Sitz von internationalen Organisationen und Konzernen und haben anderen ähnlich großen Städten gegenüber einen großen Bedeutungsüberschuss inne. Entscheidend ist, dass es bei Global Cities nicht auf die Einwohnerzahl ankommt: Frankfurt am Main mit weniger als 700.000 Einwohnern ist aufgrund der zahlreichen dort ansässigen Finanzinstitute und des bedeutenden interkontinentalen Flughafens eine Global City ersten Ranges, während das viel größere Bombay zwar eine Megastadt, aber nur eine Global City niederen Ranges ist.[6]

2.3 Die Megastädte Europas

Die meisten modernen Städte Europas haben ihre Wurzeln im Mittelalter und sind damit, bis auf wenige Ausnahmen wie zum Beispiel antike römische oder griechische Städte, weit jünger als viele ihrer afrikanischen und asiatischen Pendants. Dennoch gilt die europäische Stadt im Allgemeinen als die Wiege der modernen Gesellschaft und ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung von Marktwirtschaft und Demokratie: Sie „ist ein revolutionärer Ort, Ort der Emanzipation des Bourgeois aus den geschlossenen Kreisläufen der Hauswirtschaft zu freiem Tausch auf dem Markt, des Citoyen aus feudalistischen Abhängigkeiten zu demokratischer Selbstverwaltung und des Individuums aus den dichten Kontrollen dörflicher Nachbarschaft zu den Freiheiten urbaner Anonymität und Toleranz.“[7]

Die meisten mittelalterlichen Städte entstanden zwischen 800 und 1200 n. Chr. aus der Zusammenführung kirchlicher sowie kaufmännisch-bürgerlicher Wurzeln und lagen häufig außerhalb der Mauern eines Klosters oder einer Burg, die den Bürgern Zuflucht oder Schutz gewährten. Später wurde dann das Siedlungsgebiet selbst mit einer Mauer umgeben, um das Stadtgebiet und seine Bewohner vor feindlichen Überfällen oder Angriffen zu schützen. Diese aus der Vogelperspektive nach wie vor gut erkennbaren ursprünglichen Stadtkerne, um die sich im Laufe der Zeit immer weitere Vorortringe gebildet haben, markieren in vielen Städten Europas auch heute noch das Stadtzentrum oder die Innenstadt.[8]

2.3.1 Moskau

Moskau ist die Hauptstadt der Russischen Föderation und mit geschätzten 14,6 Millionen Einwohnern im Ballungsraum[9] sowie 10.406.578 Einwohnern (1. Januar 2005) innerhalb der Stadtgrenzen Europas größte Stadt. Die Stadtfläche beträgt 1.097,12 km², womit sich die Bevölkerungsdichte auf ca. 9.485 Einwohner/km² beläuft, und gliedert sich in zehn Bezirke mit insgesamt 123 Stadteilen.[10] Moskau liegt im europäischen Teil Russlands, ca. 1.600 km östlich von Berlin und 650 km südöstlich von St. Petersburg, wird von der Wolga auf ca. 80 km Länge in zahlreichen Mäandern durchflossen und bildet den natürlichen Mittelpunkt des westlichen Russland.

Moskau stellt das politische, wirtschaftliche, geistige und kulturelle Zentrum Russlands dar und ist ein Anziehungspunkt für Menschen aus der ganzen Welt, insbesondere aber für Bewohner der ehemaligen Sowjetstaaten, die häufig illegal einreisen, um arbeiten zu können und teilzuhaben am Reichtum Moskaus, das mittlerweile nach Tokio und Osaka als drittteuerste Stadt der Welt gilt.[11] Mit mehreren Flughäfen, drei Binnenhäfen sowie Zugverbindungen in alle Teile Russlands ist Moskau außerdem Russlands wichtigster Verkehrsknotenpunkt.

Das erste Mal urkundlich erwähnt wurde Moskau im Jahre 1147. Neun Jahre später wurde eine erste hölzerne Wehranlage um den Stadtkern gezogen, die den Namen Kreml erhielt und dem stetig wachsenden Ort Schutz bot. Trotz Überfällen durch die Tartaren stiegen Bedeutung und Einwohnerzahl Moskaus immer weiter an und als Großfürst Iwan III. „der Große“ 1462 die russischen Fürstentümer einte, wurde das Fürstentum Moskau zur stärksten Macht in Osteuropa. Schließlich gelang es im Jahre 1480 die Tartaren zu vertreiben und Moskau wurde unter Führung von Zar Iwan III. zur Hauptstadt des neu entstandenen Russischen Reiches.[12]

Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts prosperierte Moskau trotz eines letzten Überfalles der Tartaren im Jahre 1571, die danach endgültig geschlagen wurden. 1584 brach aufgrund der ungeklärten Frage über den rechtmäßigen Zaren in Russland die „Zeit der Wirren“ an, die bis 1612 andauerte und zu einer teilweisen Zerstörung der Stadt sowie großen sozialen Unruhen führte. Doch Moskau wurde unter der Zarenfamilie Romanow wieder aufgebaut und zählte aufgrund des blühenden Handels bald mehr als 100.000 Einwohner. Unter Zar Peter I. wurde Moskau im Jahre 1712 der Hauptstadtstatus entzogen und das neu gegründete St. Petersburg wurde zur Hauptstadt des Russischen Reiches ernannt. Moskau blieb jedoch weiterhin Sitz der Russisch-Orthodoxen Kirche und somit geistig-kulturelles Zentrum Russlands.[13]

Als 1812 Napoleon auf Moskau zumarschierte, hielten Moskaus Bewohner seinen Vormarsch auf, indem sie ihre eigenen Häuser anzündeten und so die französische Armee ihrer Winterquartiere beraubten. Im folgenden Jahr, nach Abzug Napoleons, wurde die Stadt größer als je zuvor wieder aufgebaut und passte sich in ihrer Entwicklung bald der einsetzenden Industrialisierung an. 1918 schließlich, nach der Februarrevolution und dem Abdanken des letzten Zaren in St. Petersburg, wurde Moskau von Lenin wieder zur Hauptstadt ernannt und hatte in den Folgejahren einen riesigen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Unter Stalin wurde Moskau planmäßig ausgebaut zum „unbestrittenen Zentrum eines Großimperiums und einer weltumspannenden Ideologie“[14], zu einer Megastadt des Kommunismus, deren Stadtbild auch heute noch von zahlreichen monumentalen Prachtbauten dieser Zeit geprägt ist.[15]

2.3.2 London

Die Hauptstadt des Britischen Königreiches und nach Moskau zweitgrößte Stadt Europas liegt im so genannten Londoner Becken im Südosten Englands und wird von der Themse, Großbritanniens zweitlängstem Fluss, in West–Ost Richtung durchflossen. Die Metropolregion London hat heute ca. 12,6 Millionen Einwohner[16] und in der Stadt selbst leben 7.421.209 Menschen auf 1.579 km², was einer Bevölkerungsdichte von ca. 4.700 Einwohner/km² entspricht.[17]

London ist neben Tokio und New York die weltweit meistbedeutende Global City und das wichtigste Finanz- und Bankenzentrum der Erde. Des Weiteren ist London Europas unangefochtene Drehscheibe im internationalen Flugverkehr mit fünf Flughäfen und insgesamt ca. 130 Millionen Flugpassagieren pro Jahr. London verfügt über zahlreiche Kopfbahnhöfe, die es direkt mit allen Teilen Englands verbindet und ist außerdem durch den Kanaltunnel direkt mit Paris, Europas zweitwichtigster Global City, verbunden.[18]

London wurde wahrscheinlich im Jahre 43 n. Chr. von den Römern erobert, die in diesem Jahr ihren Feldzug in Britannien begannen und früh die Gunstlage der keltischen Festung Londinium erkannten. Unter römischer Herrschaft wurde Londinium zu einem Brückenkopf Roms ausgebaut und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Verkehrsknoten und Umschlagplatz am Rande des Römischen Reiches. Jedoch währte die frühe Blütezeit Londons nur knapp 370 Jahre, da sich die Römer ab 410 n. Chr. aus Britannien zurückzogen, und die kurzzeitig 50.000 Einwohner zählende Großstadt der dort lebenden Bevölkerung überließen.[19]

In den folgenden Jahrhunderten nahmen Bedeutung und Größe Londons stark ab. Das Land wurde von Dänen, Angeln und Sachsen erobert, wobei der alten Römerstadt allerdings kaum Beachtung geschenkt wurde, und im Jahre 851 wurde London schließlich von den Wikingern zerstört. Dem sächsischen König Alfred dem Großen gelang es erst im Jahre 886 London zu befreien und wiederaufzubauen und innerhalb von nur 100 Jahren entwickelte sich London zur größten und reichsten Stadt Britanniens. Seit der Herrschaft des Dänischen Königs Eduard dem Bekenner (1042-1066), der seinen Regierungssitz nach Westminster verlegte, besaß London zwei Zentren: „Die City of Westminster als Sitz der Kirche und der Monarchie und die City of London als Zentrum von Handel und Gewerbe.“[20]

Von der Eroberung Britanniens durch die Normannen im Jahre 1066 profitierte London besonders stark, da der Stadt großzügige Rechte auf Selbstständigkeit zugestanden wurden und sie Winchester als Hauptstadt Britanniens ablöste. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich London zur größten Stadt Europas und erlebte durch den Aufstieg Großbritanniens zur See- und Weltmacht einen bis dahin nicht gekannten Aufschwung. London wurde zur bedeutendsten Stadt der damaligen Welt und hatte am Ende des 16. Jahrhunderts bereits über 200.000 Einwohner.[21]

Trotz eines verheerenden Feuers, das 1666 vier Fünftel der Stadt zerstört hatte und ein Grund dafür ist, warum es kaum mittelalterliche Gebäude in London gibt, wuchs die Stadt weiter und war im Jahre 1801, als die erste offizielle Volkszählung durchgeführt wurde, mit 860.000 Einwohnern die bei weitem größte Stadt der westlichen Welt. Die beginnende industrielle Revolution verstärkte diesen Trend noch weiter und führte zu einem explosionsartigen Wachstum der Stadt, die bereits 1863 ihre erste U-Bahn Linie erhielt und im Jahr 1901 ca. 6.500.000 Einwohner hatte (zum Vergleich: Hamburg hatte 1901 ca. 720.000 Einwohner). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte das Britische Imperium seinen Höhepunkt überschritten und nach dem Ende des 2. Weltkrieges, in dem deutsche Bomben ein Drittel der Londoner City zerstört hatten, musste London erstmals einen Bevölkerungsrückgang verzeichnen, der trotz vieler städtebaulicher Maßnahmen bis in die 1990er Jahre andauerte. Viele Menschen waren aus der City in die neu gegründeten „New Towns“ außerhalb der eigentlichen Stadt gezogen.[22]

2.4 Die Megastädte Afrikas

Für Afrika ist es schwer einen einheitlichen Stadttyp zu benennen, da sich die Entwicklungsgeschichte Nordafrikas sehr von der Zentral- und Südafrikas unterscheidet. Der vorherrschende Stadttyp Nordafrikas ist die alte orientalische beziehungsweise islamische Stadt, während die modernen Städte Südafrikas eindeutig kolonialzeitlich sind und hauptsächlich im 17. Jahrhundert von Briten und Buren gegründet wurden. Die modernen Städte Zentralafrikas reichen weiter zurück als die Südafrikas, standen allerdings ab dem 16. Jahrhundert ebenfalls stark unter ausländischem Einfluss, da sie von Arabern, Persern, Indern und Portugiesen als Handelsposten genutzt wurden. Es ist umstritten inwiefern vorkoloniale Siedlungen in Zentralafrika als Städte bezeichnet werden können.[23]

2.4.1 Kairo

Kairo ist die größte Stadt Afrikas und gilt als „wirtschaftliches und politisches Entscheidungszentrum im nahen Osten, als kulturelle Hauptstadt der arabischen Welt und als eines der wichtigsten religiösen Zentren des Islam (…).“[24] Die Stadt liegt sehr günstig, „dort wo sich das das schmale Band des fruchtbaren Niltals in den weiten Trichter des Deltas öffnet (…)“[25], etwa 150 km vom Mittelmeer entfernt und in direkter Nachbarschaft zu Ägyptens drittgrößter Stadt Gizeh (ca. 2,5 Mio. Ew.), welche zur Agglomeration Kairo dazugezählt wird.

Mit geschätzten 15,9 Millionen Einwohnern im Ballungsraum[26] - inoffizielle Schätzungen gehen sogar von über 20 Millionen Einwohnern aus, da in Ägypten keine Meldepflicht besteht - ist Kairo eine der größten städtischen Agglomerationen der Welt. Innerhalb der administrativen Stadtgrenzen lebten im Jahr 2005 7.734.614 Menschen auf einer Fläche von 214 km², was bedeutet, dass Kairo eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 36.143 Einwohner/km² hat und damit eine der am dichtesten bevölkerten Städte überhaupt ist.[27]

Kairo, oder auch al-Qahira (Arab.: „die Starke“), wurde erst lange nach dem Niedergang des antiken Ägyptischen Reiches gegründet und hat seine Ursprünge in mehreren kleineren Siedlungen römischen, koptischen und islamischen Ursprungs, die nach und nach im Stadtgebiet aufgegangen sind. Die eigentliche Stadt entstand im Jahre 969, nachdem die schiitisch-islamitische Dynastie der Fatamiden Ägypten erobert hatte und an der Stelle der heutigen Altstadt Kairos, wo zur damaligen Zeit kaum mehr als ein unbedeutendes Karawanenlager existierte, eine neue Hauptstadt errichtete.[28]

Nach der Fertigstellung der Azhar-Moschee im Jahre 970, in der sich seit 988 die sunnitische Lehranstalt und heutige Al-Azhar-Universität befand, rückte Kairo schnell ins Zentrum der islamischen Wissenschaft und Kultur und entwickelte sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte trotz verschiedener Herrscher zur wichtigsten Stadt des arabischen Raumes und der islamischen Machtsphäre. Kairo blieb das Zentrum der islamischen Welt, bis Ägypten im Jahre 1517 von osmanischen Truppen erobert wurde und fortan nur noch eine tributpflichtige Provinz des Osmanischen Reiches war, der nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die ehemalige ägyptische Hauptstadt blieb jedoch, trotz ihres vorübergehenden Status einer Provinzhauptstadt, neben Konstantinopel und Bagdad weiterhin eine der wichtigsten arabischen Metropolen.[29]

Im Jahre 1798 wurde Kairo kurzzeitig von Napoleon Bonaparte eingenommen. Dieser wurde jedoch nur drei Jahre später von einer zur Hilfe ausgesandten britischen Flotte vertrieben und die Osmanen kamen wieder an die Macht. Im Laufe des 19. Jahrhunderts öffneten sich die osmanischen Herrscher der Kultur Europas immer weiter und begannen Kairo, dass mittlerweile wieder ägyptische Hauptstadt geworden war, europäischen Standards anzupassen und die Stadt auszubauen. Der Bau des größtenteils mit ausländischem Geld finanzierten Suez-Kanals beschleunigte diese Entwicklung noch und Ägypten geriet immer mehr unter britischen Einfluss, bis das Land schließlich besetzt und 1914 zum britischen Protektorat erklärt wurde.[30] Während dieser Zeit wuchs Kairo immer weiter und hatte durch eine vermehrte Landflucht der ägyptischen Bevölkerung und trotz des einsetzenden Baus von Satellitenstädten bereits vor dem Beginn des 2. Weltkrieges knapp zwei Millionen Einwohner.[31]

[...]


[1] Vgl. URL: www.bevoelkerungsstatistik.de/

[2] URL: http://www.berlin-institut.org/pdfs/Kroehnert_Megastaedte_neu.pdf

[3] Vgl. URL: http://www.berlin-institut.org/pdfs/Kroehnert_Megastaedte_neu.pdf

[4] Vgl. URL: http://www.faculty.fairfield.edu/faculty/hodgson/Courses/so11/population/urbanization.htm

[5] Vgl. URL: http://www.bpb.de/publikationen/4DRZK0,0,0,Die_Welt_will_Stadt_Entwicklungszusammenarbeit_f%FCr_das_Urbane_Jahrtausend.html

[6] Vgl. THEIßEN, Ulrich (2002): Cornelsen Aktuelle Landkarte: London. – Berlin

[7] SEIBEL, Walter (2005) in URL: http://www.kulturrat.de/dokumente/eks/eks-II.pdf

[8] Vgl. HEINEBERG, Heinz (2000): Grundriß Allgemeine Geographie: Stadtgeographie. – Paderborn (S.195 ff.)

[9] Vgl. URL: www.bevoelkerungsstatistik.de/

[10] Vgl. URL: http://www.welt-blick.de/hauptstadt/moskau.html

[11] Vgl. URL: http://www.moskau.ru/moskau/lexikon/

[12] Vgl. URL: http://www.aksa.ggol.de/russland/moskau/info/moskau2.htm

[13] Vgl. URL: http://www.moskau.ru/moskau/lexikon/

[14] NEUTATZ, Dietmar in SCHWENTKER, Wolfgang (2006): Megastädte im 20. Jahrhundert. – Göttingen (S.56)

[15] Vgl. URL: http://www.aksa.ggol.de/russland/moskau/info/moskau2.htm

[16] Vgl. URL: www.bevoelkerungsstatistik.de/

[17] Vgl. URL: http://www.welt-blick.de/hauptstadt/london.html

[18] Vgl. THEIßEN, Ulrich (2002): Cornelsen Aktuelle Landkarte: London. – Berlin (S.6)

[19] Vgl. THEIßEN, Ulrich (2002): Cornelsen Aktuelle Landkarte: London. – Berlin (S.3)

[20] THEIßEN, Ulrich (2002): Cornelsen Aktuelle Landkarte: London. – Berlin (S.3)

[21] Vgl. THEIßEN, Ulrich (2002): Cornelsen Aktuelle Landkarte: London. – Berlin (S.3)

[22] Vgl. THEIßEN, Ulrich (2002): Aktuelle Landkarte: London. – Berlin (S.3-6)

[23] Vgl. HOFMEISTER, Burkhard (1999): Stadtgeographie. – Braunschweig (S.202-211)

[24] MEYER, Günther. in GORMSEN, Erdmann u.a. (1994): Megastädte in der Dritten Welt. – Mainz (S.167)

[25] MEYER, Günther. in GORMSEN, Erdmann u.a. (1994): Megastädte in der Dritten Welt. – Mainz (S.167)

[26] Vgl. URL: www.bevoelkerungsstatistik.de/

[27] Vgl. URL: http://www.welt-blick.de/hauptstadt/kairo.html

[28] Vgl. URL: http://www.muz-online.de/afrika/egypt1.html

[29] Vgl. URL: http://ce.eng.usf.edu/pharos/cairo/history/index.html

[30] Vgl. URL: http://ce.eng.usf.edu/pharos/cairo/history/index.html

[31] Vgl. URL: http://www.uni-schule.de/space/Arnoldinum/arbeit/kl_kairo/auswm2a.htm

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Die Bevölkerungsentwicklung der Megastädte
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
53
Katalognummer
V79571
ISBN (eBook)
9783638784719
ISBN (Buch)
9783638795982
Dateigröße
674 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
30 online-Quellen
Schlagworte
Bevölkerungsentwicklung, Megastädte
Arbeit zitieren
Simon Schulze (Autor:in), 2007, Die Bevölkerungsentwicklung der Megastädte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79571

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Bevölkerungsentwicklung der Megastädte



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden