Die Anfänge: Phänomenale Kausalität


Seminararbeit, 2002

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Die Anfänge: phänomenale Kausalität
1. Einleitung
2. Gestaltpsychologie: Die Wahrnehmung von Verursachungs- zusammenhängen
2.1 Karl Duncker (1903-1940)
2.2 Albert Michotte (1881-1965)
3. Entwicklungspsychologie: Die Entwicklungsstufen der Intelligenz
3.1 Jean Piaget (1896-1980)

Die Anfänge: phänomenale Kausalität

1. Einleitung

Die Attributionstheorien und artverwandten Konzepte bilden den vorläufigen Abschluss einer langen Tradition des Kausalerkennens, welche seit jeher von besonderer Bedeutung für das menschliche Dasein ist. Es stellt sich die Frage, wie sich ein Wirkungszusammenhang erkennen lässt. Schon immer fragten sich die Menschen, welche Ursache für ein beobachtbares, rätselhaftes Ereignis verantwortlich sei oder welche Wirkungen ein bestimmter Sachverhalt zukünftig evoziere. Der wohl berühmtesten Satz des Ursache-Wirkungsprinzips bzw. der gesamten Philosophiegeschichte stammt von dem französischen Philosophen René Descartes (1596-1650): „Je pense, donc je suis.“ Da jedoch Latein zu jener Zeit die lingua franka war, trifft man in der Fachliteratur häufig auf die lateinische Übersetzung „Cogito ergo sum.“ Auf deutsch: „Ich denke, also bin ich“ (vgl. Schwanitz, 1999, S. 329).

Kausalität spielt auch in unserem heutigen Denken eine tragende Rolle. So spricht man von der Verantwortlichkeit, die eine Person für ein durch sie ausgelöstes Ereignis trägt, von der kausalen Notwendigkeit, mit der bestimmte Geschehnisse zwangsläufig eintreten müssen, oder von den Gründen, die jemanden zu einer Handlung bewegen. Das Wissen um kausale Beziehungen ist aber nicht nur im alltäglichen Leben relevant; die möglichst vollständige Erfassung objektiv vorhandener Verursachungszusammenhänge stellt das eigentliche Programm fast aller zeitgenössischen Wissenschaften dar. Die Wissenschaftler sind darum bemüht, beobachtbare Phänomene zu beschreiben, zu interpretieren und die Zusammenhänge zwischen Einzelereignissen aufzudecken. Ihr Ziel ist es, Dispositionen[1] zu formulieren, um auf diese Weise allmählich zu verstehen, was die Welt „im Innersten zusammenhält“ (vgl. Goethes Faust: Nachtszene). Diese Omnipräsenz und besondere Bedeutung von Verursachungsbeziehungen hat dazu geführt, dass seit der Antike zahlreiche Philosophen den Fragen der Kausalität auf den Grund zu gehen versuchten. Wenn so oft von Gründen, Ursachen und Effekten, Wirkungen, Ergebnissen und von kausalen Gesetzen, Erklärungen sowie Hypothesen die Rede ist, dann stellt sich die Frage, welche grundlegende Konzeption steckt hinter all diesen Begriffen und Redewendungen. Von Aristoteles (384 v. Chr. - 322 v. Chr.) bis zum heutigen Tag zählen solche Fragen zu den grundsätzlichen und umstrittenen Themen philosophischer Debatten. Man musste nämlich sehr bald feststellen, dass es „die Kausalität“ als festumrissene und wohldefinierte Relation gar nicht zu geben scheint. Philosophen wurden hier bei näherem Hinsehen vielmehr oft mit ganz unterschiedlichen Strukturen, Problemen und Fragestellungen konfrontiert. Eine einheitliche unumstrittene philosophische Kausaltheorie ist deshalb bis zum heutigen Tag Utopie geblieben.

Auch die Psychologie in ihrem Selbstverständnis als empirisch-experimentell ausgerichtete Humanwissenschaft ist darum bemüht, kausale Zusammenhänge im Verhalten und Erleben von Menschen aufzudecken, allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu formulieren und auf diese Weise zu einem besseren Verständnis vom Wesen des Menschen zu gelangen. Ursachen und Wirkungen sind für den Psychologen aber auch in anderer Hinsicht von Bedeutung. Eines der wichtigsten Merkmale des Menschen als vernunftbegabtes Wesen ist die Fähigkeit, die umgebende Welt intellektuell zu erfassen und auf eine mehr oder minder funktionale und rationale Weise zu interpretieren (Meta-Ebene). Die psychologische Erforschung des Menschen muss daher auch dessen subjektives Weltbild in Betracht ziehen. Häufig sind es nicht die Gegebenheiten der Realität als solche, sondern die Bedeutung, die Menschen diesen Gegebenheiten zuschreiben, die für deren Verhalten und Erleben ausschlaggebend sind. Für diese subjektiven Bedeutungszuschreibungen spielen Ursachen und Wirkungen eine wichtige Rolle. Ein und dasselbe Ereignis kann vollkommen unterschiedlich interpretiert werden und zu gänzlich verschiedenen Reaktionen führen je nachdem, welche Ursache ihm zugeschrieben wird. Die Psychologie untersucht, unter welchen Umständen und aufgrund welcher Informationen Menschen ihre Welt in Begriffen wie Ursache und Wirkung konstruieren und interpretieren. Aus diesem Umstand ergeben sich folgende Fragen: Handelt es sich bei solchen Vorgängen um Wahrnehmungsvorgänge oder spielen kognitive Interpretationsprozesse eine übergeordnete Rolle? Welche Eigenschaften zeichnen die hier zugeschriebenen Konstrukte Ursache und Wirkung aus? Auf welche Weise können einmal getroffene Kausalaussagen auf ihre Richtigkeit überprüft werden?

[...]


[1] Dispositionen sind allgemeine Gesetzmäßigkeiten.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Anfänge: Phänomenale Kausalität
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg  (Psychologie)
Veranstaltung
Attributionstheorien und verwandte Konzepte
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
17
Katalognummer
V7955
ISBN (eBook)
9783638150477
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Attribtution, Attributionstheorien, Duncker, Michotte, Piaget
Arbeit zitieren
Heiko Sieben (Autor:in), 2002, Die Anfänge: Phänomenale Kausalität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7955

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