Die außenpolitische Konzeption Gustav Stresemanns und deren Realisierung


Seminararbeit, 2005

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Stresemanns Anfänge
1.1 Die Ära Stresemann
1.2 Stresemann und der VV
1.3 Die Außenpolitische Konzeption

2. Die Außenpolitik Stresemanns
2.1 Die Auswirkungen der Ruhrkrise auf Stresemann
2.2 Der Dawes-Plan
2.3 Stresemanns Annäherung an den Völkerbund
2.4 Der Weg nach Locarno
2.5 Neue Aussichten durch Locarno
2.5.1 Die Situation im Westen
2.5.2 Die Stellung der Sowjetunion
2.5.3 Die Auswirkungen auf die Ostgrenzen
2.6 Der Völkerbundeintritt und Thoiry
2.7 Stagnation der Revisionsforderungen
2.8 Über den Briand-Kellogg Pakt zum Young-Plan

3. Die Leistungen Stresemanns

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Stresemanns Anfänge

1.1 Die Ära Stresemann

Stresemann führte als Kanzler die Weimarer Republik in den Monaten ihrer schwersten Bedrohung. Die Entscheidungen in diesen drei Monaten, von August bis September 1923, bestimmten weitgehend den Gang der deutschen Außen- und Innenpolitik für die nächsten sechs Jahre bis zu seinem Tode 1929. Es war die Epoche, in der sich außenpolitisch, innen-politisch und wirtschaftlich der neue Staat zu konsolidieren schien.[1] In diesen Jahren vermochte er der Politik, vor allem der Außenpolitik – welche Thema dieser Arbeit ist, so sehr den Stempel seiner Persönlichkeit aufzuprägen, dass man mit Recht von einer Ära Stresemann sprechen darf.[2]

Persönlichkeit und Politik Gustav Stresemanns bilden einen bevorzugten Schwerpunkt der Weimar-Forschung. Zunächst beherrschten Publikationen das Feld, die überwiegend aus der Feder von Anhängern und Verehrern Stresemanns stammten. Die 1953 erfolgte Freigabe des Stresemann-Nachlasses leitete die erste Phase der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Stresemanns Außenpolitik ein, wobei sich die Quellengrundlage im Laufe der 50er Jahre dadurch erweiterte, als die Aktenbestände des Auswärtigen Amtes der Forschung zugänglich wurden. Eine zweite Phase begann um 1970. Von verschiedenen Ansatzpunkten aus und auf unterschiedliche Aspekte konzentriert ist das ganze Problem-feld ausgeleuchtet worden. Angesichts einer lange Zeit höchst kontroversen Beurteilung Stresemanns und seiner Politik wird man es erstaunlich nennen dürfen, das sich als Summe der Ergebnisse der neueren Arbeiten ein recht weitgehender Konsens insbesondere bei zwei früher heftig umstrittenen Fragen feststellen lässt. Zum Einen hinsichtlich zur Wandlung Stresemanns vom Nationalisten zum Europäer sowie bezüglich des außenpolitischen Handelns Stresemanns.[3]

1.2 Stresemann und der Versailler Vertrag

Der Ausgang des ersten Weltkriegs hatte vorerst Deutschlands Kampf um eine Weltmacht-position beendet. Innenpolitisch galt es nun den Wechsel von der Monarchie in die Republik zu bewältigen. Stresemann, der Befürworter der großdeutsch-liberalen Tradition von 1848 war, streifte den Wunsch nach dieser veralteten Staatsform ab. Er gab bei der Rede auf dem DVP Parteitag in Jena am 13. April 1919 an: „Den Weg zu Großdeutschland und der Weg zu innerer Ruhe kann es nur auf dem Boden einer republikanischen Staatsform geben. Deshalb arbeiten wir an ihr mit.“[4] Um die Großmachtrolle Deutschlands wieder zu gewinnen, erhoffte sich Stresemann von den Friedensverhandlungen die Verhinderung von hohen Reparationszahlungen und territorialen Einbußen. Mit dieser Zielsetzung unterschied sich Stresemann nicht von der offiziellen deutschen Außenpolitik.[5] Der Friedensvertrag, der Deutschland dann vorgelegt wurde, traf Stresemann empfindlich: „Unsere politische, unsere wirtschaftliche Vernichtung und unsere Entehrung “ bezeichnete er den Vertrag vor der Nationalversammlung am 12. Mai 1919.

Dennoch musste Stresemann nach anfänglicher Ablehnung akzeptieren, dass es keine mögliche Alternative zur Unterzeichnung des Versailler Vertrags gab.[6] Diese Erkenntnis stellte die Weichen für Stresemanns politisches Handeln in den folgenden Jahren.

1.3 Die Außenpolitische Konzeption

Sein Ziel, die Großmachtrolle Deutschlands wiederzugewinnen, gab Stresemann auch nach der Annahme des vernichtenden Versailler Vertrags nicht auf. Sein Leitbild war nach wie vor der Aufbau Deutschlands um „Bündnisfähig für unsere Freunde und gefährlich für unsere Gegner “ zu sein, wie er sich Brockdorff-Rantzau gegenüber am 1. Dezember 1923 äußerte.[7]

Da das deutsche Reich militärisch machtlos war, griff Stresemann die Ansätze der 1921 eingeleiteten Erfüllungspolitik auf. Die Revidierung des Versailler Vertrags, vor allem die Revision der Gebietsabtretungen war sein Ziel. Stresemann erkannte jedoch richtig, dass die Realität erst verändert werden konnte, wenn sie anerkannt würde, und baute darauf seine außenpolitische Konzeption auf.[8]

Den Weg der Verhandlung und Verständigung betrachtete Stresemann als den einzig gangbaren für seine außenpolitischen Ziele. Zwei Gesichtspunkte gewannen dabei für ihn sehr hohe Bedeutung. Zum Einen, dass der deutsche Wiederaufstieg nur mit der Wirtschaftsmacht möglich sei, denn nur in der Wirtschaft sah Stresemann noch Deutschlands Großmachtrolle vorhanden. Dabei kam nach Stresemanns Auffassung dem Einsatz des deutschen Wirtschaftspotenzials im Rahmen einer wirtschaftlichen Kooperation mit den USA eine wichtige Rolle zu. Bereits frühzeitig erkannte er, dass ein amerikanisches Engagement in Deutschland das Interesse der führenden Weltmacht an einer friedlichen Veränderung der europäischen Verhältnisse wachsen lassen würde. Er wollte durch die Zusammenarbeit mit den USA und England das Verhältnis zu den Westmächten normalisieren, um ein Klima für internationale Beziehungen zu schaffen.

De zweite Komponente in Stresemanns Konzeption war die Einsicht, dass eine Revision des Versailler Vertrags nur Erfolg haben würde, wenn das französische Sicherheitsbedürfnis befriedigt werden würde. Deshalb suchte er eine deutsch-französische Ausgleichspolitik auf der Basis von Grenzgarantie und Wirtschaftsvereinbarungen. Es war ihm wichtig, eine friedliche Regelung aller offenen Fragen zu erlangen.[9]

Durch die Annäherung an Frankreich und die Westmächte erhoffte sich Stresemann auch eine Neuregelung bezüglich der Problematik der Ostgrenzen.[10]

2. Die Außenpolitik Stresemanns

2.1 Die Auswirkungen der Ruhrkrise auf Stresemann

Stresemann hat als Reichskanzler die Geschicke des Reichs vom 13. August bis zum 23. November 1923 gelenkt. In diesem geringen Zeitraum hat Stresemann mit drei ver-schiedenen Kabinetten gearbeitet. Sein Regierungsantritt fiel mit der Bildung einer großen Koalition zusammen. Die erste und zugleich vordringlichste Aufgabe, um derentwillen sich eben diese große Koalition zusammengefunden hatte, war die Beendigung der Ruhrkrise.[11]

Stresemanns Vorhaben, Deutschland zur Großmachtsstellung durch seine Wirtschaftskraft zurückzuführen, war durch die Ruhrkrise ins Wanken gekommen. Man hatte Deutschland bereits die Kontrolle über die oberschlesischen Kohlegruben entrissen und nun sollte auch die Kontrolle über das letzte Gebiet einsetzen, das noch eine Kraftquelle Deutschlands war. So sah Stresemann die deutsche Lage.[12]

Zunächst ging es Stresemann darum, die Existenz der nationalen Volkswirtschaft zu retten. Er dachte, dass es die Möglichkeit gäbe, aus einer Kluft zwischen den Angelsachsen und den Franzosen einen Manövrierraum zu gewinnen. Das erwies sich allerdings als Fehleinschätzung. Die Möglichkeit, dass das deutsche Reich eine gegen Frankreich gerichtete Außenpolitik führen könnte, musste verworfen werden. Die Realität zeigte, dass die einzigste Lösung in einem Arrangement mit den Franzosen gefunden werden musste.[13]

Auf diesen gewichtigen Punkt wies Stresemann bereits vor seiner Kanzlerschaft die Regierung Cunos hin. Er betonte die Dringlichkeit einer deutsch-französischen Verständigung als Abwehrmaßnahme gegen eine französische Politik hinsichtlich Ruhrgebiet und Rheinland.[14]

Trotz aller Verhandlungsbereitschaft lehnte Stresemann Frankreichs Entwurf eines Rheinlandstatus, der die Bildung dreier autonomer Staaten vorsah, strikt ab. Ebenso war er gegen eine weitere französische Beteiligung in diesen Gebieten.[15]

Der Kanzler wollte also zunächst das französische „Über-Versailles“ wieder auf das alliierte Diktat zurückführen. Nur diese Grundlage konnte als Ausgang für die wirtschaftliche Gesundung des Reichs dienen, um zur Entfaltung der noch verbliebenen außenpolitischen Möglichkeiten beitragen.[16] Aus diesem Grund nahm er bereits Ende August 1923 Verhandlungen mit Frankreich auf. Die von Stresemann gewünschten Ergebnisse wurden dabei nicht erreicht. Poincaré verlangte weiterhin den Abbruch des passiven Widerstands als Vorleistung für die Aufnahme von Verhandlungen. Das lehnte Stresemann zunächst ab. Bald musste er sich jedoch eingestehen, dass eine Aufrechterhaltung des Ruhr-Kampfes Deutschland noch tiefer in finanzielle und politische Schwierigkeiten führen würde. Deshalb beende Stresemann am 26. September 1923 den passiven Widerstand ohne die erhofften Zusagen von Frankreich erhalten zu haben. Der Kanzler erwartete nun als Gegenzug die Verhandlungsbereitschaft der Franzosen.[17] Stresemanns Methode, durch das Eingeständnis der Niederlage Chancen für einen Neubeginn zu schaffen, zeigte positive Auswirkungen. Für Frankreich mache sich der Ruhrkrieg weniger bezahlt. Deutschland hatte für die Zukunft einiges gewonnen, da die Angelsachsen Stresemanns vernünftiges Einlenken mit wachsender Sympathie verfolgten.[18]

[...]


[1] Köhler, Henning: Geschichte der Weimarer Republik.( Beiträge zu Zeitgeschichte, Bd.4), 2. Aufl. Berlin 1982. Seite 51.

[2] Vgl. Kolb, Erhard: Die Weimarer Republik.(Oldenburg Grundriss der Geschichte ,Bd. 16), München 2002.S. 63.

[3] Ebd., S. 223f

[4] Hildebrand, Klaus: Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871.-1945,Stuttart 1995.S. 439.

[5] Vgl. Arnold, Georg: Gustav Stresemann und die Problematik der deutschen Ostgrenzen. Europäische Hochschulschriften Reihe III(Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Bd. 870),Frankfurt am Main 200. S. 33.

[6] Vgl. Ebd., S. 44-46

[7] Hildebrand, Vergangenes Reich, S. 439

[8] Vgl.Niedhart, Gottfried: Die Außenpolitik der Weimarer Republik.( Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd.53), München 1999. S. 18.

[9] Vgl. Kolb, Weimarer Republik, S, 224-226

[10] Arnold, Stresemann,S. 64

[11] Vgl. Erdmann, Karl Dietrich: Die Zeit der Weltkriege. Der erste Weltkrieg/ Die Weimarer Republik ( Gephardt Handbuch der Geschichte, Bd. 4, 1.Teilband), 9.Aufl. Stuttgart 1973. S. 243.

[12] Vgl. Michalka Wolfgang und Lee Marshall: Gustav Stresemann( Wege der Forschung ,Bd.539) - S. 181

[13] Hildebrand, Vergangenes Reich, S. 440f

[14] Arnold, Stresemann, S. 63

[15] Erdmann, Weimar, S. 259

[16] Hildebrand, Vergangenes Reich, S. 442

[17] Arnold, Stresemann, S. 271

[18] Vgl. Hildebrand , Vergangenes Reich, S,443ff

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die außenpolitische Konzeption Gustav Stresemanns und deren Realisierung
Hochschule
Universität Regensburg  (Institut für Neuere und Neueste Geschichte)
Veranstaltung
Die Außenpolitik der Weimarer Republik
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V79543
ISBN (eBook)
9783638868495
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konzeption, Gustav, Stresemanns, Realisierung, Außenpolitik, Weimarer, Republik
Arbeit zitieren
Carolin Frischholz (Autor:in), 2005, Die außenpolitische Konzeption Gustav Stresemanns und deren Realisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79543

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