Der Wunderglaube im Mittelalter


Seminararbeit, 2004

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. „Glauben“ im frühen Mittelalter
2.1 Der Glaube an Gott und sein Wirken
2.2 Der Wunderglaube und die Heiligen
2.3 Der Tod und der Glaube an das Reich Gottes

3. Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Glauben im frühen Mittelalter. Es soll im Verlauf dargestellt werden, wie der Glaube des mittelalterlichen Menschen aussah, worin er sich manifestierte und auf welche Weise er das gesellschaftliche Leben prägte. Dazu soll zum einen auf den Wunderglauben und die Rolle der Heiligen im Glaubenssystem, und zum anderen auf die Vorstellungen des Menschen vom Tod und vom Reich Gottes eingegangen werden. Im Anschluß wird dann die Frage geklärt, welche Rolle der Glaube (im Gegensatz zum frühen Mittelalter) heute, im beginnenden 21. Jahrhundert, spielt und inwieweit er eine Veränderung durchlaufen hat.

2. „Glauben“ im frühen Mittelalter

2.1 Der Glaube an Gott und sein Wirken

Der Glaube bestimmte das Denken und Leben der Menschen im frühen Mittelalter in einer Art und Weise, wie es heute kaum noch nachvollziehbar ist. Man muß sich vor Augen halten, daß die Wissenschaften, wie wir sie kennen, noch lange nicht existierten. Zwar gab es Gebildete, die sich mit einzelnen Wissenschaftszweigen, wie dem der Natur beschäftigten und versuchten, Erscheinungen und Vorgänge in ihr zu erklären, doch alle Deutungsversuche stützten sich noch auf die Bibel, welcher im Mittelalter die größte Bedeutung und höchste, uneingeschränkte Autorität zukam. In ihr war die Antwort auf jede Frage zu finden. Sie war zukunfts- und lebensweisend.

Quellen des Mittelalters sind keine Tatsachenberichte, sondern intentionsverfolgende Schriften. Man beschrieb Phänomene genau, suchte hinter der Erscheinung die übertragende Bedeutung, welche auf Gott hinweisen mußte. Jedes Phänomen oder Ereignis wurde so als Einwirken Gottes in das weltliche Geschehen gedeutet. So nahm die Kirche als Trägerin der Religion und Vermittlerin des christlichen Glaubens eine sehr bedeutende Stellung in der Gesellschaft ein.

Alle Texte, die uns aus der Zeit des frühen Mittelalters überliefert wurden, sind von diesen Deutungsversuchen durchzogen. Dabei lassen sich kaum (Ich mag lieber nicht „keinerlei“ sagen, weil es vielleicht Ausnahmen gibt, die mir nicht vorliegen) Unterschiede zwischen literarischen oder wissenschaftlichen Texten finden .

Daß Gott die Macht besaß, in der Welt zu handeln und einzugreifen, wenn er es für nötig hielt, war für die Menschen das gesamte Mittelalter hindurch so selbstverständlich, wie für uns heute die grausige Erkenntnis, daß es Gestalten wie Hitler in jeder Epoche wieder geben kann und wird. Dieser starke Glaube an die Wirklichkeit Gottes ist für das Mittelalter bestimmend. Es gab wohl kaum eine Zeit in der Geschichte, in welcher Gott, ohne direkt körperlich anwesend zu sein, so präsent war und das Leben der Menschen so maßgeblich zu bestimmen und zu beeinflussen vermochte.

Doch nicht nur Gott hatte die Macht, in das Weltgeschehen einzugreifen. Auch der Teufel wirkte unmittelbar an seinem Verlauf mit. Dies spiegelte sich beispielsweise in Gesundheit und Krankheit, in Ernte und Not.[1]

Der Glaube des mittelalterlichen Menschen, welcher in allen Dingen diese beiden gegensätzlichen Kräfte walten sah, manifestierte sich besonders durch das Aufkommen sogenannter Wunder, die von Gott direkt gewirkt wurden. Doch was waren diese Wunder und warum und wie vermochten sie es, den Glauben zu festigen?

2.2 Der Wunderglaube und die Heiligen

Wunder werden im allgemeinen als etwas Außergewöhnliches und Unvorhergesehenes bezeichnet. Es sind Ereignisse in Zeit und Raum, die sich mit dem allgemeinen Wissensgut, bzw. dem allgemeinen Wissensstand, einer bestimmten Zeitepoche nicht vereinbaren lassen, d.h. sie widersprechen menschlicher Erfahrung und den Gesetzmäßigkeiten von Natur und Geschichte. Wunder sind auch immer etwas, was unter Menschen Staunen und zugleich Scheu hervor ruft. Sie schließen das Gute, sowie das Böse mit ein.[2]

Wunder traten im Mittelalter in verschiedenen Formen auf. Zum einen gab es die Heilungswunder, welche vornehmlich für die einfachen Leute bestimmt waren, und zum anderen die Strafwunder für die Mächtigen. Darüber hinaus gab es für die Kleriker die Visionen.[3] Wie genau diese Wunder im Einzelnen aussahen kann man in vielen Mirakel- Sammlungen des Mittelalters nachlesen.[4]

Gott wirkte nicht nur direkt durch Wunder. Er tat es auch auf indirekte Weise durch die Hände von „außergewöhnlichen Menschen“, die man als Heilige bezeichnete. Dort, wo sie waren, passierten stets Wunder, wie Krankenheilungen oder Totenerweckungen. Obwohl sich der Mensch durch Gebete eng mit Gott verbunden fühlte, existierte stets noch eine unüberwindbare Distanz. Um diese ein Stück weit überbrücken zu können, suchte der Mensch gerade die Nähe von Heiligen, die ja eine Art von Vermittler zwischen Gott und den Menschen darstellten. Sie waren von Gott selbst ausgewählt und er offenbarte durch sie seine allumfassende Macht.[5] In ihrer unmittelbaren Nähe fühlten sie sich Gott näher. Von Wundern, die durch Heilige gewirkt wurden, wird in vielen Berichten gesprochen[6] und erst sie tragen dazu bei, die Heiligkeit eines Menschen zu bezeugen. Es gab ein bestimmtes Standardmaß an Wundern, das ein Mensch vollbracht haben mußte, um überhaupt heilig gesprochen zu werden. Dazu dienten vor allem die Wunder, welche nach dem Tode an den Gräbern der Heiligen oder durch Berührung ihrer Gebeine passierten.[7] Die Orte, an denen man Heilige begrub, wurden so zu regelrechten Pilgerstätten und ihre Gebeine zu wertvollen, begehrten Reliquien.[8] Die Heiligsprechung selbst unterlag noch mehr festen Regeln, die hier anzuführen jedoch zu weit führen würde.

Wunder sind für den mittelalterlichen Menschen Erklärungsmuster für das, was ihnen ihr Verstand nicht zu erklären im Stande war. In einer Zeit, in welcher man von wissenschaftlichen Erkenntnistheorien noch meilenweit entfernt war, erfüllte der Glaube an die Wunder als göttliches (und teuflisches) Eingreifen wichtige Zwecke. Auch wenn es aus unserer Sicht (die wir ja alle zu einem rationalen Denken erzogen wurden) ein gar naives oder albernes Denken gewesen sein mochte, so war es doch für den mittelalterlichen Menschen eine reale Tatsache, mit der er sich die Welt um sich herum erklären konnte. Daß auch viele Viten und Chroniken ganze Passagen über Wunder und Erscheinungen enthalten, unterstützt, für wie wahrhaftig der Mensch dieselben nahm und wie sehr sie ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens waren.[9]

[...]


[1] Angenendt, A., Artikel „Wunder“, in: Lexikon des Mittelalters 9 (1998), Sp. 352.

[2] Ebd. Sp. 351f.

[3] Ebd. Sp. 352.

[4] Wer sich für solche Wunderberichte interessiert, dem soll die berühmte Vita Heriberti oder das Werk De miraculis libri duo von Petrus Venerabilis an Herz gelegt sein. Die genauen Angaben dazu finden sich im Literaturverzeichnis im Anschluß dieser Arbeit.

[5] Ohler, Norbert, Pilgerleben im Mittelalter- zwischen Andacht und Abenteuer, Freiburg 1994, S.223.

[6] Ich verweise auch hier wieder auf die Vita Heriberti und De miraculis libri duo hin!

[7] Ein Beispiel für eine Heilung an einem Grabmal eines Heiligen gibt Régine Pernoud in: Die Heiligen im Mittelalter- Frauen und Männer, die ein Jahrtausend prägten, dt. Übersetzung: Bergisch Gladbach 1988, S. 263. Bernhard Vogel zeigt noch andere Anlässe, bzw. Orte für Heilungswunder auf, die recht interessant sind, in: Pilgerleben im Mittelalter- zwischen Andacht und Abenteuer, S.232f.

[8] dazu: Engemann, J., Artikel „Wundertaten der Heiligen“, in: Lexikon des Mittelalters 9 (1998), Sp.355.

[9] für mehr Informationen über das Wunderverständnis im Mittelalter empfehle: Wittmer- Butsch, Maria und Constanze Rendtel, Das Wunderverständnis im Wandel der Zeit, in: Miracula- Wunderheilungen im Mittelalter, Köln 2003, S. 18-31.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Wunderglaube im Mittelalter
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Einführungsseminar: Einführung in das Studium der mittelalterlichen Geschichte: Die Zeit der Salier
Note
2,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V79526
ISBN (eBook)
9783638868211
ISBN (Buch)
9783638868303
Dateigröße
402 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wunderglaube, Mittelalter, Einführungsseminar, Einführung, Studium, Geschichte, Zeit, Salier
Arbeit zitieren
Ariane Jäger (Autor:in), 2004, Der Wunderglaube im Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79526

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