Die Verwendung des Begriffs „âventiure“ in Hartmann von Aues mittelhochdeutschem Versroman „IWEIN“


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Bedeutung und Geschichte des Begriffs „âventiure“

3. Der Gebrauch von „âventiure“ in Hartmanns von Aue „Iwein“

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis

„ich will dich wizzen lân, ich suoche âventiure.“

dô sprach der ungehiure

„âventiure? waz ist daz?“

„daz will ich dir bescheiden baz.“

als Iwein auf den Unhold traf (Vers 524 – 528)

1. Einleitung

Der Begriff „âventiure“ spielt in einer Vielzahl von Texten mittelalterlicher Literatur eine wesentliche Rolle. Besonders die Vielfalt der Bedeutungen und Verwendungen soll in der folgenden Arbeit hervorgehoben werden.

Zum Verständnis für das breite Spektrum des Begriffs „âventiure“ wird eine Entwicklung umrissen, die sowohl antike Traditionen als auch christliche Konnotationen im Zusammenhang mit höfischer Bedeutung verbindet.

Zunächst einmal soll eine Definition des Begriffes vorgenommen werden, wobei anzumerken ist, das der Begriff weder inhaltlich noch übersetzungstechnisch eindeutig definiert werden kann.

Um den Begriff „âventiure“ näher zu beschreiben, werden Auszüge aus dem „Iwein“ von Hartmann von Aue heran gezogen.

Besonders Hartmanns von Aue „Iwein“ bietet die Möglichkeit einer Untersuchung und Verdeutlichung des „âventiure“ – Begriffs, da im „Iwein“ die zentrale Frage nach der Definition und Bedeutung von „âventiure“ gestellt wird.[1]

Welche Gesinnung und moralischer Hintergrund in Bezug auf die Zeit des Mittelalters sich hinter diesem facettenreichen Begriff verbirgt und wie die heutige Hartmann-Forschung dieser Problematik begegnet, soll Gegenstand dieser Arbeit sein.

2. Die Bedeutung und Geschichte des Begriffs „âventiure“

Der Begriff „âventiure“ entstammt dem mittellateinischen Wort advenire, was soviel bedeutet wie kommen oder ankommen. Aus diesem Verb hat sich der lateinische Begriff adventura, der französische Begriff aventure gebildet[2].

Lexer verweist auf spätere Formen wie „âbentür“, „ebentür“, „ôbentür“ und „ofentür“[3]. Bei Lexer steht „âventiure“ in Verbindung mit der Begebenheit, besonders einer wunderbaren. Auch bedeute der Begriff ein Wagnis. Dies kann ein zufälliges, besonders glückliches, aber auch ein unglückliches Ereignis oder Schicksal sein[4].

Im dreizehnten Jahrhundert wurde der Begriff in das Deutsche eingeführt.

Die Aufnahme in den deutschen Sprachgebrauch wandelte „âventiure“ zu Abenteuer, Ebenteuer um. Aus dem weiblichen „âventiure“ wurde dann ein neutrales „Abenteuer“, „daz abenteuer“[5].

Bei Bennecke-Müller-Zarncke wird darauf hingewiesen, dass die Bedeutung des Wortes schon im roman. schwankend gewesen sei, und sich diese Problematik besonders im Deutschen noch verstärke[6].

Unter der Vielzahl der Wortbedeutungen „âventiure“ wie beispielsweise Begebenheit (u.a. mit Adjektiven versehen wie wunderbar, besonders, unheimlich, zufällig, glücklich, unglücklich), Wagnis, Abenteuer, Fahrt, Vorfall, Umstand, etc. wird bei Bennecke-Müller-Zarncke zwischen den beiden Hauptbedeutungen „Ereignis“ und „Bericht“ unterschieden.

Um diese Differenzierung bei Bennecke-Müller-Zarncke besser nachvollziehen zu können, bietet sich eine Aufschlüsselung der im Lexikon angewandten Begriffserklärung an:

I. Ereignis

Mit der Bedeutung „Ereignis“ wird etwas, dass geschieht, oder im mittelhochdeutschen auch etwas, diu geschieht, verbunden. Die Wortbedeutungen im Deutschen sind Begebenheit, Ereignis, Vorfall, Umstand und Lage, in der man sich befindet.

Die Erklärung des Wortes „âventiure“ im Sinne des „Ereignisses“ ist in vier Unterpunkte gegliedert:

1. Das Ereignis überhaupt: wie im Vorangegangenen bereits beschrieben als Begebenheit, Umstand, Lage, in der man sich befindet[7].

2. Das besondere Ereignis: mit dem Ereignis, das als besonders definiert wird, finden sich erstens Wortbedeutungen wie ein unbegreifliches Ereigni s, ein Wunder, ein Zauberwerk, ein Geheimnis.

Zweitens finden sich Ereignisse, deren Ausgang ungewiss ist. Eine weitere Übersetzungsmöglichkeit ist ein Spiel, bei dem man gewinnen oder bei dem man verlieren kann.

Bei Bennecke-Müller-Zarncke ist außerdem die Möglichkeit einer Personifikation des Begriffs „âventiure“ angeführt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Begriff „âventiure“ in diesem Sinne des Wortes hin und wieder in der Literatur erscheint[8].

3. Eine weitere Bedeutung des Wortes „âventiure“ findet sich im glücklichen Geschick oder in der Seligkeit[9].

4. Hier wird bei Bennecke-Müller-Zarncke bei „âventiure“ die Ehre, die einem zu Teil wird, als mögliche Wortbedeutung angeführt[10].

II. Bericht

Nach der Differenzierung des Begriffs „âventiure“ bei Bennecke-Müller-Zarncke in „Ereignis“ und „Bericht“ meint diese einen „Bericht“über etwas, das geschehen ist. Auch hier wird die Wortbedeutung im Sinne des Berichtes nicht einfach stehen gelassen, sondern weiter ausgeführt:

1. Zuverlässiger Bericht: hierbei handelt es sich um den Bericht, der sich auf die Erzählung einer dritten Person gründet.

An dieser Stelle ist wichtig, dass es sich nicht um irgendeinen Bericht eines dritten handelt, sondern dass die Erzählung beglaubigt sein muss. Diese Beglaubigung oder auch Wahrheitsanspruch kann auf drei verschiedene Arten erlangt werden: entweder der Erzähler behauptet, er sei Augenzeuge des Ereignisses gewesen und habe daher den Anspruch nach Beglaubigung erfüllt, oder er habe die Erzählung einer zuverlässigen Quelle entnommen.

Die dritte Möglichkeit, den Bericht zu beglaubigen, stellt ein höheres Wesen dar, welches dem Erzähler den Hergang der Sache genau beschreibt. Auch auf diese Weise ist dann der Bericht beglaubigt[11].

Nach Bennecke-Müller-Zarncke wird manchmal ein Gegenstand oder ein Ding als „âventiure“ bezeichnet, das zum Beweis einer Sache dient.

Eigentlich meint man aber mit „âventiure“ den schriftlich verfassten Bericht: gewöhnlicher Weise handelt es sich bei dem „âventiure“ – Begriff um einen schriftlich aufgezeichneten Bericht. Die schriftliche Form beinhaltet daher eine urkundliche Quelle. Da aber zur damaligen Zeit die Verfasser nicht unbedingt lesen konnten, wurde die „âventiure“ häufig mündlich mitgeteilt und so verbreitet[12].

2. Wie schon unter I. erwähnt, wird der Begriff „âventiure“ häufig personifiziert. Besonders bei Grimm, Frau Aventiure, kommt eine solche Personifizierung vor. Dies soll aber hier nicht Gegenstand sein, da eine solche Verwendung des Begriffs in Hartmanns von Aue „Iwein“ kaum vorkommt[13].

3. Bei Bennecke-Müller-Zarncke ist unter einer weiteren Bedeutung der „âventiure“ ein selbständiges, weibliches Wesen von göttlicher Schönheit angemerkt[14].

[...]


[1] Bennecke, G. F. / Lachmann, K.: Hartmann von Aue: Iwein. Text und Übersetzung. 4., überarbeitete Auflage. Berlin: Walter de Gruyter, 2001, I 527.

[2] Bennecke, G. F. / Müller, W. / Zarncke, F.: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Leipzig 1854 – 1866. Nachdruck Stuttgart: Hirzel, 1990, S. 67.

[3] Lexer, M.: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Leipzig 1872 – 1878. Nachdruck Stuttgart: Hirzel, 1992, S. 106.

[4] Ebd., S. 106.

[5] Bennecke, G. F. / Müller, W. / Zarncke, F.: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Leipzig 1854 – 1866. Nachdruck Stuttgart: Hirzel, 1990, S. 67.

[6] Ebd., S. 67.

[7] Bennecke, G. F. / Müller, W. / Zarncke, F.: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Leipzig 1854 – 1866. Nachdruck Stuttgart: Hirzel, 1990, S. 67.

[8] Ebd., S. 68.

[9] Ebd., S. 69.

[10] Ebd., S. 70.

[11] Bennecke, G. F. / Müller, W. / Zarncke, F.: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Leipzig 1854 – 1866. Nachdruck Stuttgart: Hirzel, 1990, S. 70.

[12] Ebd., S. 70.

[13] Ebd., S. 71.

[14] Ebd., S. 72.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Verwendung des Begriffs „âventiure“ in Hartmann von Aues mittelhochdeutschem Versroman „IWEIN“
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Mittelhochdeutsche Prologe
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V79438
ISBN (eBook)
9783638863810
ISBN (Buch)
9783638864565
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verwendung, Begriffs, Hartmann, Aues, Versroman, Mittelhochdeutsche, Prologe
Arbeit zitieren
Stefanie Udema (Autor:in), 2004, Die Verwendung des Begriffs „âventiure“ in Hartmann von Aues mittelhochdeutschem Versroman „IWEIN“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79438

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