Die pädagogische Atmosphäre nach Otto Friedrich Bollnow


Hausarbeit, 2005

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung
1. Kurzbiographie Otto Friedrich Bollnows (vgl. Kümmel 2005, o. S.)
2. Die anthropologische Pädagogik Bollnows
3. Einleitende Gedanken zur pädagogischen Atmosphäre

II. Die Perspektive des Kindes
1. Die Geborgenheit des Kindes
2. Die Stimmungslage des Kindes
2.1 Die Fröhlichkeit
2.2 Das Gefühl des Morgendlichen
2.3 Die Erwartungsfreudigkeit
3. Die kindlichen Tugenden
3.1 Dankbarkeit und Gehorsam
3.1 Liebe und Verehrung

III. Die Perspektive des Erziehers
1. Das Vertrauen zum Kind
1.1 Das Zutrauen
1.2 Die prägende Kraft von Meinung und Glauben
1.3 Das umfassende Vertrauen
2. Die Tugenden des Erziehers
2.1 Die erzieherische Liebe
2.2 Die Erwartung des Erziehers
2.3 Die Geduld
2.4 Die Hoffnung
3. Die Grundhaltung des reifen Erziehers
3.1 Die Heiterkeit
3.2 Der Humor
3.3 Die Güte

IV. Die Bedeutung von Festen und Feiern für die pädagogische Atmosphäre

V. Abschließender Teil
1. Zusammenfassung der zentralen Aussagen
2. Eigene Stellungnahme

VI. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

In dieser Hausarbeit werde ich die pädagogische Atmosphäre nach Bollnow darstellen. Zum besseren Verständnis der anschließenden Erläuterungen wird zunächst das Leben Otto Friedrich Bollnows betrachtet um zu verstehen, wie er zu seinen Auffassungen kam und wem er in seinem Leben begegnet ist und damit auch Einfluss auf sein Werk hatte. Anschließend soll die anthropologische Pädagogik Bollnows, als Basis für die pädagogische Atmosphäre umrissen werden. Die einleitenden Gedanken zur pädagogischen Atmosphäre schlagen den Bogen von der anthropologischen Pädagogik Bollnows zu seinen Gedanken über die pädagogische Atmosphäre. Durch sie wird deutlich, dass sich der weitere Aufbau der Hausarbeit, der sich stark an den Aufbau des Werkes „Die pädagogische Atmosphäre“ von Bollnow anlehnt, durch die Beschaffenheit der pädagogischen Atmosphäre selbst, aufdrängt.

Im Hauptteil der Arbeit werden die Grundgedanken Bollnows wiedergegeben. Die Betrachtung erfolgt in der von ihm vorgenommenen Zweiteilung. Zunächst wird die Perspektive des Kindes und anschließend die Perspektive des Erziehers beleuchtet. Im Anschluss wird die Bedeutung von Festen und Feiern für die pädagogische Atmosphäre näher betrachtet und erläutert.

Im abschließenden Teil der Hausarbeit, erfolgt eine Zusammenfassung der Kerngedanken Bollnows zur pädagogischen Atmosphäre und eine eigene Stellungnahme zu den grundlegenden Gedanken Bollnows.

1. Kurzbiographie Otto Friedrich Bollnows (vgl. Kümmel 2005, o. S.)

Am 14 März 1903 wurde Otto Friedrich Bollnow in Anklam bei Stettin, als Sohn eines Schuldirektors geboren. 1921 begann Bollnow in Berlin Architektur zu studieren, brach diesen Studiengang jedoch nach einem Semester ab. Darüber hinaus studierte er dort Physik und Mathematik. In dieser Zeit begegnete er Eduard Spranger und Alois Riehl. Das Studium setzte er in Greifswald fort und promovierte 1925 bei Max Born. In seiner Promotion beschäftigte er sich mit der Gittertheorie der Kristalle. Er studierte weiter bei Georg Misch, einem Schüler von Dilthey und bei Herman Nohl. Während seiner Lehrtätigkeit an der Odenwaldschule begegnete er Martin Wagenschein. Der Entschluss, sich der Philosophie und Pädagogik zuzuwenden, wurde durch die Erfahrungen mit dieser Reformschule ausgelöst. Er folgte dem Wunsch seines Vaters und kehrte nach Göttingen zurück, um dort das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien abzulegen. Er arbeitete weiterhin bei Georg Misch und Herman Nohl.

1953 wurde Bollnow Nachfolger Eduard Sprangers durch die Berufung auf den Lehrstuhl für Philosophie und Pädagogik an der Universität Tübingen. Bis zu seiner Emeritierung 1970 hatte Bollnow diesen Lehrstuhl inne. Bollnow ist Ehrendoktor der Universität Strasbourg (1975) und Ehrenprofessor verschiedener japanischer Universitäten.

Bis zu seinem Tod am 7. Februar 1991 setzte sich Bollnow intensiv mit dem Thema "Mensch und Natur" auseinander. Auslöser dafür waren Umweltkatastrophe und seine Beobachtungen, dass Ethik und Politik in der Gesellschaft zunehmend versagen.

In seinen Werken beschäftigt sich Bollnow mit philosophischer Anthropologie und der Erkenntnislehre auf lebensphilosophischer Grundlage. Dies geschieht nach Kümmel, in Auseinandersetzung mit der deutschen Existenzphilosophie und ihren Vertretern Heidegger und Jaspers und mit dem französischen Existentialismus. Darüber hinaus haben die Gedanken der Aufklärung und Romantik, der Lebensphilosophie und Existenzphilosophie und der hermeneutische Phänomenologie Bollnows Werke beeinflusst. Ihm ist es gelungen dies verschiedenen Richtungen in ein produktives Spannungsverhältnis zu setzten.

2. Die anthropologische Pädagogik Bollnows

Das Problem der philosophische Anthropologie, die als Zweig der Philosophie in den Zwanziger Jahren entstanden ist, hat nach Bollnow eine Vorgeschichte, die sich bis in die Psalme der Bibel zurück verfolgen lässt. Die Frage nach dem Sinn des Lebens angesichts der Endlich des eigenen Lebens existiert bereits seit es Menschen gibt. Dass es gerade in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts zur Herausbildung der philosophischen Anthropologie kommt führt Bollnow auf drei Gründe zurück. Zum einen wurde die Stellung der Vernunft, als das Wesensmerkmal des Menschen in Frage gestellt. Es folgte eine Relativierung der Bedeutung der objektiven Ordnung durch die Frage nach deren Funktion im Gesamtzusammenhang des menschlichen Lebens. Zum anderen kam es zu der Erkenntnis, dass man um eine Erkenntnis aufbauen zu können, eine ein für allemal gesicherte Grundlage als Fundament braucht. Die Erkenntnis muss aus einem umfassenden Zusammenhang heraus neu begründet werde. Dieser ist Gegenstand der philosophischen Anthropologie. Darüber hinaus gerieten durch neues Wissen überlieferte Vorstellung ins Wanken, so dass die anthropologische Philosophie, als Wesenslehre des Menschen „als das befreiende Wort empfunden wurde, in dem ein lange dunkel gespürtes Bedürfnis endlich zu seinem klaren Bewusstsein gekommen war“ (Bollnow 1983, S. 27). Als Begründer der philosophischen Anthropologie gelten Scheler und Plessner, welche in unterschiedlicher Art der Darstellung den Grundgedanken teilen, das das Wesen des Menschen dadurch herauszuarbeiten ist, in dem man ihn in einem umfassenden „Stufenreich des Lebendigen“ (ebd.) eingebettet betrachten. (vgl. Bollnow 1983, S. 25ff.)

Macht man diese Betrachtungsweise für die Pädagogik fruchtbar, so resultiert daraus, dass die Erziehung nicht länger als ein isoliertes Phänomen betrachtet wird, sondern viel mehr als Phänomen mit einer Integrationsfunktion und als Phänomen mit entscheidender Bestimmung für das Gesamtverständnis des Menschen. (vgl. ebd., S. 35) Pädagogische Anthropologie wurde zunächst verstanden als Zusammenfassung einzelner Wissenschaften unter dem Focus der Erziehung. Sie war in der Folge kein Teilbereich der Pädagogik, sondern eine Grundlage derselben. Bollnow versteht unter dem Begriff der pädagogischen Anthropologie den Versuch, die philosophische Fragestellung auch für die Pädagogik fruchtbar zu machen. Auch hier geht es nicht um eine Teildisziplin oder Hilfswissenschaft der Pädagogik, sondern um eine Durchleuchtung der Pädagogik unter einem anthropologischen Gesichtspunkt. Aus diesem Grund und um Missverständnisse zu vermeiden, wählt Bollnow die Bezeichnung anthropologische Pädagogik. (vgl. ebd., S. 38)

3. Einleitende Gedanken zur pädagogischen Atmosphäre

Begreift man Pädagogik im Sinne der anthropologischen Pädagogik im Gesamtzusammenhang des Lebens, so gewinnen die Stimmung und die Gefühle der, am Erziehungsprozess beteiligten Personen eine wesentliche Bedeutung. Für „das Gelingen der Erziehung [sind] ein ganz bestimmtes seelisches Klima in der Lebensumgebung und eine ganz bestimmte Gefühlseinstellung der dabei beteiligten Menschen erforderlich“ (Bollnow 1983, S. 45). Dieses Klima ist das, was Bollnow die pädagogische Atmosphäre nennt, es ist die Gesamtheit an Stimmungen und Sympathien und Antipathien, die den Hintergrund der Erziehungstätigkeit bilden. Dabei geht es allerdings nicht um begünstigende oder hemmende Faktoren bei der Erziehung. Die pädagogische Atmosphäre ist viel mehr die Grundlage der Erziehung schlecht hin. Wo diese fehlt, kann Erziehung nicht erfolgen. (vgl. Bollnow 1983, S. 45)

Die gefühlsmäßigen Voraussetzungen der Erziehung wurden nach Bollnow bislang keiner theoretischen Betrachtung unterzogen und vernachlässigt. Die gefühlsmäßige Haltung des Erziehers entspricht aber einer bestimmten gefühlsmäßigen Haltung des Kindes und beide sind notwendig damit Erziehung erfolgen kann. Dabei sind die Haltungen nicht als getrennt von einander zu betrachten, sie sind Aspekte desselben Medium, dass Kind und Erzieher beim „Erziehungsvorgang“ umgibt und was mit dem Begriff pädagogische Atmosphäre beschrieben wird. (vgl. Bollnow 1968, S. 12)

Dafür, dass diese Atmosphäre trotz ihrer grundlegenden Bedeutung für die Erziehung nur wenig Beachtung findet, nennt Bollnow verschiedene Gründe. Zum einen macht er diesen Umstand wesentlich daran fest, dass über erzieherisches Handeln nur wenig Rechenschaft abgelegt wird und wenn, dies in der Analogie zum handwerklichen Tun geschieht. Erfolgt aber eine Betrachtung analog zum Handwerk, so geraten Gefühle und Stimmungen zwangsmäßig aus dem Blickfeld. Die technokratische Erziehung vermochte es also nicht, die pädagogische Atmosphäre angemessen zu betrachten. Aber auch die organologische Betrachtungsweise der Erziehung, als Gegenbewegung zur technokratischen Sicht, war dazu nicht in der Lage. Durch die Anforderung des Wachsen-lassens dessen, was organisch angelegt ist und was sich natürlicherweise entfalten muss, traten auch hier Gefühle und Stimmungen an den Rand der Betrachtungen. (vgl. ebd., S. 13 ff.)

Wie bereits erwähnt ist die pädagogische Atmosphäre von zwei, sich wechselseitig beeinflussenden, auf einander bezogenen Richtungen geprägt, welche zu unterscheiden sind. „Das eine ist die gefühlsmäßige Einstellung des Kindes zum Erwachsenen, das andere jene entsprechende Haltung, die der Erwachsenen von seiner Seite aus dem Kind entgegen bringt.“ (Bollnow 1968, S. 15f.) Diese sollen im Folgenden, obwohl schwer und nur durch Gewalt von einander zu trennen, einzeln vorgestellt werden.

II. Die Perspektive des Kindes

In Anlehnung an Pestalozzi beschreibt Bollnow die Perspektive des Kindes mit den Begriffen Liebe, Vertrauen, Dankbarkeit und Gehorsam. Diese beziehen sich nicht nur auf einen konkreten Erwachsenen, sondern bezeichnen eine konkrete Gestimmtheit gegenüber der Welt. Aus diesem Grund sind auch Begriffe, wie Geborgenheit, Sicherheit und Freude bei der Beschreibung mit aufzunehmen. Darüber hinaus muss der Erzieher aber auch die Schattenseiten des Kindseins betrachten, die mit den Begriffen Angst, Verzweiflung und Traurigkeit verbunden sind. (vgl. Bollnow 1968, S. 16f.)

1. Die Geborgenheit des Kindes

„Die Geborgenheit ist die Vorstufe des Vertrauens in der kindlichen Entwicklung“ (Wolf 1986, S. 169)

Das Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit, erworben im häuslichen Umfeld der Familie ist die Basis der menschlichen Entwicklung und damit die Voraussetzung der Erziehung. Nur in einer Atmosphäre, die diese Gefühle ausstrahlt, kann das Kind sich entfalten und die Welt und ihre Ordnung erfahren und entdecken. Diese Welt ist zunächst nur ein Ausschnitt der tatsächlichen Welt und begrenzt. Diese kann jedoch nur im persönlichen Verhältnis zu einer Person, in der Regel die Mutter, als sinnhaft und geordnet erfahren werden. „Erst vom Bezug zum einzelnen geliebten Menschen her ordnet sich dann zugleich die Welt und gewinnt den Charakter des Vertrauten und Wohnlichen.“ (Bollnow 1968, S. 18)

Der Charakter dieser Welt verändert sich im Laufe des Lebens. Zunächst lebt das Kind in einem geschützten, vertrauten Umfeld und nur von weither lockt oder beängstigt die fremde Welt. Die Erweiterung des Umkreises erfolgt mit und unter dem Schutz der Eltern, in die ein unsägliches Vertrauen gesetzt wird und die den Anschein erwecken allmächtig zu sein. Die Tatsache, „dass es immer in der kindlichen Welt eine solche Verkörperung der Allwissenheit gibt“ (ebd., S. 21), ändert sich auch nicht, wenn an die Stelle der Eltern, der Lehrer tritt. Diese Zuschreibung der Omnipotenz ist Ausdruck der besonderen Funktion der Vertrauensperson innerhalb der Welt des Kindes.

Dieses Vertrauen muss gepflegt und aufrechterhalten werden, da es die Grundlage der kindlichen Entwicklung darstellt. Die Pflege des Vertrauens ist doppelt zu sehen. Zum einen muss es bewahrt werden und darf nicht durch Strenge und Rigidität zerschlagen werden. Zum anderen muss es notwendigerweise in der Erweiterung des Lebensraums des Kindes und der zunehmenden Selbstständigkeit einmal enttäuscht werden. Das geschieht deshalb, da der Mensch als unvollkommenes Wesen, nicht immer den Anforderungen gerecht werden kann. An diesem Punkt ist es die Aufgabe des Erziehers, dass Kind aus seiner Enttäuschung aufzufangen und es von dem absoluten Vertrauen gegenüber einer konkreten Person zu einem allgemeinen „Sinn- und Lebensvertrauen“ (ebd. 1968, S. 23) zu führen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die pädagogische Atmosphäre nach Otto Friedrich Bollnow
Hochschule
Katholische Hochschule für Soziale Arbeit Saarbrücken
Veranstaltung
Erziehungsziele und Erziehungsmethoden in Feldern der Sozialen Arbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
26
Katalognummer
V79340
ISBN (eBook)
9783638867726
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Atmosphäre, Otto, Friedrich, Bollnow, Erziehungsziele, Erziehungsmethoden, Feldern, Sozialen, Arbeit
Arbeit zitieren
Heidrun Hau (Autor:in), 2005, Die pädagogische Atmosphäre nach Otto Friedrich Bollnow, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79340

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