Die Medialität der Sprache

Wie lassen sich Wittgensteins "Philosophische Untersuchungen" für die Mediendebatte nutzbar machen?


Magisterarbeit, 2007

68 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Wittgensteins Sprachauffassung in den Philosophischen Untersuchungen
2.1 Kritik an der Gegenstandstheorie der Bedeutung
2.2 Sprachspiel und Grammatik
2.2.1 Regelgeleitete Sprache als Kalkül und als Spiel
2.2.2 Die Sprachen (2) und (8)
2.2.3 Wittgensteins Begriff der Grammatik
2.2.4 Sprache, Denken und Intentionalität
2.3 Die Unmöglichkeit einer Privatsprache

3 Das Medialitätsproblem – Sprache als Medium
3.1 Was ist ein Medium?
3.1.1 Medientheoretische Erklärungsversuche
3.1.2 Mittel ≠ Medium
3.1.3 Das Medium als Performanz
3.2 Die Medialität der Sprache
3.2.1 Zum Verhältnis von Kompetenz und Performanz
3.2.2 Mentalität und Medialität
3.3 Ein Ausblick: Von Wittgenstein zu Goodman
3.3.1 Orale Rede und Schrift
3.3.2 Goodmans Notationstheorie

4 Resümee

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Ludwig Wittgenstein zählt zweifelsohne zu den einflussreichsten Philosophen des letzten Jahrhunderts und mit seinem zweiten Hauptwerk, Philosophische Untersuchungen (PU), hat er den Blick auf Sprache für damalige Verhältnisse in vollkommen neue Richtungen gelenkt. Seine Konzeption sozialer Sprachspiele eignet sich aber auch heute noch hervorragend dazu, verstehbar zu machen, wie zwischenmenschliche Kommunikation und Sprache überhaupt funktionieren. Vieles von dem, was wir diesbezüglich inzwischen für völlig selbstverständlich halten, hat seinen Ursprung in der Spätphilosophie Wittgensteins.

Darüber hinaus können seine Ausführungen für den Nachweis nutzbar gemacht werden, dass Sprache als ein universelles Medium aufzufassen ist. Hierbei handelt es sich um eine Sichtweise, die in weiten Teilen der wissenschaftlichen Mediendebatte kaum Beachtung findet. Während unterschiedliche Formen elektronischer Kommunikation im Zentrum des Interesses stehen, wird der Medialitätsstatus der Sprache häufig bewusst geleugnet. Das liegt zum einen daran, dass in der genannten Debatte keineswegs Einigkeit darüber herrscht, was eigentlich unter einem Medium zu verstehen ist; ein anderer Grund ist, dass Sprache in sehr vielen Theorien lediglich als Transport mittel zur bloßen Übertragung medienunabhängiger Informationen konzipiert wird. Es ist allerdings fraglich, ob dieses Modell dem Phänomen gerecht werden kann: Denn ist es nicht die Sprache, die die elektronischen Medien überhaupt erst ermöglicht? Ist nicht ohnehin, wenn man einmal eine erkenntnistheoretische Perspektive einnimmt, jeder menschliche Weltbezug in irgendeiner Weise an Medien gebunden? Und wenn dem so ist, lässt sich dann noch leugnen, dass Sprache aufgrund ihrer vielfältigen Funktionalität und Leistungsfähigkeit ein Medium von ganz besonderem Rang ist? Die in den PU vertretene Sprachauffassung weist diesbezüglich einen völlig anderen Weg: Natürlich spricht Wittgenstein an keiner Stelle explizit von der ‚Medialität’ der Sprache, d. h. er verwendet den Begriff nicht; dieser ist deutlich jüngeren Datums und hat vorwiegend erst mit dem Aufkommen der Neuen Medien an Popularität gewonnen. Dennoch lassen sich bei genauer Lektüre der PU sehr viele Charakteristika von Sprache herausstellen, die mit der Behauptung, dass Sprache ein Medium ist, in Einklang gebracht werden können.

In der vorliegenden Magisterarbeit wird daher der Versuch unternommen, mit Hilfe von Wittgensteins Spätphilosophie den Sonderstatus der Sprache zunächst deutlich herauszuarbeiten. Die hieraus gewonnenen Ergebnisse sollen anschließend dazu benutzt werden, eine angemessene Antwort auf die Frage zu geben, was denn eigentlich ein Medium ist und warum sich üblicherweise die Medialität von Sprache (und anderen Medien) so schwer fassen lässt. Die PU liefern insofern einen profitablen Zugang zum Medialitätsproblem und es zeigt sich, inwieweit Wittgenstein diesbezüglich schon als eine Art Vordenker zu gelten hat. Um jedoch mehr Klarheit gewinnen zu können, müssen zwangsläufig auch andere Theorieansätze diskutiert werden.

Die Arbeit gliedert sich dementsprechend in zwei aufeinander aufbauende Themenblöcke. In Wittgensteins Sprachauffassung in den Philosophischen Untersuchungen geht es zuerst um Wittgensteins Auseinandersetzung mit dem augustinschen Mythos[1], an dem er die Unzulänglichkeit anderer Sprachauffassungen demonstriert. Im Mittelpunkt des Kapitels steht eine umfassende Analyse der Sprachspielkonzeption, die gleichsam deutlich macht, wie Sprache als Kommunikationsmedium funktioniert. Hierbei spielen die für das Verständnis von Wittgensteins Spätphilosophie zentralen Begriffe wie Bedeutung, Regel, Grammatik und Unhintergehbarkeit der Sprache eine wichtige Rolle. Zudem wird erklärt, welche erkenntnistheoretischen Konsequenzen sich aus Wittgensteins Sprachauffassung ergeben, warum der Sprachgebrauch in eine öffentliche Praxis eingebettet sein muss und weshalb es keine private Sprache geben kann.

Im Folgekapitel Das Medialitätsproblem - Sprache als Medium werden die medientheoretischen Implikationen aus Wittgensteins Sprachspielkonzeption konkret auf zentrale Themen der Mediendebatte bezogen. An dieser Stelle drängt es sich auf, zunächst einen angemessenen Medienbegriff zu reflektieren, damit die Medialität der Sprache fassbarer werden kann. Dazu ist es nötig, den Begriff des Mediums ganz klar abzugrenzen von dem des Mittels. Des weiteren muss die performative Dimension von Medialität ins Zentrum gerückt werden. Wittgensteins Philosophie liefert hierzu, wie sich zeigen wird, zahlreiche Ansatzpunkte, die es zu vertiefen gilt. Dann wird nämlich deutlich, warum z. B. die kognitivistische Linguistik, in der die Medialität von Sprache vollkommen ausgeblendet wird, in die Irre führt. Nachdem das Verhältnis zwischen Mentalität und Medialität geklärt ist, lässt sich im Anschluss an Wittgenstein Sprache als universelles Medium auffassen. Dazu wird letztlich die Notationstheorie von Nelson Goodman in die Analyse einbezogen, da sie das logische Handwerkszeug bereitstellt, das Wittgenstein uns vorenthalten hat.

Als Textgrundlage der Philosophischen Untersuchungen dient Wittgensteins ‚Werkausgabe Band I’ in der ersten Auflage von 1984, erschienen bei Suhrkamp, Frankfurt am Main.

2 Wittgensteins Sprachauffassung in den Philosophischen Untersuchungen

In diesem Kapitel geht es um Wittgensteins Sprachspielkonzeption inklusive der Folgethemen, die für unsere Fragestellung von Interesse sind. Dazu sei vorweg ganz allgemein bemerkt, dass Wittgenstein in den PU keine stringente Theorie entwickelt hat, wie man das ja durchaus von einem Klassiker der Philosophie erwarten könnte. Aber nach seiner Auffassung „dürfen [wir] keinerlei Theorie aufstellen. [] Alle Erklärung muß fort, und nur Beschreibung an ihre Stelle treten.“[2] Damit ist schon ein wesentlicher Zug von Wittgensteins Vorgehensweise in den PU gekennzeichnet: Der Untersuchungsgegenstand, nämlich die Sprache, ist so vielseitig und unüberschaubar, dass man ihm mit keinem in sich geschlossenen Theoriegebäude gerecht werden kann.

Man sollte wissen, dass sich Wittgenstein in der frühen Phase seines Philosophierens aber gerade daran versucht hatte: Sein erstes Hauptwerk Tractatus logico-philosophicus[3] war verbunden mit dem Anspruch, den undurchsichtigen Komplex der Sprache in seine Elemente zu zerlegen, um auf diesem Weg Klarheit über seine Struktur zu gewinnen. Das geschah jedoch nicht, wie in den PU, am Beispiel der Alltagssprache, da ihr vorgeworfen wurde, sie sei zu ungenau und lasse zu viele Verwirrungen zu.[4] Im Tractatus hingegen versuchte Wittgenstein, auf idealsprachlicher Basis mit logischen Mitteln jede Einzelheit der Sprache als Bestandteil eines durchweg regelgeleiteten Gesamtsystems herauszuarbeiten.[5] Im Vorwort der PU distanziert er sich radikal von jenem Anspruch und gibt selbstkritisch folgende Rechtfertigung zu Protokoll:

Nach manchen mißglückten Versuchen, meine Ergebnisse zu einem solchen Ganzen zusammenzuschweißen, sah ich ein, daß mir dies nie gelingen würde. [] daß meine Gedanken bald erlahmten, wenn ich versuchte, sie, gegen ihre natürliche Neigung, in einer Richtung weiterzuzwingen. – Und dies hing freilich mit der Natur der Untersuchung selbst zusammen.“[6]

Die PU bezeichnet er im Gegensatz zum Tractatus als „eine Menge von Landschaftsskizzen“[7], die im weitverzweigten und nicht überall klar abgegrenzten Irrgarten der Sprache eine gewisse Orientierung geben sollen. Seinen Untersuchungsgegenstand vergleicht er nun auch mit einer alten Stadt, in der es viele verwinkelte Straßen gibt, wo moderne Häuser neben alte gebaut werden und wo neue Vororte das Stadtbild stetig verändern.[8] Diese metaphorische Beschreibung erklärt auch den ungewöhnlichen Aufbau seines Buches: Hier gibt es keine einzelnen Kapitel und dementsprechend auch kein Inhaltsverzeichnis. Der Text ist lediglich in durchnummerierte Paragraphen unterschiedlicher Länge unterteilt; manche kommen als Aphorismen daher, andere sind in Dialogform mit imaginären Gesprächspartnern verfasst und dergleichen mehr. Hinzukommt, dass Wittgenstein keine wirklichen Definitionen formuliert oder explizite logische Analysen durchbuchstabiert. Sein Schreibstil zeichnet sich größtenteils durch Einfachheit aus und dahinter steht die Überzeugung, dass sprachphilosophische Probleme und irreführende Wortverwendungen, die in der alltagssprachlichen Kommunikation auftauchen, eben auch nur in dieser Sprache gelöst werden können. Wittgenstein betont an mehreren Stellen, dass es generell nicht die Aufgabe der Philosophie sein dürfe, den tatsächlich praktizierten Gebrauch der Sprache in irgendeiner Form anzutasten, sondern sie könne ihn nur beschreiben.[9] Das ist der Zugang, den der Autor wählt: Die reine Beschreibung bzw. Beobachtung dessen, wie die Alltagssprache in gängigen Situationen im Umgang mit anderen Menschen verwendet wird und wie wir uns damit verständigen können, was ja keineswegs trivial ist.

2.1 Kritik an der Gegenstandstheorie der Bedeutung

Direkt im ersten Paragraphen der PU gibt Wittgenstein ein anschauliches Beispiel für solch eine alltägliche Sprachverwendung: Da wird jemand einkaufen geschickt. Zu diesem Zweck wird ihm ein Zettel zugesteckt, auf dem die Zeichen fünf rote Äpfel stehen. Beim Kaufmann angekommen, überreicht er diesem den Zettel und die Operation mit Worten beginnt. Die Lade mit der Aufschrift Äpfel wird geöffnet, das Wort rot wird mit Hilfe einer Mustertabelle der entsprechenden Farbe zugeordnet und bis zum Wort fünf werden die Grundzahlwörter durchgezählt. Bei jeder ausgesprochenen Zahl wird schließlich ein roter Apfel aus der Lade genommen.[10] Diese Prozedur wirkt ohne Zweifel sehr konstruiert, aber sie verdeutlicht das Problem, das Wittgenstein ihr durch folgendes Augustinuszitat vorangestellt hat:

„Nannten die Erwachsenen irgend einen Gegenstand und wandten sie sich dabei ihm zu, so nahm ich das wahr und ich begriff, daß der Gegenstand durch die Laute, die sie aussprachen, bezeichnet wurde, da sie auf ihn hinweisen wollten. [] Und ich brachte, als nun mein Mund sich an diese Zeichen gewöhnt hatte, durch sie meine Wünsche zum Ausdruck.“[11]

Das Problem besteht in der uralten philosophischen Frage, wie es kommt, dass die Wörter unserer Sprache eine Bedeutung haben. Im augustinschen Mythos ist dieser grundlegende Zusammenhang ganz klar festgelegt: „Jedes Wort hat eine Bedeutung. Diese Bedeutung ist dem Wort zugeordnet. Sie ist der Gegenstand, für welchen das Wort steht.“[12] Deshalb spricht man hierbei auch von der sogenannten Gegenstandstheorie der Bedeutung. Die Bedeutungen werden nach dem Vorbild von Gegenständen gedacht, Sprache und Wirklichkeit als strukturidentische Größen, d. h. nach diesem Verständnis kann und muss Sprache die Wirklichkeit so abbilden, wie sie ist.[13]

Das Augustinuszitat beinhaltet jedoch noch weitere Implikationen: Da ist die Rede davon, dass Wünsche zum Ausdruck gebracht werden. Gemäß dieser Theorie werden also auch private Gefühle oder Absichten etc. wie Gegenstände behandelt. Ganz allgemein lässt sich festhalten, dass im augustinschen Sinne einzelne Wörter immer als äußerliche Zeichen bzw. Benennungen von je einzelnen Gegenständen aufzufassen sind und Sätze entsprechend als Verbindungen solcher Benennungen. Wer so argumentiert, schließt zum einen aus, dass ein Wort auch mehrere Bedeutungen haben kann, und zum anderen, dass es ganz viele verschiedene Wortarten gibt, die keine Gegenstände, sondern Tätigkeiten, Eigenschaften oder dergleichen bezeichnen. Der einzige Zweck für die Verwendung der Zeichen besteht hier jedenfalls darin, als Namen für Gegenstände zu fungieren; das Benennen wird dabei aufgefasst wie ein seelischer Akt.[14] Des weiteren muss man sich vor Augen führen, dass es in dem Zitat um den kindlichen Spracherwerb des jungen Augustinus geht. Dadurch wird der gesamte Sachverhalt noch problematischer gestaltet als er ohnehin schon ist.[15]

Der augustinsche Mythos dient Wittgenstein sozusagen als Fundgrube zahlreicher Missverständnisse und Fehlinterpretationen, die es im folgenden auszuräumen gilt; zudem verbirgt sich dahinter eine grundlegende Kritik an der Sprachauffassung des Tractatus’. Es lohnt sich, diese Kritik kurz zu skizzieren, da sie einen guten Zugang zu Wittgensteins pragmatischer Sprachspielkonzeption liefert und einige der nachfolgenden Problemstellungen schon andeutet. Der junge Augustinus nimmt also angeblich wahr, dass die Erwachsenen Gegenstände benennen und mit Lauten auf sie hinweisen wollen. Durch das Zuwenden soll eine assoziative Verbindung zwischen Laut und Gegenstand hergestellt werden, so dass Augustinus auf ein inneres Bild des Gegenstands schließen muss, um die Bedeutung des äußeren Anzeichens bzw. des Wortes verstehen zu können.[16]

Wittgenstein macht nun seinerseits darauf aufmerksam, dass ein derartiges Verstehen aber bereits einen großen Teil der Sprachfähigkeit und erste Erfahrungen im Umgang mit der Sprache voraussetzt. In Paragraph 32 bringt er diese Kritik auf den Punkt, indem er bemerkt, dass der Spracherwerbsprozess von Augustinus so beschrieben wird, „als könne das Kind schon denken, nur noch nicht sprechen. Und ‚denken’ hieße hier etwas, wie: zu sich selber reden.“[17] Zunächst sei es einmal dahingestellt, in welcher Beziehung das Denken zur Sprache steht.[18] Es ist aber auch so schon paradox, dass jemand die Sprache bereits verwendet, obwohl diese doch gerade erst erlernt werden soll.

Wittgenstein schließt nicht aus, dass bestimmte Wörter mit Hilfe von hinweisenden Definitionen erlernt werden; bei Zahl- und Farbwörtern z. B. gibt es überhaupt keine Alternative dazu. Doch bevor man lernt, was beispielsweise zwei oder Sepia bedeutet, muss man wissen, was überhaupt ein Zahl- bzw. ein Farbwort ist.[19] Hinweisende Definitionen können demnach für den Spracherwerb nicht von Belang sein. Oder anders ausgedrückt:

„Die hinweisende Definition erklärt den Gebrauch – die Bedeutung – des Wortes, wenn schon klar ist, welche Rolle das Wort in der Sprache überhaupt spielen soll. [] Man muß schon etwas wissen (oder können), um nach der Benennung fragen zu können.“[20]

Um zu verstehen, was Wittgenstein damit meint, kommen wir nun auf das eingangs dargestellte Kaufmann-Beispiel zurück. Die Gegenüberstellung beider Szenarien ist übrigens, wie sich jetzt gezeigt hat, trotz der gewaltigen Unähnlichkeiten durchaus gerechtfertigt, da im Augustinuszitat unterstellt wird, dass das Kind die Sprache schon beherrscht.[21] Der Einkäufer übergibt dem Kaufmann den Zettel und erhält das, was er wünscht, nämlich fünf rote Äpfel. Dass dieser Vorgang so reibungslos funktioniert, liegt nicht etwa daran, dass sich der Kaufmann auf innere Bedeutungsbilder konzentriert, weil er ansonsten die Wörter nicht verstehen würde; vielmehr nehmen beide Beteiligten an einer eingespielten Praxis teil und für beide ist klar, welche Rolle die Wörter in einer solchen Situation spielen. Der Einkäufer muss sich nicht einmal den Äpfeln in irgendeiner Weise zuwenden, sondern es reicht, dass er seinen Zettel abgibt. Daraus folgt, dass die Wendung fünf rote Äpfel erst innerhalb dieses gesellschaftlichen Kontextes einen Sinn hat und dass hier ein großes Maß an praktischer Erfahrung vorausgesetzt wird. Wer etwa in einer Autowerkstatt fünf rote Äpfel bestellt, wird vermutlich sehr ungläubige Blicke ernten. Wittgenstein nutzt diese Argumentation, um zu zeigen, dass die Bedeutung der Wörter nicht abhängig von den jeweiligen Gegenständen sein kann, sondern nur vom Kontext der Situation. Es geht hier um die Verwendung der Wörter in bestimmten, öffentlichen Handlungszusammenhängen, wodurch so etwas wie Bedeutung allererst konstituiert wird.[22]

Wittgenstein bringt dies an späterer Stelle auf die vielzitierte Formel: „Die Bedeutung eines Wortes ist [in vielen Fällen] sein Gebrauch in der Sprache.“[23] Wer zu einem anderen Ergebnis kommt, der kennt höchstwahrscheinlich den üblichen Sprachgebrauch des Wortes Bedeutung nicht oder hat generell die Beziehung zwischen Namen und Benanntem falsch verstanden:

„Es ist wichtig, festzustellen, daß das Wort »Bedeutung« sprachwidrig gebraucht wird, wenn man damit das Ding bezeichnet, das dem Wort ‚entspricht’. Dies heißt, die Bedeutung eines Namens verwechseln mit dem Träger des Namens. Wenn Herr N.N. stirbt, so sagt man, es sterbe der Träger des Namens, nicht, es sterbe die Bedeutung des Namens. Und es wäre unsinnig, so zu reden, denn hörte der Name auf, Bedeutung zu haben, so hätte es keinen Sinn, zu sagen »Herr N.N. ist gestorben«.“[24]

Denn dann wäre dieser letzte Satz sinnlos, was er ja keineswegs ist. Bedeutungen existieren also auch unabhängig von den jeweiligen Gegenständen. Damit ist die Gegenstandstheorie schon widerlegt. Sowohl der Kaufmann als auch der Einkäufer wissen, wie sie sich in der beschriebenen Situation zu verhalten haben. Beide haben im Laufe ihres alltäglichen Lebens gelernt, wie man mit Zeichen operiert, um damit bestimmte Zwecke zu verfolgen. Und da dieses Operieren sowohl ge- als auch misslingen kann, handelt es sich hierbei bereits um eine Handlung. Somit muss der Handlungscharakter der Sprache nicht als ein theoretisches Wissen, sondern als ein Können verstanden werden. Die Verwendung der Sprache ist also eine soziale Praxis, die in weitere nichtsprachliche Handlungszusammenhänge eingebettet ist.[25]

Hier lässt sich auch sehr gut studieren, weshalb dieses Können keiner weiteren Erklärung bedarf, denn der Kaufmann muss sich z. B. gar keine Gedanken über die Bedeutung von fünf machen oder das Wort irgendwo nachschlagen; es reicht, wenn er den Gebrauch des Wortes kennt und dementsprechend handelt.[26] Stetter bemerkt in diesem Zusammenhang, dass sprachliches Können dem Wissen darüber grundsätzlich vorausgeht. Die erfolgreiche Praxis bestimmt, wie eine mögliche Theorie aussehen kann und nicht umgekehrt. Was nun die sprachliche Handlungsfähigkeit des Menschen betrifft, so lässt sich festhalten, dass Wittgenstein sie als gegeben vorausgesetzt.[27] Aus diesem Grund betont er auch ausdrücklich, dass die Erklärungen irgendwo ein Ende haben:[28] „Habe ich die Begründungen erschöpft, so bin ich nun auf dem harten Felsen angelangt, und mein Spaten biegt sich zurück. Ich bin dann geneigt zu sagen: »So handle ich eben.«“[29] Im Falle der Sprache muss man sich generell damit abfinden, dass sich nicht alle Einzelheiten erklären lassen und dass dies auch nicht einmal unbedingt nötig ist, weil wir uns ja trotzdem verständigen können. In gleicher Weise antwortet Wittgenstein auf die Frage, wie denn die Sprache überhaupt erworben wird: Dies geschieht nämlich auch nicht durch Erklärungen, sondern durch Abrichtung.[30] Ein noch sprachloses Kind kann nur durch konkrete Vorgaben, die selber nicht in Frage gestellt werden können, in die Praxis einer Sprechergemeinschaft eingeführt werden. Dabei spielen jedoch, wie wir oben gesehen haben, hinweisende Definitionen keine Rolle; vielmehr geht es um einfaches Vor- und Nachmachen. Auch hier könnte man anfügen: ‚So handeln wir eben.’ Das Kind wird im Gebrauchen der Sprache abgerichtet, bis es irgendwann die Grundlage zum selbstständigen Weiterlernen erworben hat.[31]

Diese Einführung in die Sprachpraxis ist zugleich die Einführung in das, was Wittgenstein als Lebensform bezeichnet.[32] In sie wird man hineingeboren und von ihr hängt es ab, wie die Welt erschlossen wird. Schulte fasst den hier zugrundeliegenden Gedanken folgendermaßen zusammen:

„Unter einer Lebensform versteht Wittgenstein [] die Gesamtheit der Praktiken einer Sprachgemeinschaft. [] Von unserer Lebensform hängt es ab, was uns fremd und was uns vertraut vorkommt. Aber selbst das Fremde können wir uns verständlich machen, eben weil die Menschen in primitiven Abrichtungssituationen instinktiv gleichartig reagieren, so daß wir von solchen oft banalen Sachverhalten ausgehend extrapolieren können.“[33]

Die Lebensform ist somit der gemeinsame Bezugsrahmen einer jeden Sprechergemeinschaft bzw. einer jeden Kultur. Entscheidend ist jetzt für Wittgensteins pragmatische Sprachauffassung, dass Lebensform und Sprachgebrauch nicht voneinander zu trennen sind: „eine Sprache vorstellen heißt, sich eine Lebensform vorstellen.“[34] Und dieser Zusammenhang führt unweigerlich zum Begriff des Sprachspiels.

2.2 Sprachspiel und Grammatik

Solche Abrichtungsspiele, mit denen Kinder in ihre Muttersprache eingeführt werden, nennt Wittgenstein Sprachspiele. Auch das Kaufmann-Beispiel sowie die Sprache im allgemeinen inklusive der mit ihr verbundenen Handlungszusammenhänge werden unter diesen Begriff gefasst.[35] Wie das möglich ist, soll im folgenden gezeigt werden. Aufgrund des bisher Gesagten lassen sich zwei wichtige Voraussetzungen schon einmal resümieren:

1.) Die Verwendung der Sprache selbst ist bereits ein Handeln, das in einen gesellschaftlichen Kontext bzw. in alltägliche Lebensvollzüge eingebunden ist. Dadurch ist es auch nachvollziehbar, dass der Sprache weit mehr Funktionen zukommen als das Benennen von Gegenständen. Der augustinsche Mythos ist schon allein deswegen nicht haltbar; genauso wenig kann es ein einheitliches Modell zur Sprachbetrachtung geben.
2.) Wenn es darum geht, die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks in einem Sprachspiel verstehen zu wollen, dann spielen die jeweiligen Äußerungsumstände und Handlungszusammenhänge eine nicht zu unterschätzende Rolle. Erst im öffentlichen Gebrauch der Sprache können sich Bedeutungen überhaupt etablieren.

2.2.1 Regelgeleitete Sprache als Kalkül und als Spiel

Um Wittgensteins Sprachspielkonzeption besser zu verstehen, lohnt es sich allerdings, noch einmal den augustinschen Mythos heranzuziehen: Dabei handelt es sich nämlich um ein Beispiel für einen sprachlichen Kalkül, also das genaue Gegenteil von einem Sprach spiel. Den Kalkülbegriff verwendet Wittgenstein im Tractatus auch und bezeichnet damit in Analogie zu formalen Systemen eine Sprache, die durch strikte Anwendungsregeln logisch vollkommen geordnet ist. Dadurch wird impliziert, dass sich jeder Sprecher beim Sprachvollzug diese Regeln zuerst vergegenwärtigen muss, weil alle Ausdrücke einer strikten Definition entsprechen.[36] Bereits im Blauen Buch[37] distanziert sich Wittgenstein jedoch vom Modell des Kalküls und schreibt:

„In der Praxis gebrauchen wir die Sprache sehr selten als einen derartigen Kalkül. Nicht nur, daß wir nicht an Regeln des Gebrauchs – an Definitionen etc. – denken, wenn wir die Sprache gebrauchen; in den meisten Fällen sind wir nicht einmal fähig, derartige Regeln anzugeben, wenn wir danach gefragt werden. Wir sind unfähig, die Begriffe, die wir gebrauchen, klar zu umschreiben; nicht, weil wir ihre wirklichen Definitionen nicht wissen, sondern weil sie keine wirkliche ‚Definition’ haben. Die Annahme, daß sie eine solche Definition haben müssen, wäre wie die Annahme, daß ballspielende Kinder grundsätzlich nach strengen Regeln spielen.“[38]

Der Regelbegriff ist nun von entscheidender Wichtigkeit für Wittgenstein und er wird uns an verschiedenen Stellen noch öfter begegnen. In dem Zitat spiegelt sich ein Gedanke wider, auf den wir oben schon eingegangen waren, denn wenn es überhaupt kein ausreichendes Wissen von den Regeln, die wir beim Sprechen anwenden, geben kann und die Sprachverwendung stattdessen als ein Können zu verstehen ist, dann lässt sich der Versuch, Sprache als Kalkül betrachten zu wollen, unter keinen Umständen aufrechterhalten. Ein kurzer Blick auf den alltäglichen Gebrauch von Sprache reicht schon aus, um zu erkennen, dass es sich hier offensichtlich anders verhält, denn niemand erwägt irgendwelche strengen Regeln, bevor er zu sprechen beginnt. Dennoch ist das Kalkülmodell eine Art Voraussetzung für die Sprachspielkonzeption, da Wittgenstein auch weiterhin das Benutzen der Sprache als regelgeleitete Tätigkeit ansieht; eine Sprache sprechen heißt, sich an gewisse Regeln zu halten. Die Analogie zum Spiel, von der ja auch schon im obigen Zitat die Rede ist, eignet sich jedoch weit besser zur Sprachbeschreibung, da auch die meisten Spiele nicht gänzlich durch einen komplexen Regelapparat determiniert sind:

„Es ist, als erklärte jemand: ‚Spielen besteht darin, daß man Dinge, gewissen Regeln gemäß, auf einer Fläche verschiebt’ – und wir ihm antworten: Du scheinst an Brettspiele zu denken; aber das sind nicht alle Spiele. Du kannst deine Erklärung richtigstellen, indem du sie ausdrücklich auf diese Spiele einschränkst.“[39]

Wenn man z. B. an Schach denkt, so hat die Beschreibung Sinn, denn Schach ist ein Brettspiel und es wird nach strengen Regeln gespielt. Insofern lässt sich das Schachspiel als ein geschlossenes System betrachten, da alle Spielzüge geregelt sind und ein unerfahrener Anfänger ohne Regelkenntnis ziemlich aufgeschmissen sein dürfte.[40] Bei vielen anderen Spielen gibt es aber für gewisse Spielzüge nicht einmal eine Regel, so wie z. B. im Tennis nicht vorgeschrieben ist, wie hoch man beim Aufschlag den Ball werfen darf.[41] Denkbar ist auch, dass die Spielregeln getreu dem englischen Motto ‚make up the rules as we go along’ erst im Verlauf eines Spiels erfunden oder auch wieder verworfen werden.[42] Was für verschiedenste Spiele gilt, lässt sich ohne weiteres auf Sprache übertragen. Auch die Sprache ist in ihren vielfältigen Erscheinungsformen, Funktionen und Zwecken prinzipiell dynamisch und eben nicht überall festgelegt, so dass u. a. auch die Kreativität seitens der Sprachbenutzer bewahrt bleibt. Regelverstöße müssen ja nicht zwangsläufig dazu führen, dass unsere Kommunikation missglückt und oftmals bewegen wir uns sogar gänzlich im Ungeregelten.[43]

Die prinzipielle Offenheit der Sprachspiele beschreibt Wittgenstein so:

„Wieviele Arten der Sätze gibt es aber? Etwa Behauptung, Frage und Befehl? – Es gibt unzählige solcher Arten: unzählige verschiedene Arten der Verwendung alles dessen, was wir »Zeichen«, »Worte«, »Sätze«, nennen. Und diese Mannigfaltigkeit ist nichts Festes, ein für allemal Gegebenes; sondern neue Typen der Sprache, neue Sprachspiele, wie wir sagen können, entstehen und andre veralten und werden vergessen. [] Das Wort »Sprachspiel« soll hier hervorheben, daß das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform.“[44]

Wichtig ist hierbei, dass Wittgenstein den doppelten Tätigkeitsaspekt noch einmal explizit herausstellt: Der Sprachgebrauch selbst ist schon eine Handlung, aber er ist auch eingebettet in einen nichtsprachlichen Handlungszusammenhang, insofern er eben Teil einer Tätigkeit ist.[45] Und hier kommt nun der Begriff der Lebensform, auf den wir oben bereits kurz eingegangen waren, wieder ins Spiel, da er von dem des Sprachspiels nicht zu trennen ist. Wenn man sich einmal überlegt, mit wie vielen Menschen man täglich auf unterschiedlichste Weise in Kontakt tritt, dann wird diese Verquickung noch deutlicher: Beispielsweise redet man mit seinem besten Freund höchstwahrscheinlich anders als bei einer Aussage vor Gericht. Wenn es aber überhaupt kein Justizwesen gäbe, dann würde auch das entsprechende Sprachspiel gar nicht existieren. Die Tatsache, dass es bei uns ein Justizwesen gibt, gehört also zu unserer Lebensform. Dieser Zusammenhang wird uns im Alltag allerdings nur selten wirklich bewusst, da er so selbstverständlich ist, dass wir gar nicht darüber nachdenken.[46] „Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen (Man kann es nicht bemerken, - weil man es ständig vor Augen hat.)“[47]

Wir leben in unserer Kultur und bewegen uns ständig in irgendwelchen Sprachspielen. Die Mannigfaltigkeit dieser Spiele ist unüberschaubar: „Eine Geschichte erfinden; und lesen – Theater spielen – Reigen singen – Rätsel raten – Einen Witz machen []“[48], das alles sind unterschiedliche Sprachspiele. Zu den Kennzeichen des Sprachspielbegriffs gehört es deshalb, dass er sich nicht definieren oder klar eingrenzen lässt. Es gibt eben nichts, was allen Spielen gemeinsam ist. Die Funktionen von Wörtern sind so unterschiedlich wie die Funktionen von Werkzeugen in einem Werkzeugkasten, und so erkennt man unter den verschiedenen Sprachspielen Ähnlichkeiten und Verwandtschaften, die Wittgenstein bekanntlich als Familienähnlichkeiten bezeichnet.[49]

Die zwanghafte Suche nach Erklärungen und Definitionen führt auch hier, wie so oft, in die Irre: „Unser Fehler ist, dort nach einer Erklärung zu suchen, wo wir die Tatsachen als ‚Urphänomene’ sehen sollten. D.h., wo wir sagen sollten: dieses Sprachspiel wird gespielt.“[50] Genauso verhält es sich bei den Regeln: Wenn wir einer Regel folgen, dann folgen wir ihr blind.[51] Die Suche nach Erklärungen bringt uns auch hier nicht weiter, zumal Wittgenstein an mehreren Stellen ausdrücklich betont, dass Regelfolgen nichts mit irgendwelchen Deutungsvorgängen zu tun hat: „Jede Deutung hängt, mitsamt dem Gedeuteten, in der Luft; sie kann ihm nicht als Stütze dienen. Die Deutungen allein bestimmen die Bedeutung [einer Regel] nicht.“[52] Zur Veranschaulichung dieses Problems bedient er sich z. B. des Vergleichs der Regel mit einem Wegweiser[53]: Wenn man einen Wegweiser als bloßes Zeichen sieht, so wird dadurch in keinster Weise festgelegt, in welche Richtung man zu gehen hat, weil zwangsläufig mehrere Deutungsmöglichkeiten offen bleiben.[54] Weshalb man trotzdem weiß, wie dem Wegweiser zu folgen ist, beschreibt Wittgenstein so:

„Was hat der Ausdruck der Regel – sagen wir, der Wegweiser – mit meinen Handlungen zu tun? [] ich bin zu einem bestimmten Reagieren auf dieses Zeichen abgerichtet worden, und so reagiere ich nun. [] ich habe auch noch angedeutet, daß sich Einer nur insofern nach einem Wegweiser richtet, als es einen ständigen Gebrauch, eine Gepflogenheit, gibt.“[55]

Die öffentliche Praxis bestimmt, wie einer Regel zu folgen ist, weil es nur hier so etwas wie Gepflogenheiten geben kann, auf die man abgerichtet wurde. „Die richtige Anwendung beruht nicht darauf, daß ich das Zeichen richtig deute, sondern darauf, daß ich gelernt habe, wie man ihm folgt – und das ist eine praktische Fähigkeit.“[56] Erneut könnte man ergänzen: ‚So handle ich eben.’ Wenn sich das Regelfolgen in einem Deuten erschöpfen würde, so würde ein infiniter Regress entstehen, der Sprachspiele überflüssig machen würde, da man nie zum Handeln käme. Im Vollzug können sich die Regeln dann vielleicht zeigen, da sie ohnehin nur innerhalb eines Sprachspiels eine Funktion besitzen, aber man kann und muss sie nicht ausdrücken, da man ihnen eben blind folgt.[57]

Wenn Wittgenstein in den PU eigene Sprachspiele zur Veranschaulichung konstruiert, so geht es ihm dabei nicht um eine vertiefende Einsicht in die „Reglementierung der Sprache“[58]. „Vielmehr stehen die Sprachspiele da als Vergleichsobjekte, die durch Ähnlichkeit und Unähnlichkeit ein Licht in die Verhältnisse unserer Sprache werfen sollen.“[59] Er liefert dafür Beispiele, die es oftmals in sich haben. Aber trotzdem fordert er pointiert dazu auf, dass man nicht immer denken, sondern einfach hinschauen soll, wie die Sprache in verschiedenen Situationen benutzt wird und wo bzw. warum dabei Verwirrungen entstehen.[60] Und so bietet der Sprachspielbegriff viele Freiheiten, die es Wittgenstein ermöglichen, sich auf uneingeschränkte Weise dem Phänomen Sprache zu nähern. Die Vergleichsobjekte möchte er jedoch „[] nicht als Vorurteil [verstanden wissen], dem die Wirklichkeit entsprechen müsse[61], sondern als Maßstab dafür, wie Sprache in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen funktionieren kann.

2.2.2 Die Sprachen (2) und (8)

Besonders aufschlussreich sind Wittgenstein zufolge Beobachtungen von primitiven Arten der Sprachverwendung, da sie den Nebel, der die Erscheinungen der Sprache umgibt, zerstreuen und dadurch den Blick auf Zweck und Funktion von Wörtern und Sätzen freigeben.[62] Um die Unzulänglichkeit der am Kalkülbegriff orientierten Sprachauffassung noch einmal zu unterstreichen, konstruiert Wittgenstein in Paragraph 2 eine Sprache, die in weiten Teilen den augustinschen Vorgaben entspricht:

„Die Sprache soll der Verständigung eines Bauenden A mit seinem Gehilfen B dienen. [] [Sie besteht aus:] »Würfel«, »Säule«, »Platte«, »Balken«. A ruft sie aus; - B bringt den Stein, den er gelernt hat, auf diesen Ruf zu bringen. – Fasse dies als vollständige primitive Sprache auf.“[63]

[...]


[1] Dieser Begriff stammt von Stetter, Christian (1999a), S. 545.

[2] Wittgenstein, Ludwig (1984): PU § 109 [im folgenden zitiert als: PU ]

[3] vgl. Wittgenstein, Ludwig (1984)

[4] vgl. Wittgenstein, Ludwig (1984): Tractatus logico-philosophicus, 3.323

[5] vgl. Savigny, Eike von (1970), S. 36 ff. sowie Majetschak, Stefan (1996), S. 365 ff.

[6] PU, S. 231

[7] PU, S. 231

[8] vgl. PU § 18

[9] vgl. PU § 124

[10] vgl. PU § 1

[11] PU § 1

[12] PU § 1

[13] vgl. Savigny, Eike von (1970), S. 61 sowie Krämer, Sybille (2001), S. 123

[14] vgl. Stetter, Christian (1999a), S. 545 f.

[15] vgl. PU § 1 sowie Savigny, Eike von (1994), S. 33 f.

[16] vgl. PU § 6

[17] PU § 32

[18] vgl. dazu S. 26 ff.

[19] vgl. PU § 29 f.

[20] PU § 30

[21] vgl. Savigny, Eike von (1994), S. 35

[22] vgl. Savigny, Eike von (1994), S. 36 sowie Schneider, Jan Georg (2002), S. 37

[23] PU § 43 – vgl. dazu auch S. 23

[24] PU § 40

[25] vgl. Stetter, Christian (1999a), S. 556 – Das Begriffspaar Können und Wissen entstammt im wesentlichen der Sprachphilosophie von Gilbert Ryle; vgl. Ryle, Gilbert (1969).

[26] vgl. PU § 1

[27] vgl. Stetter, Christian (1999a), S. 523 sowie 558

[28] vgl. PU § 1

[29] PU § 217

[30] vgl. PU § 5

[31] vgl. Schulte, Joachim (2001), S. 143 ff.

[32] vgl. dazu auch S. 14

[33] Schulte, Joachim (2001), S. 146 f.

[34] PU § 19 – vgl. dazu ausführlich Lütterfelds, Wilhelm & Roser, Andreas (Hrsg.) (1999)

[35] vgl. PU § 7

[36] vgl. Glock, Hans-Johann (2000), S. 185 ff.

[37] Das Blaue Buch entstand zwischen dem Tractatus logico-philosophicus und den PU.

[38] zitiert nach Schulte, Joachim (2001), S. 139

[39] PU § 3

[40] vgl. Krämer, Sybille (2001), S. 126

[41] PU § 68

[42] vgl. PU § 83

[43] vgl. Schneider, Hans Julius (1999), S. 12

[44] PU § 23

[45] vgl. Krämer, Sybille (2001), S. 119

[46] vgl. auch Schneider, Jan Georg (2002), S. 58 f.

[47] PU § 129

[48] PU § 23

[49] vgl. PU § 11 & 67

[50] PU § 654

[51] vgl. PU § 219

[52] PU § 198

[53] vgl. PU §§ 85 & 198

[54] vgl. Savigny, Eike von (1994), S. 144

[55] PU § 198

[56] Schulte, Joachim (2001), S. 159

[57] vgl. Krämer, Sybille (2001), S. 129 – vgl. dazu S. 33

[58] PU § 130

[59] PU § 130

[60] vgl. PU § 66

[61] PU § 131

[62] vgl. PU § 5

[63] PU § 2

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Die Medialität der Sprache
Untertitel
Wie lassen sich Wittgensteins "Philosophische Untersuchungen" für die Mediendebatte nutzbar machen?
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (ISK - Institut für Sprach- und Kommunikationswissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
68
Katalognummer
V79292
ISBN (eBook)
9783638800549
Dateigröße
721 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"(...) Die Arbeit ist sehr gut aufgebaut und sprachlich sehr klar formuliert."
Schlagworte
Medialität, Sprache
Arbeit zitieren
René Baron (Autor:in), 2007, Die Medialität der Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79292

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Titel: Die Medialität der Sprache



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