Heroin: Prohibition und Legalisierung

Der gesellschaftliche Umgang mit Heroin im Spannungsverhältnis von Prohibition und Legalisierung


Seminararbeit, 2007

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Grundlagen über Heroin
2.1 Die Substanz
2.2 Die Wirkungsweise
2.3 Die Suchtpotenz
2.4 Substanzspezifische Gesundheitsfolgen des Heroinkonsums
2.5 Heroin im Betäubungsmittelgesetz
2.6 Kurzer Abriss der Geschichte von Heroin und seiner Prohibition
2.7 Das Phänomen Abhängigkeit/Sucht

3. Das prohibitive Konzept
3.1 Begründung des prohibitiven Konzepts
3.2 Prinzipien des prohibitiven Konzept
3.2.1 Wirtschaftliches Prinzip
3.2.2 Psychologisches Prinzip der Schwellen- und Signalfunktion
3.3 Folgen des prohibitiven Konzepts
3.3.1 Kriminalität
3.3.2 Desintegration der Heroinkonsumenten
3.3.3 Verunreinigung der Substanz
3.4 Fazit der Prohibition

4. Argumentationslinien für eine nicht prohibitive-Politik
3.4. Das Abstinenzziel der Prohibition
4.1 Das Recht auf Selbstbestimmung
4.2 Der ökonomische Aspekt der Entkriminalisierung
4.3 Der ethische Aspekt der Entkriminalisierung
4.4 Integrierter Konsum als Vorrausetzung einer konstruktiven Drogenkultur
4.5 Der Zusammenhang von Repression und Konsumentenzahl
4.6 Prävention

5. Konzepte eines repressionsfreieren Umgangs mit Heroin
5.1 Methadonprogramme
5.2 Heroinprogramme
5.2.1 Bewertung
5.3 Legalisierung von Heroin
5.3.1. Bewertung

6. Persönliche Stellungnahme und Fazit

1. Einleitung

Erklärtes Ziel der momentanen Drogenpolitik ist der Schutz der Bürger vor den Auswirkungen der illegalen Drogen, unter die auch Heroin fällt. Ein Mittel zum Schutz der Bevölkerung ist die Prohibition, also das Verbot des Handels mit Heroin und die damit verbundenen repressiven Maßnahmen.

Ich werde in meiner folgenden Hausarbeit zuerst auf die Auswirkungen der momentanen, repressiven Politik auf die Heroinabhängigen eingehen. Anschließend werde ich aufgrund der Ergebnisse weitere grundlegende Argumente und Fragen für eine Veränderung der momentanen Situation erläutern und dabei auch auf die Interessen der restlichen Bevölkerung eingehen.

In einem dritten Schritt werde ich alternative Konzepte erläutern und nach den vorher erarbeiteten Kriterien bewerten. In einer abschließenden Stellungnahme werden die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt und in einen realistischen Kontext gestellt.

2. Grundlagen

2.1 Die Substanz Heroin

Heroin (oder auch Diamorphin) gilt als eine der am stärksten wirksamsten Drogen. Heroin ist der Substanzgruppe der Opiate zuzuordnen und ist ein Derivat (also eine chemisch leicht abgewandelte Form) des Morphins. Morphin wird aus Rohopium gewonnen. Als solches hat Heroin eine ähnliche aber leicht stärkere Wirkung als Opium und Morphin, wird aber was Wirkungsweise und Suchtpotenzial angeht weitgehend synonym verwendet. Erstmals hergestellt wurde Heroin (Diamorphin) im Jahre 1874.[1]

Der Begriff Heroin geht auf das Chemieunternehmen Bayer zurück, das Diamorphin unter diesem Namen 1898 auf den Markt brachte. Es war als Husten- und Schmerzmittel und auch als Mittel gegen Morphinsucht gedacht, und als solches frei verkäuflich.[2] Konsumiert wird Heroin heutzutage überlicherweise geschnupft, geraucht oder direkt in die Blutbahn injiziert.

2.2 Die Wirkungsweise von Heroin

Neurochemisch betrachtet sorgt Heroin für eine erhöhte Dopaminausschüttung des Gehirns. Dopamin ist gekoppelt an das Belohnungssystem, und ist somit zuständig für angenehme Gefühle und das Lustempfinden.[3] Es stellt also ein Lust- oder Belohnungssituation ohne äußeren Anlass bzw. Grund her (abgesehen von der Droge).

Heroin wirkt u.a. beruhigend, spannungslösend, euphorisierend und außerdem schmerzlösend. Belastende Situationen werden nicht mehr als solche wahrgenommen, der Konsument empfindet ein Glücks- und Zufriedenheitsgefühl und negative Empfindungen werden ausgeblendet.

2.3 Das Suchtpotenzial von Heroin

Heroin wird ein sehr hohes Suchtpotenzial zugeschrieben, d.h. der Gebrauch kann sehr schnell zu dem Phänomen „Sucht“ führen. Zu beobachten ist hier sowohl eine psychische als auch eine körperliche Abhängigkeit. Körperliche Abhängigkeit definiert sich durch körperliche Symptome beim Absetzen der Substanz, die den Betroffenen dazu nötigen, die Substanz wieder zu sich zu nehmen. Die körperliche Abhängigkeit ist allerdings in meinen Augen zu vernachlässigen, da sie nach einigen Tagen überwunden ist. Schwerwiegender ist die psychische Abhängigkeit. Sie zeigt sich dementsprechend durch die psychischen Folgeerscheinungen bei Nicht-Einnahme der Substanz bzw. am starken Wiederholungsdruck die Droge zu konsumieren. Am Beispiel Nikotin und der Schwierigkeit, das Rauchen aufzugeben, wird die Stärke einer psychischen Abhängigkeit deutlich.

Die Suchpotenz ist aber differenziert zu betrachten, denn die wiederholte Nutzung von Heroin muss nicht zwangsläufig zu einer (endgültigen) Abhängigkeit führen. Dies zeigt Untersuchung über die Heroinabhängigkeit von Vietnamveteranen: Während des Krieges haben ca. 50% aller Soldaten Heroin zu sich genommen, insgesamt waren bei ihrer Rückkehr 20% körperlich abhängig. Über ihre Rückkehr hinaus konsumierten aber nur 1% aller Soldaten Heroin weiterhin.[4] Eine amerikanische Studie stellte bei allen illegalen Drogen eine durchschnittliche Suchtdauer von nur 8 Jahren fest.[5] Die amerikanische Soziologin Harding fand bei 40 % der Heroinuser einen regulierten Heroinkonsum vor.[6] Die These, dass Heroin zwangsläufig und dauerhaft zu einer Sucht führt, ist also nicht haltbar.

2.4 Substanzspezifische Gesundheitsfolgen des Heroinkonsums

Die reine Substanz „Heroin“ ist mit nur verhältnismäßig geringen negativen Gesundheitsfolgen verbunden. Die „reine Substanz“ Heroin ist hier zu trennen von dem üblicherweise mit Streckmitteln verunreinigtem Straßenheroin.

Ihre chronischen Toxititätsfolgen sowohl psychisch als auch physisch werden mit chronischer Verstopfung und Impotenz beschrieben. Damit ist sie die unter den illegalen Drogen die harmloseste, bei denen z.B. Amphetamine Psychosen auslösen können, zu erhöhter Aggression oder sozialen Anpassungsschwierigkeiten führen.[7] Dies erscheint überraschend angesichts der häufig berichteten und allgemein verbreiteten Ansicht über die psychischen Folgen einer Heroinsucht, wie Gewissenlosigkeit, asozialer Gesinnung, Egoismus und Fixierung auf die Drogenbeschaffung usw.[8] Eine Studie von Kaplan veranschaulicht die Erkenntnis der relativen geringen Schädlichkeit der Substanz Heroin. So zeigte ein 84-jähriger, seit über 60 Jahren morphinkonsumierender Physiker keine mentalen oder körperlichen Schädigungen. Gleiches galt in einer Studie über gesellschaftlich integrierte Morphinkonsumenten aus der gesellschaftlichen Mittelklasse.[9]

Eine besondere Gefahr stellt hingegen die Überdosierung von Heroin dar. Bereits 5 mg unterscheiden eine verträgliche von einer toxischen, lebensgefährlichen Dosis.[10]

2.5 Heroin im Betäubungsmittelgesetz

Heroin ist in Anlage 1 des BtMG aufgeführt und ist somit nicht verkehrs- und verschreibungsfähig. Besitz, Vertrieb, Anbau etc. ist verboten, der Konsum jedoch nicht. Der Besitz geringer Mengen kann straflos bleiben, d.h. es wird möglicherweise von einer Verfolgung abgesehen.[11]

2.6 Kurzer Abriss über die Geschichte der Heroinprohibition

Heroin bzw. Opium unterlag nicht immer der Prohibition bzw. Kriminalisierung/Diskriminierung, was ja an dem kommerziellen Vertrieb von Heroin durch die Firma Bayer deutlich wird. Opium führte auch lange Zeit ein Dasein als Heilmittel unter dem Namen „Laudanum“.

Entstanden ist die Verbotspolitik von Opium in Europa unter amerikanischem Einfluss.

Dort wurde Opiumkonsum überwiegend von chinesischen Gastarbeitern praktiziert und lange Zeit nicht reglementiert. Er war sogar als Mittel zur Leistungssteigerung willkommen. Erst als die chinesischen Gastarbeiter zu einer Konkurrenz für einheimische Arbeiter wurden, begann eine Diskriminierung dieser, die sich in einer negativen Darstellung des Opiumkonsums und schließlich seines Verbotes niederschlug. Das erste Gesetze 1878 verbot so auch nur die Konsumformen, die Chinesen betraf, also z.B. die überwiegend von Chinesen aufgesuchten Opiumhöhlen.[12] Ähnliche Vorgehensweisen, in denen eine Droge zur Diskriminierung bzw. Unterdrückung von Minderheiten genutzt wird, sieht z.B. Strobl[13] auch in Bezug auf die schwarze Bevölkerung in den USA oder den mexikanischen Einwanderern. Kokain im Falle der Schwarzen und Cannabis im Falle der Mexikaner wurden entsprechend diskreditiert. Bemerkenswert hierbei ist auch, dass die Drogennutzer als Arbeitskräfte beliebt waren.

Auch bei den folgenden Bemühungen der USA das Opiumverbot international durchzusetzen, standen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. England sollte als Opiumhändler geschwächt und die Beziehungen zu China, das von den Opiumimporten der Engländer überrollt wurde, verbessert werden. Nachdem England um Deutschland und Japan als Hauptproduzenten von Kokain und Heroin wirtschaftlich ebenso zu schwächen, das Verbot dieser zwei Substanzen einforderte, kam es erst nach dem 1. Weltkrieg zu einer internationalen Einigung gegen diese Drogen. Deutschland musste aufgrund des Versailler Vertrages dann die Haager Konvention unterschreiben.[14] So entstand 1920 das erste deutsche Drogengesetz.

2.7 Das Phänomen Abhängigkeit/Sucht

Sucht ist eine mögliche Folge des Drogen bzw. Heroinkonsums.

Generell wird Abhängigkeit von der WHO als "einen seelischen, eventuell auch körperlichen Zustand, der dadurch charakterisiert ist, dass ein dringendes Verlangen oder unbezwingbares Bedürfnis besteht, sich die entsprechende Substanz fortgesetzt und periodisch zuzuführen“ definiert.[15]

Genauso wie aber die Definition von Drogenabhängigkeit/sucht unter Wissenschaftlern nicht eindeutig geklärt ist, gibt es auch keine eindeutigen Erklärungsmodelle für die Entstehung von Drogenabhängigkeit. So stehen psychologische, sozialwissenschaftliche und naturwissenschaftliche Ansätze weitestgehend unvermittelt nebeneinander.[16] Als angemessen sehe ich also eine „Trias der Suchtursachen“, die Sucht aus sozialen (z.B. Familie), personellen (z.B. Veranlagung) und drogenspezifischen (z.B. Verfügbarkeit) Faktoren bestehend sieht.

3. Das Prohibitive Konzept

3. 1. Begründungen des prohibitiven Konzepts

Folgendes Zitat beschreibt Absichten und Mittel der momentanen Drogenpolitik:

„Der Staat hat eine gesellschafts- und gesundheitspolitische Verpflichtung, Wege zur Überwindung

von Sucht- und Drogenproblemen aufzuzeigen und insbesondere seine Bürger vor

gesundheitlichen Schädigungen zu bewahren. Hierzu muss er neben der Hilfe auch das

Strafrecht und andere ordnungsrechtliche Maßnahmen einsetzen, vor allem Verbote des

Anbaus, Erwerbs und Verkaufs bestimmter psychoaktiver Substanzen“[17] Ziel der Politik ist es also, die Drogenproblematik zu überwinden und die Bürger vor Gesundheitsschäden zu bewahren. Die Prohibition zur Nachfrage- und Angebotsreduktion ist dabei eine der erklärten Mittel der Drogenpolitik: „Repressive Maßnahmen, insbesondere das Strafrecht, bilden eine traditionelle Saule der Drogenpolitik, mit der einerseits das Angebot an Suchtmitteln, andererseits die Nachfrage reduziert werden sollen“[18]

Im Folgend werde ich das Konzept der Prohibition und ihre Auswirkung untersuchen.

3. 2. Prinzipien des prohibitiven Konzept

Das prohibitive Konzept basiert auf 2 Prinzipien:

1. Wirtschaftliches Prinzip der Reduzierung der Verkaufsmenge durch Angebotspreiserhöhung, Angebotsverknappung und Nachfragereduktion durch Strafverfolgung
2. Psychologisches Prinzip der Schwellen- und Signalfunktion

3.2.1. Das wirtschaftliche Prinzip

Durch strafrechtliche Maßnahmen bzw. den daraus folgenden Gefahren für die Anbieter soll der Angebotspreis von Drogen gesteigert werden. Dies folgt aus den Erhöhungen der Anbieterrisiken, die zu einer höheren Risikoentlohnung der Anbieter führen. Ebenfalls soll die verfügbare Angebotsmenge durch Beschlagnahmungen reduziert werden, was ebenfalls zu einem erhöhten Angebotspreis und zwangsläufig zu einer niedrigeren Verkaufsmenge führen würde.

[...]


[1] vgl. http://www.dhs.de/substanzen_heroin.html

[2] http://www.suchtzentrum.de/drugscouts/dsv3/stoff/heroinhist.html

[3] vgl. http://www.dhs.de/substanzen_heroin.html

[4] vgl. http://www.zeit.de/2006/21/M-Sucht_xml

[5] vgl. Kaufmann, 2003, S. 105

[6] vgl. http://www.junge-linke.de/drogen_und_drogenpolitik/stoffkundebroschre_opium_und_o.html

[7] vgl. Böker, 1991, S. 185

[8] vgl. z.B. Kielholz/Ladewig zit. in Schmidt/Semisch, 1990, S. 44

[9] vgl. Kaplan, 1985, S. 128: zit.in Schmidt-Semisch, 1999, S. 43

[10] vgl. http://www.dhs.de/substanzen_heroin.html

[11] vgl.: http://www.presroi.de/hfaq/hfaq4300.html

[12] Schmidt-Semisch, 2000, S. 33 ff.

[13] vgl. Böker, 1991, S. 106

[14] vgl. Schmidt-Semisch, 2000, S. 33 ff

[15] http://de.wikipedia.org/wiki/Sucht#_note-1

[16] vgl. Schmidt-Semisch, 2000, S. 56

[17] http://www.bmg.bund.de/cln_041/nn_603372/SharedDocs/Publikationen/Drogen-und-Sucht/a-605,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/a-605.pdf S. 15

[18] http://www.bmg.bund.de/cln_041/nn_603372/SharedDocs/Publikationen/Drogen-und-Sucht/a-605,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/a-605.pdf S. 43

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Heroin: Prohibition und Legalisierung
Untertitel
Der gesellschaftliche Umgang mit Heroin im Spannungsverhältnis von Prohibition und Legalisierung
Hochschule
Fachhochschule Düsseldorf
Veranstaltung
Drogenarbeit als Praxisfeld der Sozialpädagogik
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V79226
ISBN (eBook)
9783638859929
ISBN (Buch)
9783638860888
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heroin, Prohibition, Legalisierung, Drogenarbeit, Praxisfeld, Sozialpädagogik
Arbeit zitieren
Karsten Lenz (Autor:in), 2007, Heroin: Prohibition und Legalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79226

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