Computerspiele und Schulleistung


Magisterarbeit, 2007

109 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

I Teil: Grundlagen

1. Einleitung

2. Begriffsdefinitionen - Computerspiele, Schulleistung und Gehirn

3. Geschichte und Zukunft von Computerspielen

4. Geräteausstattung und Mediennutzung
4.1. Geräteausstattung in den Haushalten
4.2. Gerätebesitz bei Kindern und Jugendlichen
4.3. Computernutzung
4.4. Markt für Unterhaltungssoftware

5. Soziale Phänomene beim Computerspielen

6. Struktur von Computerspielen
6.1. Merkmale eines Computerspiels
6.2. Spielerscheinung
6.3. Spielinhalt
6.4. Regeldynamik
6.5. Spieldynamik
6.6. Zeit

7. Grundmuster in Computerspielen

8. Spielgenres
8.1. Abstrakte Denk- und Geschicklichkeitsspiele
8.2. Kampfspiele
8.3. Funny-Games oder Jump´n´Run-Spiele
8.4. Simulationen
8.5. Spielgeschichten (Rollenspiele, Adventures)

9. Faszinationskraft von Computerspielen
9.1. Motivationspsychologisches Grundmodell
9.2. Sensumotorische Synchronisierung (pragmatischer Funktionskreis)
9.3. Bedeutungsübertragung (semantischer Funktionskreis)
9.4. Regelkompetenz (syntaktischer Funktionskreis)
9.5. Selbstbezug (dynamischer Funktionskreis)
9.6. Weltverständnis durch Computerspiele
9.7. Strukturelle Koppelung bei Computerspielen
9.8. Funktionsabläufe bei der Faszinationskraft von Computerspielen

10. Lernen am Computer
10.1. Lernprogramme
10.2. Eigenschaften guter Lernspiele
10.3. Lernmotivation durch Computerspiele

11. Gehirn und Wahrnehmung
11.1. Aufbau des Gehirns
11.2. Aufmerksamkeit und Konzentration
11.3. Die Wahrnehmung und die Konstruktion von Wirklichkeit

12. Medienkompetenz

13. Theoretische Ansätze der Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung
13.1. Der Nutzenansatz
13.2. Die Theorie des sozialen Lernens
13.3. Theorie der neo-assoziativen Netzwerke
13.4. Thesen zur Wirkung von Gewaltdarstellungen in den Medien
13.5. Das General Aggression Model
13.6. Die Kultivierungshypothese

14. Medienwirkungsforschung und Gehirnforschung

15. Wirkung von Computerspielen - Stand der Forschung

16. Untersuchungen zum Thema Computerspiele, Gehirnprozesse und Schulleistung
16.1. Dopaminausschüttung im Gehirn während eines Computerspiels
16.2. Aktive Gehirnregionen während eines Computerspiels
16.3. Exzessives Nutzen von Computerspielen
16.4. Internet- und Computerabhängigkeit
16.5. Schulleistung und Computerspiele

17. Kritische Auseinandersetzung mit den Studienergebnissen
17.1. Computerspiele und Gewalt
17.2. Computerspiele und Gehirn
17.3. Computerspiele und Schulleistung

18. Zusammenfassung und Ausblick

19. Literatur

I. Teil: Grundlagen

1. Einleitung

Das Thema konnte aktueller nicht sein. Erst Robert S. in Erfurt und jetzt Sebastian B. in Emsdetten. Der Sündenbock ist schnell gefunden: Die Computerspiele sind schuld. Schon Anfang 2006 haben sich Bündnis90/Die Grünen für ein Verbot von so genannten Killerspielen eingesetzt. Während es in deren Lager leiser um solche Aussagen geworden ist, hat eine andere Partei das Zepter in die Hand genommen. Neben Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), will auch dessen Innenminister Günther Beckstein (CSU) die Verbreitung von Spielen mit extremen Gewaltinhalten mit einem Jahr Freiheitsentzug bestrafen. Doch damit nicht genug. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) fordert sogar eine Ergänzung des Strafrechts (§ 131 StGB) um ein ausdrücklich auf Computerspiele bezogenes Herstellungs- und Bezugsverbot, was die Freiheitsstrafe auf bis zu zwei Jahre erhöhen würde. Verhaltener sind dagegen die Stimmen des Koalitionspartners. Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sieht in diesem Zusammenhang keine Gesetzeslücke (o.V. „Verbot von Killerspielen“: fokus.de).

Seitens der Gutachter des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ist ein Verbot für die Einfuhr, den Verkauf und den Verleih von Killerspielen prinzipiell möglich, da es nicht per se gegen das Grundgesetz verstoßen würde. Natürlich versuchen sich die Spielhersteller zu wehren. In einem offenen Brief an die Innenministerkonferenz moniert der Computerspielhersteller ZUXXEZ Entertainment AG, dass der Begriff Killerspiele noch nicht einmal einheitlich definiert wurde. Die Diskussion um das Verbot kommentiert ZUXXEZ folgendermaßen:

Ein solcher Populismus im 21. Jahrhundert ist bestenfalls das Armutszeugnis politischer Hilflosigkeit. Die Durchsetzung eines Verbots von Spielen mit kriegerischem oder kämpferischem Inhalt ist illusorisch und kontraproduktiv. Es würde zum Abdriften in eine unkontrollierbare Kriminalität und damit zu einer gesteigerten Straffälligkeit bei Kindern und Jugendlichen führen. Anstatt der kontrollierten Abgabe über den Fachhandel würden Spiele unüberwacht über das Internet oder, ähnlich wie Drogen, 'unter der Hand' auf den Schulhöfen gehandelt. Eine neuzeitliche Prohibition in der momentan angedachten Art ist in unseren Augen zudem technisch und faktisch nicht durchführbar.

(Dees 2006: netzwelt.de)

Statt eines Verbotes sollte die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) mit einem größeren Budget gefördert werden – so ZUXXEZ. Zudem sollten die Eltern intensiver über die Alterskennzeichnung informiert werden und die Kontrolle der Spielabgabe in den Geschäften und Verleihstellen verstärkt werden. Der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. (BIU) nennt einen solchen Eingriff in die Grundrechte von Produzenten rechtswidrig und sieht hier einen Verstoß gegen das Zensurverbot des Grundgesetzes (o.V. „BIU“: call-magazin.de).

Das Vorgehen der Politiker stößt aber vor allem in der Spielerszene auf Unverständnis. Weltweit spielen circa drei Millionen Menschen auf offiziellen Onlineservern Counter-Strike. 140 000 Spieler treffen sich jedes Jahr auf deutschen Netzwerkpartys, um den umstrittenen Ego-Shooter zu spielen (o.V. Fokus 2006: 44). Die meisten von Ihnen möchten mit Leuten wie Robert S. und Sebastian B. nicht in einen Zusammenhang gebracht werden. Mit Initiativen wie Gamer sind keine Verbrecher[1] wollen die Spieler klarstellen, dass nicht die Killerspiele an Amokläufen schuld sind. Hier wird zum einen das marode deutsche Schulsystem verurteilt, das Außenseitern keine Chance gibt und ärmere Schüler benachteiligt. Zum anderen werden Lehrer und Mitschüler zur Verantwortung gezogen, da sie die offensichtlichen Warnsignale der Amokläufer nicht beachtet hätten. Auch den Journalisten wird in diesem Zusammenhang eine einseitig negative Berichterstattung unterstellt. Gleichzeitig geben die Autoren aber zu, dass fast jedes Spiel potenziell gefährlich sein kann, nicht nur die Ego-Shooter. Zudem gibt es in anderen Medien (Musik, Film) und schließlich auch im alltäglichen Leben von vielen Menschen genug Gewalt, deren Ausführung und Darstellung folgenlos bleibt.

Allerdings nicht im Falle eines 19-Jährigen der im Juli diesen Jahres einen Obdachlosen ermordet haben soll. Der Angeklagte gab an, den Obdachlosen getötet zu haben, weil er nach ständigen Niederlagen bei einem Wrestling-Spiel auf seiner Playstation frustriert gewesen sei. Jetzt lässt das Landgericht in Cottbus vom Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer untersuchen, ob der Konsum des Computerspiels die Schuldfähigkeit des Mörders eingeschränkt haben könnte (o.V. „Killerspiele“: fr-aktuell.de). Dabei waren es gerade Spitzer und Pfeiffer (Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen), die mit provokativen Aussagen („Vorsicht Bildschirm“, „Fernsehen macht dick, dumm und traurig“ und „Bildschirmverbot im Kinderzimmer“) für viel Diskussionsstoff gesorgt haben.

Ihre Forschungsergebnisse sind zwar einseitig, aber nicht grundsätzlich falsch. Aufenanger (2006) geht etwas differenzierter an das Problem heran und meint, dass die Medien – vorausgesetzt sie werden richtig eingesetzt – natürlich auch positive Effekte auf die Bildung und Entwicklung haben können. Zusätzlich hat Kunczik (2000) festgestellt, dass der Konsum von Gewaltdarstellungen in den Medien nicht grundsätzlich zur realen Gewalt führen muss, und dass die bisherigen Untersuchungen zu diesem Thema oft methodologische Schwächen aufweisen. Bis jetzt ist die Forschung um die Wirkung von Computerspielen noch nicht ausgereift. Das Thema wurde bereits aus verschiedenen Perspektiven (medienwissenschaftlich, pädagogisch, psychologisch, neurologisch) behandelt. Trotz der hohen Anzahl an Studien, tut man sich mit allgemeingültigen Aussagen schwer, da sowohl positive wie negative Effekte von Computerspielen festgestellt wurden und die Wirkung der Medien im Allgemeinen sehr individuell ist.

Ziel dieser Arbeit ist es daher, das Thema Computerspiele und deren Wirkung möglichst umfangreich zu umreißen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Verbindung der Erkenntnisse aus der Medienforschung mit den bisherigen Ergebnissen der Gehirnforschung. Darin verknüpft ist die Diskussion der verschiedenen wissenschaftlichen Positionen bezüglich der Wirkung von Computerspielen. Die Arbeit soll vor allem über die Vor- und Nachteile von Computerspielen in Verbindung mit Gehirnentwicklung und Schulleistung informieren. Die zentralen Fragen sind dabei: Welche Arten von Computerspielen gibt es und welche Auswirkungen ergeben sich aus ihnen? Wann können Computerspiele zum Problem werden und wann sind sie nützlich? Welche Effekte hat die dort präsentierte Gewalt und wie wird die Gehirnentwicklung und somit die Konstruktion der Realität durch den Konsum von Bildschirmmedien beeinflusst? Was kann getan werden damit Bildschirmmedien wie der Computer als eine Erweiterung des Gehirns dienen und seine Funktionsweise nicht einschränken?

Zwei Hauptteile machen die vorliegende Arbeit aus. Teil I beschäftigt sich mit den Grundlagen der Computerspiele als Lern- und Unterhaltungsmittel. Des Weiteren wird hier die Faszination von Computerspielen aus psychologischer Sicht erläutert. Vertiefend wird in diesem Zusammenhang die Funktionsweise des Gehirns beschrieben. Dadurch sollen Beziehungen zwischen den medialen Erfahrungen und der Realitätskonstruktion hergestellt werden. Medienkompetenz bildet dabei den letzten zentralen Punkt des ersten Teils. Im zweiten Teil werden zuerst theoretische Ansätze der Mediennutzungs- und Medienwirkungsforschung vorgestellt.

Daran anknüpfend wird hier eine Auswahl von Studien, die sich entsprechend des Titels der Arbeit mit Computerspielen und Schulleistung beschäftigt haben, dargestellt. Zusätzlich finden sich hier einige Studien zum Thema Gehirn und Computerspiele. Die Ergebnisse dieser Studien werden anschließend diskutiert.

Nach der Einleitung (Kapitel 1) werden unter Kapitel 2 zuerst die für die Arbeit relevanten Begriffe definiert. Danach werden im Kapitel 3 die Eckpunkte der Geschichte von Computerspielen dargestellt, sowie Ausblicke auf deren mögliche zukünftige Entwicklung gegeben. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Geräteausstattung und der Mediennutzung. Hier wird anhand der Zahlen von repräsentativen Studien dargestellt, wie weit Computer verbreitet sind und wozu sie hauptsächlich genutzt werden. Der Fokus wird dabei besonders auf die Computernutzung von Kindern und Jugendlichen gelegt. Zusätzlich wird die Marktentwicklung für Unterhaltungssoftware der letzten Jahre dargestellt. Im nachfolgenden Kapitel 5 wird der früheren Annahme begegnet, Computerspieler seien einsam und isoliert. Schon in den Anfangsjahren entwickelte sich um die Computerspiele eine Art Kultur, in deren Rahmen sich überwiegend männliche Jugendliche fachspezifisch ausgetauscht haben. Hierbei wurden auch Techniken des unterschiedlichen Zusammenspiels entwickelt. Die anschließenden Kapitel 6 bis einschließlich Kapitel 8 konzentrieren sich auf das Innere der Computerspiele. Unter Kapitel 6 wird erklärt, wie Computerspiele aufgebaut sind und wie sie sich mit den Spielern und der Welt um sie herum in Beziehung setzen.

Computerspiele bedienen sich Mustern aus der Realität. Daher tauchen einige dieser Muster besonders häufig in ihnen auf. Diese Grundmuster werden im Kapitel 7 behandelt. Unter Kapitel 8 werden trotz der immer schwierigeren Differenzierungsmöglichkeiten der Computerspielgenres einige Hauptgruppen erläutert, um die Einordnung zu erleichtern. Kapitel 9 widmet sich den Funktionsabläufen der Faszinationskraft von Computerspielen. Zur Erklärung dieses Phänomens wird unter anderem das Motivationspsychologische Grundmodell herangezogen. Zusätzlich wird dargestellt, wie sich die Spieler schrittweise in die virtuelle Welt versetzen.

Die Faszinationskraft von Computerspielen kann neben der Unterhaltung auch zum Lernen von Inhalten genutzt werden, die in der realen Welt von Bedeutung sind (z.B. Schulstoff). Deshalb wird im Kapitel 10 das Lernen durch Computerspiele erklärt. Damit erfolgreiches Lernen stattfinden kann, braucht man nicht nur geeignete Software. Es gilt vor allem auch zu wissen, wie das Gelernte im Gedächtnis gespeichert wird und welchen Einfluss es auf die Konstruktion der Realität besitzt.

Daher wird das Thema Gehirn und Wahrnehmung im Kapitel 11 behandelt. Damit einher geht die Frage, wie das Gehirn die medialen Erfahrungen verarbeitet. Kann der Medienkonsum die Gehirnentwicklung negativ beeinflussen? Wenn ja, wann? Daher ist es wichtig zu wissen, welche Medien man wie am besten einsetzt, um positive Lerneffekte zu erzielen. Das ist einer der Hauptanliegen bei der Vermittlung von Medienkompetenz. Der häufig benutzte Begriff wird in diesem Zusammenhang im Kapitel 12 erklärt.

Im zweiten Teil der Arbeit wird die Computerspielwirkungsforschung stärker in den Mittelpunkt gerückt. Zuerst werden unter Kapitel 13 relevante theoretische Ansätze vorgestellt, die sich auf Computerspiele übertragen lassen. Unter Kapitel 14 findet eine Verknüpfung der bis dahin dargestellten Erkenntnisse aus der Gehirnforschung mit den medientheoretischen Ansätzen statt. Anschließend erfolgt unter Kapitel 15 die Darstellung des aktuellen Forschungsstandes. Danach werden unter Kapitel 16 einige Studien aufgeführt, die sich mit den Themen Gehirnprozesse während eines Computerspiels, exzessives Computerspielen, Internetabhängigkeit sowie Schulleistung beschäftigt haben. Auf der Basis der Diskussion um die unterschiedlichen Effekte von Computerspielen setzt sich Kapitel 17 kritisch mit den Ergebnissen der beschriebenen Studien auseinander. Im letzten Kapitel (18) werden die zentralen Erkenntnisse rekapituliert und bewertet.

In der vorliegenden Magisterarbeit wird aus Gründen der Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet, das weibliche und männliche Personen gleichermaßen einschließt.

2. Begriffsdefinitionen - Computerspiele, Schulleistung und Gehirn

Mit Computerspielen sind im folgenden Text alle Spiele gemeint, die auf Computern, Spielkonsolen, tragbaren Spielkonsolen (Handhelds) und/oder Mobiltelefonen gespielt werden können, und deren primäres Ziel auf Unterhaltung ausgerichtet ist. Lernspiele, spezielle Lernsoftware sowie Infotainmentprodukte schließt der Begriff Computerspiele nicht mit ein. Durch die Entscheidung für den Begriff Computerspiel e sollen die umständlichen Bezeichnungen Computer- und Videospiele beziehungsweise die weniger gebräuchliche Bezeichnung Bildschirmspiele vermieden werden. Die begriffliche Entscheidung ist darauf zurückzuführen, dass alle herkömmlichen, digitalen Spiele auf der Computertechnologie (Chip, Festplatte, usw.) basieren. Ein weiterer Grund ist der Gebrauch des Begriffs in der Alltagssprache.

Die Definition von Schulleistung erfolgt in Anlehnung an den § 73 des Hessischen Schulgesetzes (o.V. kultusministerium.hessen.de). Danach sind mit Schulleistung die mündlichen, schriftlichen, praktischen und sonstigen Leistungen gemeint, die die Schüler im Zusammenhang mit dem Unterricht erbracht haben. Für die Leistungsbewertung sind die im Unterricht vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten maßgebend. Die Leistungen der Schüler werden durch Noten oder Punkte bewertet, soweit die Leistungen für die Erteilung von Zeugnissen und entsprechenden Nachweisen erheblich sind. Das Gleiche gilt für die Beurteilung des Arbeits- und Sozialverhaltens der Schüler in Zeugnissen.

Das Gehirn ist das vordere Ende des zentralen Nervensystems, in dem Koordinations- und Assoziationszentren zusammengefasst sind (Bertelsmann Neues Lexikon 1996: 466). In bestimmten Teilen ist das Gehirn für die Ausbildung komplizierter Instinkthandlungen, für die Fähigkeit des Gedächtnisses und schließlich für die Intelligenz verantwortlich. Es besteht grundsätzlich aus fünf Teilen: dem Nachhirn (u.a. Atemzentrum), dem Kleinhirn (u.a. Bewegungskoordination), dem Mittelhirn (u.a. Mündung von Sehnerven), dem Zwischenhirn (u.a. Schaltstation zw. Nachhirn und Großhirn) und dem Großhirn, das aus zwei blasenförmigen Hemisphären besteht. (vgl. 11.1.)

3. Geschichte und Zukunft von Computerspielen

Die Entstehung von Computerspielen ist, ähnlich wie beim Film oder den Geräten zur Musikaufnahme, nicht auf eine einzige Person zurückzuführen. Sie hängt zusammen mit dem Aufkommen der Unterhaltungsindustrie mit den Spielautomaten (Einhändiger Bandit, Flipper usw.). Das erste computerbasierte Spiel wurde von Higinbotham entwickelt und hieß Tennis for Two (vgl. Malliet/de Meyer 2005: 23). Higinbotham wollte mit seiner Entwicklung zeigen, dass sich eine Maschine, trotz ihrer inneren Komplexität, relativ leicht steuern lässt. Einige Jahre später wurden textbasierte Rollenspiele programmiert (z.B. Star Trek, 1967). Diese Entwicklungen hatten Einfluss auf die späteren Computerspiele. Hinzu kam die Tatsache, dass die Hardwareentwicklung (Chips, Festplatten) ebenfalls seit 1940 rasche Fortschritte machte. Die Größe der Computer schrumpfte, und gleichzeitig wuchs ihre Speicher- und Rechenleistung. Das erste Computerspiel stammt von dem Studenten Steve Russel, der 1962 das Spiel Spacewars programmierte. Dieses Spiel erfüllte zum ersten Mal die Voraussetzungen eines herkömmlichen Computerspiels. Die Figuren in Form von Raumschiffen konnten von einem menschlichen Spieler gesteuert werden und es gab Simulations- und Actionelemente. Zudem sollte das Spiel ausschließlich der Unterhaltung dienen. Die erste Spielkonsole (d.h. ein Gerät, das an einen Fernseher angeschlossen werden kann) wurde von dem Ingenieur Ralph Baer entwickelt. Er spielte darauf die Weiterentwicklung des Spiels Tennis for Two.

Der erste der plante, mit Computerspielen Geld zu verdienen, war Nolan Bushnell. Er modifizierte das Spiel Spacewars und ließ es in Spielautomaten einbauen. Der Durchbruch gelang ihm allerdings erst mit dem Spiel Pong (1972), einer grafisch anspruchslosen Tischtennis-Simulation, die er ebenfalls in Spielautomaten einbauen ließ. Zum ersten Mal wurden auf diese Weise Computerspiele der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der nachfolgenden Zeit entwickelte sich ein Markt für Computerspiele und Hardware. Ab 1974 wurden in die Spielkonsolen separate Grafikchips eingebaut. Seit 1976 konnte erstmals die Software von der Hardware getrennt werden. Bis dahin waren die Spiele auf den Konsolen fest gespeichert. 1977 kam der Atari VCS auf den Markt, der die Grundlage für alle späteren Heimkonsolen legte. In den Jahren 1978 bis 1982 erlebte der Markt für Computerspiele einen Einbruch. Trotzdem schaffte es die Spielfigur mit dem Namen Pac Man der Firma Namco aus dem Jahr 1981, bis in die heutige Zeit bekannt zu bleiben.

Es war die erste Figur - ein Punkte fressender, gelber Kreis - die sich auf T-Shirts, in Zeitschriften und im Fernsehen wieder fand. Schon 1980 brachte Atari das erste Abenteuerspiel mit dem Namen Adventure auf den Markt. Dieses Spiel beinhaltete die Hauptmerkmale aller späteren Computerspiele aus dem gleichnamigen Genre: eine erzählerische Struktur und das Motiv der Suche. Daneben veränderte sich durch die fortschreitende Technologie die Steuerungsperspektive. Die bis dahin auf einen Bildschirm beschränkte Spielwelt wurde durch das Prinzip des Scrollings (blättern) erweitert. Vergleichbar mit der Schwenkbewegung im Film konnten auf diese Weise vorher nicht sichtbare Plätze erreicht werden (vgl. Malliet/de Meyer 2005: 31).

Im gleichen Zeitraum wie die Konsolen und Spielautomaten kamen auch die Personal Computer (PC) auf den Markt. Zu den erfolgreichsten gehörten am Anfang der Apple II und der Commodore 64. Sie boten eine gute Grafikleistung und waren interessant für Hobbyprogrammierer. Die gestiegene Nachfrage nach Computerspielen veranlasste die Industrie zu einer Produktionssteigerung. Zwischen 1983 und 1986 überstieg das Angebot die Nachfrage und es kam erneut zu einer Krise. Diese konnte vor allem die japanische Firma Nintendo mit der Spielkonsole Nintendo NES und dem Gameboy erfolgreich überstehen. Auf dem PC-Markt waren vor allem drei Firmen dominant: Commodore mit dem Amiga, Apple mit dem Macintosh und IBM mit dem gleichnamigen Produkt. Hier waren besonders textbasierte Adventure-Spiele sehr beliebt.

Durch die neue Steuerungstechnik (point-and-click) mit der es möglich war, die Spielfiguren über die Maus zu steuern und deren Kombination mit der erzählerischen Struktur aus den Adventure-Spielen, wurden immer mehr Strategie-Spiele entwickelt (vgl. Malliet/de Meyer 2005: 37). In den 90er Jahren verschärfte sich der Konkurrenzkampf zwischen den Konsolenproduzenten. Atari schied aus dem Markt aus und auch Sega (Saturn, Dreamcast) ereilte das gleiche Schicksal im Jahr 2001. Auf dem PC-Markt fanden sich zu dieser Zeit immer mehr dreidimensionale Spiele. Auf der Basis von Doom und Quake entstand das Genre der First-Person-Shooter (Ego-Shooter). Für die Internetrollenspiele bilden die Multi-User-Dungeons (MUDs) die geschichtliche Grundlage. Es handelt sich dabei um textbasierte, virtuelle Welten, die in Form eines Spiels für mehrere Personen meist von Studenten auf den Servern der Universitäten installiert und gespielt wurden (vgl. Schnitzer 1995: 279). Hieraus leiten sich die heutigen Massively Multiplayer Online Roleplaying Games (MMORPGs), die das Prinzip der MUDs durch grafische Elemente ergänzen.

In diesen Welten treffen sich, häufig in Echtzeit, hunderte von Spielern (abhängig von Servergröße). Es geht hauptsächlich um den Aufbau einer einflussreichen Spielfigur. Der Besitz von virtuellem Geld spielt dabei häufig eine wesentliche Rolle. Für Spieler die weniger Zeit haben und dennoch ihre Spielfiguren weiter entwickeln möchten gibt es Portale, wo für echtes Geld das virtuelle verkauft wird.[2]

Das Online-Spielen ist auch zum Thema bei den Konsolen geworden. Die aktuellen Spielkonsolen (2006) von Sony (Playstation3), Nintendo (Wii) und Microsoft (Xbox360°) verfügen mittlerweile über ausgereifte Funktionen des Online-Spielens. Neben diesem Bereich erscheint das mobile Spielen (Handy-Spiele) als ein zukunftsträchtiger Markt (vgl. o.V. Süddeutsche Zeitung: Thema des Tages).

Die technischen Möglichkeiten lassen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ideen für neue Spielthemen fehlen. Um dieser Flaute entgegen zu wirken plant Microsoft, seine Spielentwicklungssoftware (XNA Game Studio Express) Interessierten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise sollen neue Ideen für Spiele entstehen. Visionäre, wie der Sim City und The Sims Entwickler Will Wright, sehen in der Zukunft Computerspielkameraden, die in der Lage sind, entsprechend den Profilen und den Bedürfnissen einer Person, ein Spiel zu kreieren (vgl. o.V. Süddeutsche Zeitung: Thema des Tages). Zusätzlich könnten solche Geräte als multimediale Center fungieren und mit einem Fernseher, Videorecorder und einer Musikanlage ausgestattet sein.

4. Geräteausstattung und Mediennutzung

Auf der Basis von zwei repräsentativen Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest [Kinder, Information, (Multi-)Media- KIM 2003 / Jugend, Information, (Multi-)Media- JIM 2005] werden im Folgenden die Geräteausstattung sowie Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 19 Jahre dargestellt (o.V. KIM 2003; JIM 2005). In den Studien wurden insgesamt 2404 Kinder und Jugendliche befragt (KIM=1201, JIM=1203) Einige Fragen richteten sich dabei an die Eltern. Bei beiden Studien handelt es sich um repräsentative Stichproben aus der Grundgesamtheit (ca. 7 Mio.) der Kinder und Jugendlichen in Deutschland.

4.1. Geräteausstattung in den Haushalten

Abbildung 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus den Daten lässt sich ablesen, dass die Anzahl der Haushalte mit einem Computer innerhalb eines Jahres um 7% angestiegen ist (2002=67%, 2003=74%). Ebenso verhält es sich mit dem Besitz eines Mobiltelefons (2002=79%, 2003=86%). Sind des Weiteren 2002 47% der befragten Haushalte Online gewesen, so stieg die Anzahl der Internetanschlüsse im Jahr 2003 auf 57%. Etwas geringer fällt der Anstieg des Spielkonsolenbesitzes mit 46% der Haushalte im Jahr 2002 auf 49% der Haushalte im Jahr 2003 aus. Um die weitere Entwicklung des Besitzes von Mediengeräten darzustellen werden zum Vergleich die Ergebnisse der JIM 2005 herangezogen.

Abbildung 2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hier sind wieder beim Besitz von Mobiltelefon, Internetzugang, Computer/Laptop und Spielkonsole Anstiege zu verzeichnen. Der größte Zugang ist bei der Anzahl der Haushalte mit Internetzugang zu verzeichnen (2003=57%, 2005=89%). Es folgt der Computer mit 74% (2003) und 98% der Haushalte 2005, das Handy (2003=86%, 2005=99%), die Spielkonsole (2003=49%, 2005=61%). Einige Haushalte (9%)verfügen zusätzlich über Handheld-Computer oder PDAs (personal digital assistent). Allerdings wird aus der Studie nicht klar, wo die tragbaren Spielgeräte wie Gameboy, PlayStationPortable oder Nintendo DS untergebracht wurden. Zudem ist es schwer vorstellbar, dass tatsächlich 100 Prozent aller Haushalte in Deutschland einen Fernseher und 98 Prozent einen Computer besitzen. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) rechnet bei dem Besitz von Computern lediglich mit 77% der deutschen Haushalte (o.V. BITKOM-Presseinformation: bitkom.org)

Der Zugang zu manchen Geräten wird dadurch erleichtert, dass die befragten Haushalte im Durchschnitt mehrere davon besitzen. So gibt es zum Beispiel pro Haushalt mehr als drei Mobiltelefone und zwei Computer (inkl. Laptops). Schon aufgrund sinkender Preise von Elektronikartikeln ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Geräte insgesamt weiter zunimmt.

4.2. Gerätebesitz bei Kindern und Jugendlichen

Die unter 4.1. genannten Zahlen geben keine Hinweise darauf, welche Geräte den Kindern und Jugendlichen direkt zugänglich sind. Daher wird im Folgenden der Gerätebesitz der Kinder und Jugendlichen separat betrachtet.

Abbildung 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Hinblick auf Geräte, mit denen man auch Computerspiele spielen kann, ist zu verzeichnen, dass bei den 6 bis 13 Jährigen der Gameboy als älteste, tragbare Spielkonsole am meisten verbreitet ist (45%), gefolgt von Spielkonsolen (z.B. PlayStation, Game

Cube usw. mit 27%), Mobiltelefonen (24%), dem PC (15%) und dem Notebook (4%). Nur 6% der Kinder verfügen 2003 über einen eigenen Internetanschluss.

Die Daten aus der JIM Studie 2005 zeigen wie sich der Trend weiterentwickelt hat. Es sollte bei dem Vergleich beachtet werden, dass sich mit dem steigenden Alter auch die Bedürfnisse nach bestimmten Geräten ändern (z.B. durch Schule, Freundeskreis).

Abbildung 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Betrachtet man die Geräte, auf denen das Spielen von Computerspielen möglich ist – Handy, PC/Laptop, Spielkonsole – dann fällt auf, dass, abgesehen vom Handy, die Jungen den Besitz dieser Geräte dominieren. Bei dem Besitz aller Geräte sind Anstiege zu verzeichnen, am stärksten bei den Handys. Nach diesen Daten besitzen 94% der Mädchen ein Mobiltelefon (Jungen 90%), 65% der Jungen einen PC (Mädchen 48%), 52% der Jungen eine Spielkonsole (20% Mädchen) und 41% der Jungen einen eigenen Internetanschluss (28% Mädchen).

4.3. Computernutzung

Die KIM Studie 2003 zeigt, dass die 6 bis 13 Jährigen den Computer (PC) hauptsächlich zum Spielen nutzen (alleine spielen 70%, mit anderen spielen 53%).[3] Weniger als die Hälfte (46%) benutzen den Computer für die Schule und 44% beschäftigen sich mit Lernprogrammen. Laut der Ergebnisse von KIM 2003 steigt die Häufigkeit der Nutzung mit dem Alter (6-7 Jährige 46%, 12-13 Jährige 84%). Bezogen auf den Schulzweig wird der Computer am wenigsten von Hauptschülern und am meisten von Gymnasiasten genutzt, was dadurch zu erklären ist, dass Hauptschüler seltener über einen eigenen Computer verfügen.

Abbildung 5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch bei den 12 bis 19 Jährigen haben die Hauptschüler (43%) seltener einen eigenen Computer als die Gymnasiasten (62%). Dementsprechend wird auch hier der Computer insgesamt von den Hauptschülern am wenigsten regelmäßig genutzt.

Abbildung 6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Art der Computernutzung unterscheidet sich nur gering von der bei 6 bis 13 Jährigen. Am häufigsten wird der Computer von den Jugendlichen für das Musikhören genutzt (67% Jungen, 50% Mädchen), gefolgt von Computerspielen (61% Jungen, 15% Mädchen). Bei der Nutzung des Computers für die Schule gibt es kaum geschlechtbedingte Unterschiede (37% Mädchen, 38% Jungen). Ähnlich verhält es sich bei der Nutzung von Lernprogrammen (12% Mädchen, 13% Jungen). Die Mädchen nutzen den Computer vor allem für Foto-, Bild- und Videobearbeitung, zum Malen oder Zeichnen sowie zum Schreiben von Texten intensiver als die Jungen.

Abbildung 7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Jungen den Computer häufiger als Mädchen zum Spielen benutzen. Es ist vorstellbar, dass die geschlechtlichen Unterschiede zukünftig geringer werden. In letzter Zeit haben die Computerspielproduzenten die Mädchen als Zielgruppe stärker ins Auge gefasst.

In der Werbung für Computerspiele finden sich immer mehr Frauen und auch die Produkte, wie pinkfarbene Spielkonsolen oder Spiele wie Barbies Modenschau, bestätigen diese Entwicklung. Viele Mädchen spielen aber auch Computerspiele, die eher auf männliche Spieler abzielen.

4.4. Markt für Unterhaltungssoftware

Der Umsatz mit Computerspielen stieg im ersten Halbjahr 2006 um 1% im Vergleich zum Vorjahr und lag dann bei 469 Millionen Euro. Konsolenspiele waren dabei erfolgreicher (250 Mio.) als die PC-Spiele (219 Mio.). Grund sind die mobilen Spielkonsolen von Nintendo (NintendoDS) und Sony (PlayStationPortable) und die damit zusammenhängende Vergrößerung des Marktvolumens für Handheldsoftware (von 38 Mio. auf 77 Mio.). Besonders nachgefragt wurden die Gehirntrainingsspiele (z.B. Dr. Kawashima´s Gehirnjogging) für die tragbaren Spielkonsolen von Nintendo (vgl. o.V. F.A.Z. Nr. 252). Nachgegeben hat dagegen der Markt für Edu- und Infotainmentprogramme um 19% auf 110Mio.€ (Vorjahr 136 Mio. Euro) (o.V. „BIU veröffentlicht“: biu-online).

Im Jahr 2004 wurden circa 60 Millionen Stück Unterhaltungssoftware mit einem Wert von 1,3 Milliarden Euro umgesetzt. Die folgende Grafik zeigt das Wachsen des Gesamtmarktvolumens in den Jahren 2002 bis 2003.

Abbildung 8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: www.vud.de (16.10.2006)

Damit ist Deutschland nach Großbritannien (1,7Mrd.Euro) der zweitgrößte Markt für Unterhaltungssoftware in Europa. Zwei neue Trends zeichnen sich dabei ab: Handy-Spiele und Online-Spiele. Mit 1,5 Millionen Spielern befindet sich in Deutschland der größte Markt für Online-Spiele in Europa.

Diese Entwicklung hängt vor allem mit dem Anstieg der Breitband-Internetzugänge und der verbesserten Spieltechnologie zusammen.[4] Zu dem bislang erfolgreichsten Online-Spielen gehört World of Warcraft, das von mehr als sechs Millionen Spielern weltweit gespielt wird (Schmidt 2006, F.A.Z.). Im August 2006 hat sich das Rollenspiel unter den PC-Spielen am erfolgreichsten verkauft gefolgt von Counter-Strike: Source (Ego-Shooter). Bei der Spielkonsole X-Box waren es Halo2 (Ego-Shooter) und Fable (Action-Adventure). Bei der Playstation 2 wurde das Actionspiel Grand Theft Auto: Liberty City Stories (Action-Adventure) am meisten nachgefragt, und bei Nintendos GameCube ist es das Kämpferspiel Super Smash Bros. Melee gewesen.

5. Soziale Phänomene beim Computerspielen

Schon relativ früh erkannte die Wissenschaft, dass man bei der Beschreibung von Computerspielern nicht von sozial isolierten und einsamen „Freaks“ sprechen kann. Um die Computerspiele - zuerst im Bereich von Automatenspielen - hat sich ein Netzwerk aus Spielern und Zuschauern gebildet, was mit einer Plattform für soziale Kontakte aus allen gesellschaftlichen Schichten und damit zusammenhängende Kommunikation gleichzusetzen war (vgl. Newman 2004: 149).

Dennoch waren zumindest die PC-Spiele hauptsächlich für den Singleplayer-Modus bestimmt und der Multiplayer-Modus blieb auf die Konsolen beschränkt. Dies änderte sich mit der Einführung von Netzwerkspielen. Zwar sitzen die Spieler nicht zusammen vor einem Bildschirm, sie können aber zumindest in einem Raum sitzen und über angeschlossene Kopfhörer und Mikrofone (sog. Headsets) kommunizieren. Die Konsolen waren dagegen von Anfang an für mehrere Spieler angelegt. Es entwickelten sich mehrere Arten des Zusammenspiels (je nach Spiel) (vgl. Newman 2004: 152). Einige Computerspiele erlauben, dass mehrere Spieler gleichzeitig agieren können. Selbst Spiele, die eigentlich für Einzelspieler bestimmt waren, können mit mehreren Personen gespielt werden, indem die Aufgaben verteilt werden. So kann sich der aktive Spieler zum Beispiel auf die Bewegungen der Spielfigur konzentrieren und der aktive Zuschauer beobachtet währenddessen die Umgebung.

Unter anderem aus diesen anfänglichen Interaktionen hat sich mit der Zeit um die Computerspiele eine Art Kultur entwickelt. Dazu gehören private Spielertreffen (Local-Area-Network(LAN)-Parties), Fan-Gemeinden (vor allem im Internet), computerspielbezogene Literatur und professionell organisierte Wettbewerbe (LAN-Events, z.B. MagicLAN) (vgl. Newman 2004: 153; Vogelsang 2003: 65ff). Hier bieten sich - hauptsächlich im Zusammenhang mit Computerspielen – Plattformen für einen informativen Austausch zwischen den Spielern einerseits und den Soft- und Hardwareproduzenten andererseits an (vgl. Newman 2004: 158). Das auf diese Weise erhaltene Feedback nutzen die Spielproduzenten für zukünftige Spielentwicklungen.

6. Struktur von Computerspielen

Der Aufbau jedes Computerspiels erfolgt nach bestimmten Regeln, die sich der Spieler erschließen muss. Der Spielspaß hängt dabei sowohl von der Attraktivität des Spiels als auch von den Vorlieben des Spielers ab. In diesem Kapitel werden diese Zusammenhänge erläutert.

6.1. Merkmale eines Computerspiels

Viele Computerspiele zeichnen sich aus durch filmartige beziehungsweise buchartige Handlungsfolgen, die als Teil einer eigenen Welt zu sehen sind. Die darin geltenden Gesetzmäßigkeiten sind von den Programmierern festgelegt. Die Spielfigur durchläuft in der Regel vielfältige Spielszenarien, die vom Programm abhängig sind. Diese Bilderwelten erinnern oft an Zeichentrickfilme oder Comics. Bei älteren Wirtschaftssimulationen sind auch Ähnlichkeiten mit Textverarbeitungsprogrammen feststellbar. Im Allgemeinen kann der Spieler mittels eines elektronischen Stellvertreters (Spielfigur) auf die Handlungsfolgen im Spiel Einfluss nehmen. Die Spielfigur wird dabei mittels eines Joysticks (Gamepad), einer Maus und/oder der Tastatur gesteuert.

Jedes Computerspiel vermittelt bestimmte spieldynamische Grundmuster, die Bezug nehmen auf die Lebenshaltungen und Handlungsmuster der Spieler selbst (zum Beispiel: Erledigung, Bereicherung, Kampf) (vgl. Fritz/Fehr 1993: 49).

Ein weiteres Merkmal bilden die Leistungsforderungen. Diese unterscheiden sich in ihrer Art und in ihren Niveaus. Gefordert werden vor allem die geschickte Koordination von Auge und Hand, Reaktionsschnelligkeit und logisch-strategisches Denken. Einen besonderen Reiz machen die so genannten Feedback-Elemente aus. Der Spieler erhält während des Spiels Rückmeldungen über sein Verhalten. Auf diese Weise kann er unmittelbar die Konsequenzen seines Handelns erkennen. Entweder kommt seine Spielfigur weiter, sie erhält mehr Punkte/Extras/Leben oder er wird bestraft (z.B. die Figur stirbt). Insgesamt kann das ganze Bildschirmleben als Feedback angesehen werden, da die Reaktionen der Bildschirmumwelt dem Spieler die Auswirkungen seines Handelns signalisieren. Computerspiele beziehen sich inhaltlich auf Literatur, Film, Comic oder Gesellschaftsspiele. Sie stehen somit nicht isoliert da, sondern sind eingebunden in das massenmediale System mit festgelegten Mustern und Strukturen. Aus den oben genannten Merkmalen entwickelt sich im Spiel eine eigene mediale Welt, die den Wünschen und Neigungen des Spielers entgegenkommen kann. Auf diese Weise werden Selbstinszenierungen zu fast allen Themenbereichen möglich (vgl. Fritz/Fehr 1993: 51).

6.2. Spielerscheinung

Beim ersten Kontakt erlebt man zuerst Bilder und Musik. Grafik, Farben, einzelne Figuren sowie die Landschaften können unterschiedliche Spieler auf eine bestimmte Weise ansprechen. Zusätzlich trägt die musikalische Untermalung wesentlich zur Akzeptanz des Spiels bei (Abwechslungsreichtum vs. Monotonität). Werden Grafik und Musik beim ersten Kontakt positiv bewertet, so besitzt das Spiel einen primären Aufforderungscharakter, das heißt, es signalisiert dem Spieler ein individuelles Gefühl von Spaß, falls er sich auf das Spiel einlassen sollte. Dies geschieht unabhängig von der Spielgeschichte oder der beigefügten Anleitung (vgl. Fritz/Fehr 1993: 51).

6.3. Spielinhalt

Grafik, Animation und Sound besitzen für den Spieler in der Regel eine inhaltliche Bedeutung. Die Symbolstruktur wird dabei individuell entschlüsselt und für die eigenen Ziele verfügbar gemacht. Symbolstruktur heißt in diesem Fall, dass die Symbole mit ihrem Zusammenwirken in Beziehung mit dem individuellen Symbolverständnis des Spielers gesetzt werden (z.B.: eine Fee hilft mit ihrer Zauberkraft über ein Hindernis). Der Spieler weiß in der Regel aus seiner Kindheit, dass Feen zaubern können. Dieses Wissen nutzt er in diesem Moment aus. Daneben werden durch die Ausführung des Spiels bei den Spielern individuelle Assoziationen ausgelöst. Das Spielgeschehen kann an Erfahrungen, Wünsche oder Ängste erinnern. Auf diese Weise kann ein persönlicher Bezug zum Spiel hergestellt werden (vgl. Fritz/Fehr 1993: 52). Die Symbolstruktur ist meistens eines medialen Ursprungs, das heißt, dass die Figuren, die Landschaften und Gegenstände aus Filmen, Comics oder Karikaturen stammen. Somit kann man als Spieler leichter in die virtuelle Welt eintauchen. Auf der anderen Seite verfestigt sich das Bild dieser Welt im Bewusstsein, in den Gefühlen und dem Handlungsspektrum des Spielenden (vgl. Fritz/Fehr 1993: 52).

Neben Filmfiguren werden beim Programmieren oft auch Figuren aus der Kultur- und Geistesgeschichte aufgegriffen und als Basismaterial für die jeweiligen Welten benutzt (zum Beispiel: Hexen, Drachen). So haben die Handlungsabläufe zwischen den Figuren oft ihren Ursprung in Märchen oder Sagen (Hexen können zaubern/ Drachen speien Feuer). Die Programmierer nutzen dies als szenisches Gerüst für bestimmende Handlungsmuster der Symbole (vgl. Fritz/Fehr 1993: 52). In Computerspielen wird die Tradition und Funktion dieser Erzählformen mal besser, mal schlechter dargestellt.

6.4. Regeldynamik

Computerspiele haben feste Regeln. Durch den Programmierer ist festgelegt, was an einer bestimmten Stelle durch eine bestimmte Handlung des Spielers geschieht. Folglich wird ein szenischer Zusammenhang zwischen den symbolischen Bestandteilen des Spiels hergestellt (vgl. Fritz/Fehr 1993: 52). Durch diese Sicherung der Handlungsmöglichkeiten des Spielers ergibt sich die Möglichkeit, die Bildschirmwelt zu entfalten. Die Spielanleitung bietet sich zum Teil als Quelle an. Junge Spieler erschließen die übrigen spielwichtigen Details zum Regelgefüge erst aus der Spielpraxis.

Oft haben sie keine andere Möglichkeit, da sie die Spiele nur als Raubkopie besitzen. Das Internet bietet aber mittlerweile genug Möglichkeiten für einen Informationsaustausch. Damit ein Spiel gefällt, reicht allerdings eine grafische und musikalische Attraktivität allein nicht aus. Das Spiel muss daneben über eine Regeldynamik verfügen, die Spannung beinhaltet (z.B. Ungewissheit bei der Lösung von Aufgaben) (vgl. Fritz/Fehr 1993: 53).

Angemessene Leistungsanforderungen bilden einen weiteren Bestandteil des Spielspaßes. Dem Spieler sollten genügend Abwechslungsreichtum und Handlungsmöglichkeiten zu Verfügung stehen, um Langweile zu vermeiden. Dabei kann ein schneller Ablauf des Lebens im Spiel für zusätzlichen Spielspaß sorgen. Die Regeln im Spiel bewirken eine Regeldynamik, die im Entsprechungsverhältnis zur Symbolstruktur steht. Das heißt, durch die Regeldynamik können Symbole im szenischen Geschehen ihren Bedeutungsgehalt entfalten (z.B. ist von einem Sportwagen die Rede, so muss dieser akustisch und grafisch als solcher erkennbar sein). Man kann also festhalten, dass die Symbolstruktur, Spielstruktur, Spielinhalt und die Regeldynamik in einer engen Wechselwirkung zueinander stehen. Aus dem Spielinhalt und der Regeldynamik resultiert schließlich die Spieldynamik.

6.5. Spieldynamik

In Computerspielen geht es nicht darum, die komplexe Realität abzubilden, da sie gar nicht in der Lage dazu sind. Lediglich Prinzipien der Wirklichkeit und übergreifende Regel des menschlichen Lebens sind in das Spielmodel eingearbeitet (vgl. Fritz/Fehr 1993: 53). Es soll dem Spieler ermöglicht werden, sich von vorherrschenden Fakten der Realität zu lösen.

6.6. Zeit

Es gibt spielabhängig zwei Spielmodi: den Realtime Modus und den Turn Modus .

Im Realtime Modus ist der Spieler unmittelbar ins Spielgeschehen einbezogen. Er ist gezwungen, ohne Verzug zu handeln. Passivität führt einerseits zum Stillstand oder andererseits zum Bildschirmtod. Durch die ständige Alarmbereitschaft wird vor allem die Reaktionsgeschwindigkeit gefordert (vgl. 11.1. Adrenalinbildung). Richtiges Timing erlaubt dabei, mehrere Handlungsstränge gleichzeitig im Auge zu behalten (vgl. 11.2. Multitasking). Viele Spiele bieten die Option, die Zeit zu beschleunigen oder zu verlangsamen. Die Pausenfunktion lässt Freiräume zum Nachdenken und erlaubt das Spiel zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Im Turn Modus hat der Spieler unendlich viel Zeit für die Planung seiner Handlungen. Dabei befindet er sich außerhalb des virtuellen Zeitflusses. Er ist gezwungen alle seine Teilhandlungen abzuschließen bevor die Handlungen des Computergegners sichtbar werden.

In beiden Zeitmodi gibt es meistens die Möglichkeit, Spielstände zu speichern oder bestimmte Missstände durch Cheats (Schummelcodes) auszugleichen. Auf diese Weise kann das Spielgeschehen fast nie enden, da immer mit dem Spiel angefangen werden kann, ohne das vorherige Geschehen durchspielen zu müssen. Die Zeit in der virtuellen Welt ist zwar in das Zeitkontinuum der Wirklichkeit eingebettet, wenn man sich jedoch in der virtuellen Welt befindet, folgt man in der Regel der dort gegebenen Zeit.

7. Grundmuster in Computerspielen

Es gibt sieben Grundmuster, die in Computerspielen häufig auftreten. Fritz und Fehr unterscheiden zuerst das häufige Muster Erledigen. Im Spiel müssen zwecks „Weiterkommen“ diverse Aufgaben erledigt werden. Dieser Prozess deckt sich zum Teil mit dem Arbeitszwang der Gesellschaft und somit mit der menschlichen Erledigungsmentalität (z.B. Akten, Einkauf) (vgl. Fritz/Fehr 1993: 53). Es wird ein Bezug zum Privaten oder zum Beruflichen hergestellt, was zu einer Verinnerlichung der im Spiel auferlegten Aufgaben führen kann.

Im Gegensatz zu den freiwillig gesuchten Erledigungs-Situationen im Spiel werden die Spieler im realen Leben mit Erledigungssituationen konfrontiert, mit deren Bewältigung sie häufig Probleme haben. Fritz und Fehr vermuten, dass vor allem junge Spieler sich durch das Spiel Distanz zur Realität verschaffen, weil sie so als allein bestimmend fungieren können. Grundsätzlich werden solche Spielmuster gewählt, die auch Erfolg versprechen. Die Spieler wollen dabei zum Teil negative Erfahrungen aus ihrem Leben kompensieren.

Ein weiteres Muster ist der Kampf. Dies bedeutet grundsätzlich eine aggressive Auseinandersetzung mit einem potenziell gleichwertigen Gegner. Interaktivität spielt hier eine große Rolle, da der Spieler Handlungsmöglichkeiten seiner Gegner in die Planung seiner Handlungen mit einbeziehen muss. Ziel ist dabei immer die Verbesserung der eigenen Spielposition mit einer gleichzeitigen Einschränkung des gegnerischen Handelns und Erfolgs. Die Auseinandersetzungen variieren zwischen Faust- und Trittkämpfen bis hin zu Völkerschlachten. Das Interesse des Menschen, sich mit anderen zu messen liegt in seiner Natur und der Geschichte begründet. Durch die kriegerischen, sportlichen oder geistigen Wettkämpfe und deren Resultate kann der Spieler – wie in der realen Welt – leichter seine Position bestimmen und einschätzen.

Der Prozess des Besiegens eines Computergegners oder eines menschlichen Gegenspielers macht einen großen Reiz aus. Das dritte Grundmuster ist Verbreitung und eng mit dem Grundmuster Kampf verbunden. Ziel ist es, die eigenen Einflussgebiete zu vergrößern und zu sichern (Strategiespiele, z.B.: Age of Empire).

Ein weiteres, weit verbreitetes Grundmuster ist Ordnung. Durch bestehende Regeln ist der Spieler gezwungen, die geforderten Ordnungsvorstellungen zu verwirklichen. Laut Fritz und Fehr ist die menschliche Kultur durch dieses Muster geprägt (vgl. Fritz/Fehr 1993: 55). Der Spieler macht sich eine komplexe Realität gefügig. Dabei geht es im Spiel nicht darum, eigene Ordnungsmuster zu entwickeln, sondern feststehende Muster mittels geeigneter Lösungswege zu erreichen. Der Interessensgrad solcher Spiele variiert, da zum Beispiel Kinder oft keinen Bezug zu eigenen Erfahrungen aus der medialen oder realen Welt finden können.

Ein anderes, seit Jahrtausenden bestehendes Grundmuster des Ziellaufs findet sich auch in Computerspielen wieder (vgl. Fritz/Fehr 1993: 55). In Spielen, die solche Muster aufweisen, geht es hauptsächlich darum, seine Spielfigur – zum Beispiel ein Fahrzeug – durch die Bewältigung von Hindernissen in einer bestimmten Zeit ins Ziel zu bringen. Es handelt sich hierbei um das wesentliche Muster des menschlichen Handelns. Trotz der Einbindung in eine Symbolstruktur, findet der Spieler Parallelen zu seinem außermedialen Leben; das heißt, er ist von dem Handlungsmuster bestimmt, schneller als andere ins Ziel zu kommen.

Fast alle Spiele weisen das Grundmuster Bereicherung auf. Hierbei geht es häufig um das Einsammeln von Punkten, Extras, Ausrüstungen oder Geld. Moralische Einschränkungen werden dabei nicht immer respektiert. Oft wird lediglich eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt und der negative Beigeschmack des Reichtums (wie zum Beispiel im Märchen: „Tischlein deck` dich“) außer Acht gelassen. Bereicherung ist allerdings in Computerspielen nicht zwangsläufig an materiellen Gewinn gebunden, sondern äußert sich zum Beispiel durch das Erreichen eines höheren Levels (Spielebene). Die dabei empfundene Dynamik geht konform mit den Prozessen in der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Prüfung und Bewährung ist das letzte von Fritz und Fehr genannte Grundmuster. Es lässt sich in allen Adventure-Spielen wieder finden. Während in manchen Spielen eine Fehlentscheidung sofort mit dem Bildschirmtod bestraft wird (zum Beispiel: Medal of Honor/Ego-Shooter), existieren auch Spiele wie Monkey Island (Jump´n´Run), die dem Spieler gewisse Freiräume lassen.

Auf diese Weise werden ein sofortiger Spielabbruch und somit auch ein Neuanfang vermieden. Dieser Aspekt kommt dem Spieler eher entgegen, da sonst die Motivation zum Weitermachen ausbleiben kann.

Man kann also festhalten, dass ein Spiel in seinem Entgegenkommen die Erwartung des Spielers erfüllen muss; das heißt, der Spieler muss sich mit seinen Erfahrungen aus der realen Welt oder seinen Vorstellungen und Phantasien im Spiel wieder finden. Dieser Aspekt zielt sowohl auf die Vorlieben, als auch auf die Defizite des Spielers (Fritz/Fehr 1993: 56).

8. Spielgenres

Es lässt sich mittlerweile kaum ein Thema finden, das nicht in irgendeiner Weise in einem Computerspiel verarbeitet wäre. Manche Spielformate sind so komplex, dass eine eindeutige Festlegung des Spielthemas kaum mehr möglich ist. Dennoch verfügen die meisten Spiele über einen gewissen Ursprung, wonach sie sich grob in folgende Kategorien einordnen lassen (Fritz/Fehr 1993: 70ff).

8.1. Abstrakte Denk- und Geschicklichkeitsspiele

Diese Spiele zeichnen sich aus durch sehr abstrakte Spielinhalte. Manchmal lassen sich Anklänge an Comics oder Spielautomaten finden. Die spieldynamischen Prinzipien sind im Wesentlichen Erledigung und Bereicherung, teilweise auch Ordnung und Ziellauf (siehe Kapitel 7). Die aktionale Rolle des Spielers (Spieler steht direkt im Geschehen) ist hier sehr ausgeprägt. Sie erfordert gleichzeitig auch die Einbringung von strategischen Überlegungen. Zu den wesentlichen Spielforderungen gehören Reaktionsschnelligkeit, Gedächtnis und Lenkung (Auge-Hand-Koordination). Man findet häufig eine Mischung aus Denk- und Kombinationsaufgaben. Zu den Untergruppen gehören hauptsächlich Pong- und Wallbreakerspiele (z.B.: Asteroid), Stapelspiele (z.B.: Tetris), Lenkungsspiele (z.B.: Pac Man), Denklabyrinthe, Abräumspiele, Positionsspiele und interaktive Denkspiele (Fritz/Fehr 1993: 70).

8.2. Kampfspiele

Diese Art von Spielen weist das Merkmal von fortgesetzten und kampfbestimmten Handlungsmustern auf. Die Vielfalt der Spiele erstreckt sich von einfachen Abschießspielen bis hin zu komplexen Bewegungsanimationen. Die aktionale Rolle steht im Mittelpunkt. Die Kämpfe finden häufig auf futuristischen Gefechtsfeldern, in Comic-Szenarien oder Fantasie-Welten statt. Das Spielmuster Erledigung ist dabei die beherrschende, spieldynamische Gestalt. Zu den beiden Untergruppen zählen Abschießspiele (Ego-Shooter) und Kämpferspiele (Prügelspiele).

Bei den Kämpferspielen geht es hauptsächlich darum, die komplexe Steuerung eines Kämpfers zu beherrschen. Zum Teil müssen aufwendige Tastenkombinationen erlernt werden, um Spezialangriffe auszuführen. Bei den Abschießspielen geht es dagegen mehr um die Beherrschung von Schusswaffen und räumliche Orientierung. Hierbei muss der Spieler zusätzlich komplexere Strategien zur Bekämpfung des Gegners einsetzen, vor allem, wenn es sich um menschliche Gegner (-Gruppen) in Netzwerkspielen handelt. Es sind sehr schnelle Spiele, die einen ständigen körperlichen und geistigen Einsatz (Konzentration) abverlangen. Es finden sich außerdem fließende Übergänge zu aggressiven Funny-Games und Gefechtssimulationen mit starkem Realitätsbezug.

8.3. Funny-Games oder Jump´n´Run-Spiele

Die aktionale Rolle des Spielers ist auch hier von größter Bedeutung. Die Spiele variieren von einfachen Lenkungsaufgaben bis zu komplexen Bewegungssimulationen. Es gibt eine Vielzahl an Handlungsmustern: laufen, springen, klettern, schießen, einsammeln und befreien. Kampfbestimmte Handlungsmuster stehen zwar nicht im Mittelpunkt, dennoch werden Gegner - deren Anzahl in der Regel sehr hoch ist – meistens innerhalb von Sekunden ausgeschaltet. Dies geschieht unter anderem durch drauf springen, Werfen von Gegenständen oder durch Schießen. Allerdings sind Waffen in der Form wie wir sie kennen meist nicht erkennbar. Vielmehr greifen die Figuren zu unkonventionellen Mitteln wie zum Beispiel Nüsse spucken. Selbst bei diesen harmlos aussehenden Spielen kommt der Spieler um die Anwendung von Gewalt nicht herum, vor allem wenn es darum geht, das „Böse“ auszuschalten. Der lustige Spielcharakter erinnert an Kinder-Comics, weshalb sich auch keine martialischen und kampforientierten Spielfiguren auffinden lassen.

[...]


[1] Unter diesen Adressen finden sich nähere Informationen zu den Initiativen der Spieler: http://www.gamer-sind-keine-verbrecher.de http://www.killerspielverbot.de

[2] Vgl. Bericht bei Tagesthemen(ARD) 05.10.2006: Dubiose Unternehmen (z.B. in China) lassen junge Menschen für magere Löhne stundenlang spielen und verkaufen das erspielte virtuelle Geld dann weiter an interessierte Spieler, die ihre Position in der virtuellen Welt verbessern wollen, aber wenig Zeit zum Spielen haben.

[3] Vgl. auch Kids-Verbraucher-Analyse 2005

[4] Die Informationen stammen von der Internetseite des Verbandes für Unterhaltungssoftware (www.vud.de) vom 16.10.2007. Am 11.01.2007 konnte die Seite nicht mehr lokalisiert werden.

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Computerspiele und Schulleistung
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
109
Katalognummer
V79218
ISBN (eBook)
9783638800020
ISBN (Buch)
9783640433414
Dateigröße
14500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Computerspiele, Schulleistung, Gehirnforschung, Dopamin, Medientheorie
Arbeit zitieren
M.A. Peter Maciejonczyk (Autor:in), 2007, Computerspiele und Schulleistung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79218

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