Die Reformatoren und ihre Theologie. Das Eheverständnis Luthers


Seminararbeit, 2007

33 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Eheverständnis der katholischen Kirche

3. Das Eheverständnis bei Luther
3.1 Die Ehe bei Luther als `weltlich Ding´ und `göttlicher Stand´
3.2 Kurzer historischer Rückblick zum Verlöbnis und zur Eheschließung
3.3 Zum Verlöbnis und Eheschließung nach Luthers Verständnis
3.4 Zur Ehelosigkeit

4. Zur Aufgabe und Ordnung der Ehe bei Luther
4.1 Die Ehe im Spiegel von Schöpfungsaufgabe und Sexualität bei Luther
4.2 Stellung und Rolle der Frau in der Ehe bei Luther

5. Scheidungsverständnis bei Luther

6. Luthers Eheverständnis im Blickwinkel der heutigen Zeit

7. Fazit

Literaturliste

1. Einleitung

Obwohl sich viele junge Erwachsene heute eindeutig von den kirchlichen Traditionen abgrenzen, gehört für einen großen Teil der Heiratswilligen die kirchliche Trauung mit einer Braut ´ganz in Weiß`, zu den Hochzeitsfeierlichkeiten dazu. Dabei ist für Viele bedauerlicherweise der eigentliche christliche Sinn der kirchlichen Trauung und das damit verbundene traditionelle christliche Verständnis der Eheführung verloren gegangen oder zumindest in den Hintergrund gedrängt worden. Diesbezüglich ist daher eine Analyse des veränderten Eheverständnisses unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung durch die Reformen Luthers von Bedeutung. Im Vordergrund steht die Frage, ob das von Luther propagierte Eheverständnis in der modernen Ehe von heute noch praktiziert wird. Angesichts der angeführten Problematik und Fragestellung, wird im Rahmen dieser Seminararbeit zunächst das Eheverständnis Luthers erläutert. Daran anschließend wird Luthers Eheverständnis in Bezug zu aktuellen Verlautbarungen der EKD gestellt. Des Weiteren wird analysiert, welchen Einfluss Luthers Eheverständnis auf die modernen Ansichten und Vorstellungen über die Ehe in der heutigen Gesellschaft hat.

Die für diese Seminararbeit ausgewählte Literatur Luthers gibt einen Einblick in den Entwicklungsprozess seiner theologischen und seelsorgerischen Ansichten zur Ehe. Ich beziehe mich vornehmlich auf folgende, aufgeführte Schriften Luthers: Ein Sermon von dem ehelichen Stand (1519), Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche (1520), Vom ehelichen Leben (1522), Das siebente Kapitel St. Pauli zu den Corinthern (1523), Eine Predigt vom Ehestand (1525), Traubüchlein für den einfältigen Pfarrherrn (1529), Von Ehesachen (1530). In der Auseinandersetzung mit den Schriften Luthers wird abschließend reflektiert, welche seiner Hauptansichten sich mit den heutigen Sichtweisen bezüglich der Ehe vereinbaren lassen. Um die Problematik des Ehebegriffes in der Reformationszeit besser erfassen zu können und einen überzeugenden Vergleich des reformatorischen Eheverständnisses Luthers zu gewährleisten, werden vorab die wichtigsten katholischen Aspekte des Eheverständnisses erläutert. Die nachfolgenden Punkte beschäftigen sich dann konkret mit dem Eheverständnis von Luther. Sie verschaffen einen allgemeinen Überblick seiner Ansichten zu Stand, Verlobung, Ehe, Ehelosigkeit, Trauung, Aufgabe und Ordnung der Ehe, Stellung der Frau und Scheidung. Dabei wird u. a. auf die eingangs genannte Literatur zurückgegriffen. Im Anschluss erfolgt unter Berücksichtigung der aufgeworfenen Fragestellung, die Reflektion zum Eheverständnis Luthers und wie diese im Spiegel der heutigen Zeit bewertet werden kann. Zum Abschluss folgt eine Zusammenfassung der aufgeführten Gliederungspunkte mit anschließendem Resümee, wie heiratswillige Paare unserer Zeit die reformatorischen Ansichten Luthers zur Ehe berücksichtigen sollten oder können.

2. Eheverständnis der katholischen Kirche

Seit dem II. Laterankonzil 1139 beruft sich die kath. Kirche auf eine sakramentale Ehelehre.[1]

Zur Zeit Luthers stand, seit dem Konzil von Florenz 1439 im Kern der römisch- katholischen Ehelehre der sakramentale Charakter der Ehe, welcher im Zuge des Konzils lehramtlich angeordnet wurde.[2]

Nach römisch kath. Verständnis ist die Ehe eine der Schöpfungstheologie entsprungene Institution, welche „das personal-soziale Zusammenleben der Geschlechter normativ verbindlich regelt.“[3] Das durch beide Partner freiwillig begründete eheliche Miteinander zielt auf das gegenseitige Wohl der Ehepartner und auf die Zeugung und Erziehung der Abkömmlinge. Des Weiteren prägen ethische Grundwerte wie Liebe und Treue und die Unauflöslichkeit den Ehestand.[4] Das Eheband zwischen Mann und Frau wird mit der Trauung in der Kirche geschlossen und gilt als lebenslang und unauflöslich. Eine Scheidung wird ausgeschlossen. Die Ehe wird gleichsam zum „Abbild des Bundes Christi mit seiner Kirche (vgl. Eph. 5, 32).“[5]

Für die römisch kath. Kirche stellt die Ehe ein Sakrament dar, welches die Liebes- und Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau vor Gott fundiert. Als ein Sakrament wird in der katholischen Kirche in Bezug auf Eph. 5.32 ein heiliges Zeichen verstanden, welches die Liebe Gottes zu den Menschen veranschaulicht und sie an der Liebe Gottes teilhaben lässt. Es gilt sozusagen dem Heilsgeheimnis Gottes in Jesus Christi und charakterisiert als Sakrament „[…] die geschichtliche Verwirklichung des Heilsmystreriums.“[6] Insofern wird das Ehesakrament im kath. Verständnis auch als Teil der Erlösungsordnung betrachtet. Die Eheleute erfahren durch das Sakrament der Ehe im Ja zueinander die unwiderrufliche Zusage und Hilfe Gottes für ihre Ehe.[7] Um die konfessionellen Unterschiede des Eheverständnisses erfassen zu können, wird zunächst auf das lutherische Eheverständnis eingegangen.

3. Das Eheverständnis bei Luther

Den Ansatz der Ehelehre Luthers bildet zum einen seine Kritik an dem monastischen Ideal seiner Zeit, welches das Zölibat und die Jungfräulichkeit als höchsten geistigen Stand der Christenheit einseitig betont. Daraus folgt, dass der Vollkommenheit des christlichen heiligen Standes des Zölibats, die Ehe als Stand der Unvollkommenheit gegenübergestellt wird. Zum anderen sieht Luther eine weitere Problematik darin, dass die römisch kath. Kirche die Ehe als göttliche Verheißung zum Sakrament erhebt. Er kreidet an, dass ohne jeglichen schriftlichen Beweis, die Ehe von der Kirche als Sakrament falsch ausgelegt wird. Demzufolge trägt, lt. Luther die Kirche die Schuld daran, dass die Ehe in der Gesellschaft zum Gespött wurde und innerhalb der damaligen Gesellschaft nicht genügend Würdigung findet.[8] Denn seines Erachtens fehlt jeglicher schriftliche Beweis dafür, dass die Ehe eine göttliche Verheißung ist, denn für Luther existiert in der Ehe kein „von Gott gestiftetes Zeichen“[9]. Für Luther ist die Ehe ein Stand, den es von Beginn der Welt an gegeben hat und den auch ungläubige Heiden praktizieren. Insofern sieht er keinen Anlass dafür, die Ehe als Sakrament und Zeichen des neuen Gesetzes, welches allein die Kirche betrifft, zu deuten. „Denn die Ehen der Väter waren nicht weniger heilig als unsere, und die der Ungläubigen sind nicht weniger echt als die der gläubigen, und doch legt man ihnen nicht den Namen >>Sakrament<< bei.“[10] Luther deutet das Sakrament selbst als nach außen hin sichtbares Zeichen einer heiligen Sache und nicht die heilige Sache an sich.[11]

Exegetisch begründet mit der Übersetzung von Eph. 5,32 sehen die katholischen Theologen den Beweis für die Ehe als Sakrament.[12] Demgegenüber steht Luthers Auffassung, dass Eph. 5,32 vom griechischem mysterion falsch in sacramentum übersetzt und demzufolge als Zeichen Gottes verstanden worden ist. Dieser Übersetzungsfehler kam häufiger vor, wenn der Übersetzer das Wort mysterion vom Griechischen entweder mit sacramentum übersetzte oder es so beließ.[13] Folglich hat die katholische Kirche in der gesamten Bibel das Wort Sakrament ohne kritisches Hinterfragen, als Zeichen gedeutet. Luther fragt sich in diesem Zusammenhang polemisch, warum die kath. Kirche nicht noch mehr Sakramente erfunden hat.[14] Jordahn stellt heraus, dass Luther in seiner Schrift Ein Sermon von dem ehelichen Stand im Ehestand zunächst Entsprechungen zum Sakrament der Taufe sieht, um zu verdeutlichen, dass die Ehe ein Sakrament sei. Für Luther sind Zeichen und Sakrament kongruent. Das Wesen des Sakramentes liege darin, dass es selbst das Zeichen darstelle welches „geystich, heylig, hymelisch und ewig dingk“[15] sei. Luther unterscheide das Sakrament der Taufe und das der Ehe, indem er das Wasser bei der Taufe als Zeichen des Empfangs der Gnade Gottes und der Reinigung des Menschen von der Erbsünde deute. Indessen gelte die Ehe als Sakrament, welches die menschliche und göttliche Vereinigung in Christus demonstriere. Des Weiteren bezieht Jordahn sich auf eine Nachschrift von Stephan Roth. Dieser versteht Luther in der WA 2 168, 13 - 29 im Bezug zum sakramentalen Charakter der Ehe folgendermaßen: Luther sehe in der Beziehung von Christus zu seiner Gemeinde ein großes Geheimnis, welches von außen verborgen bliebe, weil diese einzigartige (Liebes-) Beziehung allein vom Glauben an Christus leben könne. Somit verdeutlicht sich lt. Jordahn für Roth, dass unter dem besonderen Hinweis Luthers auf das Verhältnis Christi zu seiner Gemeinde, diese Liebe einer Ehe gleich ist ohne jedoch die Funktion der Erlösung zu beinhalten und im engeren Sinne ein Sakrament zu sein, wie es z. B. die Taufe ist.[16] Daraus sei eindeutig zu schließen, dass die Ehe, trotz Ablehnung des sakramentalen Charakters und der kirchlichen Prägung, auch im reformatorischen Verständnis eine grundlegende Stellung im Christentum einnehme.[17] Später lehnt Luther in seiner 1520 erschienenen Reformationsschrift an die Gelehrten und Theologen: Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche den sakramentalen Charakter der Ehe ab, denn er fand in der Bibel keinen Beweis dafür, dass die Ehe ein von Gott empfangenes Zeichen ist. So heißt es: „Ohn alle Schrift wird die Ehe für ein Sakrament gehalten…Nirgends ist zu lesen, daß [sic] der etwas Gnade von Gott erlangen werde, der eine Ehefrau nimmt. Es ist auch das Zeichen in der Ehe von Gott nicht eingesetzt… Der Ehestand der alten Väter ist nämlich nicht weniger heilig gewesen als der unsere und nicht weniger recht die Ehe der Ungläubigen als der Gläubigen“ (WA 6, 550)“.[18] Faktisch wird in der Literatur zwischen den Äußerungen des 1519 erschienen Sermon vom ehelichen Leben und der 1520 erschienenen Schrift Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche prinzipiell kein Unterschied gesehen. Luther hat nur den Begriff Zeichen herausgenommen und klar verdeutlicht, wie er Sakrament bezogen auf die Ehe interpretiert.[19]

[...]


[1] Vgl. KREß, Hartmut: Ehe. 1. Evangelisch. In: Religion in Geschichte und Gegenwart : Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft / BETZ, Hans Dieter u. a. (Hg.). Bd. 2. 4., völlig neu bearb. Aufl. Tübingen : Mohr, 1999, Sp. 1079. im Folgenden abgekürzt: KREß, Ehe. 1. Evangelisch, RGG.

[2] Vgl. ENGELHARDT, Hanns: Ehe, Eheschließung, Ehescheidung und Wiedertrauung in der Evangelischen Kirche, in Deutschland. In: Die Kirchen und die Ehe: Ehe, Eheschließung, Ehescheidung und Wiedertrauung in der Evangelischen Kirche, in Deutschland/ ENGELHARDT, Hanns (Hg.). Frankfurt am Main, 1984, S. 30. im Folgenden abgekürzt: ENGELHARDT, Ehe, Eheschließung, Ehescheidung

[3] GRUBER, Hans-Günter: Ehe. 2. Katholisch. In: Religion in Geschichte und Gegenwart : Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft / BETZ, Hans Dieter u. a. (Hg.). Bd. 2. 4., völlig neu bearb. Aufl. Tübingen : Mohr, 1999, Sp. 1080. im Folgenden abgekürzt: GRUBER, Ehe. 2. Katholisch, RGG.

[4] Vgl. ebd.

[5] Ebd.

[6] GRUBER, Ehe. 2. Katholisch. Sp. 1080.

[7] Vgl. GRUBER, Ehe. 2. Katholisch. Sp. 1080.

[8] Vgl. BEINTKER, Horst, Die reformatorischen Grundschriften in vier Bänden III. Die Gefangenschaft der Kirche, München 1983, S. 95. im Folgenden abgekürzt: BEINTKER, Grundschriften.

[9] a. a. O., S. 96.

[10] Ebd.

[11] Vgl. ebd. , Vgl. JORDAHN, Bruno, Die Trauung bei Luther, In: Mitteilungen der Luthergesellschaft (1953) S. 13. im Folgenden abgekürzt: JORDAHN, Trauung.

[12] Vgl. JORDAHN, Trauung. S. 12. („Sacramentum hoc magnum est …“)

[13] Vgl. BEINTKER, Grundschriften. S. 96.

[14] Vgl. a. a. O. S. 97.

[15] Vgl. JORDAHN, Trauung. S. 13. (Luther zitiert nach Jordahn)

[16] Vgl. a. a. O. S. 15.

[17] Vgl. SCHÖPSDAU, Walter, Konfessionsverschiedene Ehe. Ein Handbuch, 1984, S. 28. im Folgenden abgekürzt: SCHÖPSDAU, Konfessionsverschiedene Ehe.

[18] ISERLOH, Erwin: Gottesdienst. In: JEDIN, Hubert (Hg.): Handbuch der Kirchengeschichte. Bd. 5 : Reformation Katholische Reform und Gegenreformation Freiburg, Basel, Wien : Herder, 1985, S. 239. (Luther zitiert nach Iserloh).

[19] Vgl. JORDAHN, Trauung. S. 17.

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Details

Titel
Die Reformatoren und ihre Theologie. Das Eheverständnis Luthers
Hochschule
Universität Osnabrück  (Institut für Evangelische Theologie)
Veranstaltung
Seminar: Die Reformatoren und ihre Theologie (Luther, Melanchthon, Zwingli, calvin, Müntzer)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
33
Katalognummer
V79084
ISBN (eBook)
9783638856522
ISBN (Buch)
9783638855280
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reformatoren, Theologie, Eheverständnis, Luthers, Seminar, Reformatoren, Theologie, Melanchthon, Zwingli, Müntzer)
Arbeit zitieren
Anja Hübner (Autor:in), 2007, Die Reformatoren und ihre Theologie. Das Eheverständnis Luthers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79084

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