Wahrnehmungsförderung mit Musik bei frühkindlichem Autismus


Hausarbeit, 2005

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Kanner’scher Autismus
2.1 Kardinalsymptome und Erscheinungsformen
2.2 Grundlagen der Wahrnehmung
2.3 Autismus als Störung der Wahrnehmungsverarbeitung – Ursache für Lernstörungen

3. Förderung autistischer Kinder
3.1 verschiedene therapeutische Ansätze
3.2 Pädagogische Ansätze

4. Wahrnehmungsförderung mit Musik
4.1 Musiktherapie bei autistischen Kindern
4.1.1 Übungen zur auditiven Wahrnehmung
4.1.2 Übungen zur Sprachentwicklung
4.1.3 Übungen zur Körper- und Raumwahrnehmung

5. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Bereits 1943 entdeckte der Jugendpsychiater L. Kanner das Störungsbild des frühkindlichen Autismus. Den von ihm beobachteten Kindern war eine extreme Zurückgezogenheit und Kontaktverweigerung gemein. Heute wird die Störung dieser besonders schwer beeinträchtigten Kinder als „Kanner’scher“ oder frühkindlicher Autismus bezeichnet. Etwa zur gleichen Zeit beobachtete der Wiener Jugendpsychiater H. Asperger das Syndrom des „autistischen Psychopathen“. Diese Störung tritt meistens erst im späten Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter auf. Diese Störung wird heute als „Asperger-Autismus“ bezeichnet.

Frühkindlicher Autismus ist eine tief greifende Entwicklungsstörung, insbesondere im Bereich der Wahrnehmungsverarbeitung. Im Zentrum steht eine schwere Beziehungs- und Kommunikationsstörung. Die Auswirkungen der Störung behindern auf vielfältige Weise die Beziehungen zur Umwelt, da sowohl kognitive als auch sprachliche, motorische, emotionale und interaktionale Funktionen betroffen sind. Hinzu kommen zahlreiche Verhaltensauffälligkeiten. (vgl. http://www.autismus-online.de/autismus.htm, 16.08.2005)

Die Symptome der autistischen Störung sind in ihrem Ausprägungsgrad individuell unterschiedlich.

Der frühkindliche Kanner’sche Autismus tritt bei Jungen 3-4 mal häufiger auf, als bei Mädchen. (vgl. Rollett/Kastner-Koller 2001, 4) Frühkindlichen Autismus findet man in Familien aller Nationalitäten und sozialer Schichten. Die Prävalenzdaten schwanken zwischen 4-5/10 000 bis 1/1000. Er gilt als nicht heilbar.

Zur Behandlung eines Kanner’schen Autismus gibt es heute verschiedene Therapieansätze. So werden von Wissenschaftlern sowohl körperbezogene Therapieverfahren, Verhaltenstherapie, Sprachtherapie und auch medikamentöse Methoden postuliert. Auch die „Festhaltetherapie“, um übermäßige Stimulationen abzubauen, die „unterstützte Kommunikation“ sowie Musiktherapie und auditives Integrationstraining werden angewandt.

In dieser Hausarbeit soll der frühkindliche Autismus als Wahrnehmungsstörung und Möglichkeiten pädagogischer und heilpädagogischer Interventionen betrachtet werden. Als eine Möglichkeiten werde ich dabei auf die Bedeutung musiktherapeutische Ansätze und Übungen eingehen.

2. Kanner’scher Autismus

2.1 Kardinalsymptome und Erscheinungsformen

Nach wie vor sind die Ursachen der autistischen Störung nicht klar definiert. So wurden eine Reihe von hirnorganischen Veränderungen an autistischen Menschen beobachtet, wie Schäden am Kleinhirn und am Limbischen System. Auch genetische Ursachen werden diskutiert. So konnten Schäden an den Chromosomen 15 und 22 mit der Ausbildung eines autistischen Syndroms in Verbindung gebracht werden. (vgl. Rollett/Kastner-Koller 2001, 4) Auch psychische Determinanten werden beobachtet. Eindeutig ist, dass es sich bei dem frühkindlichen Autismus, um eine frühe, vielleicht sogar pränatale Störung handelt. (vgl. Schumacher 1994, 2)

Die intellektuelle Begabung von Menschen mit autistischen Zügen ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von geistiger Behinderung bis hin zu normaler Intelligenz. Einige zeigen erstaunlich hohe Teilleistungen im Rechnen, in technischen Disziplinen, in der Musik und auf anderen Gebieten. (vgl. http://www.autismus-online.de/autismus.htm, 16.08.2005)

Das Störungsbild des frühkindlichen Autismus sind auch in medizinischen Fachkreisen immer noch weinig bekannt. Differenzialdiagnostisch muss der frühkindliche Autismus von anderen tief greifenden Entwicklungsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen, oder Störungen des Bindungsverhaltens, unterschieden werden. In Folge einer Fehldiagnose werden dringend notwendige Fördermaßnahmen nicht ergriffen, was schwere langwierige Folgen nach sich zieht. (vgl. Spiel/Gasser 2001, 225)

Im DSM IV von 1994 wurde unter dem Ordnungspunkt 299.00 eine ausführliche Liste der diagnostischen Kriterien für eine autistische Störung aufgenommen. Sie beinhaltet Kriterien für die Symptomkomplexe soziale Interaktion, Kommunikation, Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten, die zur Stellung der Diagnose „autistische Störung“ erfüllt werden müssen. Zusätzlich werden im Ordnungspunkt 299.80 Kriterien aufgeführt, die für Asperger-Autismus typisch sind. (vgl. Rollett/Kastner-Koller 2001, 13)

Eine weitere Differenzierung wird im Diagnosemanual ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation von 2005 vorgenommen. (vgl. Dilling 2005)

Neben dem frühkindlichen Autismus, Ordnungspunkt F84.0, wird auch der „atypische Autismus“ (F 84.1) beschrieben, bei dem der Krankheitsbeginn auch nach dem 3. Lebensjahr liegen kann. Als weitere Sonderformen werden im ICD-10 das Rett-Syndrom (F84.2), welches nur bei Mädchen auftritt, und das Asperger-Syndrom genannt (F84.5).

Von frühkindlichem Kanner-Autismus spricht man, wenn die Hauptsymptome bis zum Alter von 36 Monaten erstmals auftreten.

In Checklisten zur Diagnosestellung werden als motorische Auffälligkeiten bei autistischen Kindern vor allem Stereotypien wie zum Beispiel Schaukelbewegungen, Klopfen und Kreiseln von Objekten beschrieben. Im Vergleich zu „normal“ entwickelten Kindern, sind sie nicht neugierig und erkunden nur selten durch krabbeln oder laufen ihre Umwelt.

Selbststimulationen äußern sich in Selbstverletzungen durch schlagen, kratzen und Haare ausreißen und Stereotypien. (vgl. Rollett/Kastner-Koller 2001, 16ff.) Die Kinder wirken kraftlos, haben eine schlaffe Körperspannung und einen geringen Muskeltonus. (vgl. http://www.behinderung.org/autismus.htm, 16.08.2005)

Typisch für einen frühkindlichen Autismus sind des Weiteren Auffälligkeiten in der Perzeption, welche zu einer ausbleibenden oder verzögerten Reaktion auf verschiedene Stimuli führen können. Dabei kann es sich um eine Hypo- oder Hypersensitivität handeln. So wird eine Schmerzunempfindlichkeit, eine verstärkte Ablenkbarkeit durch Hintergrundstimuli und eine verminderte Reaktion auf Stimuli während automatisierter Bewegungen, beobachtet. Häufig ist außerdem eine Umkehr der Rezeptorpräferenz, wodurch ein bestimmter Sinn (Geruch, Geschmack, Tasten, Sehen) bevorzugt bzw. vermindert eingesetzt wird. (vgl. Rollett/Kastner-Koller 2001, 16 ff.) Während die Kinder auf bestimmte akustische Reize gar nicht reagieren z. B. auch nicht auf die Ansprache mit ihrem Namen, haben sie eine Vorliebe für bestimmte Geräusche. Das gleiche kann für visuelle Reize gelten. (vgl. http://www.behinderung.org/autismus.htm, 16.08.2005)

Bei jedem autistischem Kind sind außerdem qualitative Beeinträchtigungen in der Sprachentwicklung zu beobachten. Aus diesem Grund werden frühe autistische Symptome oft mit Sprachentwicklungsstörungen verwechselt.

Viele Kinder entwickeln gar keine gesprochenen Sprache. Funktionelle oder funktionslose Sprachstereotypien, Echolalien, Wortfindungsstörungen und Dysgrammatismus können ebenso zur Symptomatik des frühkindlichen Autismus gehören.

Verhaltensauffälligkeiten äußern sich z. B. in unflexiblen Spezialinteressen. Die Kinder richten ihr Interesse auf ein spezielles Gebiet, werden sehr wütend, wenn man sie in der Beschäftigung damit stört und lassen sich auch nicht bzw. nur sehr schwer für andere Dinge begeistern und motivieren. Anstelle dessen sind bestimmte Verhaltensweisen stereotyp, geradezu ritualisiert. Sie bestehen zwanghaft auf bestimmten Ordnungen, sowohl räumlich, als auch zeitlich. Jede Veränderung ihrer Umwelt kann sie stark erregen. Bei vielen Kindern fällt ein exzessives Sammeln bestimmter Gegenstände auf. (vgl. http://www.autismus-online.de/autismus.htm, 16.08.2005)

Autistische Kinder sind nicht in der Lage soziale Kontakte, auch zu Bezugspersonen, aufzubauen. Neben dem fehlenden Blickkontakt, ignorieren sie Menschen in ihrer Umgebung bzw. zeigen keine verbale oder nonverbale Kontaktaufnahme. (vgl. Rollett/Kastner-Koller 2001, 18f.)

So zurückgezogen autistische Kinder oft wirken, sie werden sehr schnell zornig und neigen zu aggressivem Verhalten. In manchen Situationen wirken sie sehr ängstlich, andererseits haben sie kein Gefahrenbewußtsein.

Kinder mit Autismus können nicht "normal" spielen. Sie benutzen ihr Spielzeug in immer gleicher, oft zweckentfremdeter Art und Weise. Jede Kreativität fehlt. Rollenspiele sind mit autistischen Kindern nicht möglich. Zudem zeigen sie keinerlei Imitationsverhalten.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Probleme, die den Umgang mit Kindern mit autistischen Zügen erschweren. Dazu gehören Störungen der Nahrungsaufnahme, Störungen der Ausscheidungsfunktionen und Schlafstörungen. (vgl. http://www.behinderung.org/autismus.htm, 16.08.2005)

So unterschiedlich sich die Ausprägungen der autistischen Störung darstellen, müssen die pädagogischen und therapeutischen Ansätze ebenso vielfältig und individuell ausgerichtet sein. Durch gezielte "autismusspezifische" Förder- und Therapiemaßnahmen lässt sich in vielen Fällen eine deutliche Verbesserung der Symptomatik erreichen und die Lebensqualität sowohl für das autistische Kind als auch seine Kontaktpersonen steigern.

2.2 Grundlagen der Wahrnehmung

Wahrnehmung wird als Teil eines komplexen Handlungsprozesses definiert, dessen grundlegendes Merkmal die Erfassung von Bedeutungen und das Identifizieren von Reizkonfigurationen als sinnvolle Dinge, Personen oder Situationen, ist. Die Entwicklung der Wahrnehmung ist danach eine Art Bedeutungslernen, in der das Kind nach und nach seine Umwelt in ihrer Sinnhaftigkeit entdeckt und zu nutzen lernt. (vgl. Fischer 2000, 107)

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Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Wahrnehmungsförderung mit Musik bei frühkindlichem Autismus
Hochschule
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
26
Katalognummer
V79080
ISBN (eBook)
9783638856492
ISBN (Buch)
9783638854696
Dateigröße
429 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wahrnehmungsförderung, Musik, Autismus, Frühforderung, Kanner, Asperger, Übungen mit Musik, Kinder
Arbeit zitieren
Nicole Mösch (Autor:in), 2005, Wahrnehmungsförderung mit Musik bei frühkindlichem Autismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79080

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