Die Anti-Folter-Konvention und der "Krieg gegen den Terrorismus"

Guantánamo und der Zusammenhang zwischen Folter und Terrorismusbekämpfung


Hausarbeit, 2007

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Begriff der Folter
2.1 Foltern. Was heißt das?
2.2 Die Anti-Folter-Konvention und ihr Verständnis von Folter

3 Folter und Terrorismusbekämpfung
3.1 Was heißt „Kampf gegen Terrorismus“?
3.2 Die „Erweiterung“ des Rechtsrahmens bzw. der Maßnahmen
3.3 Der Präzedenzfall Guantánamo

4 Wie lässt sich Guantánamo bewerten?
4.1 Guantánamo in Bezug auf die existierenden Folterhandlungen
4.2 Guantánamo in Bezug auf die Wirksamkeit gegen Terrorismus

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Selbstmordattentate auf das World Trade Center am 11. September 2001 sind als schwerste Terroranschläge in die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika eingegangen. Von diesem Tag an hat sich die US-amerikanische Politik gewandelt. Die Regierung erklärte, dass sich die USA im Krieg gegen den Terrorismus befinden. Kein Jahr später am 11. Januar 2002 eröffnen die USA das Hochsicherheitsgefängnis Guantánamo Bay auf Kuba. Bereits einen Tag danach kommt es zu heftiger Kritik seitens Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, welche eine unmenschliche Behandlung der Inhaftierten vorwerfen. Elf Tage später wird in der Öffentlichkeit zum ersten Mal der Verdacht der Folter in Guantánamo geäußert.[1] Heute haben sich die Vorwürfe bestätigt, jedoch existiert das Gefängnis weiterhin.

Thema dieser Arbeit ist es mit dem Augenmerk auf die Vereinigten Staaten von Amerika zu untersuchen, in welcher Beziehung Folter und Terrorismusbekämpfung stehen. Auf den ersten Blick besteht zwischen beiden Begriffen kein direkter Zusammenhang. Trotzdem werden sie spätestens nach Guantánamo in einem Satz angeführt und auch im Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen gegen Folter wird der Behandlung von Gefangenen aus dem Terrorismusbereich gesondert nachgegangen[2]. Wenn es also so ist, dass diese Begriffe zusammengewachsen sind, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob dieser Zusammenhang begründet ist.

Zunächst werden die Begriffe der Folter und der Terrorismusbekämpfung einzeln vorgestellt und geprüft, ob eine Verbindung zum jeweiligen anderen Begriff besteht. Kapitel 2 beschäftigt sich mit Folter und gibt vorerst in 2.1 eine Definition dessen, was im Allgemeinen als Folter bezeichnet wird. Im Laufe der Arbeit ist hingegen die Festlegung der Anti-Folter-Konvention (2.2) maßgebend.

Das nächste Kapitel behandelt Terrorismusbekämpfung und beschränkt sich dabei auf den religiös motivierten Terror und auf welche Arten man diesen unterbinden kann. Danach gelangt die Arbeit an einen ersten kritischen Punkt. Die USA sind bestrebt, den rechtlichen Rahmen soweit auszudehnen und anders auszulegen, bis geächtete Praktiken wie Folter wieder anwendbar werden. Es wird sich zeigen, wie man künstlich einen Zusammenhang zwischen Folter und Terrorismusbekämpfung schaffen kann. Dies spiegelt sich dann speziell in Guantánamo Bay wieder. Guantánamo, oder auch Gitmo in der Umgangssprache, ist die neue Grauzone der Terrorismusbekämpfung, wo sich augenscheinlich die schlimmsten und gefährlichsten Verbrecher befinden. Wie die Haft dort konkret aussieht, wird im Weiteren beschrieben.

Es wird ferner der Frage nachgegangen, ob Guantánamo Bay aktive Hilfe bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus leistet oder dort Folter und unmenschliche Behandlung überwiegen. Im letzteren Fall ergibt sich das Problem, ob dieses Gefängnis überhaupt eine Existenzberechtigung hat. An diesem Punkt gelangt man wieder auf die eingangs aufgestellte These zurück: Gibt es einen Zusammenhang von Folter und Terrorismusbekämpfung in der Gestalt von Guantánamo und ist er aufrecht zu erhalten?

Die herangezogene Literatur besteht zu einem größeren Teil aus Zeitschriften und einer Internetquelle, welche aus Aktualitätsgründen unerlässlich sind. Auch der erst 2006 erschienene Sammelband von Beestermöller und Brunkhorst trägt zur Aktualität bei. Das Werk „Guantánamo Bay“ des amerikanischen Journalisten Rose findet besondere Berücksichtigung aufgrund der universellen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema.

2 Der Begriff der Folter

2.1 Foltern. Was heißt das?

Folter wurde bis ins 18. Jahrhundert gemeinhin als legales Mittel anerkannt und zur Wahrheitsfindung, zur Strafe bzw. Züchtigung und als Quälerei eingesetzt. Erst mit der Aufklärung wird sie untersagt, da die Rechte und Stärken des Einzelnen nun Beachtung finden. Gesetzlich wird Folter allerdings erst Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Europa verboten und völkerrechtlich gilt sie durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948) seit Mitte des 20. Jahrhunderts als Menschrechtsverletzung. Deshalb scheint es grotesk, dass Folter dennoch in vielen Staaten der Welt an der Tagesordnung ist. Amnesty International verzeichnet Anfang des 21. Jahrhunderts 150 Staaten, in denen Folter und Misshandlungen stattfinden. Was hat sich geändert und warum wird Folter wieder angewendet? Heutzutage ist sie Teil der staatlichen Exekutive und wird als Zwangs- und Einschüchterungsmittel (aus)genutzt.[3] Dabei liegt der Fokus auf politischen Verbrechen und Feinden des Systems, denn diese greifen die staatliche Ordnung und dem System inhärenten Werte in ihrem Grundsatz an. Namentlich gilt heute Terrorismus als die größte Bedrohung für unsere westliche Welt.

Folterhandlungen versprechen vermeintlich, Informationen zu liefern.[4] Gefoltert wird in der Regel geheim und immer mit dem Vorsatz, dass „Folter auch zukünftige Verbrechen größeren Ausmaßes verhindern und Tausende von Menschen das Leben retten könnte.“[5]

Daneben geht es zusätzlich um Macht. Ohne Macht ist Folter undenkbar. Bei der Ausübung der Folter ist es Ziel, die überlegene Position auszuspielen, wie in einem Machtkampf.[6] Sie möchte den Willen eines Menschen brechen und ihm die Subjektqualität nehmen, ihn verdinglichen. Man reduziert ihn durch Einschüchterung und Demoralisierung auf ein wehrloses Bündel von Schmerz, Scham und Angst, um ihn für eigene Zwecke auszunutzen. Dabei bleibt dem Gefolterten das Bewusstsein erhalten.[7]

Unmenschlich ist Folter deshalb, weil die Opfer nicht nur die körperlichen Schmerzen erleiden (wie es jedes gequälte Tier im Grunde auch müsste), sondern eben auch die seelischen Leiden erdulden müssen. An diesem Punkt wird die Würde des Menschen massiv angegriffen und verletzt. Genau das widerspricht der Anti-Folter-Konvention und der Erklärung über den Schutz aller Personen vor Folter. Dort werden in Artikel 2 Verstöße gegen die Menschenwürde und Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Folter geahndet.[8]

2.2 Die Anti-Folter-Konvention und ihr Verständnis von Folter

Am 10. Dezember 1984 wird das „Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ (UNCAT)[9] bzw. die Anti-Folter-Konvention von der Generalversammlung angenommen. Darin wird Folter in Artikel 1 definiert als

„... jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierungen beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden.“ [10]

Demnach ist Folter nur diejenige Handlung, welche vorsätzlich und bewusst passiert. Dabei müssen dem Gefolterten erhebliche, d.h. angemessen große Schmerzen und Leiden zugefügt werden. Dies kann aufgrund drei verschiedener Motive geschehen: 1. um eine Aussage oder ein Geständnis zu erpressen, 2. um den Gefolterten zu bestrafen oder 3. um ihn einzuschüchtern oder zu nötigen. Außerdem gilt dieses Verbot der Folter nur für Personen des öffentlichen Dienstes. Diese Definition enthält damit bereits Einschränkungen in ihrem Gültigkeitsbereich: Was sind große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden? Es werden Debatten darüber geführt, ob allein das Androhen von Folterhandlungen Folter ist oder es tatsächlich zu massiven Verletzungen kommen muss. Grundsätzlich und in Bezug auf die Anti- Folter-Konvention ist beides als Folter zu bezeichnen.

Allgemein werden in dem Übereinkommen die Vertragstaaten dazu aufgefordert, Maßnahmen für die Durchführung und Einhaltung des UNCAT zu ergreifen. So muss Folter im Strafrecht unter Strafe gestellt werden. Generell unterliegen Folterstraftaten der Auslieferung und werden somit in bestehende Auslieferungsverträge aufgenommen. Andererseits gilt ein Auslieferungs- bzw. Abschiebungsverbot, wenn die Gefahr besteht, dass die Person in dem jeweiligen anderen Staat gefoltert wird. Die Vertragsstaaten verpflichten sich weiterhin, Unterricht und Aufklärung über Folter zu leisten, vor allem bei Personen des öffentlichen Dienstes. Außerdem legt UNCAT fest, dass bei Foltervorwürfen direkte und unparteiische Untersuchen im Staat stattfinden.

Zuvor war man sich bereits einig über die Notwendigkeit eines solchen Übereinkommens auf universeller Ebene und entstanden drei Entwürfe zur Schaffung einer internationalen Konvention. Die schwedische Regierung legte 1978 zwei Entwürfe vor und die Schweiz formulierte schon geraume Zeit zuvor einen parlamentarischen Verstoß für eine Anti-Folter- Konvention. Die Substanz der drei Entwürfe ist die Gleiche. Ihnen ist gemein, dass das Recht, nicht gefoltert zu werden ein Grundrecht ist und somit ein absolutes Folterverbot gelten muss. Ihnen ist auch gemein, dass in keinem der Entwürfe der Terrorismus eine explizite Berücksichtigung findet. Einzig weist der Zusatz darauf hin, dass die Konvention „für sämtliche festgehaltenen Personen“[11] gilt, dass damit wohl auch Terroristen gemeint sind[12]

[...]


[1] Vgl. Schröder, Alwin: Camp X-Ray. Fischer kritisiert US-Haltung, online im Internet <http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,178398,00.html>, Januar 2002 [zugegriffen am 21.3.2007].

[2] Vgl. Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe; in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Menschenrechte. Dokumente und Deklarationen, Bonn, 2004, S. 165 (im Folgenden zitiert als: Übereinkommen gegen Folter).

[3] Vgl. Breuer, Clemens: Das Foltern von Menschen. Die Differenz zwischen dem Anspruch eines weltweiten Verbots und dessen praktischer Missachtung und die Frage nach der möglichen Zulassung der „Rettungsfolter“; in: Beestermöller, Gerhard und Hauke Brunkhorst (Hrsg.): Rückkehr der Folter S. 13- 17 (im Folgenden zitiert als: Breuer, Clemens: Das Folter von Menschen).

[4] Vgl. Groenewold, Kurt: Die Folter und das politische Verbrechen; in: Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (Hrsg.): Strafanzeige ./. Rumsfeld u.a., Berlin, 2005, S. 13.

[5] Breuer, Clemens: Foltern von Menschen, S. 16.

[6] Vgl. Stobbe, Heinz-Günther: Die Unmenschlichkeit der Folter. Ein Fragment, Thomas Pröpper gewidmet; in: Beestermöller, Gerhard und Hauke Brunkhorst (Hrsg.): Rückkehr der Folter. Der Rechtsstaat im Zwielicht?, München, 2006, S. 41 (im Folgenden zitiert als: Stobbe, Heinz-Günther: Die Unmenschlichkeit der Folter).

[7] Vgl. Bielefeldt, Heiner: Zur Unvereinbarkeit von Folter und Rechtsstaatlichkeit; in Aus Politik und Zeitgeschichte. Folter und Rechtsstaat, Nr. 36, 2006, S. 7.

[8] Vgl. Stobbe, Heinz- Günther: Die Unmenschlichkeit der Folter, S. 36- 40.

[9] United Nation Convention against Torture

[10] Übereinkommen gegen Folter, S. 123.

[11] Riklin, Alois (Hrsg.): Internationale Konventionen gegen die Folter, Bern und Stuttgart, Bd. 6, 1978, S. 243.

[12] Vgl. Riklin, Alois (Hrsg.): Internationale Konventionen gegen die Folter, Bern und Stuttgart, Bd. 6, 1978, S. 227- 247.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Anti-Folter-Konvention und der "Krieg gegen den Terrorismus"
Untertitel
Guantánamo und der Zusammenhang zwischen Folter und Terrorismusbekämpfung
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Institut für Politische Wissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V78936
ISBN (eBook)
9783638835121
ISBN (Buch)
9783638866309
Dateigröße
541 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anti-Folter-Konvention, Krieg, Terrorismus
Arbeit zitieren
Stephanie Goergens (Autor:in), 2007, Die Anti-Folter-Konvention und der "Krieg gegen den Terrorismus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78936

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