Rechtliche Aspekte der Sklaverei auf Kuba unter besonderer Berücksichtigung der Abolition

„a master […] above the masters“


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rechtliche Aspekte der Sklaverei auf Kuba
a) Allgemeines
b) Código Negrero bzw. Códigos Negreros 1789 und Vorläufer
c) Reglamento de Esclavos 1842
d) Das Moret-Gesetz
e) Die Abolitionsgesetzgebung

3. Die Sklavereigesetzgebung auf Kuba im Vergleich zu den übrigen Sklavereigesellschaften / Die Tannenbaum-Debatte

4. Fazit

Literatur:

1. Einleitung

Die rechtlichen Aspekte der Sklaverei lassen sich auf verschiedenen Ebenen betrachten. Inter- und transnationale Verträge (z.B. die Asientos) gehören auf der klassischen Makroebene in das Themenfeld, ferner nationale Legislation und schliesslich, auf der historischen Mikroebene, individuelle Jurisdiktion. Prozeßakten sind als Quellen sehr wertvoll, weil die Sklaven in ihnen nicht nur Objekt, sondern vielmehr auch handelndes Subjekt mit eigener Stimme sind. Sie klagen an. Unbeschadet dessen bleiben die Sklaven in der größeren Menge der Notariatsprotokolle Objekte. Das Recht war nicht nur Instrument der Unterdrückung der afrikanischen Sklaven in den Plantagengesellschaften, sondern auch Druckmittel für die Sklaven gegen die Herren. Sie stellten zunehmend eine Möglichkeit dar, Bürgerstatus und –rechte zu erlangen. Das Recht des Sklavenhandels in Form von Lizenzen und, ab 1580 Asientos bzw. durch Freihandel ab 1788/89 [1], soll in dieser kurzen Betrachtung bewußt weitgehend außen vor gelassen werden.

Der Fokus soll auf der nationalen, nach innen gerichteten Legislation liegen.

Die Wahl des zu untersuchenden Landes fiel auf Kuba, da Havanna ab spätestens 1804 der wichtigste Umschlagplatz für Sklaven in der Karibik war[2] und die Sklaverei durch den Verbleib Kubas im geschrumpften spanischen Staatsverband bis zum spanisch-amerikanischen Krieg 1898 bedeutend länger als im übrigen Hispanoamerika Bestand hatte. Sie wurde erst 1886 abgeschafft. Nur Brasilien ließ noch länger mit der Abolition (1888) auf sich warten.

Der Untersuchungszeitraum wird weitgehend eingegrenzt auf die Spätphase der spanischen Herrschaft auf Kuba mit kurzer Behandlung der vorhergehenden Codizes und ebenso der rechtlichen und sozialen Situation in der Zeit der Postemanzipation[3]. Die ursprünglich geplante Untersuchung der Sklaverei im römischen Recht würde nur in einer Arbeit mit größerem Umfang gebührlich behandelt werden können.

Die Quellenlage ist ausgesprochen gut, es wurde sehr viel zum Thema Sklaverei (als einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige seiner Zeit) veröffentlicht, in vielen Aufsätzen und Büchern finden sich Abschnitte zu den verschiedenen rechtlichen Aspekten. Die Codizes sind meist sogar online abrufbar.

Die Hauptkontroverse in der Forschung scheint um das Thema einer angeblich humaneren Sklaverei in Spanisch-Amerika geführt zu werden (Tannenbaum-Debatte). Hierbei geraten die Verteidiger der These einer „sanften Sklaverei“ zunehmend in die Defensive[4]. Vermutlich hatte Tannenbaum bis zu einem gewissen Grad Recht mit Hinblick auf die Zeit vor der Durchsetzung industrieller und frühindustrieller Arbeitsweisen auf den Plantagen, also in der ersten Phase der amerikanischen Sklaverei. Mit Einführung der Plantagenökonomie, die in den britischen karibischen Kolonien kurze Zeit nach der Besiedlung begann und im Gegensatz dazu auf Kuba bereits eine 200 Jahre währende Vorgeschichte von Sklaverei hatte, wurden die Sklaven zunehmend wie reine Produktionsmittel behandelt[5].

Auch bei einer anzunehmenden Diskrepanz zwischen der Legislation aus der europäischen Zentrale und der kolonialen Wirklichkeit in der Peripherie bleibt die Untersuchung der Codizes und Protokolle ein probater Zugang zum Leben der Sklaven.

2. Rechtliche Aspekte der Sklaverei auf Kuba

a) Allgemeines

Sklaven übten ihr positives Recht auf dem Weg der Reklamation aus, der immer mit dem Risiko der nachgelagerten Bestrafung durch den Herrn für die Denunziation verbunden war. Notarielle Beurkundungen (etwa über einen Freikauf) waren nicht ohne Zustimmung des Herrn möglich, da die Sklaven keine Rechtspersönlichkeit hatten. Auf linguistischer Ebene fällt bei den Notariatsprotokollen auf, dass die Sklaven nicht „dicen“ oder „otorgan“, dies geschieht erst nach der Abolition. Ferner ist der Stil „barock“, also diaphasisch auffällig markiert.

Die Sklavereigesetzgebung hatte m.E. zwei wesentliche Pole: Sie war 1) eine Möglichkeit der Selbstbehauptung und des Aufstiegs durch Tüchtigkeit und 2) eine Möglichkeit der Kontrolle der Sklaven unter dem Anschein von Legalität und Gerechtigkeit.

Die Rechte der Sklaven wurden in der Realität häufig ausgehöhlt. Die Gesetzgebung der Metropole konnte trotz der relativ effektiven spanischen Verwaltung nicht immer durchgesetzt werden.

Die Erbfolge der Sklaven war matrilinear im Kontrast zum übrigen Recht, das patrilinear war. Kinder einer Sklavin wurden Sklaven, auch wenn der Vater Sklavenhalter war.

Ein separates Rechtssystem bildeten die individuellen Reglamentos de cimarrones der Sklavenhalter, die zur Eindämmung der Sklavenflucht dienten.[6]

b) Código Negrero bzw. Códigos Negreros 1789 und Vorläufer

Das Recht auf Kuba gründete sich auf die kastilische Tradition des römischen Rechts, gesprochen durch Staat und Kirche, und gestattete den Sklaven von Anfang an den Zugang etwa zu den Sakramenten der Taufe und der Ehe. „Diese Taufforderung war die wichtigste Priorität aller spanischen Gesetzestexte von den Siete Partidas bis zum Reglamento de Esclavos“[7]. Sie war gleichbedeutend mit einer Verleihung moralischer und religiöser Identität, was etwa in den protestantisch geprägten britischen Kolonien bzw. den USA nicht geschah. Über die Wahl freier Ehepartnern, Trauzeugen und Paten wurden mitunter soziale Bindungen zu den höheren Klassen zugelassen.

Die Real Cédula de Instrucción circular a las Indias sobre educación, trato y ocupación de los esclavos, dekretiert am 31. Mai 1789 und auch Código Negrero genannt, löste im Zuge der Bourbonischen Reformen die frühere Sklavengesetzgebung ab, führte aber auch vieles aus diesen fort und codifizierte das zwischenzeitlich entstandene Gewohnheitsrecht. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der speziell amerikanischen Legislation in den Leyes de Indias von 1680/81 und der europäisch-kastilischen Legislation in den auf die Sklaven anzuwendenden Artikeln der Siete Partidas, verfaßt von Alfonso X. el Sabio im 13. Jahrhundert[8]. Diese hatten den Sklavenhaltern weite rechtliche Spielräume in der Behandlung der Sklaven gelassen, aber auch die Freiheit als natürlichen Stand der Menschen und die Gleichheit aller Menschen vor Gott anerkannt. Ferner sahen sie z.B. eine großzügige Asylgesetzgebung für geflohene Sklaven anderer Kolonialmächte vor, wenn diese sich zum katholischen Glauben bekannten.

Mit der Instrucción von 1789 sollte der exzessive Missbrauch verhindert werden, allerdings weniger altruistisch motiviert als auf den materiellen Erhalt der Ressource Sklave und die Wiedererlangung alter Weltgeltung durch eine stramm und effizient organisierte Wirtschaft ausgerichtet[9]. Die Rechtsprechung sollte vereinheitlicht werden, „conforme a los principios y las reglas que dictan la religión, la humanidad y el bien del Estado, compatibles con la esclavitud y tranquilidad pública[10].

[...]


Das Zitat auf der Titelseite stammt von William Hurlbut, einem amerikanischen Reisenden, zitiert in: Zeuske, Michael: Schwarze Karibik, Rotpunktverlag Zürich, Datum?, S. 146

[1] Vgl. hierzu Ibid. S. 200f

[2] Moreno Garcia, Julia: España y los Origenes de la Abolición de la Esclavitud (Finales del siglo XVIII comienzos del XIX), in: Revista de Indias, vol. XLVI, núm. 177, Madrid 1986, S. 207

[3] Hierbei halte ich mich an die vorgeschlagene Periodisierung in Zeuske, Michael: Sklaven und Globalisierungen – Umrisse einer Geschichte der atlantischen Sklaverei in globales Perspektive, in: COMPARATIV Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und zur vergleichenden Gesellschaftsforschung, 13. Jg., Heft 2, Leipzig 2003, S. 9

[4] Vgl. König, Hans-Joachim: The Código Negrero of 1789, its Background and its Reverberations, in: Slavery in the Americas, Studien zur “Neuen Welt”, Verlag Königshausen und Neumann, Würzburg 1993, S. 141

[5] De la Fuente, Alejandro: La esclavitud, la ley y la reclamación de derechos en Cuba: repensando el debate de Tannenbaum, in: Debate y perspectivas – Cuadernos de Historia y Ciencias Sociales, N° 4, Dezember 2004, Madrid 2004, S. 63

[6] Zeuske, Michael: Schwarze Karibik, Rotpunktverlag Zürich, Datum?, passim.

[7] Ibid., S. 265

[8] Vgl. König, Hans-Joachim: The Código Negrero of 1789, its Background and its Reverberations, in: Slavery in the Americas, Studien zur “Neuen Welt”, Verlag Königshausen und Neumann, Würzburg 1993, S. 141ff

[9] Ibid. passim.

[10] Zitiert in García Rodríguez, Gloria: La Esclavitud desde la Esclavitud – La visión de los siervos, Centro de Investigación Científica “Ing Jorge L. Tamayo”, A.C. , México 1996, S. 61

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Details

Titel
Rechtliche Aspekte der Sklaverei auf Kuba unter besonderer Berücksichtigung der Abolition
Untertitel
„a master […] above the masters“
Hochschule
Universität zu Köln  (Iberische und Lateinamerikanische Abteilung des Historischen Seminars)
Veranstaltung
Afroamerika
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V78834
ISBN (eBook)
9783638852517
ISBN (Buch)
9783640463046
Dateigröße
447 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtliche, Aspekte, Sklaverei, Kuba, Berücksichtigung, Abolition, Afroamerika
Arbeit zitieren
Marcus Theodor Schauerte (Autor:in), 2007, Rechtliche Aspekte der Sklaverei auf Kuba unter besonderer Berücksichtigung der Abolition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78834

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