Die doppelte „Verberuflichung“ der Frauen


Hausarbeit, 2003

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I) Abstract

II) Doppelte Vergesellschaftung
1) Doppelcharakter der Vergesellschaftung
2) Zweifache Benachteiligung der Frau

III) Doppelte “Verberuflichung”
1) “Verberuflichung” durch den eigenen Beruf
2) “Verberuflichung” durch den Beruf des Mannes
3) Zweifache Belastung der Frau
4) Der Beruf als Medium gesellschaftlicher Teilhabe

IV) Veränderungstendenzen im Geschlechterverhältnis

V) Resumée

VI) Bibliographie

I) Abstract

In recent sociological discussions often the question rised, where and how gender specific differences come obvious or where and how they change.

In the following text some aspects of this large theme are focused:

In the first part of my paper it is given a general overview of the theoretical basics of the theory ‘doppelter Vergesellschaftung’. Second it is shown and explained how women are formed by their own occupation and by the occupation of their husband and what are the consequences of this double-socialisation and double occupational burden. Finally it is given some short information about changes in the proportion of gender.

II) Doppelte Vergesellschaftung

1) Doppelcharakter der Vergesellschaftung

Ausgangspunkt meiner Arbeit soll die feministische Soziologie nach Becker-Schmidt sein. Becker-Schmidt geht in ihren theoretischen Überlegungen von einem patriarchalen Charakter unserer westlichen, kapitalistischen Gesellschaft aus, also von einer Ordnung, die sich durch Macht und Herrschaft begründet und reproduziert. Vergesellschaftung hat also laut Becker-Schmidt Doppelcharakter, sie ist einerseits bestimmt durch Produktionsverhältnisse, andererseits durch Geschlechterverhältnisse. Desweiteren geht Becker-Schmidt davon aus, dass Reziprozität zwischen beiden Dimensionen der Vergesellschaftung besteht. An dieser Stelle ist es zunächst einmal wichtig, eine begriffliche Klärung des Terminus ‘Geschlechterverhältnis’ vorzunehmen. Becker-Schmidt versteht darunter “das gesamte Feld der Regelungen, Machtverhältnisse, denen die Geschlechterbeziehungen unterliegen, sowie die Muster ihrer Legitimation.” (Becker-Schmidt. In: Morel, Bauer, Meleghy, Niedenzu, Preglau, Staubmann 2001, S. 271). Geschlecht wird also nicht mehr nur als Merkmalskategorie für die polaren Eigenschaften feminin-maskulin betrachtet, sondern als “soziales Konstrukt im Sinne der Rollentheorie, als ein normativ-kulturelles Phänomen oder Summe typischer Eigenschaften.” (Knapp 1990, S. 25). Durch Geschlechterverhältnisse und Geschlechterbeziehungen wird der soziale Status und die soziale Position bestimmt und Selbst- und Fremdkonzepte von Frauen und auch Männern geprägt. “Soziale Realität ist also geschlechtlich differenziert und in dieser Diffe­renzierung zugleich auch hierarchisiert.” (Knapp 1990, S. 25).

2) Zweifache Benachteiligung der Frau

Diese doppelte Vergesellschaftung von Mann und Frau vollzieht sich zwar je nach Geschlecht unterschiedlich aber insgesamt gesehen zum Nachteil der Frau, da diese in der sozialen Realität zwei verschiedenen Herrschaftsformen, nämlich der patriarchalen Dimension der Geschlechterverhältnisse und der Dimension der Produktionsverhältnisse unterliegen, während der Mann sich zwar der Dimension Produktionsverhältnisse unterwerfen muss, sich jedoch im Patriarchat behaupten kann. Die Frage, die sich nun stellt ist, wie diese strukturelle Benachteiligung der Frauen in unserer modern-kapitalistischen Gesellschaft in der Praxis funktioniert. Auf der Ebene der Produktionsverhältnisse bedeutet dies die Zuschreibung des sozioökonomischen Status, auf Ebene der Geschlechterverhältnisse heisst das, dass Frauen in einer patriarchalen Gesellschaftsordnung aufgrund ihres biologischen Geschlechts die Haupt­last der Reproduktion aufgebürdet wird. Die doppelte Benachteiligung der Frauen besteht somit sowohl im System der Erwerbsarbeit als auch im Familiensystem. In Ersterem sind Frauen zwar tätig, jedoch selten in den gehobeneren Vorgesetztenpositionen, die meist Männern innehaben. Zudem sind Frauen aber auch noch hauptsächlich für die Hausarbeit zuständig. Hochschild fand in ihren Studien über Doppelverdiener-Ehen heraus, dass es nicht nur ein Lohngefälle am Arbeitsplatz gibt, sondern auch ein Freizeitgefälle zuhause. Rechnet man die Mehrarbeit der Frauen zusammen, so stellt man fest: “Frauen arbeiten pro Jahr einen Monat länger” (Hochschild 1989, S. 26) als Männer. Sie kümmern sich also zusätzlich zur Erwerbsarbeit um das Funktionieren des Familiensystems, in welchem sie aber trotz ihrer Mehrarbeit einer erneuten Benachteiligung unterliegen: Ihnen kommt lediglich der Status der ‘Zuverdienerin’ zu, während der Mann auch hier die Vormachtstellung einnimmt, da er als ‘Familienernährer’ zählt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine hierarchische Konstellation der Geschlechter­verhältnisse eine “Ausgrenzung aus bestimmten Bereichen und Abordnung in andere, damit eine spezifische Ausprägung von Aneignungschancen; und eine soziale Positionierung, die durchgängig mit eingeschränkten Anerkennungschancen einhergeht” (Knapp 1990, S. 26) mit sich bringt. Nach Knapp lässt sich weiterhin sagen, dass, bezogen auf den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang, ein deutlicher Widerspruch in der Vergesellschaftung von Frauen zu erkennen ist: “Unter gegebenen Verhältnissen vollzieht sich ihre Integration in die Gesell­schaft durch Segregation und Deklassierung qua Geschlecht” (Knapp 1990, S. 29). Legt man den Fokus auf die Erwerbsarbeit, lässt sich dort ein weiterer Widerspruch aufzeigen, sowohl die Sphäre der Erwerbsarbeit, als auch die Sphäre der Reproduktionsarbeit “setzt ihre Maß­stäbe und Anforderungen unter Absehung von dem jeweils anderen Arbeitsbereich” (Knapp 1990, S. 30), obwohl beide Bereiche durch reziproke Strukturen verbunden sind. “Die dop­pelte Vergesellschaftung von Frauen geht also einher mit ihrer faktischen Ausblendung auf der Ebene familialer und betrieblicher Anforderungsstrukturen.” (Knapp 1990, S. 30). Frauen können somit in keinem der beiden Bereiche mit Verständnis oder sogar Unterstützung für die jeweils andere Sphäre rechnen, was eine Kombination dieser zwei Bereiche erheblich er­schwert. In ihrem Aufsatz beschreibt Knapp einen weiteren Nachteil der Frauen: Sowohl die berufliche Erwerbsarbeit, die Frauen verrichten, als auch deren Tätigkeiten zu Hause sind mit einem tendenziell niedrigen Status verbunden. In Bezug auf die Erwerbssphäre spricht Knapp hier von einem ‘Unsicherheitsfaktor’, der Frauen aufgrund ihrer Gebärfähigkeit zuge­schrieben wird. Dieser wiederum äußert sich in der Zuschreibung von weniger Humankapital, was sich negativ auf den Lohn und die Positionierung von Frauen in Unternehmen auswirkt.

Auf den hier angesprochenen Punkt der Benachteiligung von Frauen wird in Kapitel III noch einmal eingegangen, dort jedoch im Zusammenhang mit der beruflichen Sozialisation und der “Verberuflichung” von Frauen.

III) Doppelte “Verberuflichung” von Frauen

1) “Verberuflichung” durch den eigenen Beruf

Kapitel II meines Aufsatzes verschaffte einen knappen Überblick über die Theorien der dop­pelten Vergesellschaftung und deren Folgen. In diesem Kapitel soll es nun vor allen Dingen um die doppelte “Verberuflichung” im Sinne der Prägung durch den Beruf und um die doppelte Sozialisation gehen, der Frauen in unserer Gesellschaft unterliegen. Bevor jedoch auf den Aspekt der Zweifachkeit genauer eingegangen wird, ist, analog zu Kapitel II, eine allgemeine Begriffsklärung notwendig. Unter “Verberuflichung” soll hier die Prägung der Lebensführung von Personen durch den Beruf verstanden werden, der Begriff wird also ein wenig abseits seiner üblichen Bedeutung gebraucht. Berufliche Sozialisation wird analog der Definition von Heinz gebraucht, der darunter den “Aneignungs- und Veränderungsprozeß von Fähigkeiten, Kenntnissen, Motiven, Orientierungen und Deutungsmustern, die in der Arbeits­tätigkeit eingesetzt werden können” (Heinz 1990 S. 397f) versteht. Nach Heinz ist damit sowohl die Sozialisation für den Beruf, zum Beispiel durch Familie, Schule oder Ausbildung, als auch die Sozialisation durch den Beruf (“Verberuflichung”), also durch die Arbeits-tätigkeit selbst gemeint. Berufliche Sozialisation ist, folgt man Heinz’s Argumentation, ebenso wie Vergesell­schaftung aus zwei Perspektiven zu betrachten, die aufeinander bezogen werden müssen: Bei der ersten Per­spektive handelt es sich um die “geschlechts- und schichtspezifische Sozialisation in Familie und Schule” (Heinz 1990, S. 398), dies entspricht der Aneignung und Reproduktion von Wertvorstellungen, Interessen und Fähigkeiten für bestimmte Berufsfelder. Die zweite zu betrachtende Dimension ist nach Heinz “die im betrieblichen Arbeitsprozeß gemachten Erfah­rungen, die das Verhältnis der Arbeitenden gegenüber Arbeitsinhalt, -bedin­gungen und -resultaten konkretisieren” (Heinz 1990, S. 398) und die sich sowohl positiv als auch negativ auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken können. Heinz erläutert in seinem weiteren Text fünf unterschiedliche theoretische Ansätze zur beruflichen Sozialisation: Rollentheo­retische Ansätze, subjektorientierte Konzeptionen, psychologische Handlungs­theorien, Theo­rien zur Interaktion von Arbeit und Persönlichkeit sowie die Theorie des beruflichen Habitus; auf diese Arbeiten soll hier jedoch nicht detaillierter eingegangen wer­den. Interessant für den Soziologen sind jedoch nicht nur die Dimensionen der beruflichen Sozialisation, sondern auch der Prozess selbst. Schumm beschreibt in seinem Aufsatz drei Phasen der beruflichen Soziali­sation, die die Biographien beruflicher Arbeit konstruieren: Der erste Abschnitt wird als Phase der Berufsfindung bezeichnet, in der die Jugendlichen sich zwar orientieren aber nicht in der Lage sind, “eindeutige berufliche Interessen zu entwickeln und eigene Ansprüche durchzu­setzen” (Schumm 1982, S. 265). “Bereits in dieser Phase dürften subjektive Ansprüche, eine bestimmte beruflich-fachliche Qualifikation zu erwerben, eingeschränkt und damit objektive Restriktionen vorweggenommen werden.” (Schumm 1982, S. 265). Die zweite Phase der beruflichen Sozialisation stellt der “Eintritt in den Betrieb und die Zeit der Berufsausbildung oder Anlernung für eine Arbeitstätigkeit” dar. Dieser Abschnitt ist sehr stark geprägt durch Qualifikationsanforderungen und betriebliche Interessen und weist den Jugendlichen einen Platz im “System ökonomischer verankerter sozialer Herrschaft im Betrieb” (Schumm 1982, S. 265) zu. Hier lernt der Jugendliche, Handlungsmuster zu über­nehmen und mit vorgege­benen sozialen Normen umzugehen. Die dritte und letzte Phase der beruflichen Sozialisation beschreibt die “Wirkungen beruflicher Erfahrungen im Verlauf des Arbeitslebens” (Schumm 1982, S. 266). In diesem Abschnitt werden also Folgen und Aus­wirkungen der beruflichen Tätigkeit fokussiert und thematisiert.

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Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die doppelte „Verberuflichung“ der Frauen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Soziologie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V78775
ISBN (eBook)
9783638856188
ISBN (Buch)
9783638854146
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauen
Arbeit zitieren
Dipl.-Soziologin Andrea Wagner (Autor:in), 2003, Die doppelte „Verberuflichung“ der Frauen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78775

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