Rekrutierung von international tätigen Führungskräften


Diplomarbeit, 2002

51 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffliche Grundlagen
2.1. Begriff und Verständnis einer international tätigen Führungskraft
2.2. Zugrundegelegte Definition von Rekrutierung

3. Bedeutung und Risiken internationaler Personalbeschaffung

4. Einflussfaktoren auf die internationale Rekrutierung
4.1. Unternehmensrelevante Faktoren und deren Zielsetzungen
4.1.1. Stellenbesetzungsstrategie
4.1.2. Unternehmenskultur
4.1.3. Unternehmensstruktur
4.1.4. Situative Faktoren
4.2. Kandidatenrelevante Faktoren und deren Hintergründe
4.2.1. Mobilität
4.2.2. Nationalität
4.3. Umweltrelevante Faktoren

5. Anforderungs- und primäre Auswahlkriterien an international tätige Führungskräfte
5.1. Tätigkeitsbezogene Kriterien
5.2. Interkulturelle/Umweltbezogene Kriterien
5.3. Personenbezogene Kriterien
5.4. Mobilitätsfaktor

6. Rekrutierungsinstrumente und deren Nutzung
6.1. Unternehmensinterne Instrumente
6.1.1. Interner Stellenmarkt
6.1.2. Direktansprache von Vorgesetzten oder Mitarbeitern
6.1.3. Nachwuchs-/Traineeprogramme
6.1.4. Entsendungen/Führungskräftetransfers
6.2. Unternehmensexterne Instrumente
6.2.1. Zeitungen und Fachzeitschriften
6.2.2. Externer Direktkontakt / Ansprache durch das Unternehmen
6.2.3. (Rekrutierungs-) Messen
6.2.4. Electronic Recruiting / Internetrecruiting
6.2.5. Personalberatungen

7. Anforderungsprofile und Rekrutierungsquellen und -praktiken für international tätige Führungskräfte am Beispiel ausgewählter Unternehmen
7.1. Continental AG
7.2. Bertelsmann AG
7.3. Deutsche Telekom AG

8. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

Internationale Verflechtungen der Weltwirtschaft haben extrem zugenommen. Grenzüberschreitende Geschäfte und der Internationalisierungsgrad der Unternehmungen steigen stetig. Es stellt sich aus unternehmerischer Sicht längst nicht mehr die Frage ob, sondern nur noch wie und in welchem Umfang internationalisiert werden soll.

Die Zunahme der Rolle der Außenwirtschaft ließ sich aber nicht in gleichem Maße bei der Gewichtung des Funktionsbereichs des internationalen Personalmanagements beobachten. Notwendige Voraussetzung, für grenzüberschreitende Transaktionen und den Aufbau von internationalen Netzwerken und Unternehmensniederlassungen, ist allerdings qualifiziertes Personal. Diese verantwortungsvollen Aufgaben übernehmen in der Regel international tätige Führungskräfte.

Unter welchen Vorzeichen, welche Anforderungskriterien für eine solche Aufgabe zu erfüllen sind und wie diese Kräfte rekrutiert werden, soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Keine Rolle wird die direkte Personalauswahl oder die dazu verwendeten eignungsdiagnostischen Methoden spielen.

Als Ausgangspunkt um sich diesem Thema nähern zu können, ist es zuerst einmal notwendig eine Definitionsgrundlage zu schaffen. Sowohl das hier zugrundeliegende Verständnis einer international tätigen Führungskraft, als auch das der Rekrutierung, werden erläutert.

Auf die ökonomische Bedeutung des Themas werde ich im dritten Kapitel durch die Darstellung der Relevanz der Internationalisierung des Führungspersonals und die daraus erwachsenden Chancen und Risiken der Rekrutierung der selbigen eingehen. Eine Analyse von unternehmens-, kandidaten- und umweltrelevanten Einflüssen, auf die Personalbeschaffung und die Stellenbesetzung von international tätigen Führungskräften, wird sich anschließen. Von ganz besonderer Wichtigkeit werden hier die jeweiligen Interessen und Ziele des Unternehmens und des Kandidaten sein.

Ein Kandidat muss, um als international tätige Führungskraft erfolgreich sein zu können, in der Regel einem zwar unternehmensindividuellen, aber dennoch großen Katalog von Anforderungskriterien gerecht werden. Eine Systematisierung und die Verdeutlichung der Relevanz der geforderten Eigenschaften dieser Auswahlkriterien folgen im fünften Kapitel.

Für ein organisiertes Zusammentreffen von potentiellen Kandidaten und Unternehmen, werden unterschiedliche Rekrutierungsinstrumente und Maßnahmen eingesetzt. Welche das im Bezug auf die hier gesuchte Zielgruppe sind, wie stark diese genutzt und frequentiert werden und welche Überlegungen für die Wahl des Instruments ausschlaggebend sind, wird im sechsten Kapitel den Abschluss des wissenschaftlichen Teils der Arbeit bilden.

Wie sich die Rekrutierung international tätiger Führungskräfte bei einigen Unternehmen in der Realität gestaltet, werde ich dann an einigen Beispielen ausgewählter international tätiger Unternehmen aufzeigen. Nach diesem Element des Praxisbezugs, schließt diese Arbeit mit einem persönlichen Fazit zur Gewichtung, der Funktion der Rekrutierung von geeignetem Führungspersonal für internationale Aufgaben ab.

Soweit in meiner Arbeit Berufsbezeichnungen und Funktionen in der männlichen Form verwendet werden, ist dies ausdrücklich geschlechtsneutral zu verstehen.

2. Begriffliche Grundlagen

2.1. Begriff und Verständnis einer international tätigen Führungskraft

Relativ schnell ist festzustellen, dass die Definitionen des Begriffs `internationale Führungskraft` in der Literatur unterschiedlich ausfallen. Als übereinstimmende Bedingung wird allerdings immer mindestens ein wie auch immer gearteter länderübergreifender Bezug ihrer Tätigkeit vorausgesetzt.

Heymann stellt treffend zur Heterogenität der Definitionen fest, dass darunter eine Person verstanden werden kann, „[...] die international ausgebildet ist (Auslandsstudium, Auslandseinsatz) und für das Unternehmen zukünftig im Ausland in bestimmten Positionen tätig sein soll. Eine andere Auffassung ist, dass die Person mit internationaler Ausbildung im Heimatland eingesetzt wird, aber in einer koordinativen Aufgabe mit ständigem Kontakt (auch kürzere Dienstreisen ins Ausland) zu Tochtergesellschaften im Ausland tätig ist. Ein weiterer Ansatz bezieht sich nur auf den bisherigen internationalen Ausbildungs- und Werdegang einer Person. Er lässt die zukünftige Einsatzposition im Unternehmen unberücksichtigt.“[1]

Für diese Arbeit sollen die Kriterien des Tätigseins in einem internationalen Unternehmen kombiniert mit einem Verantwortungsgrad einer Führungskraft als Definitionsgrundlage ausreichend sein, um die Untersuchungsgruppe abzugrenzen.

Des weiteren werde ich mich nach der von Domsch entwickelten differenzierten Systematik zur Verständnisbreite einer Führungskraft in einer internationalen Unternehmung richten, welche folgende Abbildung noch einmal verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Unterscheidung verschiedener Kategorien von Führungskräften in international tätigen Unternehmungen[2]

Danach sind international tätige Führungskräfte zunächst primär nach lokal Eingesetzten oder Entsandten zu unterscheiden. Eine lokale Führungskraft wird am Ort der Rekrutierung auch eingestellt und dort beschäftigt. Der internationale Bezug der Arbeit hat bei lokalen Führungskräften keine Konsequenz eines Standortwechsels, sondern bezieht sich nur auf die Theorie und den Kontext der Arbeit als solches. Hier ist zu unterscheiden zwischen Führungskräften deren Heimat- und Einsatzland identisch ist und jenen, bei denen bei denen die Staatsanghörigkeit vom Einsatzland abweicht, jedoch eine personalpolitische Gleichstellung zu ersteren erfolgt.

Von einer Entsendung wird immer dann gesprochen, wenn der Kandidat nicht im Land bzw. Standort des Erstkontaktes tätig wird oder von dort versetzt wird. Die Entsendung kann aus dem Stammhaus in ein anderes Land erfolgen, es kann sich um einen Personaltransfer aus Drittländern handeln oder Führungskräfte von Auslandsniederlassungen können in das Stammhaus entsandt werden. Als Drittländer sind hier alle Gebiete gemeint, in denen das Unternehmen bisher nicht präsent ist, welche aber dennoch als Quellen für Arbeitskräfte genutzt werden.

2.2. Zugrundegelegte Definition von Rekrutierung

Rekrutierung ist als zielgerichteter Such- und Engagierprozess eines Kandidaten für eine geplante Stelle zur Nutzbarmachung im Unternehmen zu verstehen. Konkret umschreibt es die Suche nach Menschen, die bestimmte Kriterien erfüllen, um für eine spezielle Arbeit qualifiziert zu sein.

In dieser Arbeit soll unter Rekrutierung, in Anlehnung an die Definition für internationale Personalbeschaffung von Groenewald, sowohl eine Personalakquisition auf externen internationalen Arbeitsmärkten, als auch in Form von unternehmensinterne, grenzüberschreitender Anwerbung, verstanden werden.[3] Dazu zählen in diesem Zusammenhang auch konzern- bzw. unternehmensinterne Wechsel.

Zum Abschluss dieses Engagierprozesses gehört in der Regel die Anwendung verschiedener eignungsdiagnostischer Verfahren, um durch einen möglichst genauen Profilabgleich mit den Eigenschaften des Kandidaten, Rekrutierungsunsicherheiten minimieren zu können. Erst nach festgestellter Eignung und der anschließenden Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages, ist dieser Prozess in der Regel vollständig abgeschlossen.

Aufgrund der Komplexität des gesamten Rekrutierungsprozesses in einem internationalen Bezug, werde ich in dieser Arbeit ausschließlich auf den Teil eingehen, der zum Erstkontakt zwischen potentiellem Kandidat und Unternehmen führt.

3. Bedeutung und Risiken internationaler Personalbeschaffung

Gerade in Zukunft, im Zuge der weiter fortschreitenden Globalisierung, wird die Beschaffung von international tätigen Führungskräften von zunehmender strategischer Bedeutung sein und immer weiter in den Mittelpunkt der Unternehmensführung rücken.[4] Die notwendige Erweiterung des Spektrums des Beschaffungspotentials aufgrund von Personalengpässen impliziert laut Groenewald, die Notwendigkeit der Sicherung des Zugriffs auf verschiedene regionale Arbeitskräftemärkte.[5] Denn nur dadurch könne eine breitere Basis für eine „Bestenauslese“ geschaffen werden, um die eigene Wettbewerbsposition zu stärken.[6]

Bleicher sieht in den sich zusätzlich eröffnenden personellen Ressourcen aus anderen Regionen, welche durch ihre heterogenen Verhaltensweisen interkulturelle Unternehmenskulturen prägen, gar eine Schlüsselrolle für ein strategisches Erfolgspotential.[7]

Inwieweit schon heute die Internationalität von Belegschaften Realität ist und wesentliche Umsatzanteile großer Konzerne global erwirtschaftet werden, zeigt die folgende Tabelle eindrucksvoll.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1: Mitarbeiter und Umsatz einiger Konzerne mit Differenzierung Deutschland/Ausland in 2001[8]

Sowohl der Belegschafts- als auch der Umsatzanteil großer Unternehmen, deren Zentralen in Deutschland ansässig sind, wird nach dieser Tabelle schon heute im Ausland beschäftigt und erwirtschaftet. Ein internationales Personalmanagement ist folglich schon heute unverzichtbar. Dessen Schlüsselaufgaben sind, unter den Bedingungen einer fortschreitenden Internationalisierung und der damit verbundenen komplexen Änderungen der Unternehmensprozesse, die personellen Ressourcen in vollem Umfang zu erkennen, sicherzustellen, einzusetzen und zu entwickeln.

Die besondere Bedeutung der Humanressourcen in einer internationalen Unternehmung, ergibt sich dabei aber vor allem daraus, dass „[...] Erfahrungen mit fremden Kulturen nur sehr unzureichend in kodifizierbares Wissen transformiert werden können [...].“[9] Somit ist eine Beschäftigung mit grenzüberschreitendem Bezug immer an eine erhöhte Lernfähigkeit und -bereitschaft der Kandidaten geknüpft und verlangt von Seiten des Unternehmens gleichzeitig eine Berücksichtigung kandidaten- und umweltindividueller Ziele und Bedürfnisse.

Insbesondere bei der Rekrutierung von internationalen Führungskräften, die oft die notwendigen zentralen Prozess- und Strukturveränderungen vorantreiben sollen, ist die angemessene Berücksichtigung beider Interessen von strategischem Wert. Denn „[...] nur mit diesen Personen kann es gelingen, die internationalen Herausforderungen zu meistern und damit den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern.“[10] Da die Anforderungen an potentielle Bewerber mit der Zunahme der Komplexität der Aufgabe steigt, sind geeignete Kandidaten/innen schwer zu finden. Außerdem sind mit einer Personalsuche in relevanten Zielgruppen oft erhebliche Kosten verbunden, was für sich genommen schon als riskant gilt.[11] Kanb stellt beispielsweise dazu fest, dass die Einstellung eines Mitarbeiters mit interkulturellem Potential meist eine Investition von mindestens zwei Jahresgehältern bedeutet.[12]

Viele Unternehmen stehen deshalb einer (grenzüberschreitenden) Rekrutierung von hochqualifiziertem Personal immer noch skeptisch gegenüber. Als gewichtigster Nichtrekrutierungsgrund von ausländischen hochqualifizierten Mitarbeitern, wurde in einer Studie des International Employer Survey 2000, bei einer Befragung von 340 deutschen Firmen, vor allem die entstehenden Schwierigkeiten für das Einholen einer Arbeitserlaubnis angeführt. Aber auch vorhandene Sprachprobleme oder schlicht das Fehlen von Bewerbungen spielten eine nicht unerheblich Rolle für eine Nichtrekrutierung.[13]

Da grenzüberschreitende Rekrutierungen gerade bei hochqualifiziertem Personal zukünftig immer wichtiger werden, könnten die gewonnenen Ergebnisse verwandt werden, um erste Lösungen zur Steigerung des Attraktivitätspotentials für internationale Personalbeschaffungen zu suchen.

4. Einflussfaktoren auf die internationale Rekrutierung

Unter Personalbeschaffung wird grundsätzlich eine Bereitstellung der für das Unternehmen erforderlichen Arbeitskräfte verstanden. Dies geschieht in quantitativer, qualitativer, örtlicher und räumlicher Hinsicht. Hinzu kommt, dass in einem internationalen Kontext ein grenzüberschreitender Aspekt die Komplexität der Arbeit um ein erhebliches Maß steigert . Dadurch gestaltet sich der Arbeitsmarkt heterogener und es müssen kulturelle und nationale Unterschiede und die Bereitschaft zur Mobilität potentieller Beschäftigter besonders berücksichtigt werden. Personalbeschaffung unter internationalen Vorzeichen muss somit versuchen das Unternehmensinteresse in Einklang mit den Interessen der Kandidaten zu bringen. Bei diesem Austarieren stehen dem Unternehmen die Gestaltungswerkzeuge der Strategie und der Struktur des Personalmanagements zur Verfügung. Eine Forcierung einer bestimmten Unternehmenskultur kann außerdem erheblichen Einfluss auf das Personalmanagement nehmen. Schließlich werde ich auf die Rolle der situativ wirkenden Faktoren, zurückgehend auf Scherm besonders eingehen.

Potentielle Kandidaten beeinflussen den Rekrutierungsprozess durch ihre Nationalität und ihre mehr oder minder vorhandene Mobilität. Außerdem bewegt sich das Unternehmen und der potentielle Kandidat noch in einer Umwelt, deren Wirkungen als dritte Dimension, auf die Personalbeschaffung nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

Folgende Abbildung zeigt den komplexen Kontext aller Einflüsse noch einmal zusammenfassend, bevor sich eine Analyse möglicher Interdependenzen der verschiedenen Einflussebenen und deren eventuellen Zielsetzungen anschließt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Einflussfaktoren auf die internationale Personalbeschaffung aus Unternehmens-, Kandidaten- und Umweltsicht[14]

4.1. Unternehmensrelevante Faktoren und deren Zielsetzungen

Die `staffing policies` eines Unternehmens schließen unter Umständen von vorneherein, durch die darin explizite Festlegung ihrer Kriterien an Führungskräfte, die die Verfolgung einer bestimmten Unternehmensstrategie bzw. die Erhaltung einer vorhandenen Unternehmensstruktur und einer Sicherung einer Unternehmenskultur zum Ziel hat, viele Kandidaten aus.[15] Aufgrund der Vielfalt der Faktoren und der sich daraus ergebenden Komplexität, Überlappungen und der Abhängigkeit von unternehmensspezifischen Gestaltungsentscheidungen ist hier ausschließlich eine Synapse mit rein deskriptivem Charakter darstellbar.[16]

Maßgebend für vorzufindende Ausprägungen der unternehmensrelevanten Faktoren, ist die Grundeinstellung der Unternehmensleitung zur Internationalisierung des Unternehmens. In der Realität ist die Verfolgung einer „reinen“ Strategie, nur selten zu finden. In der Regel entscheiden sich Unternehmen für ein Strategiemix, welches unternehmensindividuell, bedürfnisgerecht ausgestaltet wird. Außerdem sind situativ wirkende Faktoren von besonderer Wichtigkeit, wodurch der differenzierte Personaleinsatz maßgeblich bestimmt wird.

Die nachfolgende Abbildung stellt die sich aus den unterschiedlichen Ausprägungen der Strategie, Kultur und Struktur eines Unternehmens möglichen ergebenden Interdependenzen dar. Theoretisch sind hier sechsunddreißig Kombinationen denkbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 : Vielfalt theoretischer Internationalisierungs-, Strategie-, Struktur- und Kulturkombinationen[17]

Viele Kombinationsmöglichkeiten sind allerdings schwer kompatibel. So ist beispielsweise eine ethnozentrische Stellenbesetzungsstrategie mit einem mischkulturellen Ansatz schwer vorstellbar, weil letzteres „[...]im Zweifel intendierte Einflüsse seitens der Muttergesellschaft behindern würde.“[18] In der Folge werde ich auf jede dieser Dimensionen, die zusätzlich situativ wirkenden Faktoren und deren Abhängigkeiten eingehen und nach Hintergründen und möglichen Zielvorstellungen fragen.

4.1.1. Stellenbesetzungsstrategie

Perlmutter hat im Jahre 1979 das E.P.R.G.-Schema entwickelt, welches sich bis heute in der Literatur als richtungsweisend und grundlegend durchgesetzt hat. E.P.R.G. steht hier für ethno-, poly-, regio- und geozentristisch, was vier unterschiedliche Ausprägungen unterscheidet, die sich am Stadium der Internationalisierung eines Unternehmens interpretieren. Grundlage dieser Systematik sind die beiden gegenläufigen Merkmalsgruppen der Globalisierung einerseits und der Lokalisierung andererseits. Im folgenden werde ich auf diese Ausrichtungen, deren mögliche Auswirkung auf die Personalbeschaffung von internationalen Führungskräften und eventuelle daraus abzuleitende Unternehmensziele, eingehen.

- Die ethnozentrische Stellenbesetzungsstrategie

In der Regel werden Positionen bei einer ethnozentrischen Orientierung der Unternehmenspolitik vom Stamm- bzw. Heimatland aus besetzt. Gerade bei neu gegründeten ausländischen Standorten und den Anfängen einer Internationalisierung ist diese Strategie häufig zu finden.[19]

Sie verlangt, dass vor allen Dingen bei zu besetzenden Schlüsselpositionen Personal ausschließlich aus dem Stammhaus in das Gastland versetzt wird. Auch die gesamte Jobrotation obliegt dem Stammhaus und die Strategie des Personalmanagements ist national geprägt. Instrumente der Personalauswahl, der Leistungsbeurteilung und der Personalentwicklung werden dabei, ohne Rücksicht auf regionale Spezifika und Werte, auf die Tochtergesellschaft übertragen.[20]

Ein wesentlicher Vorteil dieser Strategie ist die vereinfachte Kommunikation und Koordination durch die zentrale Steuerung aller Unternehmensprozesse durch das Mutterhaus. Dadurch können der firmenspezifische Führungs- und Arbeitsstil zum einen, aber auch bereits in der Zentrale vorhandene Fachkenntnisse in Form eines sogenannten „Know-how-Transfers“ zum anderen, innerhalb kürzester Zeit in Tochterunternehmen transferiert werden.[21]

Charakteristisch für eine ethnozentrische Ausrichtung ist auch eine einheitliche Unternehmens- und Sozialpolitik, was eine erhebliche Vereinfachung für die Personalverwaltung bedeutet. Bei der Personalbeschaffung ist somit fast keine Rücksicht auf Standortspezifika zu nehmen und ausschließlich nach dem vom Mutterunternehmen vorgegebenen Muster und Vorbedingungen zu rekrutieren.[22] Diese Vereinheitlichung führt letztlich zu einer guten Vergleichbarkeit der Standards und bietet somit beste Kontrollmöglichkeiten über deren Einhaltung.

Dem gegenüber stehen allerdings auch beachtliche Nachteile. So beklagt Jochmann beispielsweise eine ganz klare unzureichende Ausschöpfung von regionalen Potentialen.[23] International tätige Führungskräfte eines ethnozentristisch ausgerichteten Unternehmens, würden, aufgrund ihrer strategisch relevanten Positionen, ausnahmslos aus dem Stammland kommen. Durch diese Ressourcenvernachlässigung an allen anderen Standorten ist ein hohes Risiko von Motivations- und Produktivitätsverlusten bei einheimischen Mitarbeitern zu tragen, da sie zum einen nicht mit Aufstiegsmöglichkeiten rechnen können und zum anderen keine Zunahme der Verantwortungsbereiche zu erwarten haben.[24] Aus diesem Unzufriedenheitspotential einheimischer Mitarbeiter kann ein Widerstand gegen entsendete Führungskräfte wachsen. Damit verbunden ist ein langwieriger Eingewöhnungsprozess der Führungskraft und somit eine große Gefahr des Scheiterns des Transfers. Diesem Wagnis sollte sich der Kandidat und das Unternehmen bei der Rekrutierung für eine solche Aufgabe bewusst sein, um auf die ausreichende Sensibilität und die notwendigen speziellen Qualifikationsvoraussetzungen schon im Vorfeld achten zu können

[...]


[1] Heymann u.a. 1998, S.87 f

[2] Domsch u.a. 1997, S.276

[3] Vgl. Groenewald 1998, S.232

[4] Vgl. Heymann u.a. 1998, S.103

[5] Vgl. Groenewald 1998, S.231

[6] ebenda

[7] Vgl. Bleicher 1992, S.3

[8] Direkt entnommene oder aus den angegeben Zahlen in den jeweiligen Medien selbst ermittelte Zahlen:

Adidas-Salomon: Geschäftsbericht 2001

BASF AG: Jahresbericht 2000 / Daten und Fakten-Charts 2001 der BASF-Gruppe

Bayer: Finanzbericht 2001

Bertelsmann: www.bertelsmann.de/documents/de/gesamt_pdf_gb_2000_01_deutsch.pdf

Continental AG: www.conti-online.com/generator/www/com/de/continental/portal/themen/ir/fdat/finanzdaten_de.html

Daimler Chrysler: http://www.daimlerchrysler.com/index_g.htm?/news/top/1998/t81228_g.htm

Schering AG: Personal- und Sozialbericht 2001

www.schering.de/irf.html?/investorrelationsforum/berichte/geschftsberichte/gb2001/aufeinenblick/

kennzahlen.htm

Siemens AG: w4.siemens.de/geschaeftsbericht_2001/ueberblick/mitarbeiter.shtml

w4.siemens.de/geschaeftsbericht_2001/ueberblick/umsatz.shtml

[9] Scherm 1997, S. 65 f

[10] Heymann u.a. 1998, S.86

[11] Vgl. Blom u.a. 2002, S.133

[12] Vgl. Kanb 1996, S.15

[13] Winkelmann u.a. 2001, S.24 übersetzt aus dem Englischen. Das verwendete Datenmaterial stammt ursprünglich aus dem International Employer Survey 2000. An dieser Studie nahmen insgesamt 840 Firmen teil, 340 davon in Deutschland und jeweils 170 in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden. Diese Ergebnisse beziehen sich nur auf die Ergebnisse der deutschen Unternehmen.

[14] selbst erstellte Abbildung

[15] Vgl. Scherm 1995, S.140

[16] Vgl. Scherm 1999, S.143

[17] in Anlehnung an Berthel 1998, S. 320

[18] Berthel 1998, S.319

[19] Vgl. Blom u.a. 2002, S.133 / vgl. Jahnke 1996, S.147 / vgl. Jochmann 1995, S.22

[20] Vgl. Jochmann 1995, S.22

[21] Vgl. Jahnke 1996, S.147

[22] Vgl. Scherm 1995, S. 141

[23] Vgl. Jochmann 1995, S.22

[24] Vgl. Blom 2002, S.133 /Vgl. Jahnke 1996, S.147

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Rekrutierung von international tätigen Führungskräften
Hochschule
Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (ehem. Hochschule für Wirtschaft und Politik)  (Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Personalwirtschaft
Note
1,5
Autor
Jahr
2002
Seiten
51
Katalognummer
V7868
ISBN (eBook)
9783638149853
ISBN (Buch)
9783638906821
Dateigröße
539 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Qualifiziertes Personl international zu suchen und zu finden wird zukünftig eine große Herausforderung im globalen Wettbewerb sein. Arbeitsrecht, Zugangschancen und Qualifikationsniveaus sind allerdings noch sehr national geprägt und müssen international gestaltet werden. Fundierte Ansätze über die Herangehensweisen international Führungskräfte zu rekrutieren liefert diese Arbeit. 285 KB
Arbeit zitieren
Carmen Zwahr (Autor:in), 2002, Rekrutierung von international tätigen Führungskräften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7868

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