Folgewirkungen des portugiesischen Kolonialismus, aufgezeigt am Länderbeispiel Angola, mit fächerübergreifenden didaktischen und methodischen Überlegungen


Examensarbeit, 2005

85 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Übersichtskarte

II Abkürzungen

III Landesübersicht Angola

1. Einleitung

2. Definitionen

3. Verlauf des portugiesischen Kolonialismus
3.1 Die Realisierung des Seeweges nach Indien
3.2 Die Eroberung des asiatischen Handels
3.3 Der Niedergang und das Überleben des Imperiums

4. Abriss der Geschichte Angolas

5. Ethnographische Situation in Angola

6. Der Entkolonisationsprozess

7. Kleine Zwischenbilanz

8. Angola seit der Unabhängigkeit
8.1 Lösungsversuche bei fortschreitenden Kriegshandlungen
8.2 Wiederausbruch des Bürgerkrieges
8.3 Der Bürgerkrieg bis 1991 und ab 1992
8.4 Wirtschaft und Nutzung der Bodenschätze in Angola
8.4.1 Bis 1975
8.4.2 Nach 1975
8.5 Zukunftsperspektiven

9. Ländervergleich zu Ghana: Entkolonisation und Geschehnisse seit deren Unabhängigkeit
9.1 Geschichte von Ghana
9.2 Wirtschaft
9.3 Kleine Gegenüberstellung der beiden Länder

10. Fazit

11. Ausblick

12. Fächerübergreifende methodisch-didaktischen Überlegungen

13. Schlusswort

14. Anhang
14.1 Aktuelle Zeitungsartikel

15. Literaturverzeichnis

I Übersichtskarte

[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

III Landesübersicht Angola

Der offizielle Staatsname von Angola lautet, República de Angola. Es lässt sich daraus ableiten, dass die Staatsform eine Republik ist.

Das Land grenzt im Norden und Nordosten an die Demokratische Republik Kongo, im Osten an Sambia und im Süden an Namibia. Im Westen liegt der Atlantische Ozean. Die nördlich der Staatsgrenzen gelegene Exklave Cabinda grenzt an die Republik Kongo und an die Demokratische Republik Kongo.

Der überwiegende Bevölkerungsanteil gehört dem Bantuvolk an. Die stärksten Untergruppen sind die Ovimbundu, die Mbundu (Kimbundu) und die Bakongo.

Die Amtssprache in Angola ist portugiesisch. Allerdings spricht die Mehrheit der Bevölkerung nur ihre Stammessprachen. Die wichtigsten sind Kimbundu, gesprochen an der Küste, Ovimbundu, gesprochen im Hochland, Kikongo, gesprochen im Norden und Chokwe, gesprochen im Nordosten.

94% der Bevölkerung sind Christen. Nach einer Schätzung aus dem Jahr 2003 leben 10,766 bis 14,348 Millionen Menschen in Angola. Pro Quadratkilometer entspricht das 8,6 bis 11,5 Einwohner. Die Hauptstadt Luanda ist mit 2,711 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes. Weitere Städte sind Huambo 171.000, Lobito 136.000, Benguela 133.000, Namibe 129.000, Kuito 86.000, Lubango 75.000, Malanje 70.000 Einwohner. 36% der Gesamtbevölkerung lebt in Städten. Das Bevölkerungswachstum betrug von 2000 bis 2005 etwa 2,99%. Es wird vorausgesagt, dass es bis 2010 auf 1,9% sinken wird.

Der Nationalfeiertag ist der 11. November. Dieser geht zurück auf den Tag der Unabhängigkeit 1975.

Das Staatsgebiet von Angola liegt an der Südwestküste von Afrika (siehe Karte) und ist etwa dreieinhalbmal so groß wie Deutschland. Das Land hat eine Küstenlänge von 1.600 Kilometer. Entlang der Küste befindet sich das 70 bis 150 Kilometer breite Küstentiefland. Im Osten schließt die Lunda-Schwelle daran an. Stufenweise erhebt sich das Land, bis im Serra Moco mit 2.619 Meter die höchste Erhebung des Landes erreicht ist. Weiter östlich schließt die Hochfläche Planalto mit Höhen zwischen 1.000 und 2.000 Meter an. Gegen Südosten senken sich die Hochflächen zum Sambesi- und Kalaharibecken ab. Die Flüsse Cuanza und Cunene entspringen und münden im Staatsgebiet. Weitere Flüsse entspringen im Land, fließen dann aber in die Nachbarländer.

Das Klima im Land ist sehr unterschiedlich. Allgemein gehört Angola aber zu den wechselfeuchten Tropen. Wie unterschiedlich das Wetter ist, zeigen die Jahresniederschläge. In den Ausläufern der Namibwüste im Südwesten fallen jährlich spärliche 10mm Regen, wobei im Nordosten 1.600mm und im zentralen Hochland bis 1.500mm Regen fallen können. Die Jahresdurchschnittstemperatur pendelt zwischen 15°Celsius in Lubango und 27°Celsius am Kongostrom. Insbesondere in den tropischen Gebieten herrscht oft eine drückende Schwüle. Dagegen kann im Hochland die Temperatur aber auch in Frostnähe absinken, beziehungsweise im Südwesten sind dann 40° Celsius auch wieder möglich.[2]

1. Einleitung

>>Wer einen Dieb bestiehlt, hat hundertfach Vergebung.<<

Den Kolonialismus

rechtfertigendes Sprichwort

Mit diesem Grundgedanken, der alle anderen nicht-europäischen Völker von vorn hinweg diskriminiert, stachen zuerst die Portugiesen und Spanier, später die Engländer, Holländer, Franzosen, Belgier u.a., in See, um zu Reichtum zu gelangen. Die Europäer zogen los und sahen von Anfang an die Bevölkerungen der neuen Länder als zweitrangige Klassen an, mit welchen sie mehr oder weniger tun und machen konnten was sie wollten.

Die ersten Portugiesen trafen 1483 an der Küste des heutigen Angolas ein. Ein souveräner Staat wurde Angola erst 1975 wieder. Fast ein halbes Jahrtausend wurde die dortige Bevölkerung unterdrückt, ausgebeutet und hatte kaum ein Recht auf Bildung. Eine so lange Unterwerfung verändert jedes Volk. Es entsteht nicht nur ein Hass gegen die weißen, sondern was noch viel schlimmer ist, diese Völker konnten sich kein wenig selbst entwickeln. Ihre eigene Identität ging verloren. Ohne eigene Identität kann auch kein Selbstbewusstsein bestand haben. Die Entlassung in die Unabhängigkeit verlief unsorgfältig und im Vergleich zu der langen Besatzungszeit innerhalb von nur wenigen Jahren vonstatten. Zu wenig Zeit für ein Volk um sich darüber klar zu werden was es in der Zukunft will. In diesem kurzen Zeitraum kamen zu viele verschiedene innerpolitische Wünsche und Verlangen auf. Außenpolitisch war weltweit der Ost-West-Konflikt in vollem Gange, was bedeutete, dass beide Blöcke versuchten das junge Land für sich zu gewinnen. Das Chaos war vorprogrammiert und der Bürgerkrieg ließ nicht lange auf sich warten.

Als Folge des Kolonialismus kann man auch sehen, dass ein Volk, welches es gewohnt war 500 Jahre lang lediglich Anweisungen auszuführen und das niemals selbst erlernt hat Anweisungen zu geben, es, unter Betracht des geringen Bildungsstandes, nicht in der Lage ist, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und sich unabhängig und eigenständig zu regieren.

Anhand des Länderbeispiels Angola werde ich in dieser wissenschaftlichen Arbeit darlegen, welche Folgewirkungen der portugiesische Kolonialismus hinterlassen hat. Des Weiteren werde ich auf Zukunftsperspektiven eingehen, sowie einen kurzen Vergleich mit dem Unabhängigkeitsprozess in Ghana ziehen. Abschließend lege ich ein paar methodisch-didaktische Überlegungen dar, welche dieses Thema für den Schulunterricht in der Sekundarstufe II transferieren.

2. Definitionen

Um überhaupt mit den Folgewirkungen des Kolonialismus arbeiten zu können, ist es zweckmäßig vorerst zu klären, was sich hinter den Begriffen Kolonisation, Kolonie und Kolonialismus verbirgt. Abschließend kläre ich weiterhin den Begriff Entkolonisation.

Laut Osterhammel bezeichnet Kolonisation den Prozess der Landnahme[3]. Eine Gesellschaft expandiert also über ihren angestammten Lebensraum hinaus. Dieser Vorgang war, so Osrerhammel, von Anbeginn der Weltgeschichte Tatbestand. Er lässt sich in sechs Hauptformen gliedern.

1. Totalmigration. Ein sesshaftes Volk gibt den alten Lebensraum auf und zieht ohne Rücklassung einer Muttergesellschaft in ein neues Gebiet. Völkerwanderungen.
2. Massenhafte Individualmigration. Im weitesten Sinn kann man hier von Auswanderungen sprechen.
3. Grenzkolonisation. Die Kultivierungsgrenze eines Volkes wird nach außen geschoben. Hier ist beispielhaft die Lebensraumosterweiterung Hitlers zu nennen.
4. Reichsbildende Eroberungskriege. Exemplarisch ist hierfür das Römische Weltreich zu nennen. Andere Völker werden überfallen, unterdrückt und das Gebiet an das eigene angeschlossen.
5. Stützpunktvernetzung. Viele kleine und größere militärisch geschützte Handelsfaktoreien wie z.B. Hongkong oder Singapur.
6. Überseeische Siedlungskolonisation. Ist eine Sonderform der Grenzkolonisation. Sie lässt sich in drei Untergruppen einteilen:

- Neuenglischer Typ. Eine agrarische Siedlerbevölkerung, die ihren Arbeitskraftbedarf aus Familienmitgliedern und Schuldknechten deckt. Die einheimische Bevölkerung wird rücksichtslos von ihrem Land verdrängt.
- Karibischer Typ. Die Urbevölkerung wird vertrieben oder vernichtet. Arbeitskräfte sind zwangsimportierte Sklaven, welche auf Plantagen arbeiten.
- Afrikanischer Typ. Die Urbevölkerung wird zwar von dem fruchtbarsten Land vertrieben, die Siedler sind aber auf deren Arbeitskraft angewiesen und stehen ständig in Konkurrenz um den knappen Boden. Deshalb ist dieser Typus auch sehr instabil und ist auch an den besonders heftigen Dekolonisationskämpfen auszumachen.[4]

Portugals Kolonisation Angolas ist unter Punkt 6, afrikanischer Typ, einzuordnen.

„Eine Kolonie ist jedes von einer fremden Macht abhängige Gebiet oder Land.“[5] oder genauer: „Eine Kolonie ist ein durch Invasion (Eroberung und/oder Siedlungskolonisation) in Anknüpfung an vorkoloniale Zustände neu geschaffenes politisches Gebilde, dessen landfremde Herrschaftsträger in dauerhaften Abhängigkeitsbeziehungen zu einem räumlich entfernten „Mutterland“ oder imperialen Zentrum stehen, welches exklusive „Besitz“-Ansprüche auf die Kolonie erhebt.“[6]

In der Geschichte lassen sich 3 Grundtypen von Kolonien unterscheiden.

1. Stützpunktkolonien. Sie dienen dem Handel, der Sicherung militärischer Präsenz oder beidem. Indirekt soll das Hinterland erschlossen werden und informell soll ein formell selbstständiger Staat kontrolliert werden.
2. Siedlungskolonien. Gilt als Urtyp von Kolonien. Als Grundlage für diesen Typ kann man den Bibelspruch (Gen 1,28):“Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet die Erde und machet sie euch untertan!“, sehen. Leider hat man hierbei übersehen, dass (fast) überall wohin expandiert wurde, bereits Völker lebten. Folgen waren die Vertreibung und Ausrottung indigener Völker. Die koloniale Präsenz war durch permanent ansässige Farmer vorhanden. Eine genauere Unterteilung erfolgt in dem neuenglischen, dem karibischen und dem afrikanische Siedlungskolonientyp.
3. Herrschaftskolonien. Im Vergleich zu Stützpunktkolonien wird hier das ganze Land direkt kontrolliert. Zahlenmäßig geringe koloniale Präsenz. Autokratische Regierung durch das Mutterland. Zweck einer Herrschaftskolonie war die wirtschaftliche Ausbeutung, Nutzung von Bodenschätzen, strategische Absicherung imperialer Politik und der nationale Prestigegewinn.[7]

Landestypisch kam es zu Vermischungen der verschiedenen Arten. Ebenfalls veränderten sich mit dem Lauf der Zeit die Kolonien. Portugal hatte anfangs nur Stützpunktkolonien, welche erst mit der Zeit zu Herrschafts- und Siedlungskolonien wurden.

Nach der Klärung der Begriffe Kolonisation und Kolonie lässt sich abschließend sagen, dass „ Kolonialismus die Kontrolle eines Volkes über ein fremdes unter wirtschaftlich, politisch und ideologischer Ausnutzung der Entwicklungsdifferenz zwischen beiden“[8] heißen soll.

Unter Entkolonisation (oder auch Dekolonisation) versteht man die „Aufhebung von Kolonialherrschaft und Rückgängigmachung der Folgen des Kolonialismus... Entkolonisation kann 1. durch die Integration ehemaliger Kolonien in den Staatsverband der Kolonisten, 2. durch freiwillige Entlassung der Kolonie in die Unabhängigkeit oder 3. durch gewaltsame Aktion erfolgen...“.[9] Laut Osterhammel haben heute fast alle Kolonien ihre politische Unabhängigkeit erreicht, jedoch haben die ehemaligen Kolonialregime Sozialstrukturen, innenpolitische und wirtschaftliche Netzwerke geschaffen, welche nur langfristig ihre Unabhängigkeit erlangen können. Jürgen Osterhammel sieht deshalb in der Entkolonisation lediglich eine „Neustrukturierung des internationalen Systems“[10].

3. Verlauf des portugiesischen Kolonialismus

Was trieb die Europäer an, ihr eigenes Land zu verlassen und neue Länder zu entdecken? Als Ursache lässt sich primär die Renaissance nennen. Typisch für diese Zeit war, dass jeder Mensch einen unersättlichen Durst an Mehrwert hatte. Es wurde bereits sehr intensiv mit Waren aus Afrika (z.B. Elfenbein und Gold) und aus dem Osten (z.B. Gewürz und Seide) gehandelt. Diese Luxusgüter wollte man nun direkt beziehen und darauf eine Monopolstellung erlangen. Man ging damals davon aus, dass dieser Wunsch durch die Entdeckung des Seeweges nach Indien verwirklicht werden konnte.[11]

3.1 Die Realisierung des Seeweges nach Indien

Das Streben allein reichte indessen nicht aus, sondern bestimmte nautische Errungenschaften waren Voraussetzung. Zum einen wurde ein neuer Schiffstyp entwickelt. Die Karavelle. Sie war ein zwei- oder dreimastiges Schiff mit dreieckigen Segeln. Sie hatte einen gerade Kiel und ein Heckruder. Die zugespitzte Form des Schiffskörpers machte sie nicht nur schnell, manövrierfähig und leicht, sondern man konnte mit ihr auch am Wind segeln, sowie kreuzen.[12] Zum anderen ermöglichten Erfindungen, wie der Kompass oder Geräte zur Beobachtung der Sonnen- und Sternenhöhe, eine relativ exakte Hochseenavigation.[13]

Der Grund, so Loth, warum gerade Portugal im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bereits so früh schon über eine so erfahrene Seeflotte verfügte, lag unter anderem darin, dass sie auf Grund der eigenen Küste viel Erfahrung in der Küstenschifffahrt hatten.[14] Viel mehr noch konnte sich aber Portugal wegen der geographischen Lage, am äußersten Zipfel Europas, schneller als z.B. Spanien entwickeln. Intrigen und Kriege, in welche fast alle europäischen Staaten der damaligen Zeit verwickelt waren, berührte Portugal kaum.[15] Es bestand auch schon längere Zeit Kontakt mit nord- und westafrikanischen Staaten. Ferner vertrieben die Portugiesen die letzten Mauren bereits Mitte des 13. Jahrhunderts von ihrem Boden, etwa 250 Jahre bevor die Spanier dasselbe auf ihrem Boden taten.[16] Überdies konnte der König Joao II in seiner Amtszeit von 1481-1495 den Absolutismus in seinem Land entgültig einführen, was ihm das Regieren und in Auftrag geben von Forschungs- und Entdeckungsreisen erheblich erleichterte.[17] Bereits 1415 jedoch, unter der Herrschaft König Joao I (1385-1433), gelang den Portugiesen mit der Eroberung der Stadt Ceuta im heutigen Marokko, welche als Schlüssel zum Mittelmeer diente, ein wichtiger und großer Schritt. Bei der Eroberung hatte sich der dritte Königssohn Heinrich (1394-1460) besonders hervorgetan, so dass er zum Ritter geschlagen wurde. Sein Lebenstraum, neue Länder und Meere zu entdecken, nahm er fortan in Angriff. Heinrich der Seefahrer, wie er nunmehr genannt wurde, organisierte von seinem Wohnort am südwestlichsten Punkt Europas, „wo die Aussicht aufs Meer seine Hoffnung und Bemühung immer auffrischte“,[18] Expeditionen über das Kap Verde (1444) hinaus bis zum heutigen Gambia (1446). Obwohl er in seinem Haus ein astronomisches Observatorium, ein Seefahrtsarsenal und eine Schule für Seefahrer unterhielt, welches zu einem Zentrum aller Kapitäne, Nautiker und Geographen wurde, fuhr er selbst nie zur See. Heinrich war weiterhin ein Meister der Verhandlungen, so Daus.[19] Um seinem Handeln politische Deckung zu geben, erlangte er drei päpstliche Bullen[20]. Zum einen hatte er den päpstlichen Segen alle Heiden und Muslime zu unterwerfen (dum diversas), ihren Besitz zu übernehmen und sie zu Sklaven zu machen. Weiterhin wurden aus dem Vatikan seine frommen Taten höchst gepriesen (Romanus Pontifex) und zu guter letzt wurde ihm die Aufsicht über das Gebiet „von Kap Bojador südwärts bis Indien“[21] übertragen (Inter caertera)[22]. Auch nach dem Tot Heinrichs der Seefahrer, gingen die portugiesischen Vorstöße weiter. 1481 wurde auf dem Boden des heutigen Ghanas das Fort Sao Jorge da Mina, später Elmina genannt, als ein wichtiger Stützpunkt für weitere Fahrten errichtet. Hier erzielten sie ferner mit dem Goldhandel beträchtliche Gewinne.[23] 1482 betrat der erste Portugiese das Kongo-Reich im Norden des heutigen Angola.[24]

Das Fernziel, der Seeweg nach Indien, lag trotz aller Errungenschaften und Erfolge in noch nicht greifbarer Nähe. 1484 legte der Genuese Christoph Columbus dem König seinen Plan vor, Indien zu erreichen: es sollte nicht Afrika umsegelt werden, sondern westwärts gesegelt werden. Der König lehnte ab. Das selbe tat Columbus bei dem König von Spanien, welcher auch ablehnte. 1488 gelang die Nachricht von der erfolgreichen Umsegelung des Kap der guten Hoffnung durch Bartolomeu Dias nach Europa.[25] Das Ziel Indien zu erreichen lag nun in unmittelbarer Nähe.

Vordringen der

Portugiesen an

Der afrikanischen

Küste[26]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um das Rennen der Entdeckung Indiens vielleicht doch noch zu gewinnen, ging der spanische König augenblicklich doch auf das Angebot Columbus ein und stellte ihm Schiffe für die Entdeckung des Seeweges nach Indien über den Westweg bereit. Anstatt Indien entdeckte dieser jedoch die Karibischen Inseln. Nach dem Vertrag von Alcacovas[27] gehörten die entdeckten Inseln jedoch Portugal. Kastilien pochte darauf, die neuen Ländereien behalten zu dürfen, was ihnen nach einer weiteren Papstbulle auch gelang. Fortan regelte der Vertrag von Tordesillas, dass alle Ländereien 370 Meilen westlich der Kapverdischen Inseln spanisch und alle östlich davon portugiesisch waren.[28]

Portugal hingegen hielt fest an dem Plan, Indien durch die Umsegelung Afrikas zu erreichen. „Am 3. August 1497 verließ er (Vasco da Gama) die Kapverdischen Inseln, bog mit dem Passat weit nach Westen aus und erreichte nach drei Monaten ohne Landberührung mit den Westwinden am 4. November die Südwestküste Südafrikas – eine Hochseereise solcher Dauer hatte bis dahin noch niemand gewagt, auch Columbus nicht.“[29] Vasco da Gama segelte weiter um das Kap der Guten Hoffnung. Bereits einen Monat später traf er an der Sambesi-Mündung wieder auf bekanntes Terrain. Mit Hilfe von Lotsen und Informationen, welche vor der Reise von Reisenden eingeholt wurden, erreichte Vasco da Gama am 20. Mai 1498 Kalikut.[30] Das Ziel, die Realisierung des Seeweges nach Indien war erreicht.

3.2 Die Eroberung des asiatischen Handels

Kurz nach der Heimkehr Vasco da Gamas schickte der König Manuel im Jahr 1500 eine neue Flotte nach Indien. Von nun an sollte vernichtende Macht demonstriert werden.[31] 13 schwerbewaffnete Schiffe mit 1200 erfahrenen Soldaten liefen aus.[32] Auf dem Weg nach Indien entdeckten sie nebenbei Brasilien, was fortan auch portugiesische Kolonie war.[33] Der General der Flotte, Pedro Alvares Cabral, bombardierte Kalikut kurz nach deren Eintreffen. Nachdem Angst und Schrecken verbreitet war, konnten die Schiffe unter Androhung weiterer Gewalt sehr billig Pfeffer einkaufen. Durch Anwendung der Droh- und Bombardierungstaktik, erlang der König Manuel von Portugal innerhalb kürzester Zeit enormen Reichtum.[34] Vor der Ankunft der Portugiesen im Indischen Ozean, hatten arabischen, persischen oder indischen Geschäftsleuten den Handel inne.[35] Ab sofort wurden aber alle fremden Schiffe in Brand gesetzt oder bombardiert. Die Geschäftsgrundlage für den Asien-Handel war deutlich: staatlich, kriegerisch und permanent.[36]

Als Vorteil kam hinzu, dass im Landesinneren von Indien islamisierte Reiche gegen hinduistische Reiche im Krieg waren. Die Küstenregionen erschienen diesen Reichen als unwichtig und die Portugiesen konnten sich weitgehend selbst an diesen Ländereien bedienen.[37]

Innerhalb von nur zehn Jahren war die portugiesische Macht so enorm, dass sie sich eigentlich allein auf den Erhalt der Macht hätte beschränken können. In den Straßen Lissabons tobte das Leben, es wurde „gefeiert, getanzt und gesungen“[38].

Aber der nächste Gouverneur Portugiesisch-Indiens, Alfonso de Albuquerque, war ein neuer Typ des Kolonialpioniers. Sein Traum war es ein Portugal außerhalb Portugals zu gründen, welches mindestens gleich groß und stark war. Er war der Ansicht, dass für Indien eine neue Hauptstadt von Nöten war. Geographisch in der Mitte der indischen Westküste gelegen war Goa sein Ziel. 1510 eroberte er dieses. Goa wurde in den darauffolgenden Jahren zu der glänzendsten, europäischen Stadt Asiens. 1565 zählte sie bereits 200.000 Einwohner, darunter 10.000 ständige europäische Bewohner.[39] Die Kolonialherren sahen aber, dass viele gehandelte Güter nicht aus Indien, sondern aus weit östlicher gelegenen Ländern kamen. Damit Gewürze, Seide, Porzellanware u. a. in Zukunft nicht vorbei an den Portugiesen auf dem Landweg gehandelt wurde, mussten die Schiffe wieder in See gen Osten stechen, um den Ursprung dieser Waren zu finden. Goa war nun so stark geworden, dass der weitere Zugriff nach Osten nicht von dem weit entfernt gelegenen Lissabon aus gestartet werden musste, sondern von Indien aus. Das nächste Ziel war die zwischen Indien und China gelegene Stadt Malakka. Zeitzeugen berichteten, „Malakka war die reichste Stadt der Welt, berstend vor Wohlstand.“[40] Am 8. August 1511 hatte Albuquerque mit 18 Schiffen und 1400 Soldaten nach einem mehrtägigen Krieg die Stadt eingenommen. Da Malakka weit ab von eigenem Boden lag (3 Monate von Goa und 1 Jahr von Lissabon), und daraus resultierenden Schwierigkeiten bei eventuellen Nachschüben an Soldaten und Schiffen, konnte hier die Taktik der Bedrohung und der Bombardierungen, wie es in Indien üblich war, nicht angewandt werden. Verbündete waren von Nöten. Diese wurden in den Siamesen, ehemaligen Wettstreitern der Malaien, gefunden.[41]

Von Malakka aus entsandte Albuquerque Botschafter nach China. Lange und schwierige Verhandlungen folgten. Da die Chinesen in der Zwischenzeit jedoch den Japanern verboten mit ihnen Handel zu treiben, sie aber auf japanische Güter angewiesen waren, erlaubten sie 1557 den Portugiesen doch am Perlfluss in der Nähe der Stadt Kanton eine eigene Niederlassung zu errichten. Portugal war nun Zwischenhändler zwischen Japan und China.[42]

Von Malakka aus machten sich nun auch Schiffe auf um die sogenannten Gewürzinseln zu entdecken. Diese befanden sich in dem östlichen Archipel Indonesiens. Die Unbesiegbarkeit der Portugiesen sprach sich bei den dort ansässigen, verschiedenen Sultanaten herum. Jeder versuchte die Portugiesen auf ihre Seite zu bekommen. Da sich diese jedoch keine Feinde schaffen wollten, taten sie sich vorerst schwer auf einer bestimmten Insel eine Festung zu bauen. Erst als 1522 spanische Schiffe auftauchten, begann der Bau einer Festung auf Ternate.[43]

Das portugiesische Kolonialreich hatte seine größte Ausdehnung erreicht. Im 16. Jahrhundert hatte Portugal zwischen Bahia in Brasilien und den Molukken 70 Festungen und hunderte Faktoreien. Auf den Weltmeeren waren permanent portugiesische Schiffe unterwegs, so dass bereits 1590 portugiesische Seefahrer Australien entdeckten (60 Jahre vor der offiziellen Entdeckung durch die Hölländer) und sie ebenfalls die Polynesische Inselwelt durchsegelten (200 Jahre vor Cook). Portugal war explosionsartig zu einem Herrscher der Welt geworden.[44]

3.3 Der Niedergang und das Überleben des Imperiums

Es ist allgegenwärtig, dass jeder Herrscher, egal ob er friedlich oder militärisch herrscht, Neider und Gegner hat. So auch die Portugiesen. In der Region um Malakka und auf den Molukken wurden sie alsbald in einen Guerillakrieg verstrickt. Zu der immer größer werdenden äußeren Bedrohung kam eine innere. Aus einer alltäglichen Routine heraus entwickelte sich eine Schlamperei.[45] Ferner war Korruption alltäglicher Bestandteil. Was die Portugiesen früher so erfolgreich machte, der nie zu enden scheinende Ehrgeiz an Neuentdeckungen und die durch Forschung Weiterentwicklung der Seekräfte, hörte abrupt auf.[46] Die Schwerter und Kanonen verrosteten in den Lagerhallen.[47] Die Feinde merkten dies natürlich und ab 1520 rollten in regelmäßigem Abstand Angriffe auf portugiesische Festungen und Faktoreien.[48] So war es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Festungen in die Hände der ursprünglichen Landesherren fielen. Mit der Erstürmung der Festung von Ternate 1574, endete das portugiesische Imperium auf den Molukken bereits wieder.[49] Auch in Indien gingen viele Städte an die einheimische Bevölkerung verloren.[50]

[...]


[1] http://www.munzinger.de/lpBin/lpExt.dll/mol_03/ago?f=templates&fn=/publikation/laender/documentrame.html&tf=_parent&q=%5Bf%20land%3Aangola%5D&x=Advanced&2.0#LPHit1, recherchiert am 30.032005.

[2] http://www.munzinger.de/lpBin/lpExt.dll/mol_03/ago?f=templates&fn=/publikation/laender/documentrame.html&tf=_parent&q=%5Bf%20land%3Aangola%5D&x=Advanced&2.0#LPHit1, recherchiert am 30.032005.

[3] Vgl. Osterhammel, Jürgen, Kolonialismus - Geschichte Formen Folgen, München 2001, S. 8.

[4] Vgl. Osterhammel, a.a.O., S. 8-15.

[5] Vgl. Baumann, Rudi u.a., Der Brockhaus von A-Z in drei Bänden, Mannheim 2002, 2. Band S.224.

[6] Osterhammel, a.a.O., S. 16.

[7] Vgl. Osterhammel, a.a.O., S. 17+18.

und: Reinhard, Wolfgang, Kleine Geschichte des Kolonialismus, Stuttgart 1996, S. 2+3.

[8] Reinhard, a.a.O., S. 1.

[9] Baumann, Rudi u.a., Der Brockhaus von A-Z in drei Bänden, Mannheim 2002, 1. Band, S. 400.

[10] Osterhammel, a.a.O., S. 120.

[11] Vgl. Reinhard, a.a.O., S. 9.

[12] Vgl. Loth, Heinrich, Das portugiesische Kolonialreich, Berlin 1982, S. 32+33.

[13] Vgl. Reinhard, a.a.O., S. 9.

[14] Vgl. Loth, a.a.O., S. 11.

[15] Vgl. Loth, a.a.O., S. 11.

[16] Ebd.

[17] Ebd.

[18] Allgemeine Historie der Reisen, Band 1, S 19.

[19] Vgl. Daus, Ronald, Die Erfindung des Kolonialismus, Wuppertal 1983, S. 33.

[20] päpstliche Bulle: eine Urkunde mit Bleisigel.

[21] Boxer, Charles Palph, The Portuguese Seaborne Empire, London 1975, S.22 ff.

[22] Vgl. Daus, a.a.O., S. 33.

[23] Vgl. Godinho, M, Economia, I, Lisabonn 1962 , Seite 196

[24] Vgl. Reinhard, Wolfgang, Kleine Geschichte des Kolonialismus, Stuttgart 1996, S. 17.

[25] Ebd., S. 18.

[26] Ebd., S. 13.

[27] 1479, Portugal kennt die Thronfolge Isabellas von Kastilien an. Kastilien kennt das portugiesische Afrikamonopol südlich des 26. Breitengrades an. Seither sind die Kanarischen Inseln spanisch.

[28] Vgl. Reinhard, Wolfgang, Kleine Geschichte des Kolonialismus, Stuttgart 1996, S. 19.

[29] Ebd., S. 20.

[30] Vgl. Daus, a.a.O., S. 37+38.

[31] Ebd., S. 39.

[32] Ebd.

[33] Vgl. Daus, a.a.O., S. 39.

[34] Ebd.

[35] Ebd, S 41.

[36] Ebd. .

[37] Vgl. Boxer, a.a.O., S.50.

[38] Daus, a.a.O., S. 77.

[39] Laut Murray’s India Guide, 1968, S. 362.

[40] Vgl. Eredia, Emanuel Godinho de, Declaracao de Malaca e India Meridional como Cathay, Brüssel 1882, S. 4.

[41] Vgl. Daus, a.a.O., S. 48.

[42] Ebd., S. 48+49.

[43] Ebd., S. 50-52.

[44] Vgl. Daus, a.a.O., S. 53.

[45] Ebd. S 101.

[46] Ebd.

[47] Ebd.

[48] Ebd., S 102+103.

[49] Ebd. S 103+104.

[50] Ebd. S 104-106.

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Folgewirkungen des portugiesischen Kolonialismus, aufgezeigt am Länderbeispiel Angola, mit fächerübergreifenden didaktischen und methodischen Überlegungen
Hochschule
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
85
Katalognummer
V78595
ISBN (eBook)
9783640292950
ISBN (Buch)
9783640866595
Dateigröße
940 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Folgewirkungen, Kolonialismus, Länderbeispiel, Angola
Arbeit zitieren
Manuel Maag (Autor:in), 2005, Folgewirkungen des portugiesischen Kolonialismus, aufgezeigt am Länderbeispiel Angola, mit fächerübergreifenden didaktischen und methodischen Überlegungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78595

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