"Man ist natürlich niemals man selbst" - Über Gertrude Steins 'Autobiography of Alice B. Toklas'


Referat (Ausarbeitung), 2007

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung - Leben und Wirken von Gertrude Stein
1.1 Entstehung der „Autobiographie von Alice B. Toklas“ und die Reaktionen darauf

2. Die Autobiography of Alice B. Toklas - Aufbau, Erzählperspektive, Erzählzeit
2.2 Fiktionalität

3. Versuch einer Gattungseinordnung

4. Schluss - Vergleich mit anderen Autobiographien

5. Bibliographie

Primärliteratur

Sekundärliteratur

Internetquellen

1. Einführung - Leben und Wirken von Gertrude Stein

"I have lived half my life in Paris, not the half that made me but the half in which I made what I made."[1]

Gertrude Stein, die als das jüngste von fünf Kindern einer gutbürgerlichen, deutsch-jüdischen Familie am 3.2. 1874 in Allegheny (Pensylvania) geboren wurde, wird auch heute noch gerne als „Die Mutter der Moderne“ bezeichnet. Ihre Literatur war blank, assoziativ, abrupt und sie verbannte größtenteils, ähnlich wie James Joyce, die Interpunktion aus ihren Texten, um ihnen so einen eigenen Rhythmus zu geben. Der neue Umgang mit Literatur, mit Sprache, wie sie ihn entwickelte, stieß immer wieder auf heftige Kritik, die erst nach dem Erscheinen der Autobiography of Alice B. Toklas, ihrem erfolgreichstem Werk, allmählich nachließ. Ihr wurde unter anderem der Vorwurf gemacht, ihr Werk sei unzugänglich und sie sei unfähig mit dem klassischen Englisch umzugehen.[2]

Die gebürtige Amerikanerin wurde durch Reisen der Eltern seit ihrer frühesten Kindheit mit Europa und insbesondere mit Paris vertraut gemacht, wo Sie mit einigen Unterbrechungen an die vierzig Jahre ihres Lebens verbringen und wo sie ihre Kunst erschaffen sollte. Bevor sie 1903 nach Paris zog, verlebte sie ihre Jugend in Kalifornien, die Sommer größtenteils in Europa und studierte Philosophie, Psychologie und Medizin in Havard und Baltimore. Die Jahre waren vor allem von der engen Bindung an ihren älteren Bruder Leo Stein (1872-1947) geprägt gewesen. Als ihr Bruder 1902 nach Paris ging, folgte sie ihm nach Abbruch ihres Medizinstudiums und zog mit ihm in eine Wohnung in der Rue du Fleurus, die später zu einem Treffpunkt der avantgardistischen Künstlerszene werden sollte. Ihr Bruder hatte eine große Vorliebe für die Malerei und legte den Grundstock für die Kunstsammlung in der Rue du Fleurus.

Im Jahre 1905 macht sie die Bekanntschaft mit Pablo Picasso (1881-1973), mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband und der das Portrait von ihr malte, was berühmt werden sollte. 1907 lernt sie schließlich ihre spätere Lebensgefährtin Alice Babette Toklas (1877-1967) kennen, die 1909 in die Wohnung der Rue du Fleurus einzog und mit der sie bis zu ihrem Tode zusammen blieb. Alice B. Toklas war Gertrude Steins Sekretärin, Lektorin, Köchin und Geliebte. Im Selbstverlag erschien im selben Jahr Gertrude Steins erstes Buch Three Lives (wenn man von dem posthum veröffentlichten Frühwerk Q.E.D absieht). Als es im Jahre 1913 aufgrund von ästhetischen und persönlichen Differenzen zu einem Bruch zwischen Gertrude und Leo Stein kam, wurde die Bildersammlung der beiden Geschwister geteilt, Leo Stein zog aus und Alice B. Toklas übernahm die Oberherrschaft über den Haushalt. Als der erste Weltkrieg ausbrach, verließen Gertrude Stein und Alice B. Toklas zwar für ein Jahr (1915-1916) Frankreich, kehrten aber schnell von ihrem „Exil“ auf Mallorca zurück und arbeiteten für den American Fund for the french wounded, „ […] eine Organisation, die in ganz Frankreich Medikamente an französische Krankenhäuser verteilte“.[3] Nachdem Gertrude Stein Auto fahren gelernt hatte, fuhren sie und ihre Partnerin mit einem Ford Lieferwagen durch Frankreich, um Medikamente auszuliefern und nebenbei verfasste Stein Gedichte über den Krieg. Erst im Jahre 1925 erschien ihr umfangreichstes Werk The Making of Americans, welches bereits in den Jahren 1906-08 entstanden war und eine amerikanische Familie über drei Generationen, in der Steins sprachlich eigentümlichen, unkonventionellen Art, portraitiert. 1932 erschien dann die Autobiography of Alice B. Toklas, das Buch, welches Stein zum ersten Mal in ihrem Leben Erfolg brachte, das jedoch auch eine lange Schaffenskrise hinter sich her zog. Im Jahre 1946 starb sie in Paris an den Folgen von Magenkrebs. Ihre Lebensgefährtin überlebte sie noch 21 weitere Jahre.

1.1 Entstehung der „Autobiographie von Alice B. Toklas“ und die Reaktionen darauf

„Alles ist eine Autobiographie. Autobiographie ist einfach ob es einem gefällt oder nicht Autobiographie ist einfach für alle und jeden.“[4]

Das Gesamtwerk von Gertrude Stein ist von Paradoxien, widersprüchlichen und überraschenden Wendungen, Tautologien und Wiederholungen gekennzeichnet, in dem die Autobiography of Alice B. Toklas eine Ausnahme darstellt. Die so genannten „Getrudismen“, wie das berühmte Beispiel „ a rose is a rose is a rose“ oder andere, wurden völlig aus dem Text heraus gestrichen, so dass die Sätze, zwar größtenteils mit dem Verzicht auf Interpunktion, aber sehr einfach und klar verständlich sind. Jedoch ist der Titel an sich schon ein Paradoxon, da hier behauptet wird es sei eine Autobiographie von Alice B. Toklas, die aber (wie die Leser der Erstauflage erst auf der letzten Seite erfuhren, da auf dem Umschlag die Autorschaft nicht gekennzeichnet war) von Gertrude Stein verfasst wurde. Sie wurde von Gertrude Stein in nur sechs Wochen im Jahre 1932 auf ihrer Sommerresidenz in Bilignin nieder geschrieben, angeblich mit dem Wunsch nach kommerziellem Erfolg. Bis zu diesem Zeitpunkt mussten Gertrude Stein und Alice B. Toklas immer mehr ihrer gesammelten Bilder verkaufen, um finanziell abgesichert zu bleiben. Der Bilderverkauf sollte nun sein Ende finden, denn tatsächlich wurde die Autobiography Gertrude Steins erfolgreichstes Werk. Erstmalig erschien das Buch in mehreren Folgen der „Atlantic Monthly“, einer amerikanischen Kunst- und Literaturzeitschrift. Bereits neun Tage vor der Veröffentlichung waren die 5400 Exemplare der ersten Auflage ausverkauft und in zwei Jahren wurde die Autobiography of Alice B. Toklas insgesamt viermal neu aufgelegt.

Das Buch erhielt größtenteils gute Kritiken, jedoch zeigten sich einige Freunde wie Ernest Hemingway (1899-1961), Georges Braques (1882-1963) oder Henri Matisse (1869-1954), wegen einiger persönlicher Bemerkungen beleidigt. In der Autobiography of Alice B. Toklas wird eine Flut von Personen vorgestellt, von denen die meisten die künstlerischen, avantgardistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts voran trieben und wovon manche nur kurz erwähnt und schnell wieder fallengelassen werden, andere finden durch das ganze Werk hindurch Beachtung, wie beispielsweise Picasso.

In der Autobiographie konnte Gertrude Stein spitzzüngige und doppeldeutige Bemerkungen machen, ohne verantwortlich dafür zu scheinen. Laut der Aussage einiger Bekannter, gelang es Gertrude Stein gut, den Stil und die Stimme von Alice B. Toklas nachzuahmen und sogar einige ihrer engsten Freunde waren anfangs über die Autorschaft verwirrt. Der Erfolg der Autobiography of Alice B. Toklas ermöglichte auch Neuauflagen älterer Werke. Laut Gertrude Steins eigener Aussage hatte sie keinen Spaß am Schreiben gehabt und empfand es als unehrlich, da der Grund für die Entstehung der Autobiography ein kommerzieller war. Auf den gewünschten Erfolg folgten zunächst Selbstzweifel und eine längere Schaffenskrise. Eine Art Nachfolge der Autobiography of Alice B. Toklas entstand 1937 mit dem Werk Everybodies Autobiography. Ein Wunsch von ihr war es die Autobiography of Alice B. Toklas von Thornton Wilder verfilmen zu lassen, was jedoch nicht realisiert wurde.

[...]


[1] Vgl. http://www.ellensplace.net/gstein4.html, S.2

[2] Vgl. Brinnin, John Malcolm: „Die dritte Rose. Gertrude Stein und ihre Welt“ Frankfurt am Main, 1991, S.55

[3] Vgl. Souhami, Diana: „Gertrude und Alice/Gertrude Stein und Alice B. Toklas – Zwei Leben eine Biographie“, München, 1994, S.159

[4] Vgl. Michels-Wenz, Ursula: Getrude Stein für Minuten – Ein Lesebuch“, Frankfurt am Main, 1996,

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
"Man ist natürlich niemals man selbst" - Über Gertrude Steins 'Autobiography of Alice B. Toklas'
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für klassische Philologie und Komparatistik)
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V78435
ISBN (eBook)
9783638837170
ISBN (Buch)
9783640292462
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gertrude, Steins, Autobiography, Alice, Toklas
Arbeit zitieren
Katharina Rose (Autor:in), 2007, "Man ist natürlich niemals man selbst" - Über Gertrude Steins 'Autobiography of Alice B. Toklas', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78435

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