Italiens Weg zur Zweiten Republik , 1979-1994


Hausarbeit, 2002

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
- Die Vorgeschichte der Krise – ein zementiertes Regierungssystem
- Das Wahlrechts-Referendum 1991
- Die Wahlen vom April 1992 und „Mani pulite“
- Der Eintritt Berlusconis in die Politik und sein Wahlerfolg 1994

3. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In Italien wurde 1994 mit Silvio Berlusconi ein Mann Ministerpräsident, der alles andere als ein erfahrener Politiker war. Weder war er seit einigen Jahren aktiv in der Regierung oder in der Opposition aktiv, noch war er langjähriges Mitglied einer Partei. Die typischen Merkmale der meisten westeuropäischen Regierungschefs waren bei ihm nicht zu finden. Im Gegenteil. Ihm gelang es in nur kurzer Zeit eine Partei zu gründen, effektiven Wahlkampf zu führen und bereits nach der ersten Beteiligung an nationalen Parlamentswahlen sich als Ministerpräsident eines der größten und wichtigsten Staaten Europas wählen zu lassen. Dieser schnelle Erfolg ließ viele europäische Staaten besorgt Richtung Rom blicken, einige Intellektuelle „ verfielen in Endzeitstimmung “. War Italien vielleicht nur der Anfang und würde sich diese Art der „ medialen Machtergreifung “, wie Stefan Wallisch sie nennt, über ganz Europa ausbreiten können?[1]

Diese Arbeit möchte sich primär mit den Hintergründen der ungewöhnlichen Vorgänge Anfang der 90er Jahre auseinandersetzen. Wie ist es möglich, dass ein zwar ohne Frage mächtiger Unternehmer, Chef eines riesigen Medienimperiums, seine Macht scheinbar so unproblematisch auch auf die Politik ausdehnen konnte?

Diese Arbeit wird ihren Schwerpunkt dabei nicht auf die Person Berlusconi oder sein Wirtschaftsimperium legen. Auch die Art seines Wahlkampfes wird nur am Rande erwähnt werden. Vielmehr wird primär versucht, die speziellen gesellschaftspolitischen Voraussetzungen herauszuarbeiten, die den Erfolg dieser schillernden Persönlichkeit erst möglich machten.

Der erste Teil der Arbeit wird sich mit den Ereignissen in Italien während der 80er und Anfang der 90er Jahre auseinandersetzen. Welche Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass Italien 1992 in eine solch tiefe, umwälzende innenpolitische Krise kam? Was für Schwächen hatte das politische System Italiens und wie kamen sie zustande? Aufgrund der Komplexität der Ereignisse in den 80er Jahren sei schon hier darauf hingewiesen, dass sich die Arbeit darauf beschränkt, Strukturen zu beschreiben und einige Hintergründe anzusprechen. Eine detaillierte Analyse der Ereignisse würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Der zweite Teil der Arbeit wird die Wahlrechtsreform von 1991 analysieren, die heute oft als ein offener Schlag ins Gesicht der etablierten Parteien gesehen wird. Um was ging es dabei eigentlich? Wer waren Hauptakteure und welche Motive hatten sie? Der dritte Teil der Arbeit setzt sich mit den Ereignissen zwischen 1992 und 1994 auseinander. Wie kam es zu der wohl europaweit einzigartigen Krise der etablierten Parteien, allen voran der seit dem Zweiten Weltkrieg ununterbrochen mitregierenden „Democrazia Christiana“ (DC)? Gab es noch Konstanten? Am Anfang werden dabei die Wahlen im April 1992 analysiert, die in der Literatur oft als „politisches Erdbeben“ oder mit ähnlichen Begriffen charakterisiert werden. Für die etablierten Parteien waren sie das Anfang vom Ende und in der politischen Mitte entstand ein Vakuum[2]. Auch die zeitgleich anlaufenden Ermittlungen der Mailänder Staatsanwälte, die unter der Bezeichnung „Mani pulite“ berühmt geworden sind, sollen in diesem Teil skizziert werden. Der vierte Abschnitt wird einen kurzen Überblick über den Eintritt Berlusconis in die Politik geben. War Berlusconi vorher schon politisch aktiv und mit wem teilte er sich 1994 die Macht?

Bei der Literatur greift diese Arbeit, vor allem bezüglich der Vorbedingungen, auf diverse Standardwerke über die italienische Geschichte zurück (z.B. Hausmann, Lill). Auf die Ereignisse ab 1991 und die Person Berlusconi zugeschnittene Literatur ist zur Zeit noch recht dünn gesät. Deshalb werden hier vor allem Artikel aus politikwissenschaftlichen Zeitschriften herangezogen.

2. Hauptteil:

1. Die Vorgeschichte der Krise – ein zementiertes Regierungssystem

Im August 1979 fanden in Italien Neuwahlen der Abgeordnetenkammer statt. Zwischenzeitliche Annäherungen zwischen der kommunistischen Partei PCI, vor allem unter ihrem Vorsitzenden Enrico Berluinger, und der seit 1948 permanenten Regierungspartei DC wurden seitens der Christdemokraten verworfen. Glaubte man zunächst, durch eine teilweise Integration der Kommunisten erfolgreich gegen linksradikalen Terrorismus vorgehen zu können, fand nach der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten und DC-Spitzenpolitikers Aldo Moro ein allgemeiner Umdenkungsprozess statt. Die DC orientierte sich nun wieder mehr zur Mitte hin und „versagte dem PCI die inzwischen ultimativ geforderte Regierungsbeteiligung,...“.[3] Schon 1978 versuchte der christdemokratische Ministerpräsident Giulio Andreotti und ab August 1979 sein Nachfolger Francesco Cossiga die Reaktivierung der Koalition der „Linken-Mitte“ zwischen DC und der Sozialdemokratie bzw. den Liberalen. Die Wahlen im August 1979 unterstützen dieses Vorhaben, eine Koalition von DC, PSDI und PLI fand eine Mehrheit. Cossigas Regierung musste im Oktober 1980 bereits wieder ihren Rücktritt einreichen. Auch die Nachfolgeregierung unter Arnaldo Forlani hielt sich nicht lange im Amt - im Mai 1981 musste sie ebenfalls zurücktreten. Einigen Regierungsmitgliedern wurde die Mitgliedschaft in der dubiosen Freimaurerloge P 2 („Propaganda 2“) vorgeworfen. Durch diesen „P 2-Skandal“ wurde die gesamte politische Elite in ein diffuses Licht gestellt, man warf der Loge vor, einen „Staat im Staate“ gebildet zu haben. Vor allem die DC war von der Aufdeckung der P2-Loge negativ getroffen.[4]

Folge dieses Skandals war eine neuartige, breite Koalition von insgesamt fünf Parteien. Zum ersten Mal verzichtete die DC darauf, den Ministerpräsidenten zu stellen – ihre Position war nach dem P 2-Skandal offenbar zu schwach. DC, PSI, PSDI, PRI und PLI wählten gemeinsam den linksliberalen Giovanni Spadolini zum Ministerpräsidenten, der eine rigorose Sparpolitik verfolgte. Diese „pentapartito“ (fünf Parteien) wurde trotz großer politischer Differenzen geschlossen und war wohl vor allem ein Werk des neuen, starken Mannes der Sozialisten, Bettino Craxi.[5] 1982 wählten die Christdemokraten Ciriaco De Mita zu ihrem Generalsekretär. Er war ein Anhänger des Ausgleichs mit dem PSI und seine Verständigungen mit Craxi zu dieser Zeit verweisen laut Rudolf Lill auf eine zehn Jahre später zerstörerische Konstellation hin: „In den Zentralen von DC und PSI wurde über die Macht im Staate und über die Beschaffung und Verwendung seiner finanziellen Mittel entschieden“.[6]

Nachdem Spadolini im November 1982 zurücktreten musste, übernahm Craxi schließlich, nach der kurzen Übergangsregierung Amintore Fanfanis, als erster PSI-Politiker überhaupt für rund vier Jahre das Amt des Ministerpräsidenten – eine ungewöhnlich lange Zeit für italienische Verhältnisse. Craxi war „der neue Star am politischen Himmel Italiens“.[7] Die Regierungspolitik Craxis ist für das Thema dieser Arbeit von geringer Relevanz. Es sei nur darauf hingewiesen, dass Craxi nie an einer intensiven Beziehung zu den Kommunisten interessiert war. Vielmehr suchte und fand er die direkte Auseinandersetzung mit dem PCI auf Politikfeldern, bei denen sie verwundbar und unsicher waren.[8] Folgerichtig endete mit den Kommunalwahlen 1985 in den meisten Regionen auch das „Intervall der roten Rathäuser“.[9]

Ab April 1987 stellte die DC wieder den Ministerpräsidenten, keiner hielt sich jedoch über längere Zeit im Amt. Die vielen Regierungswechsel zeigten eine Tatsache ganz deutlich: Italien war nur partiell stabil. Craxi (PSI) und Andreotti (DC) standen für den Erhalt des Wohlfahrts- und Subventionsstaates, der zentralistisch auf Rom ausgerichtet war. Die Steuern aus dem produktiven Norden liefen zum größten Teil in die Hände der römischen Bürokratie, der regierenden Parteien oder in Richtung des unproduktiven Südens. Die Staatsverschuldung stieg immer mehr an und führende Politiker verkörperten eine „kontinuierliche Meridionalisierung“ des Staates. Zudem wurde der Gegensatz zwischen dem „reichen“ Norden und dem „armen“ Süden trotz aller Subventionen immer größer.[10]

[...]


[1] Stefan Wallisch, Aufstieg und Fall der Telekratie. Silvio Berlusconi, Romano Prodi und die Politik im Fernsehzeitalter, Wien, 1997, S. 11.

[2] Lill, Rudolf, Italien als demokratische Republik, in: Wolfgang Altgeld (Hrsg.), Kleine italienische Geschichte, Stuttgart, 2002, S.477.

[3] Lill, Italien, S. 467.

[4] Lill, Italien, S. 470.

[5] Friederike Hausmann, Kleine Geschichte Italiens von 1943 bis heute, Berlin, 1997, S.126.

[6] Lill, Italien, S.470.

[7] Hausmann, 1943 bis heute, S.130.

[8] Hausmann, 1943 bis heute, S. 132.

[9] Lill, Italien, S.473.

[10] Lill, Italien, S. 474.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Italiens Weg zur Zweiten Republik , 1979-1994
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Übung im Grundstudium
Note
2,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V7843
ISBN (eBook)
9783638149693
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Italiens, Zweiten, Republik, Grundstudium
Arbeit zitieren
Malte Dress (Autor:in), 2002, Italiens Weg zur Zweiten Republik , 1979-1994, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7843

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