Von Kindern lernen - gegen Erwachsenenzentrismus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

18 Seiten, Note: eins


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Trennung Erwachsener und Kinder, in verschiedene Lebensbereiche
Die Entwicklung der Kinder
Die Entwicklung des Kindes
Die Entwicklung der Erwachsenen
Die Pädagogisierung des Verhältnisses zu den Kindern

2. Die Ausstrahlung von Kindern
Sprache
kreativ schöpferisch
Kinder als ursprüngliche Philosophen
Kinder als Künstler

3. Einwirkungen von Kindern
Sozialisierende Einflüsse von Kindern
Individuierende Einflüsse von Kindern
Konzeption des richtigen Handelns
Regelung der Handlungsantriebe
Interpersonale Verständigung
Kognitiver Bereich
Psychologische Bedingungen, die die Empfänglichkeit der individuierenden Einflüsse fördern

4. Zusammenfassung

1. Die Trennung Erwachsener und Kinder, in verschiedene Lebensbereiche

Die Entwicklung der Kinder

Seit Beginn der 60‘er Jahre, gibt es immer wieder Hinweise, daß Soziologie, ein wechselseitiger Prozeß zwischen Erwachsenen und Kindern darstellt. Der Begriff Gesellschaft, wird häufig mit einer Erwachsenengesellschaft gleichgesetzt. Erwachsene gelten als „fertig“, im Gegensatz zu den Kindern. Natürlich läßt eine solche Einstellung kein Interesse am einer wechselseitigen Beziehung zu. Als „inkomplette“, „unfertige“ Individuen, haben Kinder in der erwachsenen - zentrierten Welt nur wenig Chancen als Sozialpartner anerkannt zu werden. Dennoch können Kinder in der heutigen Zeit ihre eigene Sozialisation in einem zunehmenden Maße aktiv mitbestimmen.

Wie Kinder eingeschätzt und behandelt werden, hängt von den sozioökonomischen und kulturellen Verhältnissen, Werten und Normen ab, vor dem Hintergrind betrachtet, daß der Mensch Produkt einer von ihm erschaffenen sozialen Welt darstellt.

Kindheit galt nicht immer als ein gesonderter Lebensabschnitt. In Philippe Aries „Geschichte der Kindheit“(1975), wird die Kinder- und Erwachsenenwelt im Mittelalter, als eine Arbeits-, Lebens- und Spielgemeinschaft beschrieben. Kinder galten als kleine Menschen, die teilnahmen, an allen Verrichtungen der Erwachsenenwelt, genau wie umgekehrt die Erwachsenen das Leben der Kinder. Die Kinder trugen ihren Teil zum Lebensunterhalt bei und wurden lange Zeit als die Altersversorgung der Eltern betrachtet. Die Lebensräume waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht getrennt, alte und junge Menschen verbrachten einen Großteil der Zeit gemeinsam. Kinder wurden in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens mit einbezogen. Gleichzeitig war es selbstverständlich, daß die Erwachsenen sich an den Aktivitäten der Kinder beteiligten.

Heute gibt es Spiele für Erwachsene und Spiele für Kinder. Der Erwachsene ist nur noch selten in der Lage, in die Welt der Kinder einzutauchen, es sei denn er hat eigene Kinder, oder er ist in seinem Inneren immer ein Kind geblieben. Ängste, Scham- und Peinlichkeitsschwellen, die im Laufe der Sozialisation aufgebaut wurden, sind ein typisches Merkmal unserer Gesellschaft und führten im Verlauf der Geschichte zu einer Trennung der Lebensbereiche von Kindheit und Erwachsenem. Viele Bereiche, die in früheren Zeiten miteinander geteilt wurden, verschwanden “zugunsten“ typisch kindlicher oder erwachsener Verhaltensweisen.

Mit der Abgrenzung der Kindheit, wurden den Kindern eigene Aufgaben, Bereiche und auch Spiele überlassen. Das Alltagslernen in einer Umgebung jeden Alters wurde ersetzt, durch das institutionalisierte Lernen (Schule), in der gleichaltrige zusammengefaßt wurden. Die Sozialisationsinstanz Familie, gab in dieser Phase, viele ihrer Funktionen an öffentliche Instanzen ab. Der Abstand zwischen den Generationen nahm auf beiden Seiten zu.

Die Entwicklung des Kindes

Die „Kindwerdung“ verlief im Verhältnis der Eltern zu den Produktionsmitteln und der Stellung innerhalb des Produktionsprozesses unterschiedlich ab. Kinder des Adels erlebten ihre Kindwerdung in einem spielerischen Prozeß. Dagegen mußte die Mehrheit der Kinder aus den unteren Schichten zum Lebenserhalt der Familie beitragen.

Mit dem Fortschreiten der Produktivkräfte konnten die Kinder nach und nach aus dem Produktionsprozeß entlassen werden. Dies eröffnete für die Kinder neue Freiräume, die mit und auch ohne Hilfe Außenstehender geschlossen wurden. Hiermit war eine entscheidende Vorraussetzung für die „Selbst- und Fremdverkindlichung“ (S.14) gegeben.

Die neuen Spielräume wurden durch eigene Handlungen gefüllt. Gleichzeitig beeinflußten Erwachsene durch pädagogisch, schulisches Handeln. Mit der Entlastung der Kinder aus dem Erwachsenenleben, wurde die Spielwelt differenzierter ,in Abhängigkeit der Klassen- und Schichtzugehörigkeit. Studien ergaben, daß mit der gesell. Produktivkraftentwicklung die Vielfalt an Inhalt und Formen der Spiele zunimmt, im Gegensatz zu existenzbedrohten Lebensräumen, in denen nur wenig zur Handlung animierenden Gegenständen vorhanden war (S.15). Heute erleben die Kinder vielfach eine Phantasiewelt, die über das sie umgebende soziale Umfeld hinausgeht. Sutton Smith interprätiert dieses heutige kreative Verhalten der Kinder als eine schöpferische Anpassung an die Anforderungen der modernen Umwelt.

Die Entdeckung der Kindheit und den damit zur Verfügung stehenden neuen Spielräumen zur Selbstgestaltung, wurden von den Erwachsenen gefördert und gleichzeitig behindert, ein gewähren lassen, gepaart mit einer Pädagogisierung.

Die Entwicklung der Erwachsenen

Das historische Erwachsenwerden steht mit der zunehmenden Rationalisierung des Produktionsprozesses und weiträumiger Lebensbereiche in Zusammenhang. Rationales Handeln, daß sich an Zweck und Mitteln orientiert und abwägt wird zum Status gesellschaftlichen Handelns.

Das Erwachsenwerden geht einher mit der allmählichen Fähigkeit Leistungen zu erbringen. Charakteristisch dafür steht eine erwerbs- und konkurrenzegoistische Eigenverantwortlichkeit für Erfolg und Lebensgestaltung. Gleichzeitig bringt die Umstellung der Produktionsbereiche auf ein abstraktes Marktverhalten, ein „auf sich gestellt“ sein, einher. Kollektives Verhalten ist heute von einem selbstorientiertem Verhalten abgelöst worden.

Produktionsabläufe wurden zerteilt, so daß die Anzahl an Kontakten zu anderen beteiligten Menschen zunahm. Die Fähigkeit nur partiell Kontakte zu Menschen aufzunehmen und diese ertragen zu können, ist eine spezifische Eigenschaft der modernen Erwachsenen geworden. Überall, nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch im privaten Bereich, hat man heutzutage nur noch mit Teilkontakten zu tun. Soziale Bindungen, wie die Zugehörigkeit zu Ständen, religiösen Gemeinschaften, Zünften, sind heute durch eine Universalisierung abgelöst. Jeder Erwachsene muß heute grundsätzlich dazu in der Lage sein, an verschiedenen Orten mit jedem zusammenzuarbeiten und sich noch auf einem allen verständlichen Niveau verständigen zu können.

Dabei sind kulturell gesellschaftliche Normen und Werte von großer Bedeutung. Dem zivilisiertem Leben, den Verhaltensweisen beim Essen, Trinken, Fahren, Trauern ect., sind durch eine zunehmende Regulierung des Triebverhaltens und einer verstärkten Scham- und Peinlichkeitsschwelle reguliert worden. Was als „unanständig“ bei Kindern heute gilt, war in früherer Zeit auch bei den Erwachsenen als normal angesehen.. Das affektive Verhalten war zur damaligen Zeit wesentlich größer, als in der Jetztzeit.

Die Pädagogisierung des Verhältnisses zu den Kindern

Das Verhältnis von den Erwachsenen, zu den Kindern wurde weitgehend pädagogisiert. Mit der Veränderung der Sozialstruktur in immer kompliziertere Abläufe ist das traditionelle Lernen im Alltagsleben, einem Hineinwachsen in die Welt der Erwachsenen, immer rückläufiger geworden. Die Kinder wurden in Schulen zusammengezogen und der sozialen Wirklichkeit ferngehalten. Eigene Erfahrungen aus der realen Welt wurden ersetzt durch abstrakte Wissensvermittlung. Gleichzeitig versteht sich der Begriff Schule, auch als ein Ort, der kognitiven-intellektuellen Einflußnahme, gekoppelt mit dem Eingriff in den affektiven Bereich des Kindes. Das Kind wird durch Verhaltensregeln sozialisiert und „zivilisiert“.

Auch außerhalb der Schule findet eine permanente Pädagogisierung durch den Erwachsenen statt. Sie sehen sich in der Rolle des ausgereiften, intellektuellen Menschen. Die Kinder dagegen gelten als Heranwachsene, die sich in einem unfertigen Zustand befinden. Diese (Fehl)kenntnis, läßt viele Erwachsene die Pflicht in sich spüren, die Kinder ständig durch pädagogische Hilfestellungen aus dieser, für sie unfertigen Form, hinaus helfen zu müssen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Von Kindern lernen - gegen Erwachsenenzentrismus
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Pädadogik)
Note
eins
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V7840
ISBN (eBook)
9783638149662
ISBN (Buch)
9783640858156
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sozialisierene und individualisierende Einflüsse, Handlungsorientierung
Arbeit zitieren
Britt Gaab (Autor:in), 2000, Von Kindern lernen - gegen Erwachsenenzentrismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7840

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Von Kindern lernen - gegen Erwachsenenzentrismus



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden