Wirtschaftliche Cluster und Wirtschaftsförderung


Hausarbeit, 2006

36 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1. Theoretische Grundlagen

EINFÜRUNG

Der Begründer der Clustertheorie, der amerikanischer Ökonom Michael Porter, schreibt folgendes in seinem Werk On Competition: „In a global economy – which boasts rapid transportation, high speed communications and accessible markets – one would expect location to diminish in importance. But the opposite is true. The enduring competitive advantages in a global economy are often heavely localised, arising from concentrations of highly specialised skills and knowledge, institutions, rivalry, related businesses, and sophisticated customers” (Porter 1998: 90). Man hat festgestellt, dass die Gründungen von Unternehmen nicht gleichmäßig über den Raum verteilt sind, sondern sich regional konzentrieren.

Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Zu den bekanntesten Beispielen gehören unter anderen die kalifornische „Informatikhochburg“ Silicon Valley, Filmindustrie in Hollywood, Software-Outsourcing Cluster in Bangalore, Modeindustrie in Paris, Logistikcluster in Rotterdam. Es gibt zahlreiche erfolgreiche regionale Häufungen von Unternehmen der gleichen Branche bzw. eng verwandten Branchen. Holger Schiele schreibt, dass jeder dritte weltweit verkaufte Pinsel im fränkischen Bechhofen hergestellt wird, dass fast die Hälfte der weltweit hergestellten Fliesen in zwei regionalen Clustern in Italien und Spanien produziert werden, dass 70% aller in Deutschland verkauften Schnittblumen aus den Niederlanden kommen und dass etwa drei Viertel aller Formel-1-Titel von britischen Fahrzeugen gewonnen wurden, „die von etwa 600 Unternehmen mit 30 000 Beschäftigten vorwiegend in der Region um Silverstone herum hergestellt werden“(Schiele 2003:14). Fast die Hälfte aller Industriebranchen in Deutschland lässt statistisch für sich regionale Konzentration nachweisen: „In jeder zweiten Branche des produzierenden Gewerbes finden sich solche Landkreise, in denen mindestens dreimal so viele Betriebe angesiedelt sind, wie der statistische Durchschnitt erwarten lässt“(Schiele 2003: 14).

Der globaler Wettbewerb wird heute nicht mehr nur zwischen Unternehmen sondern zunehmend auch zwischen Regionen ausgetragen. Dieses Phänomen wird durch die Entstehung von vorteilhaften Netzwerken erklärt, die aus der räumlichen und sektoralen Konzentration der Unternehmen in einer Region resultieren. Es entstehen Vorteile durch enge räumliche Verflechtungen mit Zulieferern und Kunden, durch ein spezialisiertes Arbeitskräfteangebot sowie auf Grund von Wissensspillover und Lerneffekten. Vor allem begünstigen die großstädtische Agglomerationsräume die Entstehungsbedingungen für neue Betriebe und Unternehmen aufgrund der hohen räumlichen Dichte wirtschaftlicher Aktivitäten gute Zugangsmöglichkeiten zu Arbeitskräften, Wissen und Technologie, sowie das Vorhandensein anspruchvoller Nachfragern (Fritsch et al. 2004: 182).

Die Bedeutung von Netzwerken für die Regionalentwicklung wurde bereits 1890 in Alfred Marshalls Principles of Ecoomics erwähnt. Er sprach damals von Exernalitäten oder Agglomerationsvorteilen, die durch Zusammenballung von Unternehmen der gleichen Branche entstehen. Lange blieb seine Arbeit unberücksichtigt. Erst in den 1980er Jahren, als solche Erscheinungen wie Silicon Valley und Drittes Italien das Interesse von Geographen, Regionalwissenschaftlern und Ökonomen erweckten, wurde das Werk von Marschall wiederentdeckt. Mehrere regionale Entwicklungstheorien haben in den letzten Jahren die von ihm beschriebenen Netzwerke integriert (z. B. Industriedistrikte, Innovative Milieus, Regionale Innovationssysteme, Lernende Regionen). Die Überlegungen über die Vorteile und Nachteile solcher Netzwerken sind seit langer Zeit in die Regionalökonomie präsent und sind unter den Schlagwörtern Agglomerations-, Urbanisierungs- und Lokalisationseffekte zu finden. Die Begriffe Cluster, Industriedistrikte, Innovative Milieus und Lernende Regionen werden oft in der Literatur als Synonyme verwendet.

Porters Clusteransatz basiert auf Marshall. Porter betont die Rolle der Wettbewerbsfähigkeit als Katalysator des regionalen und nationalen Wachstums. Den Clustern werden zahlreiche Vorteile, wie erhöhte Produktivität und Effizienz sowie die Stimulierung von Innovationen und Erleichterung der Gründung von neuen Unternehmen, zugeschrieben. Porter sieht in ihnen wesentliche Determinanten nationaler Wettbewerb. Schiele schreibt: „Porter setzte auf nationaler Ebene an. Studienschwerpunkt waren solche Branchen, in denen die Industrie einzelner Länder eine ganz herausragende Weltmarktposition einnimmt – also beispielsweise japanische Motorräder, Fotokameras oder Kopiergeräte. Das Ergebnis: Unternehmen setzen sich dann international durch, wenn sie aus einem Land kommen, in dem mehrere direkte Wettbewerber zu Hause sind, die auf eine differenziert gegliederte Zulieferindustrie zurückgreifen, wichtige Kunden in der Heimat vorfinden und durch eine ganze Infrastruktur von Hochschulen über Verbände bis Beratungsdienstleister unterstützt werden. Anders ausgedrückt: Global erfolgreiche Firmen sind nicht alleine, sondern in ein starkes Team eingebunden – und dieses Team ist nicht international, sondern national und im Idealfall sogar regional verankert“ (Schiele 2003:16).

Clusterförderung ist als ein Konzept der lokalen und regionalen Wirtschaftsentwicklung hat sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Cluster bieten ein hohes Potential zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen, sowohl von „passiven“ Vorteilen, die ohne Intervention durch den Staat oder andere Akteure entstehen, als auch von „aktiven“ Standortvorteilen, die durch kollektives oder staatliches Handeln in einer Region geschaffen werden (Navdi 1997).

Die anspruchsvollen Anforderungen von Unternehmen an Standorte haben zur Folge, dass lokale und regionale Entwicklung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Weltbank und die UNIDO fördern in verschiedenen Ecken der Welt Projekte der Clusterentwicklung. Regionale Clusterforschung ist interdisziplinäres Forschungsfeld, das sich mit der Entstehung, Entwicklung und politischen Gestaltung von Clustern befasst. Der Aufbau von Clustern wird häufig in der Wirtschaftsförderung als aktive Innovationsförderung verstanden. Ausgehend von einer Analyse der betreffenden Wertschöpfungskette im regionalen Kontext kann das Potential des Aufbaus und der Förderung eines bestimmten Clusters abgeschätzt und ein Clustermanagement eingesetzt werden. Cluster stehen im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion über die Bedeutung von Netzwerken für die erfolgreiche Regionalentwicklung.

Das Portersche Cluster und das Diamantenmodell

Nach Porter ist ein Cluster: “Geographic concentration of interconnected companies, specialised suppliers, service providers, firms in related industries, and associated institutions (for example,universities, standards agencies, and trade associations) in particular fields that compete but also co-operate” (Porter 1998:197).

Cluster wird also als die geographische Konzentration von

1. miteinander verbundenen Unternehmen
2. spezialisierten Zulieferern
3. Dienstleistern
4. Unternehmen in verwandten Branchen
5. unterstützenden Institutionen (z. B. Universitäten, Standardagenturen, Kammern, Verbände) in bestimmten Branchet, die im Wettbewerb stehen und gleichzeitig kooperieren definiert.

Cluster werden als ein Wertschöpfungssystem verstanden. Die Wettbewerbsvorteile eines Clusters basieren in der Regel auf Gemeinsamkeiten (z. B. das Interesse an lokal verfügbarem qualifiziertem oder billigem Personal), verbesserter Arbeitsteilung und Externalitäten zwischen den beteiligten Firmen und Institutionen. Dabei spielen die informelle Kontakte oft eine wichtige Rolle.

Abb.1. Cluster als Wertschöpfungssystem

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Cluster wachsen in Orten, in denen sich genügend Betriebsmitteln und Kompetenzen ansammeln und eine kritische Schwelle erreicht wird, die diesem Ort eine Schlüsselposition in der gegebenen ökonomischen Tätigkeitsbranche ermöglicht. Dadurch entsteht ein entscheidender Wettbewerbsvorteil über andere Orten. Laut Porter können die Cluster die Produktivität der Firmen erhöhen und die Innovation und neue Geschäfte in dem gegebenen Feld stimulieren.

Zu den Eigenschaften eines Clusters gehören ein duales Lernsystem, ein eigendynamisches

Wachstums- und Spezialisierungssystem sowie ein geographisch begrenztes System das als uniqueness angesehen wird.

Porter beschreibt den Wettbewerbsvorteil der Regionen und Nationen als das Resultat der Zusammenarbeit von 4 miteinander verbundenen Faktoren, die er in seinem Diamanten-Modell (competitive diamond) dargestellt hat (Abb. 1). Da die Welt durch dynamische Bedingungen beherrscht wird, die ständige Veränderung und Anpassung der Betriebe and die gegebene Situation erfordern, steigern Unternehmensstrategie und Rivalität durch die direkte Konkurrenz die Produktivität und Innovation der Unternehmen. Nachfragebedingungen der anspruchsvoller Kunden erhöhen den Wettbewerbsdruck und fördern die Unternehmer die Qualität ihrer Produkte ständig zu verbessern. Räumliche Nähe von Verwandten und unterstützenden Branchen erleichtert den Wissensaustausch sowie einen ununterbrochenen Austausch von Ideen und Innovationen, ermöglicht die gemeinsame Nutzung von Maschinen und bietet ein intaktes Zulieferernetz. Als Porter folgendes schrieb: „Thinking about competition and strategy has been dominated by what goes on inside companies. The role of location is all but absent. The presence of clusters suggests that much of competitive advantage lies outside a given company or even outside its industry, residing instead in the locations of its business units” (Quelle: Oxford Handbook of Economic Geography, 2001: p. 253/254), meinte er, dass der Standort für die Unternehmer eine besonders wichtige Rolle spielt. Unter Faktorbedingungen (Standortbedingungen) sind die Vorteile eines bestimmten Standorts etwa wie gutes Angebot an Fachkräften und Kapital, eine gute Infrastruktur, gegebenenfalls das ausreichende Vorkommen von Rohstoffen zu verstehen. Diese Vorteile können zwar geschaffen werden, deren Erzeugung ist aber ein sehr langfristiger Prozess, der häufig nachhaltige Investitionen mit einbezieht und deswegen nicht leicht kopiert werden kann. Die Motive der Stanortwahl von Verankerungspunkte von globalen Standortnetzen werden in der Tabelle 1 dargestellt. Die Rolle der Regierung sei es nach Porter, als ein Katalysator und Herausforderer zu dienen. Sie soll die Firmen fördern sich auf höheres Niveau der konkurrierenden Leistung zu bewegen. Die Regierung muss die Unternehmen anregen, ihre Leistungen zu erhöhen und frühe Nachfragen nach hochwertigen Produkten zu stimulieren. Die Metaebene wird bei Porter nur am Rande berücksichtigt. Die Rolle des politischen, kulturellen und sozialen Grundmusters einer Gesellschaft wird in Porters Theorien zum größten Teil vernachlässigt. Unterschiedliche Hierarchisierung innerhalb eines Clusters wird ebenfalls vernachlässigt.

Porter erklärt ausführlich die Ursache für eine räumliche Konzentration, sein Ansatz befasst sich jedoch nicht mit der Frage, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen die Vorteile dieser räumlichen Konzentration entstehen.

Abb. 2. Diamantmodell von Porter „competitive diamond“ of local industrial clustering (nach Porter 1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1 Die Motive der Stanortwahl von Verankerungspunkte von globalen Standortnetzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Krätke 2002. In: Geographische Zeitschrift, 90(2), 103-123.

Rolle von tacit knowledge und face-to-face Kontakte

Unternehmerische Tätigkeit ist in ein soziales Umfeld eingebettet (Maillat 1997). Gute persönliche und informelle Kontakte, gegenseitiges Vertrauen sind wichtig und entstehen durch die räumliche Nähe. Austausch von tacit knowledge im Gegensatz zu codified information wird meistens nur durch face-to-face Kontakte ermöglicht. Mehrere Ansätze hervorheben die Rolle des lokal begrenzten Wissenstransfer (Jaffe 1989, Feldman 1994) und unterstreichen, dass das Wissen weniger mobil ist. In den Clustern, die die ausreichende Bedingung für Wissensaustausch erfüllen, wird das Wissen als lokales öffentliches Gut zum Wettbewerbsvorteil gemacht. Auch ist die kulturelle Nähe von einer großen Bedeutung.

„ Aus der Summe der individueller Unternehmensnetzwerke in einer Region entsteht ein Gesamtwerk, das die Kontakte und Kooperationsbeziehungen als ein räumliches System beschreibt. Kennzeichen regionaler Netzwerke sind räumliche Nähe, persönliche, informelle Kontakte, Vertrauen, Wettbewerb, Kooperation, gemeinsame Wertvorstellungen, Redundanzbeziehungen sowie eine gemeinsame Sprache, regionale Kultur und Identität“ (Matuschewski 2004:21). Jedoch dürfen diese Netzwerke nicht zu eng werden: „In zu engen Netzwerken sind die Akteure nicht mehr hinreichend offen für neue Akteure und Ideen, zum Beispiel aufgrund von Machtblockaden, Exklusivrechten oder restriktiven Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen. Kreativ und Innovativ sind regionale Milieus nur dann, wenn die Gemeinschaft ihrer Akteure in der Lage ist, innovative Impulse von außen zu erkennen, aufzunehmen und weiterzuentwickeln“ (Matuschewski 2004:22).

Positive Einflüsse eines Clusters

Zu den positiven Einflüssen eines erfolgreichen Clusters zählen solche Erscheinungen wie Regionales wirtschaftliches Wachstum und Exportsteigerung. Regionales wirtschaftliches Wachstum wird oft von Senkung der Arbeitslosigkeit und Schaffung von neuen Ausbildungsplätzen in der gegebenen Region begleitet.

Ein weiterer wichtiger positiver Einfluss des Clusters kann die Förderung der Wissenschaften durch Unternehmer und Regierung sein. Dadurch kommt es zu Steigerung des gesellschaftlichen Wertes von Innovationen und technologischem Fortschritt. Wissenschaft gewinnt allgemein in der Region an Bedeutung und es wird viel in die Wissenschaft investiert (Universitäten, Forschung, Fachmessen etc).

[...]

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Wirtschaftliche Cluster und Wirtschaftsförderung
Hochschule
Universität zu Köln  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Oberseminar
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
36
Katalognummer
V78232
ISBN (eBook)
9783638828390
ISBN (Buch)
9783638832250
Dateigröße
797 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftliche, Cluster, Wirtschaftsförderung, Oberseminar, Standortvorteile, Netzwerke, Diamantmodell, Porter, Standortentscheidungen, Wolfsburg, Geographie
Arbeit zitieren
Andreas Hermanns (Autor:in), 2006, Wirtschaftliche Cluster und Wirtschaftsförderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78232

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